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2.   LITERATURÜBERSICHT

2.9   Hämotrophe Mykoplasmen bei der Katze

In der akuten Phase einer M. haemofelis-Infektion werden Fieber, Anämie, Lethargie und Anorexie als wichtigste Symptome festgestellt (MESSICK 2004). Zudem sind teilweise Gewichtsverlust, Schwäche, Synkope, Exitus, Tachypnoe, Tachykardie, Splenomegalie, Herznebengeräusche, Ikterus, Hypothermie, Lymphadenopathie oder Pika vorhanden

(MESSICK 2003; SYKES 2003; WILLI et al. 2007 b). Candidatus M. haemominitum scheint weniger pathogen zu sein, und es werden bei infizierten Katzen nur minimale klinische

Faktoren scheinen das Erscheinungsbild bei Candidatus M. turicensis-Infektionen zu bestimmen (WILLI et al. 2007 b). Neben Unterschieden in Virulenz könnten auch dosis-abhängige Effekte (WESTFALL et al. 2001) oder individuelle Empfindlichkeit der Tiere (WILLI et al. 2007 b) eine Rolle spielen.

Chronisch latente Infektionen werden typischerweise bei nicht splenektomierten, immunkompetenten Tieren beobachtet (MESSICK 2004).

Bei der Katze scheint der Ernst der Symptome mit der Quantität des nachgewiesenen DNAs der hämotrophen Mykoplasmen korreliert (COOPER et al. 1999; LOBETTI u. TASKER 2004;

TASKER et al. 2004 a). In verschiedenen Studien konnte diese Korrelation aber nicht bestätigt werden (TASKER et al. 2003 b; WILLI et al. 2006 c). Grundsätzlich ist die Anwesenheit eines Pathogens notwendig, aber dies alleine wäre unzureichend, Krankheit auszulösen (SACHSE 2003). In vielen molekular epidemiologischen Studien wurde dieses Prinzip auch für hämotrophe Mykoplasmen bestätigt, und es wurde keine Korrelation zwischen positivem hämotrophen Mykoplasmen-Status und hämatologischen Veränderungen festgestellt (TASKER et al. 2003 a;

ISHAK et al. 2006; GUIMARAES et al. 2007 a; JUST u. PFISTER 2007; SYKES et al. 2007 a;

WENGI et al. 2008).

2.9.2 Pathologie

Systematische Sektionsbilder und histopathologische Untersuchungen an von hämotrophe Mykoplasmen-infizierten Katzen wurden in der Literatur nicht gefunden.

2.9.3 Epidemiologie, Risikofaktoren und Ko-Infektionen

Seit der Entwickelung molekular genetischer Nachweismethoden wurden hämotrophe Mykoplasmen-Infektionen bei Hauskatzen und wilden Feliden weltweit beschrieben.

Tabelle 2.5 zeigt eine Übersicht rezent publizierter Nachweishäufigkeiten von hämotrophen Mykoplasmen-Infektionen bei Katzen. Auf Grund von Unterschieden in den untersuchten Katzenpopulationen und zum Teil auch in der angewendeten PCR Methode ist ein direkter Vergleich der Zahlen nicht immer möglich.

In der Studie von WILLI et al. (2006 b) werden die Proben der Untersuchungen von LOBETTI und TASKER (2004), TASKER et al. (2003 a) und TASKER et al. (2004 a) nochmal analysiert und es wurde spezifisch auch nach Candidatus M. turicensis gesucht (Tabelle 2.5).

In einer japanischen Studie wurden 21 Haemobartonellose-verdächtige Hauskatzen auf M.

haemofelis mittels PCR untersucht. Bei 18 der Tiere war das Ergebnis positiv und wurde zytologisch im peripheren Blutausstrich bestätigt. Dieses PCR Verfahren ermöglichte es, zwischen den wichtigsten M. haemofelis-Stämmen zu differenzieren. Vier Katzen (22%) waren mit dem California Stamm, 12 (67%) mit dem Ohio Stamm, und 2 (11%) mit beiden Stämmen infiziert (WATANABE et al. 2003).

