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2.   LITERATURÜBERSICHT

2.12   Hämotrophe Mykoplasmen bei andere Tierarten und beim Menschen

Hämotrophe Mykoplasmen wurden bei der Maus und andere Rodentia (SCHILLING 1928;

TYZZER u. WEINMANN 1939), beim Waschbär (FRERICHS u. HOLBROOK 1971), beim Flughund (EWERS 1971), bei der Beutelratte (MESSICK et al. 2002), bei Alpaka und Lama (McLAUGHLIN et al. 1990; REAGAN et al. 1990; MESSICK et al. 2002), bei verschiedenen Affensorten (PETERS et al. 1974; DILLBERGER et al. 1994; NEIMARK et al. 2002 a) und beim Rentier (STOFFREGEN et al. 2006) beschrieben. Das klinische Spektrum dieser Infektion variiert von asymptomatisch zur schweren, manchmal fatalen Erkrankung einhergehend mit Anämie, abhängig von der Empfindlichkeit der Wirte und eventueller Splenektomie.

GRETILLAT und KONARZEWSKI (1978) berichten über 97 schwer kranke Einheimische aus der Sahelregion in Nigeria. Im peripheren Blutausstrich waren die Erythrozyten von Haemobartonella-ähnlichen Strukturen befallen, wie sie auch bei an Haemobartonellose erkrankten Karnivoren, Pferde und Kaninchen in dieser Region beobachtet wurden. Die Patienten befanden sich in einem sehr schlechten Allgemeinzustand und wiesen Anämien auf.

Bei sechs AIDS-Patienten wurden im Blutausstrich Haemobartonella-ähnliche Organismen beobachtet. Alle Patienten litten an einer Blutarmut, welche die Folge von der Infektion mit diesen Strukturen sein könnte (DUARTE et al. 1992). In China wird bei immunkompetenten Menschen die Eperythrozoonose als subklinische Infektion ansehen. Bei Schwangeren und Neugeboren kann es aber verstärkt zur klinischen Erkrankung kommen, wobei Anämie und Gelbsucht auftreten (YANG et al. 2000).

2.12.2 Pathologie

DILLBERGER et al. (1994) beschreiben die Nekropsie einiger Affen, die nach teilweise spontaner Erkrankung nach einer Episode von schwerer Anämie eingegangen waren.

Hauptbefunde waren eine allgemeine Blässe und Splenomegalie.

2.12.3 Epidemiologie, Risikofaktoren und Ko-Infektionen

Von 30 Waschbären aus dem Wildfang in den Vereinigten Staaten wurde bei einem Tier H.

procyoni nachgewiesen (FRERICHS u. HOLBROOK 1971).

In einer Herde mit 19 Rentieren erlebten über eine Periode von 18 Monate zehn Tiere eine Episode einhergehend mit mehr oder weniger ausgeprägte Anämie. Zytologisch wiesen alle Tiere Hinweise auf epierythrozytäre Strukturen auf. Bei sechs Tieren wurde ein PCR-Test durchgeführt, alle mit positivem Ergebnis. Bei jeweils drei Tieren war die Kotprobe auf Endoparasiten positiv oder es wurden bei der Nekropsie Parasiten festgestellt. Der regenerative Charakter der Anämie im Kontrast zu einer chronischen Anämie mit Eisenmangel bei Parasitenbefall könnte die Kausalität zwischen den hämotrophen Mykoplasmen und der Anämie unterstützen (STOFFREGEN et al. 2006).

In der Periode 1994 bis 1996 wurden in unentwickelten Gebieten in der Mongolei 1529 Blutproben aus der Bevölkerung gesammelt. 35,3 % der Proben waren Eperythrozoon-Spezies positiv. Die Diagnose wurde mittels Licht- und Elektronenmikroskopie gestellt.

Zudem wurde Probandenblut intramuskulär bei Mäusen inokuliert und eine Bakteriämie abgewartet (YANG et al. 2000).

2.12.4 Diagnostik

Für Rodentia steht zum Nachweis von M. haemomuris ein eigener PCR-Test zur Verfügung (ZHANG u. RIKIHISA 2002). Zur Diagnostik dieser Erreger bei den anderen Tierarten und auch dem Menschen wurden keine spezifischen PCR-Tests beschrieben.

