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Archiv "Hans Meid: Ein fast vergessener Impressionist und Buchillustrator" (03.02.1984)

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Hans Meid: Selbstbildnis von Hans Meid, 1917, Kaltnadel auf Japan

Hans Meid:

Ein fast vergessener Impressionist und Buchillustrator

Franz Hermann Franken

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Kulturmagazin

Im Zusammenhang mit dem soge- nannten Deutschen Impressionis- mus werden gewöhnlich drei Künstler genannt, Max Lieber- mann (1847-1935), Lovis Corinth (1858-1925) und Max Slevogt (1868-1932. Ein vierter, dessen Bedeutung kaum geringer ist, bleibt meist unerwähnt: Hans Meid. Es mag daran liegen, daß sich Meid mehr der Radier- und II- lustrationskunst als der Malerei zugewandt und damit weniger Aufmerksamkeit auf sich gezogen

hat. Von den drei genannten Re- präsentanten des „Deutschen Im-

pressionismus" unterschied -er sich aber auch durch seine künst- lerische Ausdrucksform, mit der er eine ganz eigene Richtung be- schritt. So bildet bei Liebermann immer wieder die bewegte menschliche Gestalt während der alltäglichen Arbeit den Zentral- punkt der Thematik. Corinth nä- herte sich dem Expressionismus und Slevogt versprühte geradezu die Farben in seinen Landschafts- bildern. Meids frühe Radierungen strotzen demgegenüber vor fein- sinniger Erotik, später herrschen romantische Landschaften mit al-

ten Gemäuern und Winkeln, be- schauliche oder verträumte Sze- nen oder Städtebilder vor. Dane- ben entstand ein umfangreiches CEuvre an Buchillustrationen, das dem Slevogt'schen gleichkommt, in dem die künstlerischen Akzen- te aber anders gesetzt sind.

Ausbildungsjahre

und erste Erfolge als Künstler Hans Meid wurde am 3. Juni 1883 in Pforzheim geboren. Ab 1900 finden wir ihn an der Kunstakade- mie in Karlsruhe, wo er unter an- derem Schüler von Wilhelm Trüb- ner (1851-1917) und Ludwig Schmid-Reutte (1863-1909) war.

Schon 1907 nahm er aber eine Stellung als „Entwerfer" an der Meißner Porzellanmanufaktur an, blieb jedoch nur ein Jahr, da sich die dortige Tätigkeit nicht so ge- staltete, wie es seinen Vorstellun- gen entsprach. Er hat in diesem Jahr zahlreiche Porzellanmalerei- en entworfen, die deutlich seine Handschrift zeigen.

1908 ließ er sich kurz entschlos- sen mit seiner Frau und einer in- zwischen geborenen Tochter als freier Künstler in Berlin nieder, wo ein steiler Aufstieg begann. 1910 war er erstmals mit Ölbildern in der von Max Liebermann und Wal- ter Leistikow 1898 gegründeten Berliner Secession vertreten und gewann im gleichen Jahr den be- gehrten Villa Romana-Preis. 1911 wurde er ordentliches Mitglied der Berliner Secession. Im glei- chen Jahr erschien sein Radier- zyklus „Othello", ein Jahr später der Zyklus „Don Juan", den Paul Cassirer herausbrachte. Die bei- den Werke erregten derart großes Aufsehen, daß Hans Meid nun als führender deutscher Radierer galt. Die 15 Blätter des Don Juan- Zyklus gehören zum Erlesensten, was die Radierkunst überhaupt aufzuweisen hat. Es gibt kaum ein grosses Museum auf der Welt, das Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 5 vom 3. Februar 1984 (75) 289

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Hans Meid

nicht das eine oder andere Blatt daraus besitzt. Meid war damit auf seinem künstlerischen Höhe- punkt angelangt, den er zwar hal- ten konnte, aber nicht mehr über-

bot.

Freundschaft mit Max Beckmann In den ersten Berliner Jahren war Hans Meid mit dem fast gleichalt- rigen Max Beckmann (1884-1950) befreundet. Trotz der verschie- denartigen Charaktere war die Freundschaft eng und schloß die Ehefrauen der beiden Künstler ein. Der Erste Weltkrieg war si- cherlich mit Schuld daran, daß sich die Freundschaft verlor. Die Wege gingen nicht nur räumlich auseinander (Beckmann siedelte 1915 nach Frankfurt über), son- dern auch künstlerisch.

Beckmann stellte sich mit seiner Kunst dem Grauen und den Schrecknissen des Krieges, wäh- rend Meid nach wenigen graphi- schen Arbeiten mit Szenen vom polnischen Kriegsschauplatz fort- an die Auseinandersetzung mit dem Krieg scheute. Beckmann hatte sich damit dem Expressio- nismus zugekehrt, Meid wandte sich vom Krieg und seinen Schrecknissen ab. Er konnte nie verstehen, daß Beckmann, der als Sanitätssoldat eingesetzt war, Szenen aus dem Operationssaal oder das Elend kranker und ver- stümmelter Soldaten künstlerisch festhielt.

