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2. Teil: Rechtliche Grundlagen der Aufsicht

Versicherungswesen (BAV) und den Wertpapierhandel (BAWe). Ihre Dienstsitze sind in Bonn und Frankfurt am Main, vgl. §§ 1 und 2 FinDAG.214 Durch die Gründung der BaFin wird das Konzept einer Allfinanzaufsicht umgesetzt, d.h. es existiert eine staatliche Aufsichtsbehörde, die Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und Versicherungsunternehmen und damit den gesamten Finanzdienstleistungssektor überwacht.215 Die Zusammenfassung der bisherigen Aufsichtsämter erfolgte, um die Stabilität des deutschen Finanzsystems zu gewährleisten, denn der geltende Ordnungsrahmen wurde angesichts der Innovationen auf den Finanzmärkten als nicht mehr ausreichend angesehen.216 Der Gesetzgeber reagiert mit dem Erlass des FinDAG auf strukturelle Veränderungen, die auf der Produktebene zu einem vermehrten Angebot von Allfinanzstrategien und Allfinanzprodukten führten und auf der institutionellen Ebene zu einer sektorübergreifenden Konzernbildung von Banken, Finanzdienstleistungsinstituten und Versicherungsunternehmen.217 Für den Erlass des Gesetzes spielte zudem die zunehmende Internationalisierung auf dem Banken- und Finanzdienstleistungssektor eine Rolle, die Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland erforderlich machte und auch im Hinblick auf den Informationsaustausch mit ausländischen Behörden sowie die Vertretung nationaler Interessen in internationalen Gremien die Schaffung einer integrierten Finanzmarktaufsicht angezeigt erscheinen ließ.218

Die Aufgabenbereiche der BaFin orientieren sich an der bisherigen Dreiteilung: Zu unterscheiden sind die Bankenaufsicht, die Versicherungsaufsicht und die Wertpapieraufsicht, vgl. § 6 Abs. 3 FinDAG, (Punkt I). Die Maßnahmen, die die BaFin zur Erfüllung ihrer Aufsichtspflichten ergreifen kann, sind vielfältig und reichen von informellen Verfahren bis hin zum Erlass von Rechtsverordnungen (Punkt II).

214 Vorbild für die Schaffung der BaFin war die britische Financial Service Authority (FSA), vgl. Hagemeister, WM 2002, 1773, 1774

215 Zur Diskussion, die der Gründung der BaFin vorausging siehe Hagemeister, WM 2002, 1773, 1773f.; vgl. auch Bayer in: Pitschas, Integrierte

Finanzdienstleistungsaufsicht, 283ff.; Gramlich in: Pitschas, Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht, 313ff.;

216 Rede des Präsidenten der BaFin vom 06.05.2002 in Bonn, S. 1

217 vgl. die ausführliche Darstellung von Artopoeus in: Pitschas, Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht, 265, 272

218 BaFin, Wir über uns, S. 2

I. Aufgabenbereiche der BaFin

Durch das FinDAG werden die bisherigen Säulen der Aufsicht – Banken, Versicherungen und Wertpapiere – unter dem Dach der BaFin zusammengefasst, bleiben jedoch als Aufgabenbereiche unverändert erhalten. Auf diese Weise wird eine klare Aufsichtsstruktur gewährleistet und eine Durchmischung der Zuständigkeiten verhindert.

Im Rahmen der Bankenaufsicht ist die BaFin für die Zulassung der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute zuständig und übt die Solvenzaufsicht über sie aus.219 Diese beinhaltet neben der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Kredit- und Finanzdienstleistungsgewerbes unter institutionellen Gesichtspunkten auch den Schutz der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte.220 Die wesentlichen gesetzlichen Vorgaben für die Bankenaufsicht enthält das KWG, das durch einige Spezialgesetze wie beispielsweise das Hypothekenbanken- und das Bausparkassengesetz ergänzt wird.

