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Die Anzahl an Menschen mit Krebserkrankungen ist in Deutschland in den letzten Jahren gestiegen. Das basiert sowohl auf der längeren Lebenserwartung und dem Anstieg der Inzidenz im Alter als auch auf der ansteigenden Zahl der Neuerkrankungen ab dem 40. Lebensjahr (Abbildung 1, Seite 6 ), [1].

Zeitgleich ist durch neue Therapiemodalitäten und Früherkennung im Rahmen von Vorsorgeprogrammen die Sterblichkeit bei diesen Erkrankungen gesunken.

Abbildung 2, Seite 7, [1].

Durch die steigende Zahl an Erkrankungen im erwerbsfähigen Alter fokussiert sich die Rehabilitation im Rahmen von Krebserkrankungen zunehmend auf die Rückkehr ins Arbeitsleben. Körperliche Beschwerden, die eine solche Erkrankung und die Therapie mit sich bringen, können Auswirkungen auf die Teilhabe im Alltag und insbesondere im beruflichen Leben haben.

In diesem Rahmen richten sich Rehabilitationskliniken auf medizinisch beruflich orientierte Rehabilitationsmaßnahmen (MBOR) aus ( siehe Abbildung 4, Seite 11).

Die Statistik der Deutschen Rentenversicherung belegt, dass Krebserkrankungen als Begründung für eine Erwerbsminderungsrente an 3. Stelle liegen. [5] Der größte Teil der betroffenen Menschen kehren jedoch an ihren Arbeitsplatz zurück.

In verschiedenen Studien konnte eine große Spannweite bezüglich der Rückkehr an den Arbeitsplatz nach Krebserkrankungen gezeigt werden. Durchschnittlich lag die Zahl bei dem von A. Mehnert in einem Literaturüberblick ausgewerteten Daten bei 63,5%. [6]

Im Rahmen einer prospektiven Studie konnten Mehnert und Koch zeigen, dass verschiedene Faktoren mit der Rückkehr an den Arbeitsplatz in Verbindung gebracht werden können. Dabei waren flexible Arbeitszeiten, jüngeres Alter, höherer Bildungsstand, männliches Geschlecht, aber auch Remission der Krebserkrankung als statistisch signifikant nachgewiesen worden. [9]

Die vorliegende Arbeit hatte als Ziel das subjektive Frühberentungsrisiko bei onkologischen Rehabilitanden zu identifizieren und mit der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung durch den Sozialmediziner in Relation zu setzen. Dabei galt es zu prüfen, inwiefern Alter, Stadium der Erkrankung, Arbeitslosigkeit, Fatigue sowie psychische Belastungen Einfluss auf ein Rentenbegehren nehmen. Weiterhin sollte der Zusammenhang mit beruflichen Belastungen oder dem Wunsch nach berufsbezogenen Maßnahmen untersucht werden. Eine Gegenüberstellung von subjektivem Rentenbegehren und ärztlicher Einschätzung des Leistungsvermögens war bisher in keiner Studie untersucht worden.

Im auswertbaren Patientenklientel dieser Studie waren 78,8% (n=234) Rehabilitanden mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen aus der Rehabilitation entlassen worden.

Bei 7,4% (n=22) war eine Anpassung des Arbeitsplatzes empfohlen.

Insgesamt konnten somit 86,2% der Patienten aus Sicht des Sozialmediziners wieder zurück an ihren Arbeitsplatz kehren. Bei 7,4% (n=22) war aus sozialmedizinischer Sicht eine Rückkehr an den alten Arbeitsplatz nicht mehr möglich, jedoch konnten andere Tätigkeiten vollschichtig ausgeübt werden.

Bei unseren Daten liegt die Zahl der Rehabilitanden, die aus ärztlicher Sicht wieder ins Erwerbsleben zurückkehren können in den Bereichen, die sowohl A. Mehnert als auch Böttcher et al. bei ihren Analysen der Rückkehrraten feststellen konnten.

A. Mehnert zeigte in einem Literaturüberblick internationaler Studien, dass im Durchschnitt 63,5% der Krebspatienten nach einer Erkrankung zurück an ihren Arbeitsplatz kehrten [6]. Aktuellere Daten von Böttcher et al. [20] zeigen eine Rate mit 78%. Dabei ist zu beachten, dass in der Untersuchung von Böttcher die Probanden vorselektiert waren. So wurden Patienten mit sehr hoher psychischer oder körperlicher Belastung nicht eingeschlossen. Weiterhin wurden auch Rehabilitanden mit laufendem Rentenantrag ausgeschlossen. In unserer Untersuchung erfolgte keine solche Selektion.

In den bisherigen Untersuchungen durch Mehnert et al. wurden Rückkehrraten und Einflussfaktoren für die Rückkehr an den Arbeitsplatz untersucht [6][21][22][23]. Auch die Untersuchung von Rick et al. wies auf Faktoren hin, wie ein höheres Lebensalter und fortgeschrittene Tumorstadien, die die Rückkehr ins Erwerbsleben negativ beeinflussen [10]. In unserer Studie sind nicht die Rückkehrraten im Sinne einer Katamnese erhoben worden, sondern eine Identifizierung von subjektiven beruflichen Problemlagen ist die Grundlage gewesen für die Beurteilung. Die von Mehnert und Rick beschriebenen Einflussfaktoren sind somit nicht direkt mit unseren Daten vergleichbar.

