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2.   LITERATURÜBERSICHT

2.14   Hämatologie beim Pferd

Die Erythrozyten des Pferdes sind scheibenförmig und zwischen 5 und 6 μm groß. Die Lebensdauer beträgt 140 bis 155 Tage. Gesundes Pferdeblut weist in Folge der

Geldrollenformung eine schnelle Sedimentation auf. Bei längerer Lagerung an

Zimmertemperatur wird Glukose aufgebraucht und steht somit der Na⁺/K⁺ Membran Pumpe nicht mehr als Energielieferant zur Verfügung. So kommt es zur einen Pseudohyperkaliämie.

Pferde mit höherem Vollblutanteil haben in Ruhe höhere Hämatokrit-Werte. Sonstige Variationen der Messwerte beruhen hauptsächlich auf Alter und emotionalem Status der erprobten Tiere, scheinen aber keine wichtige Rolle zu spielen (KRAMER 2000). Tabelle 2.6 gibt eine Übersicht über publizierte hämatologische Referenzwerte beim Pferd. Die

Referenzwerte entsprechen den Werten einer bestimmten gesunden Population. Für eine Übersicht über das weiße Blutbild und über die Hämatologie des Fohlens wird auf die Literatur verwiesen (KRAMER 2000; LATIMER u. RAKICH 2002). Die Referenzwerte für Leukozyten folgen aus Tabelle 2.6. Im Vergleich zu den anderen Tierarten weisen Pferde sehr niedrige Thrombozytenkonzentrationen auf (KRAMER 2000). Die Referenzwerte folgen aus Tabelle 2.6. Wenn bei einem Pferd ohne deutliche Blutungsneigung eine Thrombozytopenie festgestellt wird, könnte eine EDTA-abhängige Pseudothrombozytopenie vorliegen. Die Diagnose kann durch einen Vergleich der Thrombozytenzahl einer Heparin-Blutprobe mit der Trombozytenzahl einer EDTA-Blutprobe gesichert werden (HINCHCLIFF et al. 1993).

Messwert Einheit LATIMER u. RAKISH 2002 KRAMER 2000

Leukozyten G/l 6-12 5,4-14,3

Erythrozyten T/l 6-12 6,8-12,9

Hämoglobin g/dl 10-18 11,0-19

Hämatokrit % 32-48 32-53

MCH pg 13-19 12,3-19,9

MCHC g/dl 31-37 31,0-38,6

MCV fl 34-58 37,0-58,5

Thrombozyten G/l 100-600 100-350

Tabelle 2.6: Publizierte hämatologische Referenzwerte des Pferdes

2.14.2 Periphere Blutausstriche mit besonderer Beachtung der Erythrozyten Das Ziel beim Anfertigen eines Blutausstrichs ist, die Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten so von einander zu trennen, dass sie identifiziert und beobachtet werden können. Aus EDTA-Vollblut kann mit Hilfe zweier Objektträger oder zweier Deckgläser ein Ausstrich angefertigt werden. Die Methode mit Anwendung der Objektträger wird hier kurz erläutert, für die andere Methode wird auf die Literatur verwiesen. Wichtig ist, die Blutprobe gut zu mischen bevor ein kleiner Blutstropfen auf das Ende eines Objektträgers gebracht wird.

Ein anderen Objektträger wird in einem Winkel von ungefähr 30 Grad aus Richtung des dem Bluttropfen gegenüberliegenden Endes in den Blutstropfen geschoben. Das Blut verteilt sich und kann in die andere Richtung ausgestrichen werden (LATIMER u. RAKICH 2002). Der Blutausstrich sollte möglichst dünn und homogen sein. Dazu empfehlen GEHLEN et al.

(2008), die Objektträger im Brutschrank auf 37 Grad anzuwärmen und das Präparat sofort mit dem Föhn zu trocknen. Es sollten nur 5 bis 7 μl Blut pro Ausstrich verwendet werden.

Nach dem Trocknen werden die Ausstriche meistens mit Romanowsky-Färbungen angefärbt, welche sich aus drei Farben zusammen setzt (rot, blau und lila). Neben einer unzureichenden Färbung kann die Formation von Präzipitaten eine gute Beurteilung der Ausstriche

erschweren. Präzipitate entstehen durch Verdampfung von Alkohol aus der Färbungslösung (LATIMER u. RAKISH 2002) oder durch unzureichende Spülung (LATIMER u. RAKISH 2002; GEHLEN et al. 2008).

Erythrozyten des Pferdes färben sich rot mit einem etwas blasseren Zentrum. Häufig wird Geldrollenformung beobachtet. Howell-Jolly Körper sind punktförmige DNA-Reste und werden selten bei gesunden Pferden, häufiger bei Anämien beobachtet (LATIMER u.

RAKICH). Sie sind keine eindeutigen Hinweise auf einer Regeneration (MORRIS 2002 a).

Eine Makrozytose ist aber ein deutlicher Hinweis auf eine regenerative Anämie. Sie wird durch ein erhöhtes MCV angezeigt, welches aber wenig sensitiv ist (FEY 2006).

