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Archiv "ln Saarbrücken und in Bonn: Eine Woche der gesellschaftspolitischen Entscheidungen" (12.05.1977)

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ln Saarbrücken und in Bonn:

Eine Woche der gesellschafts- politischen Entscheidungen

~ "Die Hektik, mit der die Koalition gesetzliche Bestimmungen verab- schieden will, um die finanzielle Lage in der Rentenversicherung zu Lasten der Krankenversicherung zu verbessern, führt zu immer weniger zu Ende durchdachten und immer unsozialeren Vorschlägen an den Deutschen Bundestag. Dies wird beispielhaft an den vorgesehenen Änderungen für die Arzneiverord- nung deutlich", so heißt es einlei- tend in einer Stellungnahme, die am 29. April vom Vorstand der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung und den 1. Vorsitzenden der Kassenärzt- lichen Vereinigungen beschlossen wurde. Im ei'nzelnen wird über die Beschlüsse des Ausschusses für Ar- beit und Sozialordnung des Deut- schen Bundestages auf S. 1253 ff. dieses Heftes berichtet. ln der Ver- lautbarung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Kassen- ärztlichen Vereinigungen der Län- der heißt es dazu weiter:

~ "Keine der beschlossenen Rege-

lungen packt das Übel des Kosten- anstiegs an der Wurzel; der Bevölke- rung aber wird vorgespiegelt, daß mit der Annahme der Vorschläge eine dauerhafte Lösung geschaffen würde. ln Wirklichkeit wird jedoch die Finanzmisere in der sozialen Si- cherung nicht wirksam behoben, sondern ihre unerläßliche tatsäch- liche Beseitigung nur auf die Zu- kunft verschoben.

~ Der Vorstand der KBV und die 1.

Vorsitzenden der KVen bitten na- mens der von ihnen vertretenen Kas- senärzte die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, im Inter- esse einer auch für die Zukunft trag- fähigen Lösung der anstehenden fi- nanziellen Probleme die jetzt be- schlossenen Vorschläge der SPD und F.D.P. auch im Hinblick auf schwerwiegende verfassungsrecht- liche, gesellschaftspolitische und

fachliche Bedenken nicht Gesetz werden zu lassen."

Als entschiedenen "Konfrontations- kurs" kennzeichnete eine Zeitung das Verhalten der Koalitionsabge- ordneten von SPD und FDP im Ar- beits- und Sozialaussctfuß: Mit ihrer Ausschußmehrheit haben sie alle wesentlichen Änderungsanträge der CDU/CSU-Abgeordneten abgelehnt, während sie selbst den Ehrenberg- Entwurf teilweise noch "verböser- ten". Dies wurde von Kennern parla- mentarischen Taktierens damit er- klärt, daß die SPD- und FDP-Abge- ordneten des Deutschen Bundesta- ges ganz offensichtlich mit einer klaren Ablehnung der umstrittenen

"Eckwerte" des Ehrenberg-Ent-

wurfs durch die Mehrheit des Bun- desrates rechnen und im Hinblick darauf das Spektrum des Verhand- lungsspielraums für den dann zu er- wartenden Kompromißvorschlag des Vermittlungsausschusses "zu- gunsten" des Ehrenberg-Entwurfs erweitern wollten.

Wenn dem so ist, dann wird auch für die Zweite und Dritte Lesung des Gesetzes über einschneidende strukturelle Veränderungen der ge- setzlichen Krankenversicherung im Deutschen Bundestag am 12. Mai nichts anderes zu erwarten sein als ein Abschmettern aller Anträge der CDU/CSU-Opposition und ein Be- harren auf den - in der AusschuB- Beschlußfassung teilweise ausge- bauten - Positionen des SPD/FDP- Reg ieru ngsentwu rfs.