Während Studien mit der Auswertung von Return to work den Zeitpunkt nach der Rekonvaleszenz betrachteten, wurde in dieser Arbeit die Einschätzung des Patienten ausgewertet zu einem Zeitpunkt, wo zum Teil die Rekonvaleszenz gerade erst begonnen hatte.

Bei der Entwicklung und Testung des Screeninginstrumentes SIBAR zeigten von insgesamt 104 Probanden 31% ein Frühberentungsrisiko [24]. Dabei war die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung nicht ausgewertet worden. Es galt lediglich das subjektive Risiko zu identifizieren.

In unserer Untersuchung zeigten von 297 auswertbaren Probanden 45,8% ein Frühberentungsrisiko, während 54,2% im Screening unauffällig waren.

Im Vergleich zu den Daten von Bürger und Deck ist die Zahl der Rehabilitanden mit Frühberentungsrisiko in unserer Population deutlich höher. Die untersuchte Gruppe von Bürger und Deck beinhaltete nur eine kleine Kohorte. Zudem muss berücksichtigt werden, dass aufgrund der unterschiedlichen Variablen, wie Erkrankung, Prognose, Fehlzeiten, Arbeitslosigkeit und Zeitpunkt der Befragung für einen direkten Vergleich berücksichtigt werden müssten. Diese könnten für die Auswertung eine wichtige Rolle spielen. Beispielsweise weisen einige Erkrankungen eine sehr schlechte Überlebensprognose auf, wie Pankreaskarzinome, so dass angesichts der unterschiedlichen Erkrankungen der zu vergleichenden Gruppen dies einen Einfluß nimmt. Zudem ist der Befragungszeitpunkt relevant, da Patienten direkt nach einer Chemotherapie erfahrungsgemäß noch sehr beeinträchtigt sind, während sie einige Monate später bereits in Rekonvaleszenz sind und ihre Leistungsfähigkeit somit möglicherweise anders beurteilen würden.

Weitere vergleichbare Daten in Bezug auf ein subjektives Frühberentungsrisiko liegen zum Zeitpunkt der Auswertung dieser Studie nicht vor.

Berufliche Belastungen beklagten 32,1% der Probanden. Dabei standen körperliche Belastungen, Stress und Ärger bei der Arbeit und die Sorge um den Arbeitsplatz im

Vordergrund. Rick et al. stellten in einer Literaturanalyse das Alter als wichtigen Faktor für die Rückkehr in das Erwerbsleben heraus. Dabei war ein jüngeres Alter ein Förderfaktor, während ein höheres Lebensalter eine Barriere darstellte. [10].

Für uns stellte sich im diesem Rahmen die Frage, ob ältere Rehabilitanden häufiger über eine berufliche Belastung klagten als jüngere Menschen.

Tatsächlich gaben mehr ältere Patienten (>50 Jahre) solche Belastungen mit 38%

versus 21,7% (<50 Jahre) bezogen auf die betroffene Altersgruppe an. Die Art der Belastungen war in beiden Gruppen gleichermaßen vertreten. Es zeigten sich lediglich kleinere Unterschiede. So beklagten jüngere Probanden häufiger die Doppelbelastung Haushalt und Beruf als Problem, während bei den Älteren die geringe Anerkennung der Arbeitsleistung eine wichtige Rolle spielte.

A. Mehnert weist im Rahmen einer Metaanalyse darauf hin, dass Krebspatienten im Vergleich zu Gesunden ein signifikant höheres Risiko haben, ihren Arbeitsplatz zu verlieren und arbeitslos zu werden. [6]. Weiterhin arbeiten Patienten nach Krebserkrankungen eine signifikant geringere Stundenanzahl pro Woche oder wechselten den Arbeitsplatz. [6]

Dies spiegelt sich in unserer Studie insofern wieder, als dass Patienten sowohl die hohen Anforderungen im Beruf beklagten als auch die Befürchtung hatten, den Arbeitsplatz zu verlieren.

Sowohl Patienten mit palliativer/chronischer Erkrankung als auch mit kurativem Stadium wünschten sich berufsbezogene Maßnahmen. Insgesamt äußerten 22,3% der Probanden diesen Wunsch. In Relation zum Erkrankungsstadium zeigten palliativ behandelte Patienten häufiger dieses Bedürfnis mit 34,4% (bezogen auf die palliative Gruppe). In der kurativen Gruppe lagt die Anzahl bezogen auf die kurative Gruppe bei 22,1%.

Unter Einbeziehung der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung zeigte sich, dass in sämtlichen sozialmedizinischen Gruppen ein solcher Wunsch vorhanden war. Selbst in der Population mit aufgehobenem Leitungsvermögen war dies dokumentiert. Dies kann eine Hinweis darauf sein, dass eine Diskrepanz zwischen ärztlicher Beurteilung und Selbstbeurteilung auch in dieser Gruppe vorliegen kann. Für Patienten mit oder nach Krebserkrankung kann Arbeit ein wichtiger Bestandteil für Gesundheit darstellen.

Den hohen Stellenwert des return to work hat bereits Böttcher 2012 beschrieben [20].

Eine mögliche Erklärung ist jedoch auch, dass bei den differenzierten Wünschen auch unter dem Begriff „allgemeine Beratung“ eine Unterstützung bei Rentenantragsstellung verstanden werden könnte. Dies ist keine beruflich orientierte Maßnahme, könnte jedoch missverständlich interpretiert werden vom Rehabilitanden.