2.12.5 Therapie

Totenkopfaffen werden routinemäßig in der Malariaforschung (Plasmodium falciparum) als Modelltiere genutzt. Traditionell werden die Tiere vor Anfang solcher Studien mit

Tetrazyklinen behandelt. Diese Therapie scheint aber als Prophylaxe für hämotrophe Mykoplasmen-Infektionen ineffektiv zu sein (NEIMARK et al. 2002 a). Das Arsenderivat Neoarsphenamine scheint gegen sowohl patente als auch latente Infektionen wirksam (MICHEL et al. 2000). Auch bei Mäusen und Ratten wurden Behandlungen mit

Arsenderivaten bei Infektionen mit diesen Erregern erfolgreich durchgeführt (THOMPSON u.

BAYLES 1966). Mit einer Tetrazyklinbehandlung konnten infizierte Alpakas nicht erregerfrei gemacht werden (TORNQUIST et al. 2002).

PUNTARIC et al. (1986) berichten über eine junge Frau, die mit anhaltendem Fieber, Anämie und Lymphadenopathie vorgestellt wurde. Die eingestellte Therapie mit Benzylpenicillin war erfolglos. Nach Umstellung auf Doxyzyklin trat eine schnelle Heilung auf, und diese

erfolgreiche Umstellung der Antibiose veranlasste die Autoren, hier eine Infektion mit hämotrophe Mykoplasmen als Ursache in Betracht zu ziehen.

2.12.6 Bedeutung

In Labortierbeständen wurden bei verschiedenen Tierarten wie Hunden (KEMMING et al.

2004 a), Schafen (MARTIN et al. 1988), Mäusen (SCHILLING 1928), Ratten (ELKO u.

CANTRELL 1968) und Affen (DILLBERGER et al. 1994; NEIMARK et al. 2002 a)

hämotrophe Mykoplasmen nachgewiesen. Die Infektionen könnten Experimente beeinflussen und Bias verursachen. Mit infizierten Schaf-Erythrozyten, die in einem Komplement Fixation Test benutzt wurden, wurden nachweislich andere Ergebnisse erzielt, als mit Erythrozyten von negativen Tieren (NORRIS et al. 1987).

Hinweise auf humane Eperythrozoonose wurden von verschiedenen Autoren beobachtet (GRETILLAT u. KONARZEWSKI 1978; PUNTARIC et al. 1986; DUARTE et al. 1992). In China wurden Eperythrozoon-Spezies als ursachliche Agentia beschrieben (YANG et al.

2000). Im Zusammenhang mit humanem systemischen Lupus erythematosus wurden Haemobartonella-ähnliche Strukturen nachgewiesen (KALLICK et al. 1972). Die Erreger wurden bisher nicht gentechnisch identifiziert. Hämotrophe Mykoplasmen-Infektionen bei Tieren könnten als Modell zur Forschung humaner Krankheit genutzt werden (HOELZLE 2007).

Die Rolle von hämotrophen Mykoplasmen als Krankheitserreger bei Waschbären, Flughunden, Beutelratten, Alpakas und Rentieren wurde an Hand von Fallberichten beschrieben. Wie groß die Bedeutung dieser Art von Erkrankung bei diesen Tierarten ist, bedarf noch weiterer Untersuchungen (EWERS 1971; FRERICHS u. HOLBROOK 1971;

MESSICK et al. 2002; STOFFREGEN et al. 2006).

Es bleibt noch ungeklärt, in wieweit hämotrophen Mykoplasmen eine Rolle als potentielle Zoonose zugeschrieben werden kann (GRETILLAT u. KONARZEWSKI 1978; PUNTARIC et al. 1986). Von verschiedenen Arthropoden, die auch Menschen befallen können, wurde nachgewiesen, dass sie hämotrophe Mykoplasmen übertragen können (SENEVIRATNA et al.

1973; BERKENKAMP u. WESCOTT 1988; PRULLAGE et al. 1993; SHAW et al. 2004;

TAROURA et al. 2005; LAPPIN et al. 2006; WILLI et al. 2007 a). Obwohl hämotrophe Mykoplasmen im Allgemeinen als wirtspezifisch betrachtet werden und natürliche Kreuzinfektionen nicht bekannt sind, sollte Xenotransplantation als potentielle Übertragungsquelle berücksichtigt werden (HOELZLE 2007).

2.13 Hinweise auf hämotrophe Mykoplasmen beim Pferd

Über die Pathogenität von Mykoplasmen beim Pferd ist wenig bekannt. Sie wurden bei verschiedenen Krankheitsprozessen isoliert, aber deren Rolle in der Pathogenese bleibt unklar (KIRCHHOF u. RUNGE 1998). In Handbüchern über Pferdemedizin ist keine Information über hämotrophe Mykoplasmen-Infektionen zu finden. In einer einzigen Veröffentlichung berichtet GRETILLAT (1978) über die Haemobartonellose bei Pferden in Nigeria. In diesem Teil der Sahel scheint der Erreger sehr pathogen für Pferde zu sein und ihm wird große sozialökonomische Bedeutung zugeschrieben. Die Krankheit wird relativ häufig beobachtet.