Alles Weitere hängt dann vom Bun- desrat ab, der am 3. Juni über das

Kran kenversicheru ngs-Stru ktu rver- änderungsgesetz im Zweiten Durch- gang beraten wird. Für eine Bera- tung im Vermittlungsausschuß und für entsprechende Voten des Bun- destages und des Bundesrates über einen etwaigen Kompromißvor- schlag wird die Zeit sehr knapp wer-

Die Information:

Bericht und Meinung

80. DEUTSCHER ÄRZTETAG

den, wenn die Gesetzesvorlage tat- sächlich noch am 1. Juli 1977 in Kraft treten sollte. Die Hektik, die der Sache keineswegs angemessen ist, wird also bis zum letzten Beratungs- tag anhalten.

Weichenstellung imGesundheHswesen

Die Ärzteschaft wird wenige Tage vor der zu erwartenden Verabschie- dung des Gesetzes im Deutschen Bundestag noch einmal die Öffent- lichkeit, aber auch den Gesetzgeber aufalldas aufmerksam machen, was für Patient und Arzt mit der geplan- ten Systemveränderung im Gesund- heitswesen auf dem Spiel steht:

Die mit dem neuen Krankenversi- cherungsgesetz unternommene ge- sellschaftspolitische Weichenstel- lung im Gesundheitswesen in der sozialen Krankenversicherung steht am Montag, dem 9. Mai, im Mittel- punkt einer Sitzung der Vertreter- versammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in Saarbrücken.

Das Hauptreferat über die bevorste- hende Gesetzgebung wird auf Be- schluß des KBV-Vorstandes Dr.

med. Rolf Schlögell halten, der als Hauptgeschäftsführer der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung in den letzten dreißig Jahren die Ent- wicklung der gesetzlichen Kranken- versicherung, insbesondere des Kassenarztrechts und dessen Vertei- digung und Weiterentwicklung bis neute maßgeblich mitgetragen hat.

Auf Beschluß des Vorstandes der Bundesärztekammer in seiner Sit- zung vom 22. April wurde, der ge-

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 19 vom 12. Mai 1977 1251

(2)

Die Information:

Bericht und Meinung

80. DEUTSCHER ÄRZTETAG

sundheits- und sozialpolitischen Si- tuation entsprechend, die Reihen- folge der Tagesordnungspunkte 1 und 2 des bevorstehenden 80. Deut- schen Ärztetages geändert, so daß nun als Punkt 1 am Mittwoch, dem 11. Mai, nicht die Psychiatrie-En- quete, sondern die Gesundheits- und Sozialpolitik erörtert werden wird (Referent: Prof. Dr. Sewering, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages).

Außerordentliches politisches Ge- wicht haben in diesem Jahr auch die übrigen Themen des Deutschen Ärz- tetages, insbesondere die Erörte- rung der umstrittenen Psychiatrie- Enquete (Referent: Prof. Dr. K. Hein- rich), aber auch das Problem der ärztlichen Ausbildung (Referent: Dr.

Hoppe), der im Hinblick auf die Nachwuchswelle entscheidende Be- deutung zukommt (die Tagesord- nung der Plenarsitzungen vom 11.

bis 14. Mai ist auf Seite IV noch ein- mal wiedergegeben).

„Trommelfeuer" gegen Sewering Eigentlich kein Wunder, daß in die- ser politischen Situation Sewering, der für seine kompromißlose Vertei- digung freiheitlicher ärztlicher Be- rufsausübung bekannt ist, erneut vom publizistischen „Trommelfeu- er" jener eingedeckt wird, die sich auch bisher schon als Kritiker und Feinde der freiberuflichen Ärzte- schaft hervorgetan haben. Was man im Zusammenhang mit der auf den 80. Deutschen Ärztetag zielenden Kampagne kurz vor diesem Ärztetag in einigen Gazetten lesen konnte, weckt nicht einmal mehr Entrü- stung, sondern verursacht allenfalls noch Kopfschütteln über den „Hick- hack", mit dem überwiegend von außenstehenden politischen Kräften Unsicherheit und Verwirrung in die Ärztesdhaft getragen werden soll und wohl auch bei dem einen oder anderen Arzt tatsächlich bewirken wird, weil die Richtigstellungen gar nicht so schnell erfolgen können, wie die Unterstellungen publiziert wurden und werden, und weil die entsprechenden Presseorgane der

„Gegendarstellung" viel weniger —

wenn überhaupt und wann? — Raum widmen als ihrer eigenen „Erstdar- stellung".