Population Hauskatzen mit variablen Symptomen; VS Hauskatzen Haemobartonellose-Verdacht; Japan Katzen aus Tierparks und Natur; VS Hauskatzen mit variablen Symptomen; Großbritanien Hauskatzen Haemobartonellose-Verdacht; Spanien Hauskatzen mit variablen Symptomen; Canada Hauskatzen mit variablen Symptomen; Süd Afrika Wildkatzen; VS Hauskatzen mit variablen Symptomen; Australien Hauskatzen mit variablen Symptomen; Japan Hauskatzen, gesunde Blutspender; VS Wildkatzen; VS Hauskatzen mit Flohbefall; VS Hauskatzen mit variablen Symptomen; VS Hauskatzen mit variablen Symptomen; Schweiz Proben aus vorherigen Studien Katzen aus Tierparks und Natur; Europa, Tanzania, Brasilien Hauskatzen mit variablen Symptomen; Japan Hauskatzen mit variablen Symptomen; Deutschland Gesunde und FIV/FeLV infizierte Hauskatzen; Brasilien Wildkatzen; Korea Hauskatzen Haemobartonellose-Verdacht; Großbritanien

Referenz JENSEN et al. 2001 WATANABE et al. 2003 HAEFNER et al. 2003 TASKER et al. 2003 a CRIADO-FORNELIO et al. 2003 KEWISH et al. 2004 LOBETTI u. TASKER 2004 LURIA et al. 2004 TASKER et al. 2004 a INOKUMA et al. 2004 HACKETT et al. 2006 EBERHARDT et al. 2006 LAPPIN et al. 2006 ISHAK et al. 2006 WILLI et al. 2006 a WILLI et al. 2006 b WILLI et al. 2007 c FUJIHARA et al. 2007 JUST u. PFISTER 2007 MACIEIRA et al. 2008 YU et al. 2007 PETERS et al. 2008

Mhf + CMhm + CMt (%) 0 2 (0,3) 28 (10,8) 4 (6,7) 0 2 (0,1)

CMhm + CMt (%) 6 (0,8) 23 (3,6) 15 (5,8) 1 (1,7) 0 10 (0,6)

Mhf + CMt (%) 0 4 (0,6) 0 1 (1,7) 3 (2,2) 2 (0,1)

Mhf + CMhm (%) 1 (0,2) 0 0 5 (6,4) 19 (3,9) 1 (0,7) 0 1 (0,8) 3 (2,7) 5 (5,4) 7 (4,0) 2 (0,3) 7 (1,0) 12 (4,7) 2 (3,4) 1 (0,7) 18 (5,4) 11 (0,7)

CMt (%) 3 (0,4) 16 (2,4) 51 (19,8) 0 0 13 (0,8)

CMhm (%) 72 (16,9) 3 (10,0) 7 (11,7) 25 (32,1) 40 (8,3) 34 (23,1) 16 (15,7) 9 (7,6) 7 (6,3) 15 (16,3) 14 (8,0) 63 (8,8) 102 (15,9) 83 (32,2) 21 (35,0) 11 (8,1) 34 (10,3) 154 (9,7)

Mhf (%) 43 (19,5) 18 (85,7) 2 (3,7) 6 (1,4) 6 (20,0) 16 (26,7) 5 (6,4) 21 (4,3) 6 (4,1) 2 (2,0) 4 (3,4) 2 (1,8) 2 (2,2) 8 (4,5) 9 (1,3) 12 (1,9) 45 (17,5) 6 (10,0) 6 (4,4) 14 (4,2) 30 (1,9)

Stich- probe (N) 220 21 54 426 30 60 78 484 147 102 146 112 92 176 713 642 257 60 135 149 331 1585

Mhf: Mycoplasma haemofelis; CMhm: Candidatus Mycoplasma haemominitum; CMt: Candidatus Mycoplasma turicensis;

VS: Vereinigten Staaten (geändert und erweitert nach PETERS et al. 2008)

Tabelle 2.5: Veröffentlichte Nachweishäufigkeiten von Hämoplasmenspezies-DNA mittels PCR bei Katzen nach Einzel- und Mischinfektionen

JENSEN et al. (2001) fanden bei 82 hämotrophe Mykoplasmen-verdächtigen Katzen in den Vereinigten Staaten 10 (12,2%) Infektionen mit dem Ohio Stamm, 9 (11,0%) Infektionen mit den California Stamm, und 4 (4,9%) mit Mischinfektionen. Nach neustem Wissensstand wurden die Ohio und California Stämme als M. haemofelis beziehungsweise Candidatus M.

haemonitum bezeichnet (WILLI et al. 2007 b).

Bei unterschiedlichen Feliden sind hämotrophe Mykoplasmen nachgewiesen. Die zwei positiven Tiere in der Studie von HAEFNER et al. (2003) sind Tiger. Die Studie von WILLI et al. (2007 c) beschreibt hämotrophe Mykoplasmen-Infektionen bei neun Wildkatzen Spezies - darunter Löwe, Puma und Luchs - aus drei unterschiedlichen Kontinenten.

Viele Prävalenz-Studien, meistens basierend auf DNA-Nachweis, wurden zur Analyse von Risikofaktoren verwendet. Hämotrophe Mykoplasmen-Infektionen werden in verschiedenen Veröffentlichungen mit folgenden Faktoren assoziiert: höheres Alter, männliches Geschlecht, retrovirale Infektionen (FIV, FeLV), Mischinfektionen mit anderen hämotrophen

Mykoplasmen, Freigang, Beiß-Abszesse, kutanes squamöses Zellkarzinom, Stomatitis (GRINDEM et al. 1990; HARRUS et al. 2002; TASKER et al. 2003 a; INOKUMA et al.

