• Keine Ergebnisse gefunden

Grundsätzliches zu den Q-Standards

1.1 Gestaltung und Mitwirkung

Wie alle fruheren Q-Standards der DGE ist auch dieser neue ansprechend gestaltet. Er enthalt eine klare Gliederung, mit der Leser eine gute Ü6bersicht des Inhalts bekommen. Zunachst wer-den einige Hintergrunde und Zielvorstellungen beschrieben, um dann uber wer-den Aufbau und die immer wieder verwendeten Symbole zu informieren. Ferner wird darauf hingewiesen, dass weitere Texte im Internet zu finden sind, wodurch der Q-Standard einen noch großeren Ümfang erhalt. Der lange Text im Q-Standard selbst, von uber 80 Seiten, ist durch zahlreiche

5 Bayer J: Sprachen wandeln sich immer – aber nie in Richtung Unfug. Neue Zürcher Zeitung v. 14.4.2019. https://www.nzz.ch/feuilleton/die-ge-schlechtergerechte-sprache-macht-linguistische-denkfehler-ld.1472991

6 Eisenberg P: Das missbrauchte Geschlecht. Süddeutsche Zeitung v. 2.3.2017. https://www.sueddeutsche.de/kultur/essay-das-missbrauchte-ge-schlecht-1.3402438

Fotos, Abbildungen und Tabellen aufgelockert.

Wie dem Inhaltsverzeichnis zu entnehmen ist, wird von allen Q-Standards ein breites The-menspektrum abgedeckt. Dies zeigt, dass es nicht nur um die Speisenqualitat im engeren Sin-ne geht, sondern auch Randgebiete genauso wie grundlegende Bereiche angesprochen wer-den sollen. Es kommt hinzu, dass die Autoren des Q-Standards sich zwar grundsatzlich um eine verstandliche Sprache bemuht haben, dabei aber den storenden Versuch der Genderge-rechtigkeit unternahmen, was zu einigen sprachlichen Verrenkungen gefuhrt hat.

"Fachchinesisch" wurde jedenfalls konsequent vermieden. Somit kann der Q-Standard von al-len Interessierten verstanden werden, also nicht nur von einem Fachpublikum. Im QS-Kap. 1 heißt es hierzu, dass alle irgendwie Betroffenen eines Betriebes mit Verpflegung an deren Ge-staltung mitwirken sollten. Das sind auch alle Mitarbeiter eines Betriebes, wovon erfahrungs-gemaß sich nur ein kleiner Teil aktiv beteiligt. Im Falle von Kitas und Schulen waren hier auch die Eltern oder in Pflegeheimen die Angehorigen mit angesprochen. Aber auch fur Externe, wie Berater oder Planer, soll der Q-Standard eine Grundlage sein genauso wie fur andere Ex-perten, wie z.B. Oecotrophologen.

1.2 Begriffsdefinitionen und Hintergründe

Zu Beginn sollte einmal das Wesen eines Standards dargelegt werden. Was ein Standard ist und was er bezweckt, wird nicht einheitlich gesehen. Er wird sowohl als "allgemein anerkann-te Zielsetzung" als auch als eine "allgemein anerkannanerkann-te Realisierung" verwendet. Dann wieder wird er als "einheitliche oder vereinheitlichte, weithin anerkannte und meist angewandte Art und Weise" beschrieben, etwas "herzustellen oder durchzufuhren, was sich gegenuber ande-ren Methoden durchgesetzt" hat7. Ein Q-Standard beschreibt, in Abgrenzung zum allgemeine-ren Begriff des Standards, Mindestanforderungen, um eine Produktion oder eine Dienstleis-tung einwandfrei ausfuhren zu konnen.

