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Rutmer Niemendal (2009): Epidemiologische Untersuchungen zur Bedeutung und zum Vorkommen einer vermuteten Eperythrozoon-Infektion beim Pferd

Hämotrophe Mykoplasmen (Haemobartonella und Eperythrozoon Spezies) sind weitverbreite Bakterien, die die roten Blutzellen parasitieren. Es sind die Erreger der Haemobartonellose und Eperythrozoonose. Infektionen mit hämotrophen Mykoplasmen sind beim Schwein, beim Schaf, bei der Ziege, beim Rind, bei der Katze, beim Hund und bei der Maus ausführlich beschrieben. Auch bei verschiedenen anderen Tierarten gibt es Hinweise auf hämotrophe Mykoplasmen als Krankheitsverursacher.

Diese Mikroorganismen, auch Hämoplasmen genannt, sind sehr kleine (0,3 bis 3 μm), pleomorphe Bakterien ohne Zellwand oder Flagellen, welche resistent gegen Penicillin, aber empfänglich für Tetrazyklin sind. Bis vor wenigen Jahren wurden die Haemobartonella und Eperythrozoon Spezies den Rickettsien zugeordnet. Basierend auf der Analyse des 16S rRNA Gens wurden die Spezies neu zu den Mykoplasmen eingeteilt.

Eine Infektion verläuft im immunkompetenten Tier häufig latent und wird als Faktorenkrankheit angesehen. Ein akuter Anfall tritt typischerweise nur bei

immungeschwächten Tieren auf und kann durch Splenektomie hervorgerufen werden. Das Hauptsymptom ist dabei eine hämolytische Anämie. Bei chronischen Infektionen werden viele unspezifische Symptome wie Schwäche, Gewichtsverlust, schlechter Fellzustand, leichte Anämie und bei Nutztieren ein Abfall der zootechnischen Leistungen beobachtet.

Infizierte Tiere leiden häufig unter Mischinfektionen mit sowohl anderen hämotrophen Mykoplasmen-Spezies, als auch anderen Pathogenen.

In der akuten Phase sind die Erreger in großer Zahl als eperythrozytäre Strukturen im

peripheren Blutausstrich lichtmikroskopisch nachweisbar. In der Regel kann eine Diagnose an Hand der klinischen Symptome und eines Blutausstriches nur während eines akut

verlaufenden Krankheitsprozesses gestellt werden. Außerhalb dieser akuten Phase kann eine Infektion mittels direktem Erregernachweis durch PCR oder indirektem Erregernachweis durch Serologie festgestellt werden. Der Goldstandard zur Diagnose chronisch latenter Infektionen ist der mikroskopische Nachweis einer Bakteriämie nach Splenektomie verdächtiger Tiere oder nach Übertragung einer verdächtigen Blutprobe auf bereits splenektomierte Versuchstiere. Hämotrophe Mykoplasmen wurden bisher nicht in vitro kultiviert.

In der wissenschaftlichen Literatur sind keine Publikationen über die systematische Untersuchung zum Vorkommen von hämothrophen Mykoplasmen beim Pferd zu finden.

Lediglich eine Veröffentlichung aus dem Jahr 1978 beschreibt die Haemobartonellose beim Pferd in Afrika. Ein anderer Autor beschreibt in zwei Fallberichten aus jüngerer Zeit ein

chronisches Erschöpfungssyndrom beim Pferd und weist auf eine Besserung der klinischen Symptomatik und ein Verschwinden der anfangs beobachteten eperythrozytären Strukturen nach Behandlung hin. Seit einigen Jahren kommt es aber immer häufiger zu Berichten aus der Praxis über Diagnose und Behandlung einer vermuteten Eperythrozoonose bei Pferden. Laut Praxisberichten erfolgt der Nachweis dieser Parasiten beim Pferd an Hand einer

lichtmikroskopischen Untersuchung eines Blutausstriches.

