dert. Eine Veränderung der Kran- kenhäuser von Einrichtungen für die akute Allgemeinversorgung in Rich- tung auf Zentren für High-Tech- Versorgung sei absehbar. Die WHO müsse sich auf diese Entwicklung rechtzeitig einstellen und ihren Ziel- katalog korrigieren, da der Gegen- satz Primärversorgung versus Kran- kenhausversorgung mehr und mehr künstlich erscheine.
Ebenfalls eine eher kritische Be- standsaufnahme präsentierte von deutscher Seite Dr. Hans Stein. Es seien zwar schon viele nützliche und innovative Ansätze zu registrieren, die geeignet seien, die Strategie „Ge- sundheit für alle" zu fördern, aber es sei noch keine radikale Änderung der Gesundheitsstrategien in den Ländern Europas zu beobachten.
Das Programm „Gesunde Städte"
(„Healthy Cities") nannte er das bis- lang beste Beispiel für eine intersek- toral orientierte Gesundheitspolitik nach den Vorstellungen der WHO.
Eine intersektorale Abstimmung verschiedener Politikbereiche (Stich- wort „Gesundheitsverträglichkeit")
Darf ein katholischer Arzt be- denkenlos die „Antibabypille" ver- schreiben? Sollte er nicht immer in erster Linie Methoden der soge- nannten natürlichen Familienpla- nung empfehlen? Gibt es ein beson- deres Berufsethos für katholische Ärzte und Apotheker? Mit diesen und anderen Fragen beschäftigte sich eine Tagung der Katholischen Ärztearbeit Deutschlands und der St.-Albertus-Magnus-Apothekergil- de zum Thema „Das Lehramt der Kirche und die Empfängnisverhü- tung — Versuch eines Dialoges" in Maria Laach.
Die Frage der Geburtenrege- lung ergebe sich in der heutigen Zeit für jede normale Ehe, sagte Dr. med.
erfordere weiterhin die größten An- strengungen.
Ubereinstimmend wurde bei der Konferenz betont, daß es zwei ent- scheidende Informationsprobleme zu lösen gilt: Einerseits komme es darauf an, wie man die Hauptziel- gruppen der WHO-Strategie ange- messen mit relevanten Informatio- nen versorgt (also etwa politische Funktionsträger, Ärzte, spezifische Bevölkerungsgruppen). Andererseits sei es ebenso wichtig, wie man von der Bevölkerung, die ja schließlich Nutznießer des Programms sein soll, gültige Informationen über ihre Pro- bleme und Bedürfnisse erhält. Wenn
„Gesundheit für alle" nicht zu einer
„elitären Politik" professioneller Ge- sundheitsexperten verkommen soll, kommt es vor allem darauf an, ange- messene Informationsstrategien zu entwickeln.
Dr. phil. Ingbert Weber,
Zentralinstitut für die kassenärzt- liche Versorgung (ZI),
Herbert-Lewin-Straße 5 W-5000 Köln 41 (Lindenthal)
Ursula Brandenburg, Präsidentin der Katholischen Ärztearbeit Deutsch- lands. Sie ist der Ansicht, daß es kei- ne ideale Methode der Empfängnis- verhütung gibt. Deshalb sollten Ur- teil und Beratung in die gewissenhaf- te Entscheidung des Arztes, des Apothekers und des Ehepaares ge- legt werden. Bei der Anwendung von Kontrazeptiva sollte die Entschei- dung in erster Linie von der Wirk- samkeit und Unschädlichkeit abhän- gig gemacht werden. Exemplarisch erläuterte Ursula Brandenburg die mögliche Entscheidung an zwei emp- fängnisverhütenden Methoden.
In den letzten Jahren habe sich bei Katholiken und in „alternativen Kreisen" vorwiegend die „sympto-
thermale Methode" eines gewissen Zuspruchs erfreut, die sich auf die Beobachtung des Zervixschleims und die Veränderung der morgendlichen Körpertemperatur bezieht. Bei kor- rekter Anwendung falle diese Me- thode in den Sicherheitsbereich der
„Pille". Ihre Anwendung setze aber ein Mindestmaß an Intelligenz und Zuverlässigkeit voraus. Auch die Ovulationshemmer seien bei richti- ger Anwendung nahezu 100prozen- tig zuverlässig. Sie könnten jedoch im Gegensatz zu natürlichen Metho- den mit unerwünschten Wirkungen verbunden sein. Dr. Ursula Branden- burg: „Die Kirche muß auf die schwere Gewissensentscheidung hin- weisen. Die Methode der Empfäng- nisverhütung sollte sie jedoch den Ehepartnern und Fachleuten über- lassen."
Pflicht des Apothekers
Holger Goetzendorff, Präsident der St.-Albertus-Magnus-Apothe- kergilde, ist der Ansicht, daß jeder Apotheker seinem Gewissen, seinen moralischen und ethischen Vorstel- lungen entsprechend entscheiden müsse. Die deutsche Apotheker- schaft sei nicht in katholische und Andersgläubige aufzuteilen. Denn die Sicherstellung der Arzneimittel- versorgung sei heute die erste Pflicht jeden Apothekers, so daß für die meisten seiner Kollegen die Abga- be von Verhütungsmitteln keinen Streitpunkt darstelle. Die „Antiba- bypille" müsse bei Vorlage eines Re- zepts abgegeben werden.
Goetzendorff hob hervor, man könne durchaus darauf vertrauen, daß die Ärzte sich Gedanken über ihre Verschreibungspraxis machten.
Der Papst habe in seiner Ansprache am 3. November vergangenen Jahres vor der Internationalen Vereinigung Katholischer Apotheker auf die Ver- pflichtung hingewiesen, die kirchli- che Morallehre zu beachten. Wenn Johannes Paul II. in dieser — zum Teil falsch dargestellten — Rede von
der Würde des Menschen und vom
Gewissen des Apothekers spreche, so appelliere er an alle Christen, Verantwortung zu tragen. Kli
Das Lehramt der Kirche
und die Empfängnisverhütung
Wie sollen sich katholische Ärzte bei der Beratung über Fragen der Familienplanung verhalten?
Dt. Ärztebl. 88, Heft 10, 7. März 1991 (29) A-729