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Archiv "Rhythmusmethoden zur Empfängnisverhütung: I." (11.06.1982)

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· Rhythmusmethoden

zur Empfängnisverhütung

Zum Beitrag von Professor Dr. med. Gerd K. Döring in Heft 6/1982, Ausgabe A/B, Seite 35 ff.

I.

Mit einigem Befremden habe ich die Ausführungen des Professor Döring zu den Rhythmusmethoden zur Empfängnisverhütung in Heft 6/1982 gelesen. Döring geht in keinster Weise auf die Billings-Methode ein, sondern qualifiziert sie in unsachli- cher Weise ab. Diese gipfelt wohl in der Empfehlung dieser Methode für Analphabeten. Ob Australien, wo diese Methode weit verbreitet ist, von Analphabeten bewohnt wird, mag dahingestellt sein.

Da Döring als Literatur das (wohl überholte) Buch von J. Billings (The Ovulation Method, Melbourne, 1964) angibt, nehme ich an, daß er das englische Original (The Billings Me- thod, Dr. E. Billings, 1980) nicht ge- lesen hat. Was mich nicht verwun- dert, da es in Deutschland nicht im Handel ist.

Döring untersucht nicht, wie eine Versagerquote von 15 bis 20 Prozent zustande kommt. Billings schreibt auf Seite 208 ff., daß in dieser Zahl sämtliche Schwangerschaften ent- halten sind, auch die gewollten. Die Methode läßt sich eben auch gerade zum Herbeiführen einer Schwanger- schaft durch Verkehr an den frucht- baren Tagen anwenden. Billings un- terscheidet zwischen der "Metho- den-bezogenen Schwangerschafts- rate", von 0,5 bis 2,0 Prozent, der

"Lehr-Fehler"bezogenen Schwan- gerschaftsrate, durch falsche In- struktion, von 0 bis 6 Prozent, und der totalen Schwangerschaftsrate, die bewußt falsche Anwendung und gewollte Schwangerschaften ein- schließt. Außerdem erhebt Billings die "Fortführungsrate", das heißt, wie lange die Paare die Methode an- wenden und nach einer Schwanger-

schaft wieder zu ihr zurückkehren.

Diese Fortführungsrate ist gerade bei der Billings-Methode sehr hoch (70 Prozent einer USA-Studie, bis 99 Prozent in Indien).

Im Vergleich mit der Pille, die viele Frauen sehr ungern nehmen und je- des Jahr ein bis zwei Monate oder auch keine "Pillenpause" machen, müssen bei der Pille auch die Schwangerschaften gezählt werden, die in der Zeit der Pillenpause ent- stehen oder nach Absetzen aus zum Beispiel religiösen oder gesundheit- lichen Gründen. Die kürzliche WHO- Untersuchung zeigt, daß die Bil- lings-Methode bei richtiger Anwen- dung eine Effektivität von über 98 Prozent hat. Eine Studie des Cedars- Sinai-Hospitals in Californien ver- glich die Billings- mit der sympto- thermalen Methode und kam auf ei- ne totale Schwangerschaftsrate von 24,8 Prozent bei Billings und 11,2 Prozent bei der symptothermalen Methode. "Obwohl die Schwanger- schaften nicht in methodenbezoge- ne, lehrfehlerbezogene oder solche wegen Kinderwunsch unterschieden wurden, weiß man daß die metho- denbezogene Schwangerschaftsra- te niedrig war und vergleichbar mit der anderer Untersuchungen" (M. E.

Wade).

Die symptothermale Methode erfor- dert im Vergleich mit Billings we- sentlich längere Abstinenzzeiten und tägliche Temperaturkontrolle (5 Min.), während bei Billings nach der

"Lehrzeit" keine tägliche Schleim- kontrolle mehr nötig ist (1/2 Min. pro Kontrolle). Hormonstudien zeigten, daß der Schleim das verläßlichste Zeichen der Fruchtbarkeit ist, wäh- rend die Temperatur einen wesent- lich ungenaueren Parameter dar- stellt.

