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Archiv "22. Deutscher Hausärztetag in Dresden: Arzneimittelbudget - tödlich für Primärversorgung" (08.10.1999)

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enn der Berufsverband der Allgemeinärzte Deutsch- lands – Hausärzteverband – e.V. (BDA) auch manche seiner seit vielen Jahren gehegten Forderungen im Gesetzentwurf der Bundesregie- rung zur Gesundheitsreform wieder- findet, vier zentrale Gestaltungsele- mente des geplanten Reformgesetzes treffen den Lebensnerv auch der Hausärzte: die Ausgabenbegrenzung durch ein sektorenübergreifendes Globalbudget, die praktisch unbefri- stet weiter geltenden, ohnedies zu eng bemessenen Arznei- und Heilmittel- budgets, das verabsolutierte Postulat der Beitragssatzstabilität und die nicht mit den hausärztlichen Grund- anliegen koordinierten honorarpoliti- schen Vorgaben.

Allerdings wollte der BDA bei seiner jüngsten Delegiertenversammlung anläßlich des 22. Deutschen Hausärztetages (22. bis 24.

September) in Dresden nicht so weit gehen, den Gesetzentwurf rundweg abzulehnen. Auch den Ak- tionen von 40 Verbänden im Rahmen des „Bündnis- ses Gesundheit 2000“ hat sich der BDA bisher nicht angeschlossen. Eine Betei- ligung an den Protesten sollte den Landesverbän- den überlassen bleiben, wie der mit großer Mehr- heit wiedergewählte Bun- desvorsitzende des BDA, Prof. Dr. med. Klaus-Die-

ter Kossow, Achim-Baden (bei Bre- men), bekundete. Er halte es nicht für verantwortbar, „durch das Schüren von Emotionen das gesundheitspolitische Chaos noch zu vergrößern.“ Zu Gast

beim BDA waren auch Bundesgesund- heitsministerin Andrea Fischer sowie BÄK-Präsident Prof. Dr. med. Jörg- Dietrich Hoppe und KBV-Vorsitzen- der Dr. med. Winfried Schorre.

Kossow räumte ein, daß allge- mein- und hausärztliche Interessen- politik bisher schon mit jeder politi- schen Konstellation Probleme gehabt habe. Die BDA-Politik dürfe deshalb nicht einseitige Parteinahme je nach der Augenblicksituation sein, sondern müsse sich an den hausärztlichen Zie- len und deren Realisierungschancen orientieren. Man müsse Bundesge- sundheitsministerin Andrea Fischer beim Wort nehmen und den Dialog fortsetzen, auf Kursbegradigungen und Verbesserungen hoffen.

Der BDA stimmt in der Einschät- zung der Bundesregierung überein, wonach es Überkapazitäten im Be- reich der niedergelassenen Fachärzte und an Krankenhäusern gebe und daß

Selbsthilfegruppen nachhaltig geför- dert werden müßten. Auch liege die Regierung richtig bei der Feststellung, daß die Behandlung chronisch Kran- ker noch im argen liege. Unter Ein- schaltung der Hausärzte müsse das Verzahnungs- und Integrationspro- blem angepackt werden.

Facharzttrend stoppen!

So deckungsgleich manche Re- formansätze der Regierungskoalition mit den Forderungen des BDA auch sind, bei der Umsetzung liege man zum Teil allerdings noch meilenweit auseinander. Dies gilt aus der Sicht des BDA vor allem für das star- re, nicht bedarfsorientierte Globalbudget und die ver- schärften sektoralen Bud- gets. Eine überzogene Richtlinienbürokratie ge- fährde das Reformziel der Regierung, nämlich die Pa- tientenversorgung zu ver- bessern, die Qualitätssi- cherung zu intensivieren und den Hausarzt als Lot- sen und Koordinator in die Gesamtversorgung einzu- beziehen. Insgesamt ver- schärfe das Gesetz die Konflikte innerhalb des Versorgungssystems und zwischen den einzelnen Gruppen von Leistungser- bringern. Ein staatliches System der Gesundheitssi- cherung müsse die Kon- flikte zwischen knappen Mitteln und unbegrenzten Versorgungswünschen der Versicherten dort lösen, wo der Sozialstaat die Auflösung solcher Interessengegensätze vorsieht: in den A-2484 (24) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 40, 8. Oktober 1999

P O L I T I K AKTUELL

22. Deutscher Hausärztetag in Dresden

Arzneimittelbudget –

tödlich für Primärversorgung

BDA fordert honorar- und strukturpolitisches Selbstbestimmungsrecht der Hausärzte.

