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Zertifizierung von Betrieben

8. Alternative Speisenbewertung und Zertifizierung

8.2 Zertifizierung von Betrieben

Die Zertifizierung auf der Basis der Q-Standards der DGE ist fur Außenstehende eine Black Box, da die DGE hierzu im neuen Q-Standard nur sehr wenige und eher vage Aussagen macht.

Bezogen auf die Beschreibung des Zertifizierungsprozesses der alten Q-Standards waren mit der DGE-Zertifizierung zahlreiche Probleme und Schwachstellen verbunden. Inwieweit diese heute noch bestehen, kann wegen mangelnder Informationen nicht mehr gesagt werden.

In diesem Kapitel wird ein alternatives Konzept vorgestellt, das schon seit Beginn des Jahrtau-sends in großen Betrieben der BG eingesetzt und kontinuierlich verbessert wurde. Diese Al-ternative geht im Wesentlichen von den gleichen Themenfeldern wie die Q-Standards der DGE aus, erganzt jedoch die dort fehlenden Themen. Eine ausfuhrlichere Beschreibung des Kon-zepts findet sich an anderer Stelle90.

Es handelt sich um das Zertifizierungskonzept "Ausgezeichnete Gemeinschaftsgastrono-mie", das von der Hochschule Niederrhein entwickelt wurde und in Kooperation mit dem TÜV Rheinland seit vielen Jahren durchgefuhrt wird. Mit diesem Konzept ist es moglich, die Qualitat aller wesentlichen Bereiche in der BG zu prufen. Hierbei werden nicht nur die Spei-senplane bzgl. der Vollwertigkeit bewertet, sondern auch alle anderen Themen behandelt, die fur eine rundum gelungene BG von Bedeutung sind. Hierzu gehoren u.a. die Hygiene, arbeits-wissenschaftliche Anforderungen, die Nachhaltigkeit oder die Akzeptanz durch die Gaste inkl.

eines funktionierenden Beschwerdemanagementsystems. Besonderes Gewicht wurde bei der letzten Ü6berarbeitung 2019 auf die Nachhaltigkeit gelegt. Nicht nur in Bezug auf die Nachhal-tigkeit geht diese Ü6berprufung weit uber den Ümfang der Q-Standards der DGE hinaus91. Das betrifft nicht nur die einzelnen Themen, sondern auch die Tiefe der Ü6berprufung. Der Fragen-umfang ist um ein Vielfaches großer als beim Q-Standard der DGE.

Der Ablauf einer Prufung verlauft demnach uber drei Ebenen, das "Checklistenverfahren", das "Belegverfahren" sowie das "Audit vor Ort", wie in Abb. 5 dargestellt. Damit kann das Hauptzertifikat erworben werden. Da auf die Nachhaltigkeit in der letzten Ü6berarbeitung der Zertifizierung großer Wert gelegt wurde, kann bei gutem Erfolg zusatzlich ein separates Nach-haltigkeitszertifikat erworben werden.

Die Bewertung der Leistung erfolgt mit einer Checkliste, wobei alle relevanten Bereiche abge-fragt und die Ergebnisse beurteilt werden. Die Fragen bzw. Kriterien sind gewichtet in

Katego-87 Diverse Artikel in der Fachpresse zu GAS. https://ewd-gastro.jimdo.com/gas/fachpresse/

88 Gey, Dmitrieva: Studie zur Beeinflussung des Essverhaltens in Betrieben mit GAS. Doppel-Diplomarbeiten in der Hochschule Niederrhein, Fach-bereich Oecotrophologie, 2017. https://ewd-gastro.jimdo.com/gas/studie-zum-essverhalten/

89 Giebel S, Peinelt V, Feist C: Nudging in der Betriebsgastronomie. Das gastronomische Ampelsystem. Ernährung im Fokus. 07-08 2017.

https://ewd-gastro.jimdo.com/gas/gas-fachpresse/

90 Peinelt V: "Ausgezeichnete Gemeinschaftsgastronomie". https://ewd-gastro.jimdo.com/zertifizierung/ausgezeichnete-gg/

91 Peinelt V: Umsetzung der DGE-Standards. https://ewd-gastro.jimdo.com/zertifizierung/umsetzg-dge-standards, s. Kap. 6

rie 1-3. Die dritte Kategorie ist essentiell, d.h. diese Anforderungen mussen erfullt werden, um die Prufung zu bestehen. Bei der DGE-Zertifizierung sind solche K.O.-Kriterien nicht bekannt.

