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C. Merkmale von Energiederivaten

I. Auslegung des Derivatbegriffs

2. Vergleich mit dem Derivatbegriff des WpHG

Börsentermingeschäfte im Sinne des § 50 Abs. 1 BörsG a.F. qualifiziert.344 Der Begriff der Termingeschäfte ist daher durch weitere Merkmale charakterisiert, zu deren Ermittlung sich ein Rückgriff auf die von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Kriterien zur Bestimmung der Börsentermingeschäfte anbietet. Diese Ansicht wird gestützt durch einen Vergleich mit dem Derivatbegriff des WpHG.

Finanztermingeschäften verwendeten Derivatbegriff des § 2 Abs. 2a WpHG. Im Rahmen einer zweistufigen Prüfungsreihenfolge sei zunächst zu prüfen, ob ein Derivat im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 WpHG vorliege. Dies sei der Fall, wenn bestimmte zwingende Kriterien erfüllt seien. Habe man somit das Vorliegen eines Termingeschäfts bejaht, sei in einem zweiten Schritt zu fragen, ob es sich auch um ein Finanztermingeschäft handele.

Allein hierfür bedürfe es eines typisierenden Vergleichs.346

Diese Ansicht vermag jedoch nicht zu überzeugen, denn die Gesetzesbegründung knüpft ausdrücklich an den Begriff der Termingeschäfte an, nicht an den der Finanztermingeschäfte. Zudem ist eine unterschiedliche Auslegung des Begriffs der Termingeschäfte in § 2 Abs. 2 WpHG und § 2 Abs. 2a WpHG unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Einheitlichkeit des Gesetzes sowie deshalb abzulehnen, weil das Gesetz in § 2 Abs. 2a WpHG ausdrücklich auf den Derivatbegriff des § 2 Abs. 2 WpHG verweist.

b. Systematik des WpHG

Die Nähe des Derivatbegriffs zu dem Begriff der Börsentermingeschäfte zeigt sich nicht nur in der Gesetzesbegründung, sondern ergibt sich auch aus der Systematik des WpHG.

Mit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz347 wurden die Regelungen der Börsentermingeschäfte aus §§ 50ff. BörsG a.F.348 in die §§ 37dff.

WpHG übertragen und der Begriff der “Börsentermingeschäfte“ durch denjenigen der “Finanztermingeschäfte“ ersetzt.349 In der Gesetzesbegründung heißt es dazu: „Die im Börsengesetz bislang verwandten, jedoch nicht definierten Begriffe des Börsentermingeschäfts und des Geschäfts, das wirtschaftlich gleichen Zwecken dient, werden

346 Caspar, WM 2003, 161, 164; ähnlich auch Zingel in:

Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 47 Rn. 16; Assmann in: Assmann/Schneider, § 2 WpHG Rn. 40d

347 in Kraft getreten am 01.07.2002, BGBl. I, 2010

348 Börsengesetz in der Bekanntmachung der Neufassung vom 17. Juli 1996, BGBl. I S. 1030

349 Art. 2 Nr. 24 4. FMFG; In der Literatur war ursprünglich vorgeschlagen worden, den Begriff der Börsentermingeschäfte durch den Begriff der Derivate zu ersetzen, vgl. Kümpel, WM 1997, 49ff.

durch den Begriff des Finanztermingeschäfts ersetzt (§ 2 Abs. 2a WpHG).“350

Finanztermingeschäfte definiert das WpHG in § 2 Abs. 2a als Derivate und Optionsscheine. Entscheidend ist dabei der Verweis auf die Derivate, denn er soll es ausweislich der Gesetzesbegründung ermöglichen, auf die aus dem WpHG und dem KWG bekannten Grundsätze zurückzugreifen.351 Den Optionsscheinen kommt daneben nur eine geringe Bedeutung zu; ihre gesonderte Nennung wurde deshalb für erforderlich erachtet, weil § 2 Abs.

1 Nr. 1 WpHG sie zu den Wertpapieren zählt352 und zudem ihre Einordnung als Börsentermingeschäfte umstritten war.353 Ein solcher Streit sollte für die Finanztermingeschäfte vermieden werden.354

Der Begriff der Finanzinstrumente umfasst also all diejenigen Geschäfte, die zuvor unter den Begriff der Börsentermingeschäfte subsumiert wurden.

Darüber hinaus bringt der Gesetzgeber dadurch, dass er zur Definition der Finanzinstrumente auf den Begriff der Derivate verweist, zum Ausdruck, dass auch alle Geschäfte umfasst sein sollen, die vor In-Kraft-Treten des 4.