Womit ein Q-Standard nicht verwechselt werden sollte, ist die GMP (Good Manufactering Practice) oder GHP (Gute Herstellungspraxis), also Produktionstechniken, die in Fachkreisen anerkannt sind, von Fachgremien festgeschrieben werden und sich in der einwandfreien Be-handlung der LM zeigen. Er darf auch nicht verwechselt werden mit Leitlinien, die in einschla-gigen Kreisen fur korrekte Verhaltensweisen oder Produktionsablaufe entwickelt worden sind. Auch ist eine Verwechslung mit den DIN-Normen zu vermeiden, die als "Quasi-Rechts-vorschrift" keine rechtliche Kategorie darstellen, also nicht rechtsverbindlich sind. Sie dru-cken nur eine fachliche Meinung aus, die von den "beteiligten Kreisen" einvernehmlich formu-liert wurde. DIN-Normen sollen den Stand von "Technik und Wissenschaft" wiedergeben, sind aber nicht unumstritten. Zu nennen sind ferner die Verordnungen und Gesetze, die meist eu-ropaweit gultig und naturlich rechtsverbindlich sind.

Was von all dem sind nun die Q-Standards der DGE? Sie sind weder rechtsverbindlich noch sind sie allgemein anerkannt. Sie beschreiben auch keine "allgemein anerkannte Realisie-rung", da hierfur ja zumindest die Grundzuge der gangigen Verpflegungssysteme und Grunde fur ihre Anwendungen dargelegt werden mussten. Doch dies geschieht erstaunlicherweise nicht. Somit besteht die paradoxe Situation, dass ein Standard uber die Produktion und

Be-7 Wikipedia: Standard. https://de.wikipedia.org/wiki/Standard

handlung von Speisen festgelegt wurde, ohne sich uber die verschiedenen Moglichkeiten so-wie die Vor- und Nachteile eben dieser Systeme naher auszulassen. Darauf wird noch einzuge-hen sein.

Lediglich in Kitas und Schulen haben die Q-Standards einen hoheren Stellenwert und ihre Ein-haltung wird fur diese Bereiche in einigen Bundeslandern sogar verlangt. Aufgrund der Ünter-stutzung durch das BMEL und ihrer halbstaatlichen Stellung ist der Standardgeber, die DGE, mit fast 70jahrigen Aktivitaten v.a. in Fachkreisen bekannt und anerkannt. Die Anerkennung bezieht sich in erster Linie auf das Kerngeschaft, wie z.B. die Entwicklung der D-A-CH-Refe-renzwerte oder die Herausgabe der alle vier Jahre erscheinenden Ernahrungsberichte. Auch bestimmte grundsatzliche Stellungnahmen, wie z.B. die Leitlinien fur Fett und Kohlenhydrate, gehoren dazu.

Außerhalb dieser Fachkreise, also in der O6ffentlichkeit, ist sie weitaus weniger bekannt. Die geringe Bekanntheit trifft besonders fur die Arbeit im Bereich der GG zu. In den Massenmedi-en, aber auch in FachkreisMassenmedi-en, wird immer wieder Kritik an bestimmten Empfehlungen geubt, die sich z.B. an der Nahrwertrelation entzundet8 (Stichwort: Low carb). Selbst das Fachperso-nal in den entsprechenden Einrichtungen weiß unter Ümstanden noch nicht einmal, dass die fur ihre Arbeit entwickelten Q-Standards der DGE existieren. So wird im Ernahrungsbericht der DGE von 2016 eingeraumt, dass etwa die Halfte der Verantwortlichen in Kitas oder Alten-heimen von den Q-Standards noch nichts gehort hat9, und da gab es die Standards bereits seit neun Jahren! Von denen, die sie zumindest kennen, wissen nur wenige Einzelheiten. Ünd ein noch viel geringerer Prozentsatz halt sie ein.

Vertreter aus der Praxis haben Kritik an den Q-Standards geubt, weil sie fur praxisfremd oder gar fur ineffizient gehalten werden. Der Anteil der zertifizierten Betriebe in der GG ist daher trotz uber 13jahriger Existenz der Q-Standards immer noch recht bescheiden. Neben der Frei-willigkeit der Einhaltung der Q-Standards ist es gerade diese wahrgenommene Praxisferne, warum den Q-Standards die allgemeine Anerkennung bisher versagt blieb. Aber auch inhalt-lich wurde Kritik an den Q-Standards geubt, z.B. wegen des Bewertungsansatzes von nur ei-ner Menulinie als Maßstab fur die Vollwertigkeit. Dies alles war der Verbreitung der Q-Stan-dards sicher nicht forderlich. Vor diesem Hintergrund fallt es schwer, von einer allgemeinen Anerkennung der DGE-Standards oder auch der DGE als Q-Standardgeber zu sprechen.

