DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
D
fieser Tage flattert der Entwurf eines neuen ge- sundheitspolitischen Pro- gramms ins Haus. Absender:die „Arbeitsgemeinschaft der Listen Demokratischer Ärzte in den Ärztekammern", die sich demnächst als Verein
„Demokratische Ärztinnen und Ärzte" etablieren und da- bei ihr „endgültiges" Pro- gramm beschließen will.
In welcher Richtung die poli- tischen Verwandten zu su- chen sind, zeigt schon die Gliederung des Entwurfs. Er beginnt mit der „Demokrati- sierung" der Medizin (Angrif- fe auf den „Anachronismus", das „merkwürdige Fossil" der
„herrschenden patriarchali- schen Kammerpolitik" finden sich allerdings auf etlichen der 20 Seiten).
Es folgen Themen wie Ärzte gegen Atomkrieg, zivile Nutzung der Kernenergie, Umwelt und Gesundheit,
Vorstellung —
"demokratisch"
mihnia—r.. das Frauen in der Medizin, Krankheit und soziale Lage, Krankheit durch Arbeit, Ar- beitslosigkeit, Mißstände im Gesundheitswesen, Geschäf- te mit der Krankheit (Phar- ma), Medizin in der Dritten Welt, die „unterlassene Auf- arbeitung" der Zeit von 1933 bis 1945 usw. usw. — bis dahin hat man die wenigen Absätze kaum bemerkt, in denen mal etwas Konkretes über Arzt und Patient gesagt wird.
Zum Beispiel über die Finan- zierung der Krankenversiche- rung: „Die Ausgaben der Ver- sicherten für die Gesundheit müssen auf 10 Prozent des Einkommens eingefroren werden." Defizite der Kran- kenkassen werden ganz
schlicht aus höheren Arbeit- geberanteilen und aus Steu- ergeldern gedeckt. Innerhalb, dieses Rahmens erhalten al- lerdings die „Nutzer, die Pa- tienten Anspruch auf Einfluß auf die Gestaltung des ambu- lanten Sektors" („konsequen- terweise”, und offenbar ohne das Würdelose daran zu be- merken, bezeichnen die ärzt- lichen Autoren des Papiers sich selbst als „Anbieter").
Wer wissen will, wie ein durchdachtes, umstrittenes, durchdiskutiertes und nach vielen Kompromissen von den gewählten Delegierten der deutschen Ärzte beschlosse- nes gesundheitspolitisches Programm aussieht, der findet in diesem Heft den wichtigen Abschnitt „Ambulante ärzt- liche Versorgung". Beim Ärz- tetag in Hannover gab es nur sieben Gegenstimmen — wer führt also eigentlich „den De- mokratieanspruch der Ärzte- schaft ad absurdum"? gb
K
urorte und Heilbäder ha- ben die Talsohle der Jah- re 1984/85 längst hinter sich gelassen. Seit einem Jahr geht es bei Kuren, Heilverfah- ren und „Kurlaub" wieder bergan.Die Misere im Heilbäderwe- sen hatte die Lobby — Verbän- de und Politiker jedweder Provenienz — nicht ruhen las- sen. Auch prominente Bun- despolitiker wurden wieder- holt in Kurorte, Staatsbäder und Kneipp-Kurorte ge- schickt, um sich ein Bild „vor Ort" zu machen. Nun kursie- ren bereits Erfolgsmeldun- gen. So aus Baden-Württem- berg: „Das Heilbäderwesen in Baden-Württemberg hat nach den außerordentlich un- günstigen Jahren 1982/83 ei- nen erfreulichen Aufschwung genommen. 1984 stiegen die Übernachtungszahlen in den Mineral- und Moorbädern . ..
um neun Prozent. Dieses Er- gebnis konnte 1985 zwar nur
Kur-Referenten
noch um ein Prozent, im er- sten Quartal 1986 bereits um sieben Prozent verbessert werden . . .".
Die emsigen Abgeordneten im Stuttgarter Landtag sind dennoch unzufrieden. Denn:
Die Bettenauslastung in den Heilbädern lag 1985 — über- wiegend mit Privatgästen — zwischen 42 und 50 Prozent, so die Begründung von CDU- Landtagsabgeordneten zu ei- nem eigenwilligen Initiativ- Antrag.
Nun sollen Ärzte-Berater an- geheuert werden, um das Kur- und Bäderwesen noch mehr in Schwung zu bringen.
Diese sollen „Ärzte in der gan- zen Bundesrepublik gezielt und umfassend über das thera- peutische Angebot der baden-
württembergischen Heilbäder informieren". Die Initiatoren im Landtag reklamieren „gu- te Erfahrungen, die mit Reise- kontaktern und mit Pharma- Beratern gemacht worden"
seien. Auf diesem Weg sollen die hauptamtlichen „Ärztebe- rater als Mittler zwischen Heilbädern, Ärzten und Pa- tienten" fortschreiten.
Das Stuttgarter Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie hat den An- trag schon halbwegs positiv beschieden. Auch der zustän- dige Ministerialdirektor im Wirtschaftsministerium be- schwört den Pharmaberater als „Vorbild" und verspricht:
„Das Wirtschaftsministerium wird — sofern die zur Zeit lau- fenden Sondierungen und Planungen zu positiven Er- gebnissen führen — das Pro- jekt — zumindest in der An- laufphase — finanziell unter- stützen". . . HC
Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 40 vom 1. Oktober 1986 (1) 264!