Wahrend des Audits werden zahlreiche Belege gepruft. Es handelt sich um ca. drei Dutzend Belege, die vorzuweisen sind und spezifische Anforderungen erfullen mussen. Somit werden gerade die wichtigen Fragen noch einmal differenziert.

Das Zertifizierungsergebnis wird einem von drei Leistungsstufen zugeordnet (Basic, Medi-um, Premium). Neben der erreichten Punktzahl ist auch die Einhaltung von Zusatzbedingun-gen fur diese Zuordnung von Bedeutung. Hierfur wird ein Zertifikat vom TÜ6V Rheinland92 ver-liehen, der auch die komplette Prufung vornimmt. Es besteht also eine strikte Trennung zwi-schen der Stelle, die das Prufkonzept entwickelt hat93 und der Stelle, die dieses Konzept an-wendet. Es sei hier nur erwahnt, dass der TÜ6V Rheinland hochste Anforderungen an derartige Prufstellen erfullt. Er ist akkreditiert und wird selbst regelmaßig von ubergeordneten europa-ischen Prufstellen gepruft. Mit dem Bestehen dieser anspruchsvollen TÜ6V-Prufung kann ein Betrieb gegenuber seinen Gasten, aber auch gegenuber den vorgesetzten Stellen seine Leis-tungsfahigkeit unter Beweis stellen.

Abb. 5: Prüfetappen der Zertifizierung "Ausgezeichnete Gemeinschaftsgastronomie" (© Peinelt)

Eine Besonderheit dieses Prufkonzepts ist die sog. Verbund-Zertifizierung, bei der ein Ver-bund von vielen Betrieben mit einem speziellen Stichprobenverfahren uberpruft wird, ohne dass die Prufqualitat darunter leidet. Mit diesem Konzept konnen die Kosten erheblich redu-ziert werden - bei gleichfalls hoher Sicherheit. Nachfolgend wird die Verbund-Zertifizierung mit der Variante Temperaturentkopplung dargestellt (Abb. 6).

92 TÜV Rheinland: "Ausgezeichnete Gemeinschaftsgastronomie". www.tuv.com/germany/de/ausgezeichnete-gemeinschaftsgastronomie.html 93 Hochschule Niederrhein, Fachbereich Oecotrophologie, 41065 Mönchengladbach

Abb. 6: Darstellung der Verbundzertifizierung mit Temperaturentkopplung (© Peinelt)

Die Betonung der Nachhaltigkeit wird uber die Gesamtzahl der Fragen deutlich, die sich mit diesem Thema befassen. Durch eine Kopplung mit anderen Bereichen konnten die direkt ge-stellten Fragen erheblich reduziert werden (Abb. 7).

Diese Alternative zur DGE-Zertifizierung weist keine der fruheren Kritikpunkte mehr auf. Sie ist bundesweit einheitlich einsetzbar und ware als Verbund-Zertifizierung kostengunstig. Fur die BG gibt es bereits ein Beispiel, bei dem ca. 50 Betriebe im Verbund uberpruft werden. Sehr geeignet ware die Zertifizierung auch fur Schulen, die z.B. im "Cook and Chill"-Verfahren von einer Zentralkuche versorgt werden. Wegen der sehr detaillierten Prufung aller relevanten Ge-biete der BG ware es nicht mehr erforderlich, dass der Q-Standard Details nennt.

Abb. 7: Reduzierung der Nachhaltigkeitsfragen durch Doppelnutzung von Fragen (© Peinelt)

Die DGE könnte bei Nutzung dieser Zertifizierung auf viele Details ihres Q-Standards verzichten und sich nur auf die wirklich wesentlichen Aussagen beschränken. Die zu prüfenden Details würden im Rahmen der Zertifizierung des TÜV Rheinland in vollem Umfang berücksichtigt. Auf dieser Basis könnten die DGE-Q-Standards vereinfacht und die Betriebe dennoch umfassend geprüft werden94.