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1. Einleitung

1.4. Literaturüberblick

Es existieren wenige Daten hinsichtlich der Identifizierung von beruflichen Problemlagen bei onkologischen Erkrankungen. Der Großteil der Studien befasste sich mit der Rückkehr an den Arbeitsplatz (return to work) und damit zusammenhängenden Förder- oder Barrierefaktoren. Ein Zusammenhang zwischen return to work und sozialmedizinisch bedingten Problemlagen wurde in keiner Studie hergestellt.

Daten aus anderen Krankheitsentitäten wie Orthopädie oder Kardiologie sind bei diesen Fragestellungen kaum vergleichbar, da es sich bei onkologischen Erkrankungen häufig um lebensbedrohliche Erkrankungen handelt, die meist einer multimodalen Therapie bedürfen. Daher werden nachfolgend lediglich Daten aus dem onkologischen Bereich genannt.

Informationen bezüglich der Bewilligung von Erwerbsminderungsrenten bei onkologischen Erkrankungen können aus den Statistiken der Deutschen Rentenversicherung entnommen werden. Erwerbsminderungsrente erhalten Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, einer beruflich leichten Tätigkeit mit mehr als drei Stunden täglich nachzugehen.

In der Statistik der Deutschen Rentenversicherung liegen onkologische Erkrankungen als Begründung für eine Erwerbsminderungsrente an 3. Stelle mit 15%.

Die Bewilligung der Erwerbsminderungsrente beruht auf ein sozialmedizinisches

2014 wurden 10497 Erwerbsminderungsrenten wegen Krebserkrankungen bewilligt, davon waren 14,7% (n=1542) Menschen unter 45 Jahren, 40,38% (n=4239) waren zwischen 45 und 54 Jahren und 31,4% (n=3295) zwischen 55 und unter 60 Jahren [5].Die größte Gruppe lag somit 2014 bei Menschen zwischen 45 und 54 Jahren. Unklar bleibt bei diesen Daten das Stadium der Erkrankung und die Folgestörungen. Lediglich die Hauptdiagnose ist als ICD in der Dokumentation hinterlegt.

In einem 2010 publizierten Literaturüberblick internationaler Artikel, welche zwischen 2002 und 2009 erschienen waren, zeigte sich, dass im Durchschnitt 63,5%

(Spannweite 24-94%) aller Krebspatienten nach der Therapie zurück an den Arbeitsplatz kehrten oder einer anderen Arbeit nachgingen [6].

Die Anzahl variierte abhängig von dem Zeitpunkt der Rückkehr an den Arbeitsplatz bezogen auf den Zeitpunkt seit Diagnose und Behandlung. [6]

Eine Unterteilung bezüglich des Erkrankungsstadiums oder der sozialmedizinischen Beurteilung erfolgte bei dieser Auswertung nicht. Weshalb im Durchschnitt 36,5% der Patienten nicht an ihren Arbeitsplatz zurückkehrten, blieb somit unklar.

Im Rahmens eines Forschungsprojektes („PORTAL“) führten Radoschewski et al.

(2006) Analysen durch, in denen sich differenziert nach verschiedenen Fachgebieten unterschiedliche berufliche Problemlagen zeigten. Dabei lagen die höchsten Anteile von Patienten mit besonderer beruflicher Problemlage in der Onkologie (64% ) und Neurologie (50%) vor [7].

Als besondere berufliche Problemlagen wurden Einschränkungen der zeitlichen Leistungsfähigkeit (<3 Stunden sowohl für die letzte Tätigkeit als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt; <6 Stunden für die letzte Tätigkeit und >3-6 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt), der Arbeitsunfähigkeitszeiten (>3 Monate innerhalb der letzten 12 Monate) und der Arbeitslosigkeit vor Antragstellung definiert.

Die größte Gruppe der Patienten mit beruflicher Problemlage betraf die Gruppe derjenigen mit langen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit [7].

