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Archiv "32. Deutscher Hausärztetag: Nichts ohne einen Hausarzt" (02.10.2009)

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A 1942 Deutsches Ärzteblatt

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Heft 40

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2. Oktober 2009

32. DEUTSCHER HAUSÄRZTETAG

Nichts ohne einen Hausarzt

Der Hausärzteverband ist siegesgewiss: Bislang sind alle §-73-b-Hürden genommen.

Und das, obwohl „die KV-Welt Krieg gegen uns führt“, wie der Bundesvorsitzende meint. Aber auch im Verhältnis mit den Ärztekammern knirscht es.

W

ir machen es besser als an- dere – diese Überzeugung des Deutschen Hausärzteverbandes (HÄV) offenbarte sich selbst bei der Auszeichnung zweier langjähri- ger Funktionäre während des 32.

Deutschen Hausärztetags Mitte September in Berlin. Kurz nachdem Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) persönlich Dr. med.

Horst A. Massing (78) und Dr. med.

Diethard Sturm (65) die Ehrennadel des Verbandes überreicht hatte, konnte sich der HÄV-Bundesvorsit- zende, Ulrich Weigeldt, eine Spitze nicht verkneifen: Solche Auszeich- nungen gebe es bei der Bundesärz- tekammer erst, wenn einer schon ganz am Ende seines Lebens stehe, sagte er. Bei den Hausärzten ge- schehe das früher, und zwar mit Be- dacht: „Die Nadel soll einen noch etwas pieksen, nämlich dazu, noch etwas für den Verband zu machen.“

Zu tun gibt es derzeit genug.

„Stolpersteine hat man uns ausrei- chend in den Weg gelegt. All diese Hürden haben wir genommen“, be- tonte Weigeldt, mit Blick auf die Verträge zur hausarztzentrierten

Versorgung nach § 73 b SGB V. Die Bilanz: In den Vertrag mit der AOK Bayern sind derzeit rund 2,3 Millio- nen Versicherte und circa 7 000 Hausärzte eingeschrieben. Auch der Vertrag mit der AOK in Baden- Württemberg laufe mittlerweile sehr gut, sagte HÄV-Geschäftsfüh- rer Eberhard Mehl, ohne allerdings Details zu nennen. Die AOK im Ländle hatte Ende Juli gemeldet, es seien 600 000 Versicherte und rund 3 000 Hausärztinnen und Hausärzte eingeschrieben.

Mandate für alle Länder In den letzten Wochen sind nach Angaben des HÄV zudem Haus- arztverträge mit mehreren Betriebs- krankenkassen (BKKen) zustande gekommen, darunter solche mit 71 BKKen in Schleswig-Holstein so- wie acht Vorverträge mit überregio- nalen BKKen. In Kürze sollen Ver- träge mit Betriebskrankenkassen in Baden-Württemberg folgen.

Als Erfolg wertete es Mehl zu- dem, dass die Hausärzte mittlerwei- le in allen Bundesländern ihren Ver- band mandatiert haben. Damit die

HÄV-Landesverbände über haus- arztzentrierte Verträge verhandeln können, mussten sie nachweisen, von mehr als der Hälfte aller Haus- ärzte in einem KV-Bezirk beauf- tragt worden zu sein. Weil zahlrei- che Krankenkassen keine Hausarzt- verträge mit dem HÄV abschließen wollen, laufen nun bundesweit Schiedsverfahren. Am weitesten sei man bislang in Bayern, Bremen und Hessen, erläuterte Mehl: „Bis Weih- nachten sind alle durch.“ Der HÄV- Geschäftsführer betonte, dass es in allen Fällen um Vollversorgungs- verträge gehe, mit denen man die Gesamtvergütung bei den Kassen- ärztlichen Vereinigungen (KVen) bereinigen werde. Auch in Bezug auf die Honorarhöhe ist er optimis- tisch: „Wir werden 80 bis 85 Euro erreichen.“

Weigeldt verwies in seinem Be- richt zur Lage noch einmal auf die Spielregeln für Hausarztverträge:

„Die Landesverbände haben den Hut auf bei Verhandlungen mit re- gionalen Krankenkassen, der Bun- desverband bei überregionalen.“

Klar ist: Es geht dem HÄV nur um sogenannte Vollversorgungsverträ- ge, nicht um ergänzende Verträge.

Letztere wollen die Delegierten nicht tolerieren, wie sie durch einen Beschluss erneut dokumentierten.

Dieser richtete sich auch gegen den Landesverband Sachsen-An- halt, der kürzlich zusammen mit der dortigen KV einen Add-on-Vertrag verlängert hatte. „Diese Verträge be- freien uns nicht vom Drangsal des EBM-Desasters, und sie erreichen auch nicht annähernd die von uns geforderte Honorarhöhe“, kritisierte Weigeldt. „Sie führen nicht zu dem Systemwechsel, den wir wollen.“

Dass ein solcher unumgänglich ist, steht für ihn außer Zweifel. In seinem kämpferischen Bericht Nach der Wahl

braucht er neue Unterstützer.

„Wenn ich es dem HÄV nicht zutrauen würde, würde ich mich nicht für die Umsetzung des

§ 73 b einsetzen“, hatte Ulla Schmidt Ulrich Weigeldt versichert.