1919 wurde Meid als Lehrer an die

„Akademische Hochschule für die bildenden Künste" in Berlin beru- fen, ein Amt, das er auch nach der Zusammenlegung der Akademi- schen Hochschule mit der „Unter- richtsanstalt des Kunstgewerbe- museums" zu den „Vereinigten Staatsschulen für freie und ange- wandte Kunst" fünf Jahre später bis 1934 beibehielt.

Schwerpunkt: Buchillustrationen Während der zwanziger Jahre tritt das CEuvre an Radierungen zu- gunsten der Buchillustration bei

Meid mehr und mehr in den Hin- tergrund. Er hatte zwar schon zu- vor Bücher mit Radierungen und Lithographien illustriert, darunter 1914 Schillers „Wallenstein" (60 Lithographien), das als einer der bestillustrierten deutschen Bü- cher überhaupt galt. Nunmehr er- öffnete sich ihm aber ein neues Arbeitsfeld durch die zeichneri- sche Buchillustration, die die Ra-

Farbiger Einband, Vorsatz und Schutz- umschlag von Hans Meid zu Axel Mun- the „Das Buch von San Michele", 1931

dierung und Lithographie aus ökonomischen Gründen mehr und mehr verdrängte.

Im Laufe seines Lebens hat Meid mehr als 60 Bücher illustriert, ganz abgesehen von den mehr als 160 Bucheinbänden und Um- schlägen, die er gestaltete. Wer von der älteren Generation hat nicht „Das Buch von San Miche- le" des Arztes Axel Munthe, die Werke Warwick Deepings, oder Manfred Hausmanns „Lampioon"

gelesen, deren Umschläge und Einbände von Hans Meid geschaf- fen wurden.

Nicht zu vergessen ist auch Meids reichhaltiges Aquarellschaffen in den zwanziger Jahren. Hier finden

sich zahlreiche südliche Land- schaften, Städtebilder oder figür- liche Themen in einer großartigen Variationsbreite. Meids Aquarelle mit ihren grau-blauen Tönen oder leuchtenden Farben sind einzig und unnachahmlich in ihrer Art.

Dagegen tritt die Ölmalerei bei ihm deutlich in den Hintergrund.

Das CEuvre ist klein geblieben und weist trotz meisterhafter Einzelbil- der nicht die Qualität, wie wir sie aus seinen Radierungen, Zeich- nungen und Aquarellen kennen, auf.

Viele Werke verbrannten

Ein großer Teil der Werke Meids, vor allem eine große Zahl von Aquarellen verbrannten, als sein Haus in Berlin-Steglitz während eines Luftangriffes im Sommer 1943 in Schutt und Asche fiel. Es blieb buchstäblich nichts davon übrig. Die Stelle, an der das Haus stand, ist heute nicht mehr ein- deutig zu identifizieren. Meid hat- te es versäumt, seine dort lagern- den Werke in Sicherheit zu brin- gen. Mit Hilfe eines Freundes wur- den nur die Arbeiten gerettet, die sich in Meids Atelier in der Preußi- schen Akademie der Künste, in der er seit 1934 ein Meisteratelier leitete, befanden. Da Meids Kunst keine politischen Angriffspunkte bot, konnte er während der Jahre des Nationalsozialismus relativ unbehelligt arbeiten.

Resignation und Depression:

Meid arbeitete weiter

Das Kriegsende und den Ein- marsch der Russen erlebte Meid mit seiner Frau auf einem Gutshof in Wolfersdorf in Thüringen, wo er vorübergehend Zuflucht gefun- den hatte. Zu dieser Zeit litt er un- ter Hungerödemen, Herzrhyth- musstörungen und tiefen Depres- sionen. Trotzdem arbeitete er un- ermüdlich, nachdem ihn sein Sohn Max mit Zeichenmaterial versehen hatte. Aus jenen Mona- ten stammen zahlreiche Zeich- nungen und Aquarelle, in altmei- sterlicher Manier gefertigt, in de- nen er die Natur scheinbar harmo- 290 (76) Heft 5 vom 3. Februar 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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Hans Meid

nisch eingefangen hat. Dahinter verbirgt sich jedoch tiefe Resigna- tion, Schwermut und Todesstim- mung.

Interessanterweise beschäftigte sich Meid aber auch mitten in den Wirren des zu Ende gehenden Krieges und während der ersten Nachkriegszeit mit der Illustration von Cervantes „Don Quichote", den er ganz zu illustrieren beab- sichtigte. Fertig wurde jedoch nur die Hälfte der geplanten Feder- zeichnungen, und zur Veröffentli- chung dieser wohl wertvollsten und schönsten Illustrationsarbei- ten Meids kam es nur auszugswei- se. Er ließ die Arbeit liegen, als er Ende 1946 in den Westen übersie- deln konnte und ihn gleich drei Berufungen an die Kunstakade- mien von Freiburg, Karlsruhe und Stuttgart erwarteten.