Sicher wird man die "allgemein anerkannte Zielsetzung" in den Q-Standards, namlich eine ge-sunde und nachhaltige Ernahrung zu fordern, akzpetieren konnen. Doch das sind in dieser all-gemeinen Formulierung nur Selbstverstandlichkeiten. Anders sieht es hingegen aus, wenn die Zielsetzung fur die Messung der Vollwertigkeit aufgrund einer einzigen Menulinie gemeint ist.

Hier sind erhebliche Zweifel anzumelden, ob dieser Ansatz wirklich zielfuhrend ist, worauf noch naher eingegangen wird.

Daher ist die Frage, ob die Q-Standards die "allgemein anerkannten Realisierungen" oder die

"anerkannte Art und Weise der Herstellung" beschreiben, insbesondere fur die BG, wohl eher zu verneinen. Auf das Fehlen jeglicher Informationen uber die Produktionssysteme als ein we-sentlicher Teil der Verpflegungssysteme wurde bereits hingewiesen. Klar ist, dass die Prozesse

8 Aerzteblatt. Empfehlungen der DGE in der Kritik. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/72608/Empfehlungen-der-Deutschen-Gesellschaft-fu-er-Ernaehrung-in-der-Kritik v. 23.1.17

9 DGE (Hrsg): 13. Ernährungsbericht 2016. Godesberger Allee 18, 53175 Bonn

in der GG nicht einheitlich realisiert werden. Vielmehr ist in der Praxis eine große Vielfalt an-zutreffen, wo oft noch erhebliche Defizite bestehen. So konnte man sagen, dass nicht die Reali-sierungen allgemein anerkannt sein mussen, sondern die Zielvorgaben und Rahmenbedin-gungen für die Realisierungen sind es, die in Form der Q-Standards die Qualitat nach unten begrenzen sollen. Wie bestimmte Prozesse zu organisieren und welche technischen Voraus-setzungen zu schaffen sind, um ein Endprodukt mit einer Minimalqualitat zu realisieren, ist in den bereits erwahnten Leitlinien, DIN-Normen oder Verordnungen festgelegt worden. Diese Vorgaben einmal zusammenfassend und nachvollziehbar darzustellen, ware eine der wesentli-chen Aufgaben dieses Q-Standards.

Erstaunlicherweise teilt die DGE nur mit, dass jedes System die geforderte Minimalqualitat hervorbringen kann. Eine solche indifferente Haltung ist sehr kritisch zu sehen, weil damit ignoriert wird, dass eine korrekte Einhaltung von Systemparametern ganz offensichtlich in der Praxis sehr unterschiedlich gelingt. Solche großen Ünterschiede bei der Einhaltung von Systemvorgaben sollten in einem Q-Standard thematisiert werden. Nur dann kann ein Q-Stan-dard zur Verbesserung der Situation beitragen. Das Gegenteil ist der Fall, wenn beim Leser und Entscheider fur Systeme ein falscher Eindruck uber die Anwendbarkeit der Verpflegungs-systeme erweckt wird.

Ferner wird nichts zur Personengruppe ausgesagt, die uber hinreichende Kompetenz verfu-gen sollte, um fachgerechte Konzepte vorschlaverfu-gen und ggf. die Planunverfu-gen durchfuhren zu kon-nen. Den betroffenen Personengruppe in Betrieben scheint dies zugetraut zu werden, da von viel Partizipation die Rede ist, was auch die Erstellung von Verpflegungskonzepten einbe-zieht. Es ware wichtig gewesen, eine klare Abgrenzung vorzunehmen, bis wohin diese Partizi-pation gehen sollte.