Selbstverständlich ist „die Presse"

keineswegs über einen Kamm zu scheren. In der Tat beteiligt sich nur eine Minderheit an der politischen Hetzjagd. So berichtet vor allem die unabhängige, überparteiliche Pres- se in Bayern selbst überwiegend sachlich — von den Boulevard-Blät- tern einmal abgesehen, aber das ist ja ein besonderes Kapitel. Ein wirkli- cher Kenner der Materie, der Münchner Kolumnist der „Passauer Neuen Presse", gibt ein Beispiel da- für, wie durchsichtig doch die lang anhaltende Diffamierungskampagne gegen Prof. Sewering für denjeni- gen ist, der sich der Aufgabe unter- zieht, hinter die Kulissen (siehe Seite 1260 f. dieses Heftes) zu schauen (und nicht auf der Bühne zu agieren .. .).

Anders aber beispielsweise in „Der Spiegel" und „Die Welt" (zu denen sich vor dem Ärztetag wohl auch noch der „Stern" gesellen dürfte, wie gehabt): Beide stellten am 2. Mai ein bisher überhaupt nicht abge- schlossenes Gutachterverfahren der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung fälschlicherweise so dar, als sei damit „ein Stab über Sewering gebrochen" — in seltsamem Triolen- spiel mit einem kassenärztlichen Verbandsblatt, in dem zuvor ausge- rechnet ein „Welt"-Journalist einen

„Rücktritt" Sewerings propagieren durfte, was hinwiderum dem „Spie- gel" ermöglichte, ausgiebig nicht den journalistischen Kollegen, son- dern das „offizielle Organ" des be- treffenden Kassenarztverbandes zu zitieren. Absurdes (Propaganda-) Theater!

Des Pudels ganzer Kern

Zur Sache: Es ist richtig, daß die Kassenärztliche Bundesvereinigung im Zusammenhang mit den bekann- ten Auseinandersetzungen mit dem bayerischen AOK-Verband um die Gemeinschaftspraxis Professor Se- wering ein Rechtsgutachten ange- fordert hat, welches die Frage be- antworten soll, ob ein zur Kassen-

praxis zugelassener Internist einen Mammomaten, welcher in seinem Eigentum steht, dergestalt mehreren Frauenärzten zur Verfügung stellen kann, daß diese das Gerät für ihre Patienten benutzen und dem Eigen- tümer für die Gerätenutzung ein Nutzungsentgelt leisten. Die beauf- tragten Gutachter haben inzwischen der Kassenärztlichen Bundesverei- nigung ein Gutachten vorgelegt, welches jedoch eine Reihe von — we- sentlichen — Zweifelsfragen und Wi- dersprüchen aufwirft. Zur unerläßli- chen Aufklärung dieser Zweifelsfra- gen und Widersprüche hat die Kas- senärztliche Bundesvereinigung den Gutachtern Ende April einen umfangreichen Katalog von Fragen zugeleitet. Ehe die Gutachter über- haupt Zeit finden konnten, sich mit diesen 16 Schreibmaschinenseiten umfassenden Plausibilitätsfragen zu beschäftigen, fällten „Welt" und

„Spiegel" ihr Vorurteil, was die Rechtsabteilung der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung noch am selben Tag zu der auf Seite 1262 dieses Heftes im vollen Wortlaut do- kumentierten Stellungnahme veran- laßte.

Fazit: Aus den unterschiedlichsten Anlässen richtet sich ein außeror- dentliches ärztliches und öffentli- ches Interesse auf diese Ärztetags- woche, in der, sowohl in Saarbrük- ken als auch in Bonn, Weichen für die Zukunft gestellt werden — eine Woche gesellschaftspolitischer Ent- scheidungen über Patient und Arzt. DÄ

1252 Heft 19 vom 12. Mai 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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