Ergänzt wird der institutionelle Ansatz des KWG durch den markt- und verhaltensbezogenen Ansatz der Wertpapieraufsicht, die nach den Vorgaben des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG)221 durchgeführt wird.222 Ziel der Wertpapieraufsicht ist es, die Funktionsfähigkeit des Marktes sicherzustellen und die Anleger zu schützen.223

Im Rahmen der Versicherungsaufsicht schließlich wird die BaFin mit dem Ziel tätig, die Interessen der Versicherten zu schützen sowie zu gewährleisten, dass die Versicherungsunternehmen die von ihnen eingegangenen Verpflichtungen jederzeit erfüllen können.224 Die insoweit wesentlichen rechtlichen Vorgaben enthält das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG).225

II. Handlungsmöglichkeiten der BaFin

219 BaFin, Wir über uns, S. 4

220 VG Berlin, NJW-RR 2000, 642, 643

221 BGBl. I S. 2708

222 Schwark in: Schwark, KMRK Einf. WpHG Rn. 12ff.; Assmann in:

Assmann/Schneider, § 1 WpHG Rn. 7

223 Beck in: Schwark, KMRK, § 1 WpHG Rn. 1ff.

224 BaFin, Wir über uns, S. 5

225 Versicherungsaufsichtsgesetz vom 17.12.1992, BGBl I 1993, S. 2

Gemäß § 6 Abs. 1 KWG übt die BaFin die Aufsicht nach den Vorschriften des KWG aus. Diese Bestimmung stellt eine allgemeine Ermächtigung dar, Verwaltungsanordnungen zu erlassen.226 Neben dieser Generalklausel enthält das KWG spezielle Rechtsgrundlagen, auf die sich die BaFin bei ihren Aufsichtsmaßnahmen stützen kann. Zu unterscheiden ist diesbezüglich zwischen Regelungsinstrumenten, mit denen sie sich an die Gesamtheit der Institute wenden kann, speziellen Eingriffsbefugnissen gegenüber einzelnen Instituten sowie informellen Verfahren. Unterstützung erhält die BaFin bei ihrer Aufsichtstätigkeit durch die Deutsche Bundesbank, vergleiche § 7 KWG.227

1. Regelungsinstrumente gegenüber der Gesamtheit der Institute

Zu den Regelungsinstrumenten, mit denen sich die BaFin an die Gesamtheit der Institute wenden kann, gehören neben den Rechtsverordnungen Rundschreiben, Bekanntmachungen und Verlautbarungen sowie Schreiben.

Durch verschiedene Normen des KWG wird das Bundesministerium der Finanzen zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt. Es kann diese Ermächtigungen auf die Bundesanstalt übertragen.228 Von dieser Verordnungsermächtigung hat das Bundesministerium in einigen Fällen Gebrauch gemacht. Zu den in Bezug auf die Beaufsichtigung des Energiederivathandels wichtigsten Rechtsverordnungen gehören die Groß- und Millionenkreditverordnung,229 die Anzeigenverordnung230 und die Monatsausweisverordnung.231 Die Rechtsverordnungen sind allgemein

226 Reischauer/Kleinhans, § 6 KWG Rn. 36ff.; differenzierend Beck/Samm, § 6 KWG Rn. 36ff.

227 vgl. dazu Bayer in: Pitschas, Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht, 283, 294ff.

228 § 10 Abs. 1 S. 2 und 3; § 22 S. 1 und 5 § 24 Abs. 4 S. 1 und 2; § 25 Abs. 2 S. 1 und 3; § 29 Abs. 4 S. 1 und 2; § 31 Abs. 1 S. 1 und 2

229 Verordnung über die Erfassung, Bemessung Gewichtung und Anzeige von Krediten im Bereich der Großkredit- und Millionenkreditvorschriften des Gesetzes über das Kreditwesen (Großkredit- und Millionenkreditverordnung – GroMiKV), vom 29.12.1997, BGBl. I S. 3418; abgedruckt bei

Cronsbruch/Möller/Bähre/Schneider, Kreditwesengesetz, Nr. 2.11

230 Verordnung über die Anzeige und die Vorlage von Unterlagen nach dem Gesetz über das Kreditwesen (Anzeigenverordnung-AnzV), vom 29.12.1997, BGBl. I S.

3372; abgedruckt bei Cronsbruch/Möller/Bähre/Schneider, Kreditwesengesetz, Nr.