Theodor Heuss als Förderer Der heimatlos gewordene Meid wählte am Ende Stuttgart, da ihm der damalige württembergisch- badische Kultusminister und spä- tere Bundespräsident Theodor Heuss im Schloß Ludwigsburg ei- ne Wohnung ausbauen ließ. Dort lebte er mit seiner Frau bis zu sei- nem Tode am 6. Januar 1957. Sei- ne Todeskrankheit hatte sich in der dafür so charakteristischen Weise im Herbst 1956 angekün- digt.

Aus Meids Krankenblatt

Meid, der abgesehen von einer akuten Appendizitis in den zwan- ziger Jahren und der Erkrankung 1945/46 immer gesund und robust war, verlor seine Vitalität und sei- nen sonst immer guten Appetit.

Als plötzlich ein Ikterus auftrat, glaubte man an eine Virushepati- tis. Erst vier Wochen später, als der Ikterus zunahm, erfolgte die Krankenhauseinweisung. Aus dem erhaltenen Krankenblatt ist zu ersehen, daß man bei der sta- tionären Aufnahme auf Grund des Palpationsbefundes schon den Verdacht auf eine Metastasenle- ber geäußert hat. Durch Probela-

parotomie wurde der Verdacht bestätigt, es fand sich ein inope- rables metastasierendes Pankre- askarzinom. Den Tod im Kranken- haus hat man Hans Meid erspart, er wurde in häusliche Pflege ent- lassen, und so ging sein oft geäu- ßerter Wunsch, daß man ihn nur im Sarg aus Schloß Ludwigsburg heraustragen möge, in Erfüllung.

Neue Anerkennung für Meids Werk

Unter der Welle des Expressionis- mus beachtete man Meids Werk zunächst wenig. Seit einigen Jah- ren ist man aber dabei, ihm wie- der in den Rang einzusetzen, der ihm als Künstler unseres Jahrhun- derts gebührt. Ein schönes Zei- chen dafür bildete die Münchner Ausstellung 1981 in der Galerie

Die Bäume nicht anrühren! Ins- besondere keinen Ast abbre- chen, der wird sonst ein Pferd und reitet mit dir hoch über den Köpfen tief in den Wald, wirft dich ab über einem Blütenpol- ster und redet an gegen den Stein.

Da kommt sie heraus, die lange aufgestaute Wut und die mißlun- gene Zärtlichkeit, und der Stein verwandelt sich in einen Kinder- sarg. Das Pferd nickt, denn jetzt klappt die Verständigung, und es beschließt, alle Erinnerun- gen, die es bisher zum Narren hielten, von ihrer Traurigkeit zu befreien.

Dazu mußte es sein trotziges Aushalten aufgeben und wieder zur Sprache finden.

Es mußte wieder zur sinnlichen Wahrnehmung finden, wo Ge-

Ralph Jentsch und die große Cen- tenar-Ausstellung in Meids Ge- burtsstadt Pforzheim 1983, denen sich jetzt die umfangreiche Werksübersicht in der Galerie Pels-Leusden in Berlin anschließt.

Literatur (Auswahl)

1. Brieger, Lothar: Graphiker der Gegenwart, Verlag neue Kunsthandlung Berlin 1921 — 2.

Franken, F. H.: Hans Meid als Illustrator in: Il- lustration 63, Verlag Curt Visel, Memmingen 3, 89, 1983 — 3. Grothe, H.: Hans Meid. Siebzig Bilder, Kanter-Verlag, Königsberg 1944 — 4.

Jannasch, A.: Hans Meid, Paul Neff-Verlag, Berlin 1943 — 5. Jentsch, R.: Hans Meid: Das graphische Werk, Verlag Kunstgalerie Eßlin- gen, Eßlingen 1978 — 6. Jentsch, R., F. H. Fran- ken: Hans Meid. Eine Werkübersicht, Katalog zur Ausstellung Pforzheim vom 10. 7. bis zum 9. 9. 1983, Pforzheim 1983.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med.

Franz Hermann Franken Bergstraße 6-12

5600 Wuppertal 1

fühl und Denken noch ganz na- he beieinander sind. So kann es sichtbar machen, kann Gegen- stände verwandeln, vor und hin- ter der Realität, kann mögliche Bewegungen, Zustandsände- rungen einschließen.

In einem atemberaubenden Ba- lanceakt erweitert sich das Se- hen, findet gerade durch die Einbeziehung aller denkbaren Möglichkeiten zur Einfachheit, etwa zu Punkt und Linie, wieder zurück.

Niemand will der Körper sein, über dem sie sich wälzen, und doch ist jeder der Flüchtling mit der eigens für ihn erfundenen Sprache. Schnell müssen die al- ten Landkarten umgezeichnet werden, ehe die neuen Grenzen vergessen sind. Den Entstellun- gen auf den Gesichtern muß nachgegangen werden. Wort für

Träume muß man genauso wörtlich nehmen wie die Wirklichkeit

Reiner Gödtel

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 5 vom 3. Februar 1984 (79) 291

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