In der vorliegende Studie wurden 108 Pferde, teils mit Symptomen einer vermuteten

Eperythrozoonose (N=32; Gruppe S), untersucht. Die restlichen gesunden Pferde bildeten die Kontrollgruppe (Gruppe K). Neben der Erhebung des Vorberichtes und einer allgemein klinischen Untersuchung zur Erfassung der vorliegenden Symptomatik wurden von jedem Probanden eine Hämatologie und ein peripherer Blutausstrich angefertigt. Der Ausstrich wurde blind von drei Untersuchern auf die Anwesenheit von hämotrophen Mykoplasmen-ähnlichen Strukturen beurteilt. Um eine mögliche Assoziation zwischen Anämie einerseits und positivem zytologischen Status anderseits zu untersuchen, wurden Pferde mit höheren und niedrigen Werten im roten Blutbild an Hand der zytologischen Diagnose verglichen.

In der in dieser Studie untersuchten Pferdepopulation wurden keine Tiere mit den klassischen Symptomen des akuten eperythrozoonotischen Anfalles entdeckt. Bei verschiedenen Pferden wurden Symptome einer chronischen Erkrankung wie Abmagerung, Asthenie und schlechter Fellzustand festgestellt. Sowohl bei symptomatischen Pferden als auch bei Kontrolltieren wurden häufig verdächtige Strukturen auf den Erythrozyten beobachtet.

In der Literatur wird eine sehr schlechte Sensitivität und Spezifizität der lichtmikroskopischen Untersuchung zur Diagnose von hämotrophen Mykoplasmen beschrieben, wobei u.a. das Ansprechen von Artefakten als die gesuchten Strukturen die Zahl der falsch positiven

Ergebnissen deutlich erhöhen kann. In der vorliegenden Studie beurteilte ein Untersucher mit nur 21 positiven Diagnosen signifikant (P<0,001) anders als die beiden anderen Untersucher (jeweils 72 und 82 positive Diagnosen). Auch die gesamte Übereinstimmung der drei

Untersucher war sehr gering (Kappa-Werte 0,0225 und -0,0148). Des Weiteren wurden in von Artefakten befallenen Ausstrichen häufiger verdächtige Strukturen festgestellt als in

Ausstrichen, die frei von Artefakten waren.

Verdächtige Strukturen wurden häufiger bei Tieren mit Symptomatik festgestellt als bei klinisch gesunden Tieren (Kontrollgruppe). Ein Vergleich beider Gruppen S und K an Hand hämatologischer Parameter ergab aber keine relevanten Unterschiede. Es wurden keine Hinweise auf eine höhere Präsenz von Anämien bei den symptomatischen Pferden gefunden.

Die Erythrozytenzahl (P<0,001), der Hämoglobinwert (P<0,05) und der Hämatokrit (P<0,05) waren sogar in der Gruppe S signifikant höher.

Eine Neueinteilung der untersuchten Pferde wurde an Hand von höheren und niedrigen Werten im roten Blutbild durchgeführt. Die zytologischen Diagnosen beider Gruppen wurden

verglichen. Dabei war kein signifikant höherer Anteil positiver zytologischer Bewertungen (P>0,05) bei den Tieren mit niedrigen Werten („anämische Pferde“) festzustellen.

Von zehn Tieren mit einer zytologisch positiven Diagnose wurden die tiefgekühlten Blutproben mittels PCR untersucht. Von neun dieser Proben konnte der Vergleich der erhaltenen Sequenzen im Rahmen dieser Arbeit nicht abgeschlossen und bewertet werden.

Eine Probe war negativ.

Auf Grund der Erkenntnisse über hämotrophe Mykoplasmen bei verschiedenen Tierarten und der in der vorliegenden Arbeit erzielten Ergebnisse kann bei Pferden mit Symptomen einer chronisch unspezifischen Erkrankung, bei der in der zytologischen Untersuchung verdächtige Strukturen auf den Erythrozyten nachgewiesen wurden, nicht ohne weiteres von einer

Infektion mit hämotrophen Mykoplasmen ausgegangen werden. Bei solchen Patienten sollten weiterführende Untersuchungen durchgeführt werden. Erst wenn hämotrophe Mykoplasmen nach phylogenetischer Genanalyse beim Pferd beschrieben und ein spezifische PCR-Test entwickelt wurde, kann die Diagnose einer Infektion mit diesem Erreger beim Pferd mit Sicherheit gestellt werden. Die eigenen Untersuchungsergebnisse lassen keinen Schluß über eine Kausalität zwischen zytologisch nachweisbaren eperythrozoon-ähnlichen Strukturen auf Pferdeerythrozyten und klinischen Symptomen zu.