Auf einem Reitbetrieb waren 60 % der Pferde Träger der Haemobartonellen und bei 10 % wurden klinische Symptome beobachtet. Initial sind die Tiere allgemein schlapp, haben

intermittierend leichtes Fieber und Inappetenz. Bei leichter Arbeit fällt eine Dyspnoe und starkes Schwitzen auf. Die Schleimhäute sind blass, leicht ikterisch, und gelegentlich werden Petechien beobachtet. Wenn die Pferde rechtzeitig Ruhe kriegen, können die Symptome abklingen und die Tiere erholen sich in einigen Tagen. Ohne Ruhe geht die Krankheit in ein chronisches Stadium über, wobei die Patienten in sehr schlechtem allgemeinem Zustand sind.

Bewegungsstörungen, Nasenbluten, Dyspnoe und eine schmerzhafte Adenopathie sind die Hauptsymptome. Fast immer wurde ein Splenomegalie festgestellt. Bei einem Teil der Pferde kommt es zum Festliegen, wobei die Patienten nach einer Agonie von einigen Stunden, nach 2 bis 3 Wochen sterben. Im akuten Stadium wird im Blutbild eine Lymphozytose beobachtet, bei chronisch kranken Tieren einen Neutrophilie. Auffällig war, dass Pferde mit einer

Eosinophilie eine bessere Prognose zu haben scheinen. Kurz vor dem Tod tritt eine starke Leukopenie auf. Die Pferde sind anämisch. Im peripheren Blutausstrich werden kleine Strukturen von 0,1 bis 0,3 μm auf den Erythrozyten beobachtet. Sie präsentieren sich vereinzelt, doppelt oder in Ketten. Behandlung mit Kortikosteroiden verschlechtert den Zustand der Patienten. Mit Arsenpräparaten wird eine leichte Verbesserung erreicht. Durch Antibiotika wird keine Wirkung erreicht, von Penicillin und Streptomycin wird sogar abgeraten. Behandlungserfolge wurden nur mit einer Kombination von Chlorpromazin und einem anti-protozoalen Diminazine-Präparat beobachtet. Die Übertragung findet

wahrscheinlich durch blutsaugende Arthropoden statt.

Aus Großbritannien wurde über eine andauernde Lethargie bei Pferden in Zusammenhang mit einem Enterovirus berichtet (RICKETTS et al. 1992). Nach dem „Chronic fatigue syndrome“

bei Menschen wurde hier die Bezeichnung “Equine fatigue syndrome“ introduziert. „Chronic fatigue syndrome“ oder chronisches Erschöpfungssyndrom wurde von TARELLO (2001 a, b) an Hand von fünf Fallberichten beim Pferd beschrieben. Es betraf hier chronisch kranke Pferde, die nicht auf Standardbehandlungen mit Antibiotika, Anthelmintika und

Kortikosteroiden reagierten. Die Pferde waren geschwächt, hatten abgenommen und zeigten Inappetenz. Der Zustand des Fells war schlecht. Verschiedene Pferde wiesen sekundäre bakterielle Infektionen auf und hatten intermittierendes Fieber. Neurologische und lokomotorische Symptome wurden auch beschrieben. Vier von den fünf Pferden waren anämisch, eines zeigte eine Neutrophilie. Im peripheren Blutausstrich wurden bei allen Pferden 0,3 bis 0,5 μm große Strukturen auf den Erythrozyten beobachtet. Babesia oder Ehrlichia Spezies wurden nicht festgestellt. Blutkulturen wurden nicht ausgeführt. Eine Behandlung mit intravenösen Arsenderivaten in einer niedrigen Dosierung, wie beschrieben bei der Haemobartonellose der Katze, führte bei allen Pferden zur kompletten Besserung. Bei Nachkontrollen wurden im Blutausstrich keine Mikroorganismen festgestellt und die

hämatologischen Messwerte waren im normalen Bereich. Der Autor bemerkt, dass

Arsenderivate von jeher beim Pferd als Tonikum und zur Behandlung von Asthenie eingesetzt wurden, aber über die letzten Jahrzehnte aus den regulären Behandlungen verschwunden sind.

Noch nicht veröffentlichte Daten aus der Schweiz (persönliche Mitteilung Dr. L. Hoelzle) und Deutschland (persönliche Mitteilung Dr. M. Winkler) geben Hinweise auf hämotrophe

Mykoplasmen-ähnliche Bakterien beim Pferd.

2.14 Hämatologie beim Pferd