2.04

231 Verordnung zur Einreichung von Monatsausweisen nach dem Gesetz über das Kreditwesen (Monatsausweisverordnung-MonAwV), vom 31.05.1999, BGBl. I S.

verbindlich, beruhen auf einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, stehen materiell einem formellen Gesetz gleich und dienen dessen Durchführung.232

Bekanntmachungen und andere Verlautbarungen dienen dazu, die Institute über die Verwaltungspraxis der BaFin zu informieren.233 Bekanntmachungen können als Allgemeinverfügungen erlassen werden, aber auch als unverbindliche Anordnungen mit mittelbarer Auswirkung.234 Um letztere handelt es sich bei der Bekanntmachung der Grundsätze über die Eigenmittel und die Liquidität der Kreditinstitute (Grundsatz I und Grundsatz II.)235 Formell betrachtet sind die Grundsätze also nicht unmittelbar verbindlich, tatsächlich wirken sie jedoch wie Rechtsnormen.236 Verlautbarungen werden von der BaFin veröffentlicht, um Auslegungsfragen des KWG zu klären. Eine unmittelbare Verbindlichkeit für Institute kommt ihnen nicht zu.237

In speziellen Zweifelsfällen veröffentlicht die BaFin ihre Stellungnahmen zu Auslegungsfragen als Mitteilungen, Rundschreiben und Schreiben. Sie können nach ihrem Erscheinungszeitpunkt sortiert im Internet abgerufen werden.238 Auch sie entfalten keine unmittelbare Verbindlichkeit gegenüber den Instituten.239

2. Spezielle Eingriffsbefugnisse gegenüber einzelnen Instituten

Das Bundesaufsichtsamt wird durch § 6 Abs. 3 KWG allgemein ermächtigt, Anordnungen zu treffen, die „geeignet und erforderlich sind, um Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Bestimmungen zu unterbinden oder um Missstände in einem Institut zu verhindern oder zu beseitigen, welche die Sicherheit der dem Institut anvertrauten Vermögenswerte gefährden können oder die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte oder 1080; abgedruckt bei Cronsbruch/Möller/Bähre/Schneider, Kreditwesengesetz, Nr.

2.05

232 Beck/Samm, § 6 KWG Rn. 40; Reischauer/Kleinhans, § 6 KWG Rn. 10

233 Fischer in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 126 Rn. 11

234 Beck/Samm, § 6 KWG Rn. 43; Reischauer/Kleinhans, § 6 KWG Rn. 10

235 vom 20. 1.1969, BAnz. Nr. 17

236 Fischer in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch Rn. 11; Kritisch zu dieser Verwaltungspraxis Höhns, Die Aufsicht über Finanzdienstleister, S. 159ff.

237 Beck/Samm, § 6 KWG Rn. 44; Reischauer/Kleinhans, § 6 KWG Rn. 10

238 auf der Internetseite der BaFin: www.bafin.de/cgi-bin/bafin.pl; Eine Druckversion wird veröffentlicht bei Consbruch/Möller/Bähre/Schneider, Kreditwesengesetz

239 Reischauer/Kleinhans, § 6 KWG Rn. 10

Finanzdienstleistungen beeinträchtigen.“ Diese Anordnungsbefugnis wurde im Rahmen der 6. KWG Novelle eingefügt und ermöglicht es der BaFin, durch Verwaltungsakt Anordnungen gegenüber einem einzelnen Institut oder seinen Geschäftleitern in ihrem gesamten Aufgabenbereich zu treffen.240 Im Unterschied zur früheren Rechtslage kann die BaFin aufgrund dieser Anordnungsbefugnis nicht nur im Nachhinein, wenn die Missstände bereits eingetreten sind, sonder bereits im Vorfeld, wenn sich ihr Eintritt abzeichnet, tätig werden.241

Spezielle Eingriffsbefugnisse ermächtigen die BaFin darüber hinaus zur Aufhebung der Zulassung, § 35 Abs. 2 KWG, zur Abberufung der Geschäftsleiter, § 36 KWG, zur Untersagung ungesetzlicher Geschäfte, § 37 KWG, sowie zu Maßnahmen in den in §§ 45ff. KWG geregelten besonderen Fällen.

3. Informelles Verfahren

Neben diesen formellen Eingriffsmöglichkeiten stehen der BaFin auch verschiedene Möglichkeiten offen, informell Druck auf die Unternehmen auszuüben. So kann sie beispielsweise Informationen anfordern, ihre Auffassung mitteilen, Mahnungen und Missbilligungen aussprechen oder die Konsequenz eines formellen Verfahrens ankündigen.242 Im Hinblick auf

§ 36 Abs. 1 KWG stellt insbesondere die Ankündigung, die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und die Qualifikation der Geschäftsleiter zu überprüfen, ein erhebliches Druckmittel dar.243