Offen ist auch die bereits angesprochene Frage, mit welcher Methode die angestrebte Qualität zu messen ist bzw. ob die angewandte Methode hierfur noch erganzt werden sollte. Sollen wirklich nur Menulinien bewertet werden oder haben Aussagen uber das gesamte Speisen-und Getrankeangebot nicht doch eine hohere Aussagekraft? Gibt es alternative Methoden, die im Q-Standard zu beschreiben und zu beurteilen waren? Hierauf Antworten zu geben, ware eine sehr sinnvolle und notwendige Aufgabe eines Q-Standards. Es wird sich zeigen, in-wieweit der Q-Standard diesen Anspruchen gerecht wird. Auf viele der hier kurz angesproche-nen Aspekte wird im Laufe dieser Stellungnahme eingegangen.

1.3 Historie und Zielbereiche

Bevor der Begriff der Q-Standards geschaffen wurde, gab es auch schon Bewertungsmodelle fur Speisenangebote in Einrichtungen der GG, gerade auch in der BG. Diese wurden schon seit den 1970er Jahren in der DGE fur Betriebsberatungen eingesetzt und standig verfeinert. Ein Baustein der Bewertung war die NWB. Die Bewertungsbasis war allerdings schon damals we-sentlich breiter und hat im Grunde alle wichtigen Aspekte einbezogen, die fur eine umfassen-de Bewertung erforumfassen-derlich waren. Aus diesem breiten Bewertungsansatz hat sich mit Hilfe umfassen-der EDV die NWB als ein wichtiges Instrument weiterentwickelt, so dass in Verbindung mit GV-Re-ferenzwerten Ist-Soll-Vergleiche leichter moglich wurden.

Daraus sind die Q-Standards entstanden. Ünter einem anderen Namen wurde also schon drei

Jahrzehnte vor dem ersten offiziellen Q-Standard eine standardahnliche Bewertungsmethode in einem Fachreferat der DGE entwickelt und angewandt. Die spater publizierten Q-Standards waren also prinzipiell nichts Neues, sondern eine Weiterentwicklung der bestehenden Metho-de, die nun auch ihren schriftlichen Niederschlag gefunden hat.

Die Q-Standards der DGE fur die GG in der heutigen Form gibt es seit dem Jahr 2007, als sie erstmals fur die Schulverpflegung publiziert wurden. Es folgten weitere Q-Standards, insge-samt funf. Sie wurden im Auftrag des BMEL entwickelt, und zwar fur folgende Bereiche:

a)Kindertagesstätten b) Ganztagsschulen

c) Betriebe und Unternehmen d) Stat. Senioreneinricht. & Essen auf Rädern e) Krankenhäuser und Reha-Kliniken

Mit der Publikation des neuesten Q-Standards fur die BG im Jahre 2020 liegt inzwischen die 5.

Auflage vor. Dieser aktuelle Q-Standard hat einen Ümfang von uber 80 Seiten.

1.4 Zielsetzung

Ziel aller Q-Standards ist das Verpflegungs- und Getrankeangebot in der GG zu verbessern, was durch die Verhältnisprävention geschehen soll. Neben einem besseren Gesundheits-wert des Speisenangebots sollen auch die Anforderungen der Nachhaltigkeit fur alle Maß-nahmen erfullt werden. Der Q-Standard fur die BG richtet sich an diejenigen, die irgendwie mit dem Thema befasst sind. Zur Anwendung der Q-Standards sind bestimmte Qualifikationen erforderlich. So sollten z.B. Betriebsrate, die fur dieses Thema zustandig sind, dafur geschult werden. Auch innerhalb der Kuche sollte es Ansprechpartner fur die Q-Standards geben. Dar-uber hinaus sollten alle Kuchenmitarbeiter fur ihre Aufgabe qualifiziert sein und geschult wer-den, um dem Q-Standard Rechnung zu tragen.

Die DGE setzt somit ganz auf die Zielsetzung von Gesundheit und Nachhaltigkeit, die aner-kannt ist. Je elementarer positive Zielsetzungen formuliert werden, desto leichter finden sie eine breite Akzeptanz. Daher sind nicht die Ziele eines Q-Standards das Entscheidende, son-dern wie man die Ziele erreichen will und ob sie auf diesem Weg auch erreichbar sind.