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin AUSSPRACHE

Die bisherigen Ergebnisse der kürz- lichen WHO-Studie über die Billings- Methode zeigen (H. Klaus), daß die methodenbezogene Fehlerrate 0,9 Prozent, die lehrfehlerbezogene 5,3 Prozent und bewußtes Abweichen von der Methode (Kinderwunsch der Paare) 12,9 Prozent ergab. Hieraus resultiert die totale Schwanger- schaftsrate von zwanzig Prozent.

Unerklärt waren 0,9 Prozent. (H. Bur- ger; J. Spieler).

Literatur

Wade, M. E., et. al.: "A randomised pros- pective study of the use effectiveness of two methods of natural family planning:

an interim report", American Journal of Obstetrics and Gynecology, 134 (1979) 628.- Klaus, H., et al.: "Use effectiveness and client satisfaction in six centres teaching the Billings Ovulation Method", Contraception, 19 (1979) 613.- Burger, H.: Proceedings of International Seminar on Natural Family Planning, Dublin, Oc- tober 1979 (in press).- Spiel\'!r. J.: Report to Primo Corso Nationale sul Metodo delle Ovulazione Billings, Rome (1979).- Billings, E., & Westmore, A.: The Billings Method. Anne O'Donovan, Melbourne, 1980.

II.

Erhard Vecera Kolerstraße 16 8500 Nürnberg 30

Herr Professor Döring hat in seinem Beitrag die große Zuverlässigkeit von Natürlichen Verhütungsmetho- den (NVM) beschrieben, die nur noch von hormonellen Antikonzepti- va übertroffen wird. Eigene Erfah- rungen können diese Ergebnisse nur unterstützen. Allerdings wurden die NVM nicht empfohlen für

~ junge Paare,

~ Paare mit geringer Motivation und

~ Frauen mit "unüberwindbarer Abneigung gegen tägliche Manipu- lation am eigenen Genitale".

Diese Kontraindikationen können unseres Erachtens aus folgenden Gründen nicht so stehen bleiben:

0

Junge Paare, die mit NVM ver- hüten, müssen durchaus nicht in Ausgabe AlB DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 23 vom 11. Juni 1982 51

(2)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Rhythmusmethoden zur Kontrazeption

den fruchtbaren Tagen Enthaltsam- keit üben, sondern können in dieser Zeit auf mechanische und chemi- sche Mittel zurückgreifen.

O „Gering motivierte Paare" sind möglicherweise schlecht unterrich- tet in der Methodik der NVM. Eine schlechte Motivation spräche auch gegen jedes andere Verhütungs- mittel.

Eine „unüberwindbare Abnei- gung gegen tägliche Manipulation am eigenen Genitale" kann sicher- lich in einem intensiven Gespräch abgeklärt werden. Insbesondere sollte der Arzt nicht durch seine For- mulierungen ein Tabu aufbauen, das für die meisten Frauen keines ist, und sich eher bemühen, einen selbstverständlichen Umgang mit dem eigenen Körper zu fördern. Für die Billings-Methode ist eine zusätz- liche Manipulation keineswegs er- forderlich, die Schleimstruktur läßt sich ohne weiteres am benutzten Toilettenpapier oder mit dem Finger bei gleicher Gelegenheit beurteilen.

Bei vielen Frauen steht heute eine Abneigung gegen tägliche Manipu- lation an ihrem Hormonhaushalt im Vordergrund.

Insgesamt haben wir die Erfahrung gemacht, daß NVM so sicher sind, wie von Professor Döring angege- ben, aber mit wesentlich breiterer Indikation angewandt werden können.

Dr. Irene Frey-Mann Pro Familia

Ziegelhäuser Landstraße 1 6900 Heidelberg

Schlußwort

Es ist tatsächlich ein Vorteil der Schleim-Selbstbeobachtungsme- thode nach Billings, daß sie von An- alphabeten erfolgreich benutzt wer- den kann. Analphabeten sind be- kanntlich nicht in der Lage, die Pille oder eine Temperaturmethode anzu- wenden. So hat die Billings'sche Methode durchaus ihren Platz in Entwicklungsländern mit einem ho- hen Prozentsatz von Analphabeten.

Dort ist es von Nutzen, wenn 100 fruchtbare Frauen pro Jahr nicht 60 bis 80 Kinder (ohne Kontrazeption) zur Welt bringen, sondern nur 20 bis 30 (bei Anwendung der Billings- schen Methode). Das ist eine sachli- che und keineswegs eine polemi- sche Feststellung.