2004; WILLI et al. 2006 b, c; DE MORAIS et al. 2007; JUST u. PFISTER 2007; SYKES et al. 2007 a; MACIEIRA et al. 2008). In der Studie von GRINDEM et al. (1990) hingegen wiesen Katzen, die jünger als drei Jahre waren, ein erhöhtes Risiko auf, und das Geschlecht war nicht mit einer Infektion assoziiert. WILLI et al. (2006 c) fanden keine Assoziation mit retroviralen Infektionen, aber kranke Katzen mit einer Candidatus M. haemominitum-Infektion wiesen häufiger eine Niereninsuffizienz auf. Ko-infizierte Katzen mit Candidatus M. haemomintum oder M. haemofelis und FeLV entwickelten eine viel schwerere Anämie als Tiere, bei denen keine FeLV-Infektion vorlag (BOBADE et al. 1988; GEORGE et al. 2002;

HARRUS et al. 2002). Bei FIV-infizierten Katzen wurden keine vergleichbaren Effekte beobachtet (TASKER et al. 2006 a, b). Hämotrophe Mykoplasmen-Infektionen werden bei FeLV-infizierten Katzen als ein erhöhtes Risiko dafür betrachtet, schneller eine

hämatopoetische Neoplasie zu entwickelen (PRIESTER u. HAYES 1973; GEORGE et al.

2002; MESSICK 2003). Die Infektion mit Candidatus M. haemomintum scheint bei der Katze den Verlauf einer Bartonella henselae-Infektion nicht zu beeinflussen (SYKES et al. 2007 c).

2.9.4 Diagnostik

Zum Erregernachweis bei der Katze wurden viele PCR-Tests beschrieben (BERENT et al.

1998; MESSICK et al. 1998; COOPER et al. 1999; JENSEN et al. 2001; HAEFNER et al.

2003; TASKER et al. 2003 a, b, 2004 a, b; WATANABE et al. 2003; BRADDOCK et al.

2004; LOBETTI u. TASKER 2004; SYKES et al. 2007 a, b; PETERS et al. 2008). In einigen Veröffentlichungen wird der zytologische Nachweis mit der PCR verglichen. In der Studie von TASKER et al. (2003 a) waren zwei mikroskopisch positive Ausstriche im PCR-Test negativ; von 46 fraglichen Ergebnissen waren 6 PCR positiv und von 269 negativen Ausstrichen waren 48 PCR positiv. Die errechnete Sensitivität und Spezifität der

lichtmikroskopischen Untersuchung war damit 11,1% und 84,0%. In einer anderen Studie wurde bei 78 Katzen im peripheren Blutausstrich eine hämotrophe Mykoplasmen-Infektion nachgewiesen. Nur 45% dieser Blutproben waren im PCR-Test positiv (LOBETTI u.

TASKER 2004). JENSEN et al. (2001) fanden durch zytologische Untersuchungen bei 53 verdächtigen Katzen, von denen 28 anämisch waren, 9 falsch negative Ergebnisse im Vergleich mit dem PCR-Test. Bei 3 dieser falsch negativen Ergebnisse betraf es anämische Katzen. WESTFALL et al. (2001) inokulierten mit hämotrophen Mykoplasmen infiziertes Blut bei Katzen. Der Erreger wurde in allen Blutproben durch PCR, aber nur in 38% der Fälle durch Zytologie nachgewiesen.

Obwohl experimentelle Studien mittels Western Immunblot (ALLEMAN et al. 1999) und Immunfluoreszenz (FOLEY et al. 1998) über Antiköper gegen feline hämotrophe

Mykoplasmen durchgeführt wurden, stehen keine serologischen Routinetests zur Verfügung (TASKER u. LAPPIN 2002; WILLI et al. 2007 b).

2.9.5 Therapie und Prävention

Bei Katzen wurden neben dem Tetrazyklin Doxyzyklin auch die Fluoroquinolonen

Enrofloxacin und Marbofloxacin auf Wirksamkeit untersucht. Alle drei waren effektiv in der Reduktion der klinischen Symptome und Erreger-DNA-Mengen im Blut (BERENT et al.

1998; FOLEY et al. 1998; DOWERS et al. 2002; TASKER et al. 2004 b; 2006 a, b). Die drei felinen hämotrophen Mykoplasmen scheinen aber Unterschiede in der Empfindlichkeit gegenüber diesen Wirkstoffen aufzuweisen (TASKER et al. 2006 a, b; WILLI et al. 2006 a).

