Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 4|
25. Januar 2013 A 107N
iedersachsen hat gewählt, und so spannend war eine Landtagswahl schon lange nicht mehr. Ob- wohl die FDP einen Überraschungserfolg mit knapp zehn Prozent der Stimmen erzielen konnte, hat es für eine Fortführung der schwarz-gelben Koalition nicht gereicht. Mit nur einem Sitz mehr im Landtag hat Rot-Grün nun eine Mehrheit, und der bisherige Ober- bürgermeister von Hannover, Stephan Weil, dürfte neu- er Ministerpräsident werden. Ein einziges Mandat bringt also den Wechsel, und das hat Folgen für die Gesundheitspolitik – sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene.Zunächst zu den Auswirkungen in Niedersachsen:
Die Themen im Wahlkampf waren Bildung, Energie und Mindestlohn. So weit, so gut. Doch was da in der Gesundheitspolitik im Argen liegt, ging vor der Wahl im Getöse eher unter. Vor allem die finanzielle Situa - tion vieler niedersächsischer Krankenhäuser ist an - gespannt. SPD und Grüne warfen der schwarz-gelben Regierung vor, sie hätte die Chance verpasst, die Kran- kenhäuser zu modernisieren und Kriterien für die Defi- nition einer flächendeckenden stationären Versorgung festzulegen. Die SPD wolle nun „die notwendigen strukturpolitischen Maßnahmen in Angriff“ nehmen, auch wenn der Spielraum klein sei. Das Thema Privati- sierung von Landeskliniken wollen die Grünen ganz oben auf die Tagesordnung setzen. Hintergrund: Die schwarz-gelbe Regierung soll zwischen 2005 und 2007 acht Krankenhäuser unter Wert verkauft haben. Abge- sehen davon drückt der Schuh in Niedersachsen – wie in vielen anderen Bundesländern – vor allem beim Thema Ärztemangel. „Es fehlen Ärzte an allen Ecken und Enden. Das sorgt uns hier im Moment am aller- meisten“, beklagt Dr. med. Martina Wenker, Präsiden- tin der Ärztekammer Niedersachsen. In diesem Zusam- menhang stehen auch die Folgen des demografischen Wandels im Vordergrund. Diesem und dem Ärzteman- gel möchte die SPD mit neuen Mobilitätskonzepten entgegenwirken. Die Grünen liebäugeln unter anderem
mit Vergütungsanreizen in unterversorgten Gebieten.
Doch eine Zauberformel für mehr Ärzte ist das auch nicht. Auch die Berliner Bundespolitiker haben beson- ders gespannt nach Hannover geblickt: Für die Regie- rung wird es künftig schwieriger, zustimmungspflichti- ge Gesetze durch den Bundesrat zu kriegen. SPD und Grüne verfügen in der Länderkammer nun wieder über eine Mehrheit. Im FDP-geführten Bundesministerium für Gesundheit gibt man sich jedoch betont gelassen.
Die wichtigsten Gesetze, wie beispielsweise das Ver- sorgungsstrukturgesetz, seien längst unter Dach und Fach. Das nächste wichtige, noch ausstehende Geset- zesvorhaben, das Krebsfrüherkennungs- und -register- gesetz, sei zudem so gut mit den Ländern abgestimmt, dass man dabei kaum mit Gegenwind rechne.
Die von manchen Parteien erhoffte Signalwirkung in Bezug auf die Bundestagswahl im Herbst 2013 hatte die Niedersachsenwahl nicht. Eine rot-grüne Bundes - regierung, die eine Bürgerversicherung einführen und die private Krankenversicherung in ihrer jetzigen Form abschaffen möchte, lässt sich aus den Ergebnissen genauso wenig vorhersagen wie ein weiteres gutes Wahlergebnis der FDP. Das „Superwahljahr 2013“
muss nicht zwangsläufig zu einem „super Wahljahr“
für die Liberalen werden. Das weiß die krisengebeutel- te FDP mit Sicherheit auch.
LANDTAGSWAHL NIEDERSACHSEN
Ein Mandat mit Folgen
Johanna Protschka
Johanna Protschka Redaktion Deutsches Ärzteblatt