W

Delegiertenversammlung des BDA Berufsverband der Allgemeinärzte Deutschlands – Hausärzteverband – am 23. und 24. September in Dresden: Bundesgesundheitsmi- nisterin Andrea Fischer im Dialog mit dem Auditorium. Rechts: BDA-Bundesvorsitzen- der Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Kossow Foto: Johannes Aevermann

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Parlamenten, Regierungen und vor Gerichten. Es sei aber inakzeptabel, einzelne Leistungserbringer, so auch die Hausärzte, als Hauptlastträger der Reformmaßnahmen einzuspannen und denen die unbequeme Aufgabe der Leistungsbegrenzung und der Konfliktregelung obendrein zu über- tragen. Befürchtet wird, die „facharzt- dominierten Kassenärztlichen Verei- nigungen“ könnten die gesamten Überschreitungsbeträge des Arznei- mittelbudgets vom Honorar jener Ärzte abziehen, die hausärztlich tätig sind, und die nicht Arzneimittel ver- ordnenden Fachärzte von den Folgen einer Überschreitung des Limits frei- stellen. Für die Hausärzte ist die Arz- neimittelpolitik deshalb ein Problem, weil es nicht in ausreichender Zahl Richtgrößen gibt, um Arzneimittelre- gresse zu vermeiden. Auch seien die Richtgrößen zu undifferenziert, so daß vor allem Landärzte ins Hinter- treffen geraten. Aus Sicht des BDA wäre es sinnvoll, den Gliederungspa- ragraphen gemäß § 73 SGB V konse- quent umzusetzen, um die Arzneiver- ordnung durch die Hausärzte zu koor- dinieren und Wirtschaftlichkeitskon- trollen auf jene Ärzte zu konzentrie- ren, die sich nicht an der Umsetzung der Gliederung beteiligen.

c Den Gesetzgeber rief der BDA auf, eine Bundesoberbehörde einzuset- zen, um epidemiologisch begründete Gesundheitsziele zu entwickeln und da- bei vor allem auch den vorausschätz- baren Versorgungsbedarf unter Be- rücksichtigung der Kosten des medizi- nischen Fortschritts festzulegen. Der BDA sprach sich dafür aus, den Trend zur teuren Spezialisten- und Subspezia- listenmedizin zu stoppen. Der Zick- zack-Kurs der Politik in der Vergan- genheit habe Reformansätze in dieser Richtung verhindert. Darunter habe insbesondere die hausärztliche Versor- gung gelitten, weil die Krankenhäuser und Fachärzte im stationären und am- bulanten Sektor Doppelkapazitäten aufgebaut hätten. Das dort ausgegebe- ne Geld sei der hausärztlichen Versor- gung entzogen worden. Die neuen Bundesländer, in denen zu DDR-Zei- ten noch eine breite hausärztliche Basis vorhanden war, hätten nach der Wende darunter gelitten, kritisierte Kossow.

Dringend änderungsbedürftig ist aus der Sicht des Hausärzteverbandes

die Arzneimittelpolitik. Die Ärzte kollektiv für die Überschreitung des Arzneimittelbudgets haftbar zu ma- chen, sei weder legitim noch legal. Im konkreten Falle will man Klagen un- terstützen. Wenn die Koalition die Arzneimittelkosten senken wolle, könne sie die Festbetragsregelungen an das Europarecht anpassen, die Mehrwertsteuer senken und die ge- setzlich geregelte Apothekenspanne beseitigen. Eine Positivliste für Arz- neimittel, die zu Lasten der Kranken- kassen verordnungsfähig sind, hält der Verband für überflüssig. Die Qua- lität der Medikamente müsse aus- schließlich im Arzneimittelgesetz ge- regelt werden. Leistungsausschlüsse könnten im Wege der Negativliste er- folgen. Zu einer Rechtsverordnung sei der Bundesgesundheitsminister be- reits seit vielen Jahren ermächtigt.