Parenterale Verabreichung von Imidocarb dipropionat wurde auch bei Katzen getestet. Vier von acht Katzen wurden vorübergehend PCR negativ und es traten keine Nebenwirkungen auf (LAPPIN et al. 2002). Eine völlige Eliminierung des Erregers wurde mit keinem dieser

Therapeutika erreicht (MESSICK 2003). Azithromycin, ein Makrolid das bei Mykoplasma-Infektionen benutzt wird, wurde an mit H. felis infizierten Katzen getestet und wurde für nicht effektiv befunden (WESTFALL et al. 2001).

Obwohl die Anämie zum Teil immunvermittelt sein könnte (COX u. CALAF-ITURRI 1976;

VAN STEENHOUSE et al. 1995), bleiben Kortikosteroide als unterstützende

Behandlungsmaßnahme umstritten. Methylprednisolon bei einer mit Candidatus M.turicensis infizierten Katze resultierte in einer Verschlechterung der Blutarmut (WILLI et al. 2005).

Kortikosteroide können die Zahl der hämotrophen Mykoplasmen im Blut ansteigen lassen (HARVEY u. GASKIN 1978; GULLAND et al. 1987 b; BÜTTNER et al. 1995;

ALLEMANN et al. 1999; MESSICK 2003; YUAN et al. 2007) und unbekannte

Begleitinfektionen verschlimmern (SYKES 2003). Der Einsatz von Kortikosteroiden wird von CARNEY und ENGLAND (1993) bei Autoagglutination oder akuter Anämie empfohlen, es fehlen aber klinische Studien an denen die Ergebnisse kontrolliert werden können. In Fällen lebensbedrohlicher Anämie sollte Blut übertragen werden (TASKER u. LAPPIN 2002;

SYKES 2003).

Obwohl es in einer Studie von HARVEY und GASKIN (1978) nicht gelang, bei chronisch infizierten Katzen durch Stress eine Rezidive zu induzieren, wird geraten, Stress und andere immunschwächende Umständen zu vermeiden (WILLI et al. 2006 c). Weil Freigang bei Katzen als Risikofaktor beschrieben ist (GRINDEM et al. 1990) und direkte Übertragung über Speichel oder Fäzes eine Rollen spielen könnte (WILLI et al. 2007 a, b), sollte

Wohnungshaltung eine Infektion bei Katzen vermeiden können. Fallberichte über Infektionen nach Bluttransfusion liegen vor (LESTER et al. 1995; SYKES et al. 2004; PAUL et al. 2008), und Nachweishäufigkeiten bei Blutspendern wurden veröffentlicht (HACKETT et al. 2006).

Blutspender sollten mittels PCR auf Anwesenheit von hämotrophen Mykoplasmen-Infektionen getestet werden (SYKES 2003; GARY et al. 2006; HACKETT et al. 2006).

Splenektomie löst bei infizierten Tieren einen akuten Anfall der Krankheit aus (SCHILLING 1928; BENJAMIN u. LUMB 1959; MESSICK 2004) und macht den Verlauf unvorhersehbar (KEMMING et al. 2004 b). Patienten, bei denen eine elektive Splenektomie geplant wird, sollten präoperativ getestet werden. Die Bekämpfung von Flöhen sollte Infektionen reduzieren können (LAPPIN et al. 2006).

2.9.6 Bedeutung

Bei Katzen kann es sowohl bei immunkompetenten (VAN STEENHOUSE et al. 1995;

REYNOLDS u. LAPPIN 2007), als auch bei immungeschwächten oder splenektomierten Tieren (LESTER et al. 1995; DE LORIMIER u. MESSICK 2004; REYNOLDS u. LAPPIN 2007) zu klinischen Erkrankungen kommen. Die Haemobartonellose wurde bei der Katze mit retroviralen Infektionen assoziiert. Die Prävalenz von FIV und FeLV liegt bei mit

hämotrophen Mykoplasmen infizierten Tieren deutlich höher (HARRUS et al. 2002). Ko-Infektionen von M. haemofelis und FeLV verursachen eine deutlich gravierendere Anämie (BOBADE et al. 1988; GEORGE et al. 2002). Zudem wurden Hinweise gefunden,

Candidatus M. haemomintum könnte bei FeLV infizierten Katzen myeloproliferative

Krankheitsprozesse auslösen (GEORGE et al. 2002). Es gab auch Hinweise auf eine Rolle der Mykoplasmen in der humanen Onkogenese (TSAI et al. 1995). Die Übertragung der Infektion bei Katzen durch Bluttransfusionen wurde dokumentiert. Blutspender sollten auf das

Vorkommen von hämotrophen Mykoplasmen kontrolliert werden (GARY et al. 2006;

HACKETT et al. 2006).

2.10 Hämotrophe Mykoplasmen beim Hund