Ich bin aber entschieden der Mei- nung, daß eine Methode mit einer Versagerquote von 20 bis 30 für Län- der ungeeignet ist, in denen andere zuverlässige Methoden der Kontra- zeption weit verbreitet sind.

Die Angaben über hohe Versager- quoten der Billings'schen Methode stammen aus Australien (Ball 15,5, Johnston 32,1), aus den USA (Wade et al. 34,9, Klaus 21,3), aus Kolum- bien (Medina 23,6) und aus einer multizentrischen Studie der WHO (20).

Seit den grundlegenden Publikatio- nen von Tietze in den fünfziger Jah- ren herrscht Einigkeit darüber, daß verschiedene kontrazeptive Metho- den nur dann vergleichbar sind, wenn bei der Berechnung der Versa- gerquote nicht nur die Methoden- fehler, sondern auch die Benutzer- fehler mitgezählt werden. Es ist leicht einzusehen, daß die Brauch- barkeit einer Methode nicht von der theoretischen Zuverlässigkeit, son- dern von der praktischen Zuverläs- sigkeit abhängt, das heißt unter Ein- schluß aller Versager, die durch feh- lerhafte Anwendung zustandege- kommen sind. Gegen diese Forde- rung der Biostatistiker ist des öfte- ren verstoßen worden, und zwar vor- wiegend von Anhängern der soge- nannten „natürlichen Familienpla- nung". Latz und Reiner haben 1942 eine Statistik über die Knaus'sche Methode veröffentlicht, bei der sie von insgesamt 59 Konzeptionen nachträglich 57 eliminiert hatten.

Billings hat 1972 bei seinem Erfolgs- bericht ebenfalls die Mehrzahl der registrierten Schwangerschaften nachträglich eliminiert (Weissmann et al.). Dieses Vorgehen wurde von John Marshall in London, einem der Pioniere auf dem Gebiet der natürli- chen Familienplanung, scharf kriti- siert, weil er es nicht für zulässig

hält, zwei verschiedene Berech- nungsmethoden anzuwenden: eine für die Billings'sche Methode und eine andere, exaktere, für die übri- gen Methoden der Kontrazeption.

Ich bin der Meinung, daß diese von Marshall geäußerte Kritik auch auf Hilgers anzuwenden ist, wenn dieser 1979 folgende Meinung vertreten hat: Wenn ein nach Methoden der natürlichen Familienplanung leben- des Paar während der fruchtbaren Tage sexuellen Kontakt hat, so hätte es damit dokumentiert, daß es die Rhythmusmethode verlassen habe.

Eine aus einem solchen Kontakt ent- standene Schwangerschaft sei kei- nesfalls als Versager zu werten.

Bei allen anderen Methoden der Kontrazeption ist es seit Tietze üb- lich, in die Berechnung der Versa- gerquote (Zahl der ungewollten Konzeptionen pro 100 Anwendungs- jahre) auch die Versager mit einzu- beziehen, die durch Anwendungs- fehler entstanden sind. Das könnte manchem unlogisch erscheinen, so zum Beispiel, wenn eine Pillenbe- nutzerin auf einer 8tägigen Urlaubs- reise die Pille vergißt und schwanger wird, daß man dann diese Konzep- tion als Pillenversager einordnen muß. Diese strengen statistischen Regeln müssen aber eingehalten werden, damit die verschiedenen kontrazeptiven Methoden miteinan- der verglichen werden können, was ihre Sicherheit anbelangt.

Dem Leserbrief von Dr. Irene Frey- Mann stimme ich weitgehend zu.

Insbesondere teile ich ihre Meinung, daß die moderneren Methoden der natürlichen Familienplanung eine wesentlich weitere Verbreitung ver- dienten. Dabei möchte ich aus Grün- den der größeren Zuverlässigkeit der Temperaturmethode und der sympthothermalen Methode den Vorzug geben.

Professor Dr. Gerd K. Döring Geburtshilflich-gynäkologische Abteilung

des Städtischen Krankenhauses München-Harlaching

Sanatoriumsplatz 2 8000 München 90 52 Heft 23 vom 11. Juni 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A/B

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