Unvollständig getrocknete Präparate können nach dem Färben Falten aufweisen, wobei die Erythrozyten-Membran Punkte aufweist. Bei Anämien werden häufig kernhaltige

Erythrozyten beobachtet. Bei verschiedenen Pathologien kann Mikrozytose und Poikilozytose auftreten (LATIMER u. RAKICH 2002). Nach oxydativer Beschädigung der Erythrozyten werden Heinz Körper als Punkte im Blutausstrich beobachtet (KRAMER 2000; LATIMER u.

RAKICH 2002). Mit einer Spezialfärbung (neu Methylen blau) können diese denaturierten Hämoglobin-Aggregate noch deutlicher sichtbar gemacht werden. Nach Intoxikation mit Blei können kleine blau-grauen Stippen auf den Erythrozyten sichtbar gemacht werden. Die Identifikation dieser Veränderungen ist aber sehr abhängig von der angewendeten Technik.

Bei einer Infektion mit Babesiose können die Parasiten mit ihrer typischen Tränenform in den Erythrozyten angetroffen werden (LATIMER u. RAKICH 2002).

2.14.3 Hämolytische Anämie

Die Entwicklung von Retikulozyten zu Erythrozyten findet beim Pferd komplett im Knochenmark statt, wodurch der Unterschied zwischen einer regenerativen und

nichtregenerativen Anämie erschwert wird (KRAMER 2000; LATIMER u. RAKICH 2002).

Blutarmut oder Anämie wird definiert als ein Zustand, in dem die

Sauerstoff-Transportkapazität des Blutes verringert ist (MORRIS 2002 a; FEY 2006). Klinisch ist eine Verminderung der Erythrozytenzahl und/oder des Hämoglobingehaltes vorhanden (FEY 2006). Den deutlichsten Hinweis auf eine Anämie gibt der Hämatokrit. Anämie entsteht durch Blutverlust, Hämolyse, unzureichende Erythrozyten-Produktion oder aus einer Kombination dieser Ursachen (MORRIS 2002 a). Von 33 Pferden die mit einer Bluttransfusion behandelt wurden, wiesen 18 eine hämorrhagische Anämie, 8 eine hämolytische Anämie und 5 eine Anämie durch Störung der Erythropoese auf (HURCOMBE et al. 2007).

Viel häufiger als die intravasale Hämolyse tritt beim Pferd die extravasale hämolytische Anämie auf, wobei durch verstärkten immunologisch bedingten Abbau im

retikuloendothelialen System die Lebensdauer der Erythrozyten verkürzt wird. Auslöser der Hämolyse sind meistens infektiöse oder immunologische Prozesse, wobei die Differenzierung oft schwierig ist. Seltener kommen Toxine oder Mikroangiopathien in Frage (FEY 2006).

Tabelle 2.7 listet mögliche Ursachen der hämolytischen Anämie beim Pferd auf.

Neonataler Isoerythrolyse Zwiebelvergiftung

Equine Infektiöser Anämie Autoimmuner hämolytischer Anämie Rot-Ahorn Vergiftung Babesiose

Equine Ehrlichiose Clostridium Infektionen

Inkompatible Bluttransfusionen

Übersetzt und geändert nach MORRIS (2002 a)

Tabelle 2.7: Mögliche Ursachen einer hämolytischen Anämie beim Pferd

Fallberichte von immunvermittelter hämolytischer Anämie bei Pferden, ausgelöst durch Penicillin (BLUE et al. 1987) und Trimethoprim-Sulfamethoxazol (THOMAS u. LIVESEY 1998), liegen vor.

Hämoglobinurie, verfärbtes Serum und ein Hämatokrit (%)/ Hämoglobin (g/dl)-Wert unter 3 sind Hinweise auf Hämolyse (MORRIS 2002 a). Bei intravasaler hämolytischer Anämie können die erythrozytären Indices MHC und MCHC erhöht sein (FEY 2006). Ein positiver Coomb’s Test zeigt Antikörper auf der Oberfläche der Erythrozyten an, was beim Pferd meist ein Hinweis ist auf ideopathische autoimmune hämolytische Anämie, Infektiöse Anämie oder Neonatale Isoerythrolyse. Es ist aber mit vielen falsch negativen Ergebnissen zu rechnen (MORRIS 2002 a). In Deutschland wurden in 2007 zwei, und in 2008 sieben Fälle von Equiner Infektiöser Anämie angezeigt (ANON. 2008). Die Diagnose wird mittels Serologie

(Coggins-Test) oder PCR (ANON. 2005 a) gesichert. Eine Übersicht der Infektiösen Anämie in den Vereinigten Staaten, wo diese Krankheit weitverbreitet ist, wurde von SELLON (1993) veröffentlicht. Equine Piroplasmose oder Babesiose ist im Süden Europas und vielen anderen Teilen der Welt endemisch und wird durch die intraerythrozytären Protozoa Theileria equi und Babesia caballi verursacht. Die Diagnose wird durch Nachweis der Parasiten im peripheren Blutausstrich, PCR oder Serologie gesichert (ANON. 2005 b).

3. EIGENE UNTERSUCHUNGEN