M E D I Z I N
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 30½½½½26. Juli 2002 AA2039
ruch ausgeströmt hat, so ist dieser nun verschwunden. Nur der charakteristi- sche Eigengeruch von Fliegen ist wahr- nehmbar. Das gesamte Verbandma- terial wird in einem verschließbaren Abfallbehälter entsorgt. Auf der Wun- de verbleibende Larven können mit der Pinzette entfernt oder aber abge- spült werden. Als Modifikation dieser direkten Applikation wurde die kon- taktfreie Applikation im „Biobag“ an- gegeben. Die Larven werden in Poly- vinylgewebe eingeschweißt. Die prä- orale Vorverdauung und die Aufnahme der lysierten nekrotischen Gewebeteile funktionieren auch so ohne Schwierig- keiten.Allerdings hat sich die Hoffnung auf verminderte Schmerzhaftigkeit nur teilweise erfüllt. Die günstige Beein- flussung der Wundheilung vor allem chronischer torpider Geschwüre geht über den Effekt des alleinigen Débride- ments hinaus. So konnte die historische Beobachtung der ausbleibenden Infek- tion und Sepsis bei madenbefallenen Wunden durch den Nachweis von anti- mikrobiell wirksamen Peptiden, durch die pH-Verschiebung in den basischen Bereich, durch die Ingestion und De- gradation von Bakterien nachgewiesen werden.
In-vitro-Untersuchungen in Fibro- blastenkulturen ließen den potenzie- renden Effekt des Speichels und von Ganzkörperextrakten der Lucilia-seri- cata-Larven auf die Stimulation durch EGF (epidermal growth factor) nach- weisen. Zytokine werden wahrschein- lich durch die Fliegenlarven freigesetzt.
Ödemreduktion und Erhöhung der Ka- pillardurchblutung wurde unter der Applikation von L.-sericata-Larven mittels kontaktfreier Spektroskopie gemessen. Die Biochirurgie hat sich so- mit auch in der modernen Wundthera- pie bewährt. Oft fürchten vorwiegend ältere Patienten mit chronischen Wun- den jeden operativen Eingriff und ver- weigern die Einwilligung zum aktiven Vorgehen, gehen aber gerne auf ein
„biologisches“ Verfahren ein. In den letzten drei Jahren hat die Arbeitsgrup- pe des Autors bei über 50 Patienten nur eine einzige Zurückweisung erfahren.
Das Pflegepersonal hat nach anfängli- cher Zurückhaltung überzeugt durch die guten Resultate die Methode ak- zeptiert.
Manuskript eingereicht: 12. 2. 2002, revidierte Fassung an- genommen: 2. 4. 2002
❚Zitierweise dieses Beitrags:
Dtsch Arztebl 2002; 99: A 2038–2039 [Heft 30]
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Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. Theo Rufli
Dermatologische Universitätsklinik Basel Petersgraben 4, CH-4031 Basel Bezugsquellen in Deutschland:
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Frauen, die wegen einer Hypothyreose mit Thyroxin therapiert werden, benöti- gen während der Schwangerschaft häufig höhere Dosen. Hier werden neben einer östrogenvermittelten Erhöhung des thy- roxinbindenden Globulins auch schwan- gerschaftsspezifische Faktoren wie ein vermehrter placentarer Abbau des Thy- roxins, ein maternofetaler Thyoxintrans- fer sowie eine erhöhte maternale Thyro- xin-Clearance als ursächlich angesehen.
Ob dieses Phänomen eines erhöhten Thyroxinbedarfs auch bei einer Östro- gensubstitution in der Menopause auf- tritt, wurde in einer Studie mit 11 euthy- reoten und 25 hypothyreoten postme- nopausalen Frauen, bei denen eine Östrogenbehandlung begonnen wurde, untersucht. Es konnte gezeigt werden,
dass die Östrogentherapie auch in der Menopause einen Anstieg des thyroxin- bindenden Globulins zur Folge hat.
Während Frauen mit normaler Schild- drüsenfunktion dem Abfall der freien Thyroxinkonzentration im Serum durch eine vermehrte Hormonsekretion begeg- nen konnten, ist dies bei Frauen mit vor- bestehender Hypothyreose nicht mög- lich. Hier ist eine Erhöhung der Thyro- xinsubstitution, wie man es auch in der Schwangerschaft kennt, erforderlich. acc Arafah BM: Increased need for thyroxine in women with hypothyroidism during estrogen therapy. N Eng J Med 2001: 344: 1743–1749.
Dr. Arafah, Division of Clinical and Molecular Endocrino- logy, University Hospital of Cleveland, 11100 Euclid Ave- nue, Cleveland, OH 44106, USA.
Thyroxinbedarf bei Hypothyreose während Östrogentherapie erhöht
Referiert