FMFG unter den Begriff der Derivate subsumiert wurden. Dieser Hinweis ist allerdings nur wenig hilfreich, da der Derivatbegriff selber nicht eindeutig ist, sondern vielmehr maßgeblich durch den Begriff des Termingeschäfts definiert wird - ein Begriff der seinerseits gesetzlich nicht näher bestimmt ist, allerdings Bezüge zum Begriff der Börsentermingeschäfte aufweist, wie sich aus der Gesetzesbegründung zum 4. FMFG ergibt, - sowie aus dem Verweis auf die Fest- und Optionsgeschäfte.

Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass der Begriff der Derivate im Sinne des WpHG weitgehend, aber nicht vollständig deckungsgleich mit demjenigen der Börsentermingeschäfte in § 50 Abs. 1 BörsG a.F. ist. Zur Auslegung des Derivatbegriffs kann daher auf die Merkmale zurückgegriffen werden, die Rechtsprechung und Literatur für das Börsentermingeschäft entwickelt haben.355

350 BT-Drs. 14/8017 S. 64

351 BT-Drs. 14/8017 S. 85

352 BT-Drs. 14/8017 S. 85; vgl. auch Assmann in: Assmann/Schneider, § 2 WpHG Rn. 40b

353 vgl. BGH WM 1991, 982ff.; BGH WM 1998, 2524, 2524; WM 1998, 1281ff.; WM 1999, 2300ff.

354 Samtleben, ZBB 2003, 69, 71 a.A. Casper, Das neue Recht der

Termingeschäfte, WM 2003, 161, 164, der der gesonderten Erwähnung der Optionsscheine eine lediglich klarstellende Funktion zuschreibt.

355 Schäfer/Lang, BKR 2002, 197, 202ff.; Fleckner, WM 2003, 168, 175; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 15.65 sowie 15.78ff.; Schwintowski/Schäfer, § 20

c. Bedeutung für den Derivatbegriff des KWG

Der Begriff der Derivate in § 1 Abs. 11 S. 4 KWG und in § 2 Abs. 2 WpHG ist nicht nur wortgleich definiert, sondern nach dem Willen des Gesetzgebers auch inhaltlich vergleichbar. Dies sollte nach dem Willen des Gesetzgebers bereits vor in Kraft treten des 4. FMFG gelten, 356 ergibt sich darüber hinaus aber auch aus der Regierungsbegründung zum 4. FMFG, die bestimmt, dass zur Auslegung des Begriffs der Finanztermingeschäfte auf den Derivatbegriff des WpHG und des KWG zurückzugreifen ist.357 Für diese Auslegung spricht auch der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung. Der Derivatbegriff in § 2 Abs. 2 Nr. 1 WpHG und in § 1 Abs. 11 S. 4 KWG geht zurück auf die Liste der Finanzinstrumente in Anhang Abschnitt B Nr. 3 bis 5 der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie358 und wurde im Rahmen ihrer Umsetzung durch das Gesetz zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften in das Gesetz aufgenommen.359 Der Derivatbegriff im WpHG und im KWG ist zwar weiter als die Liste der im Anhang der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie genannten Instrumente, die Richtlinie differenziert jedoch nicht zwischen der Zulassungs- und der Solvenzaufsicht über Wertpapierfirmen.

Für den Begriff der Termingeschäfte und damit auch der Derivate gilt daher auch im Rahmen des KWG, dass dieser neben dem hinausgeschobenen Erfüllungszeitpunkt und dem Element der Ableitung durch weitere Kriterien zu bestimmen ist. Da der Derivatbegriff außerdem mit dem Begriff der Börsentermingeschäfte im Sinne des § 50 Abs. 1 BörsG a.F. weitgehend übereinstimmt, kann zur Ermittlung dieser Kriterien auf die Rechtsprechung und Literatur zum Begriff der Börsentermingeschäfte zurückgegriffen werden.360

Rn. 45; a.A. Melzer, BKR 2003, 366, 369; differenzierend Casper, WM 2003, 161, 163; Zingel in: Derleder/Knops/Bamberger, § 47 Rn. 16

356 BT-Drs. 13/7142 S. 60

357 BT-Drs. 14/8017 S. 85

358 Anhang Abschnitt B der Richtlinie 93/22/EWG; vgl. BT-Drs. 13/7142 S. 69 (Derivatbegriff des KWG) und S. 100 (Derivatbegriff des WpHG)

359 Art. 1 Nr. 3k sowie Art. 2 Nr. 3c des Gesetzes zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften vom 22.10.1997, BGBl. I S. 2518

360 im Ergebnis auch Fülbier in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 1 KWG Rn. 223;

Reischauer/Kleinhans. § 1 KWG Rn. 346a; BaFin, Rede des Präsidenten vom