Drei weitere Konfliktfelder, die durch das Gesetzesvorhaben nicht entschärft werden: die Honorarpoli- tik, das Verhandlungsmandat und der Einsatz der Versicherten-Chipkarte.

c Der BDA sprach sich dafür aus, einen separaten Vergütungsanteil für die Hausarztversorgung zu veran- kern. Mit diesem müsse ein eigener hausärztlicher Honorarverteilungsmaß- stab und eine spezielle hausärztliche Gebührenordnung verbunden werden.

Andrea Fischers Argument

Diesem Petitum widersprach Bun- desgesundheitsministerin Andrea Fi- scher. Ihre Argumentation: „Die Ge- samtvergütung ist Ausdruck der Ein- heit der vertragsärztlichen Leistungs- erbringung, an der wir festhalten wol- len. Es muß der ärztlichen Selbstver- waltung auch künftig möglich sein, un- ter Berücksichtigung des Verteilungs- grundsatzes der Honorargerechtigkeit Schwerpunkte zu setzen. Es ist aber si- chergestellt, daß die an der hausärztli- chen Versorgung teilnehmenden Ärzte einen ausreichenden Vergütungsanteil bekommen. Die Honorarverteilung erfolgt hierbei mehrstufig. Unter Be- rücksichtigung der bundesweit vorge- gebenen Verteilungskriterien wird der hausärztliche Vergütungsanteil zwi- schen den Kassenärztlichen Vereini- gungen und den Krankenkassen ver- einbart.“ Aus der Sicht des Ministeri-

ums sind die Krankenkassen mithin verpflichtet, an der Sicherung der hausärztlichen Versorgung auch über die Honorarverteilung mitzuwirken.

Eigenständiges Verhandlungsmandat

Um den Hausärzten einen stärke- ren Einfluß in der Honorarpolitik zu ermöglichen, soll die Teilnahme von Repräsentanten der Hausärzteschaft bei den Verhandlungen zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen verbindlich gere- gelt werden, so die Ministerin.

c Die Honorarpolitik verbindet der BDA mit der Forderung, den Glie- derungsauftrag gemäß § 73 SGB V konsequent zu vollziehen, und mit dem Wunsch, die KV-Gremien so zu rekrutieren, daß ein eigenständiges hausärztliches Verhandlungsmandat geschaffen wird. Im Gesetzentwurf sieht der BDA insoweit einen Fort- schritt, daß ein eigenständiger Vergü- tungsanteil für den hausärztlichen Versorgungsbereich reserviert werden soll. Allerdings verlagere das Gesetz den Versuch, das hausärztliche Hono- rar zu sichern, in den Bereich der Honorarverteilung. Dies sei ein völlig untauglicher Ansatz. Zudem sei es rechtssystematisch falsch, dem Bewer- tungsausschuß zu überlassen, die Kri- terien für die Honorarverteilung fest- zulegen, insbesondere die Vergütungs- anteile für die haus- und fachärztliche Versorgung zu bestimmen. Es sei für die Allgemeinärzte inakzeptabel, die Krankenkassen in die Honorarvertei- lung einzubinden.

c Eine „intelligente Chipkarte“

müsse den Auftrag erfüllen, nämlich die Koordination und Kommunikation zwischen Haus- und Fachärzten zu be- werkstelligen. Nach Meinung des BDA kann die hausärztliche Versorgung nicht ohne Einschränkung der Nut- zungsmöglichkeiten der Krankenversi- chertenkarte verbessert werden. Bun- desgesundheitsministerin Fischer sieht darin ebenso wie in der Einführung spezieller Hausarzttarife ein Grund- problem, das die freie Arztwahl tangie- re. Dies sei aber in einer abrupten Um- stellung ebensowenig den Patienten zu vermitteln wie ein obligatorisches Pri- märarztsystem. Dr. Harald Clade A-2485

P O L I T I K AKTUELL

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 40, 8. Oktober 1999 (25)

Referenzen

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