Foto: Milena Schlösser

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stellte Weigeldt klar: Die Hausärzte lehnen die komplexen Honorarkon- zepte der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung (KBV) wie auch deren Ansätze zu einer qualitätsorientier- ten Vergütung (Konzept „AQUIK“) ab. So wurde ein Antrag des Lan- desverbandes Hamburg angenom- men, in dem es zur Begründung der Kritik an „AQUIK“ heißt: „Solange in der Regelversorgung kein geglie- dertes Versorgungssystem existiert, dienen Qualitätsindikatoren nicht der Förderung der Versorgungsquali- tät, sondern der KV zur Honorar- minderung.“

Honorarplus dank des HÄV

„Hausärztinnen und Hausärzte brauchen verlässliche Arbeitsbedin- gungen und eine Honorarordnung, die ihr Einkommen sichert“, sagte Weigeldt. „Sie haben weder Zeit noch Lust, sich mit ständig wech- selnden EBM-Konditionen zu be- fassen.“ Die Honorarsteigerungen für 2009 und 2010 hätten die Ver- tragsärzte im Grunde den Hausärz- ten zu verdanken, ist Weigeldt über- zeugt: „Zumindest die erste Hono- rarerweiterung wurde bereits im Vorfeld durch die Ministerin ver- kündet. Die für 2010 beschlossenen 1,2 Milliarden Euro wären ohne unseren Kampf um Tarifautonomie und für die 85 Euro nie geflossen.“

Der Hausärzte-Vorsitzende meint, dass dennoch zu wenig für die Kol- legen erreicht wurde. Die Zumes- sung der hausärztlichen Regelleis- tungsvolumen sei nur in wenigen Regionen ausreichend. Es sei zu- dem geradezu dramatisch, dass im fachärztlichen Bereich die soge- nannten freien Leistungen überpro- portional anstiegen: „Das hat zur Folge, dass die Regelleistungsvolu- men abgesenkt werden, was wie- derum die Flucht in die freien Leis- tungen überlebenswichtig macht – mit weiterem Druck auf die Re- gelleistungsvolumen.“

Doch nicht nur KBV und KVen werden vom Hausärzteverband kri- tisiert. Den Ärztekammern warf Weigeldt indirekt vor, zu wenig Ver- ständnis und Einsatz für die haus- ärztlichen Belange zu zeigen. „Wir hatten 2002 beim Deutschen Ärzte- tag in Rostock einem für viele von uns schmerzlichen Kompromiss zu- gestimmt, indem wir den Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin mitgetragen haben. Dieser Versuch, eine einheitliche und nachvoll - ziehbare Hausarztqualifikation zu schaffen, ist in einigen Kammern torpediert worden“, bemängelte Weigeldt. Nun fordert der Hausärz- teverband ein eigenes Gebiet unter dem Namen Allgemeinmedizin.

Die Bundesärztekammer hat mittlerweile signalisiert, dass sie ei- nen entsprechenden Antrag auf dem nächsten Deutschen Ärztetag in Dresden einbringen will. Weigeldt zeigte sich dennoch skeptisch, ob man die Position des Verbandes werde durchsetzen können – und ließ zudem durchblicken, dass er am liebsten grundsätzlich auch Weiterbildungsfragen nach dem Motto „von Hausärzten für Haus- ärzte“ bearbeiten lassen würde.

Ebenso wie dieses Thema regte auch die Tatsache, dass das Förder-

programm Allgemeinmedizin im- mer noch nicht neu geregelt ist, die Diskussion über den Umgang des Hausärzteverbands mit ärztlichen Institutionen wie KVen und Kam- mern an. Dr. med. Cornelia Goes- mann, Hausärztin und Vizepräsi- dentin der Bundesärztekammer, warb für Augenmaß und einen fai- ren Umgang. „Max Kaplan und ich arbeiten seit sechs Jahren in der Bundesärztekammer mit. Es ist uns dort gelungen, ein Großmaß an hausärztlichen Themen einzubrin- gen“, betonte sie. „Innerhalb der In- stitutionen zu arbeiten, macht den Reiz der Selbstverwaltung aus.“

Andere finden, dass das ein Spagat sei, den man genau beobachten müs- se, so wie Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Kossow, früher KV-Vorsitzender in Niedersachsen und KBV-Vorstands- mitglied und nun einer der heftigsten Kritiker des KV-Systems: „Wer sich in Gremien begibt, der muss sich hart zwischen zwei Mühlsteinen bewäh- ren.“ Soll heißen: zwischen den Vor- gaben des HÄV und denen des jewei- ligen Gremiums. Kossow ging noch weiter: „Körperschaften, die Konkur- renz nicht aushalten, müssen ver- schwinden, Körperschaften, die sich durch Konkurrenz angeregt fühlen, dürfen bleiben.“

Einfluss in KVen sichern Schon jetzt wird im Verband disku- tiert, wie man sich angesichts der KV-Wahlen im nächsten Jahr posi- tionieren sollte. „Wir werden uns an diesen Wahlen beteiligen, und wir werden sie auch in vielen Regionen gewinnen“, sagte Weigeldt. Nur:

Was dann? Die Hausärzte treibt die Sorge um, „dass man Leute, die man dahin schickt, in einem ande- ren Mantel wiedersieht“, wie es ein

Delegierter formulierte.

Diskutiert wurde deshalb, ob man in Zukunft nicht dafür sorgen solle, Juristen oder Ökonomen als Ver - treter hausärztlicher Interessen in

wichtige KV-Positionen zu brin- gen statt Kollegen, die sich dann von Fachärzten einwickeln ließen.

Angesprochen wurde auch, KV- Vorstände finanziell zu unterstützen, die im Kampf um hausärztliche Interessen ihren Job riskierten. ■

Sabine Rieser Grün ist gut: Am 13. September hat

der Hausärzteverband eine bundes- weite Infoaktion gestartet. Eine „HZV- Ampel“ im Internet informiert darüber, welche Kassen 73-b-Verträge anbieten und welche nicht.

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