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Archiv "„Cannabis-Missbrauch nicht verharmlosen„" (03.03.2000)

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ährend es Überversor- gung und Missbrauch von Medikamenten in den rei- chen Industrienationen gibt, mangelt es im Gegensatz dazu an Schmerz- mitteln in den Entwicklungsländern.

Der Internationale Suchtstoffkontroll- rat (International Narcotics Control Board, INCB) äußerte sich in seinem jährlichen Welt-Drogen-Bericht be- sorgt darüber, dass viele Menschen, denen Betäubungsmittel von großem Nutzen wären, keinen Zugang dazu ha- ben. Gerade bei Krebspatienten in den letzten Stadien der Krankheit hätten sich schmerzlindernde Medikamente, wie Morphin und andere Opiate, be- währt. Anlass zur Besorgnis gebe auch der hohe Konsum von Amphetaminen und anderen Stimulanzien für das Ner- vensystem in Amerika sowie von Ben- zodiazepinderivaten in Europa.

Die Ursachen für dieses Un- gleichgewicht sieht der Rat einerseits

in den unzureichenden finanziellen Möglichkeiten der Entwicklungslän- der sowie im niedrigeren Niveau der Gesundheitsversorgung. Andererseits führten aggressive Marketingstrate- gien pharmazeutischer Unternehmen und unlautere medizinische Praktiken zu einer solchen Diskrepanz.

In seinem Bericht ruft der Rat in- ternationale Hilfsorganisationen auf, dringend benötigte Schmerzmittel für die ärmsten Länder zu spenden. Nach Schätzungen der WHO werden bis zum Jahr 2015 zwei Drittel der jährli- chen Krebserkrankungen in Entwick- lungsländern auftreten. Die Forschung habe gezeigt, dass bei 75 bis 90 Prozent aller Krebspatienten Schmerztherapi- en mit Opiaten erfolgreich sind. Der Internationale Suchtstoff-Kontrollrat fordert die Regierungen auf, ein Dro- genversorgungssystem zu schaffen, das den internationalen Regelungen ent- spricht und in dem Betäubungsmittel

für medizinische Zwecke ausreichend und preisgünstig erhältlich sind.

Der Rat besteht aus 13 Mitglie- dern, die von den Regierungen der ein- zelnen Länder und von der WHO no- miniert werden, und sieht sich als Hü- ter der UNO-Drogen-Abkommen von 1961, 1971 und 1988. Sein Ziel sei es, die Selbstverpflichtung der Länder, den Drogenmissbrauch bis zum Jahr 2008 zu verringern, zu wahren und den Drogenkonsum auf medizinische An- wendungen zu beschränken, betonte Dr. Oskar Schröder, Mitglied im Inter- nationalen Suchtstoff-Kontrollrat für Deutschland.

Als „gravierendes Problem“ be- zeichnet das INCB die zu beobachten- de Überversorgung mit Medikamenten in den entwickelten Ländern. Die Liste des jährlichen Morphinverbrauchs für medizinische Zwecke wird von Däne- mark mit 74,4 g je 1 000 Einwohner an- geführt, gefolgt von Kanada (46,1 g) und Portugal (42,2 g). Deutschland be- findet sich mit jährlich 15 g je 1 000 Ein- wohner an fünfzehnter Stelle.

„Operation Purple“

Zudem informierte das INCB über die unter dem Codenamen lau- fende internationale Aktion „Opera- tion Purple“, die bereits mehrfach verhindern konnte, dass Kaliumper- manganat, das für die illegale Herstel- lung von Kokain verwendet wird, in den Besitz von Schwarzhändlern ge- langt. Alle größeren grenzüberschrei- tenden Lieferungen werden über- wacht; dabei unterstützt die Interna- tionale Kriminalpolizeiliche Organi- sation und die Weltzollorganisation die Aktion. Da Kaliumpermanganat während der Verarbeitung seine Far- be so stark ändert, dass das Ende der Reaktion selbst für Laien erkennbar ist, wird die Chemikalie für die uner- laubte Herstellung von Kokain gern benutzt. Angesichts des Erfolges von

„Operation Purple“ wurde beschlos- sen, sie unbefristet zu verlängern. Die Phase II der Aktion ist im Januar 2000 angelaufen. Durch ein ähnliches globales Programm soll verhindert werden, wasserfreie Essigsäure, die für die Herstellung von Heroin sehr wichtig ist, abzuzweigen und zu ver- breiten. Dr. med. Eva A. Richter A-510 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 9, 3. März 2000

P O L I T I K AKTUELL

Internationaler Suchtstoff-Kontrollrat

Restriktive Drogenpolitik

Der Welt-Drogen-Bericht beschäftigt sich hauptsächlich mit der Medikamentenüber- und -unterversorgung.

W

„Cannabis-Missbrauch nicht verharmlosen“

Kritisch äußerte sich der Suchtstoff-Kontrollrat über die zunehmende Verbrei- tung des Cannabis-Missbrauchs, vor allem in Europa. Starke Cannabis-Sorten, ge- naue Anleitungen sowie Geräte für den Anbau seien zu leicht in „Hanfläden“

oder über das Internet verfügbar. Durch den freien Verkauf würde der häusliche Anbau von Hanf zunehmen. Der Missbrauch von Cannabis dürfe keinesfalls ver- harmlost oder als unvermeidlich betrachtet werden, heißt es in dem Jahresbericht.

Klare Stellung bezieht der Rat zur Debatte über Cannabis als Medikament:

Cannabis sei nicht verschreibungsfähig; es bedürfe weiterer wissenschaftlicher Forschung, um den medizinischen Nutzen von Cannabis nachzuweisen.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht schwerkranke Kläger ermutigte, wiederholt eine Sondererlaubnis für den legalen Konsum von Cannabis als The- rapeutikum zu beantragen, ist die Diskussion darüber auch in Deutschland wie- der aufgekommen. Die Legalisierung wäre jedoch „als eine Verletzung der in- ternationalen Übereinkommen zu werten“, betont Dr. Oskar Schröder, Mitglied des Rates. Die internationale Gemeinschaft habe 1961 beschlossen, Cannabis aufgrund seiner nachweislichen Gesundheitsschädlichkeit und der Gefahr der Abhängigkeit in die Liste der Betäubungsmittel aufzunehmen, die einer Kon- trolle unterliegen. Sollte die Forschung ergeben, dass der medizinische Nutzen von Cannabis größer als seine gesundheitliche Gefahr ist, so Schröder, müsse die Substanz in die Liste der genehmigungspflichtigen Stoffe aufgenommen werden und gleichfalls den Betäubungsmittelkontrollen unterliegen. ER

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