Patienten mit onkologischen Erkrankungen, die einer adjuvanten Chemo- und / oder Strahlentherapie bedürfen, haben aus der klinischen Erfahrung Arbeitsunfähigkeitszeiten von über drei Monaten. Sie sind somit allein durch die langen Fehlzeiten bei dieser Arbeit in die Gruppe besonderer beruflicher Problemlagen integriert worden.

Mehnert et al. zeigten, dass Krebspatienten ein erhöhtes Risiko bezüglich Frühberentung und Arbeitsplatzverlust aufweisen. Eine vorübergehende Reduktion der Arbeitszeit, häufigere arbeitszeitbedingte Probleme und Einschränkungen im körperlichen und kognitiven Bereichen mit Folgen für die Arbeitsfähigkeit waren ebenfalls in den Daten nachweisbar [8]. Das erhöhte Risiko vor allem für Arbeitslosigkeit oder Erwerbsminderungsrente wurde auch bei diesen Untersuchungen nicht weiter differenziert oder in Bezug auf die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung gesetzt.

In einer prospektiven Studie bezüglich der Prädiktoren für die Rückkehr in das Erwerbsleben bei Krebserkrankten nach einer medizinischen Rehabilitation konnten Mehnert et al. zeigen, dass folgende Faktoren signifikant mit einer Rückkehr in die Erwerbstätigkeit in Zusammenhang gebracht werden können:

• größere Wahrscheinlichkeit in einem Beschäftigungsverhältnis zu bleiben,

• flexible Arbeitsmodelle,

• jüngeres Alter,

• höherer Bildungsstand,

• männliches Geschlecht,

• weniger körperliche Beschwerden,

• Remission der Krebserkrankung,

• kürzerer Arbeitsunfähigkeitszeiten und Kontinuität der Nachsorge [9]

Neben diesen Prädiktoren wurde auch nachgewiesen, dass Patienten mit fortgeschritteneren Krankheitsstadien und palliativer Therapien zu einem geringeren Anteil an den Arbeitsplatz zurückkehrten im Vergleich zu Patienten mit kurativen Behandlungen. (38,9% versus 78,1%) [9]

Die Daten bezüglich des Erkrankugsstadiums konnten auch in einem Literaturüberblick von Rick et al. nachgewiesen werden. Hier zeigte sich, dass zu den hemmenden Faktoren neben einem höheren Lebensalter auch fortgeschrittene Tumorstadien gehören, die die Rückkehr in das Erwerbsleben negativ beeinflussen [10]

Lediglich eine Arbeit befasst sich mit subjektiven beruflichen Problemlagen. Bei der Implementierung des Screeninginstrumentes für Beruf und Arbeit in der Rehabilitation (SIBAR) wurde eine kleine heterogene Gruppe von 104 onkologischen Patienten bezüglich der Fragestellung nach subjektivem Frühberentungsrisiko, beruflicher Belastung und dem Wunsch nach berufsbezogenen Maßnahmen ausgewertet.

31% der Patienten zeigten dabei ein Frühberentungsrisiko, 19,2% der Patienten eine hohe berufliche Belastung, 20,8% der Rehabilitanden wünschten sich berufsbezogene Maßnahmen. Dabei standen neben Arbeitstraining auch Schulungen bezüglich des Umgangs mit beruflichen Stress im Vordergrund [11].

In allen genannten Studien war betrachtet worden, ob, wie viele und wann Patienten nach Krebs an ihren Arbeitsplatz zurückkehrten. Es wurden Barrierefaktoren und auch der Hinweis auf ein Rentenbegehren identifiziert, jedoch war in keiner Arbeit der Bezug zur sozialmedizinischen Beurteilung gezogen worden. Lediglich eine Arbeit setzte sich im Rahmen eines Screenings mit subjektivem Frühberentungsrisiko auseinander.

National gibt es zum Zeitpunkt dieser Studie keine Arbeit, die eine berufliche Problematik in Bezug auf die sozialmedizinische Leistungsfähigkeit untersucht.