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Archiv "Eine Kur für die Kur" (28.10.1994)

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Zum Beispiel: Ernährungsberatung und Kochkurse zur Thera- pie gegen Rückenschmerzen. Foto: A. Debudottal Terme

POLITIK

udolf Forcher ist ein optimisti- scher Mensch. Der Bürgermei- ster und Kurdirektor von Bad Waldsee, zugleich Vorsitzender des Wirtschaftsverbandes Deutscher Heilbäder und Kurorte, verkündete auf dem 90. Deutschen Bädertag hoffnungsfroh ins Rundfunkmikro- fon, was die Zukunft bringt: Positi- ves für seine bedrängte Branche.

Das jüngste Kind der Heilmittel- Strategen, die sogenannte Korn- paktkur, soll ein Marktrenner wer- den. „Immerhin rund 25 000 Plät- ze", so Forcher, „werden wir ab 1995 jährlich anbieten können."

Seine Rechnung: Rund 270 Kurorte und Bäder gibt es in Deutschland, von denen zunächst rund 50 die vom Deutschen Bäderverband mit Hochdruck vorbereitete Korn- paktkur ins Programm nehmen sollen, jeweils mit etwa 500 Teil- nehmern im Jahr, macht 25 000.

Die neue Form des Heilauf- enthaltes, angedacht irgendwo zwischen der klassischen Klinik- Kur und der ambulanten Bade- kur, ist ein Tribut der Heiler an den — schwer zu erhaschenden — Zeitgeist. Das verrät schon der leicht irritierende Name. Kom- pakt bedeutet nämlich nicht schnell, kurz, zielgerichtet — im Gegenteil: Mit bis zu vier Wo- chen Länge unterscheidet sich die neue Form zeitlich kaum von herkömmlichen Kuren. Und „kom- pakt", erläutert Rudolf Forcher,

„heißt vielmehr: ganzheitlich orien- tiert. Das bedeutet, daß bei Schwie- rigkeiten mit dem Bewegungsappa- rat auch auf die Ernährung geachtet wird und auch auf den seelischen Zustand."

Privat und frei

Das macht die Sache teuer, denn ein ganzes Team von akade-

misch gebildeten und damit kost- spieligen Therapeuten — Physiolo- ge, Okotrophologin, Psychologe — sorgt sich um das Rundum-Befin- den des Kurgastes. Der seinerseits ist, anders als der Einzelkämpfer bei der ambulanten Kur, in eine Gruppe von etwa zehn bis fünfzehn Mit-Patienten eingebunden, wird aber nicht, wie in der stationären Klinikkur, zur Nachtruhe im sparta- nischen Krankenzimmer verdon- nert. Um Privatunterkunft und Ver- pflegung muß er sich selbst küm- mern.

„Der Tagesablauf ist damit frei- er als bei der Klinikkur, aber das Programm umfassender und ge- meinschaftlicher als in der ambu- lanten", so Forcher. Selbstkosten

für Kassenpatienten unterm Strich für vier Wochen: „zwei bis zweiein- halbtausend Mark".

Da wird manch weniger Be- tuchte schlucken. Ohnehin sind für Kurgäste und Krankenkassen die Zeiten durch das Gesundheits-Re- formgesetz (GRG) härter gewor- den: Die Kassen dürfen pro Jahr nicht mehr für Kurklinik-Aufent- halte ausgeben als 1991, und für die Patienten stieg die Zuzahlung für die ärztlichen Leistungen von zehn auf zwölf Mark pro Tag. Noch hat sich diese Geldknappheit nicht

spürbar auf die Zahl der Kuren in Deutschland niedergeschlagen:

1993 wuchs sie gegenüber dem Vor- jahr leicht um 0,6 Prozent auf gut 9,3 Millionen, und auch die durch- schnittliche Auslastung der Kurorte stieg von 155 auf 157 Belegungsta- ge.

Konkurrenz in Europa

Doch das muß nicht so bleiben.

In Horrorszenarien vom freien Bin- nenmarkt in Europa schwant den Kurort-Interessenvertretern bereits die massenhafte Abwanderung deutscher Kurpatienten ins EU- Ausland.

Am Ende könnten gar europa- weit angeglichene Kassen-Abrech- nungsverfahren Kuraufenthalte zu einem Bruchteil der in Deutschland entstehenden Kosten möglich ma- chen — auf Krankenschein. So wur- de Anfang des Monats auf dem Bä- dertag in Bad Pyrmont die Qua- litätssicherung im Kurbetrieb zur Hauptwaffe im Kampf um Attrakti-

vität erklärt. Auch sucht der Deutsche Bäderverband jetzt be- reits maßgeblichen Einfluß auf den künftigen gemeinsamen Lobbyismus der europäischen Kur-Anbieter in Brüssel. Maß- geblich sind die Deutschen am Aufbau des europäischen Heil- bäder-Verbandes beteiligt, der im Oktober 1995 in Wiesbaden aus der Taufe gehoben werden soll.

Ob Konzepte wie die Korn- paktkur die Qualität der Heil- bad-Aufenthalte spürbar stei- gern oder nur alter Wein in neu- en Schläuchen verkauft wird, muß sich zeigen. Beim Deutschen Bä- derverband jedenfalls ist nicht jeder so optimistisch wie Kurdirektor Forcher. Die Verhandlungen mit den Kassen und der KBV über den Leistungsumfang der „ganzheitli- chen" Servicepakete laufen noch, bundeseinheitliche Regelungen gibt es bisher nicht. Bis zum allgemei- nen Startschuß für die Kompaktkur, die es bisher nur in vier Heilbädern gibt, könnte durchaus noch mehr Zeit vergehen als geplant.

Oliver Driesen

AKTU ELL

Eine Kur für die Kur

Kurorte und Heilbäder müssen wegen der allgemeinen Geldknappheit um ihre Klientel fürchten. Neue Konzepte und mehr Qualität sollen die teuren Heilbehandlungen at- traktiv erhalten; im Rampenlicht steht dabei die „Kompaktkur". Mehr als ein Marke- ting-Trick? Ein Bericht vom Deutschen Bädertag.

A-2924 (28) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 43, 28. Oktober 1994

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