Grundsatzlich definiert eine Zielsetzung fur ein Projekt oder eine Aufgabenstellung den ge-wunschten Soll-Zustand. Die Definition fur eine Qualitat sollte berucksichtigen, dass sie aus Teilqualitaten besteht. In der Zielsetzung der Q-Standards kame es nun darauf an, alle wichti-gen Teilqualitaten zu erfassen und zu definieren. Wichtig ist ferner, dass die Voraussetzunwichti-gen fur das Erreichen dieser Teilziele genannt werden. Die Festlegung aller Erfolgsfaktoren ware die eigentliche Zielsetzung der Q-Standards.

Als Zielsetzung der Q-Standards fur die BG wird das Angebot von mind. einer gesundheitsfor-dernden Menulinie genannt (S. 11). Wegen des Entwicklungs- und Prufaufwands kann man davon ausgehen, dass auch nur eine solche Linie im Betrieb angeboten wird. Diese optimierte Menulinie ist also die Basis, mit der eine vollwertige Ernahrung zu erkennen ist. Dabei sollte Berucksichtigung finden, dass Komplettmenus im klassischen Sinn heutzutage (nahezu) nicht

mehr in der BG angeboten werden. Stattdessen gibt es Tellergerichte mit zusatzlich zu wah-lenden Salaten und Desserts oder nur Einzelspeisen in Form des "Free-Flow"-Systems.

Selbst wenn zum Zwecke der Zertifizierung eine solche Menulinie zusatzlich angeboten wur-de, musste hier die Frage gestellt und diskutiert werden, wie der Rest des Angebots zu bewer-ten ist. Soll er vollig unter den Tisch fallen? Zu dieser wichtigen Frage hat sich die DGE nicht geaußert. Es ist doch sehr fraglich, ob nur ein Komplettmenu als Bewertungsbasis ausreicht, wenn es nur von einem kleinen Teil der Belegschaft gewahlt wird. Daher ware es viel sinnvol-ler, das gesamte Angebot zu bewerten und die Qualitatssicherung so zu gestalten, dass es mit einem geeigneten Instrument uberwiegend gunstig einzustufen ist.

An dieser Stelle kommt noch eine andere Frage auf, namlich wie sinnvoll die Bewertung eines Durchschnittsmenus ist, wenn hochstwahrscheinlich nur fur wenige genau diese Portions-mengen der Menu-Zusammensetzung passen. Fur die allermeisten ist es entweder zu viel oder zu wenig. Im ersten Fall musste das Menu irgendwie erganzt werden, was den gesundheitli-chen Wert schmalern konnte, je nachdem, was gewahlt wird. Oder es bleiben unnotige Speise-reste ubrig, was bekanntlich vermieden werden sollte. Ein starres Menu ist also nicht flexibel genug, um die zahlreichen Bedurfnisse der Gaste zu berucksichtigen (s. St-Kap. 3.3.4).

Was die Bewertung des Gesamtangebots betrifft, so gibt es ja inzwischen in der Praxis in zahl-reichen Betrieben Ampelsysteme, mit denen in hilfreicher Weise die Qualitat der Speisen be-wertet und gekennzeichnet wird10. Es handelt sich also keineswegs um seltene Ausnahmen von Betrieben, die ein solches System nutzen. Ümso mehr stellt sich die Frage, warum die DGE kein Ampelsystem nutzt oder zumindest einmal erklart, was dagegen einzuwenden ist. Ein of-fizielles Ampelsystem ware der Nutri-Score, das sogar vom BMEL inzwischen empfohlen wird.

In anderen Landern existieren schon seit vielen Jahren Ampelsysteme zur Bewertung von Ein-zel-LM im LEH oder von Speisen.

Die DGE selbst hat die 3D-Lebensmittelpyramide entwickelt, bei der die LM auch uber die Am-pelfarben bewertet werden. Warum wird dieses System nicht starker zur Bewertung herange-zogen? Es wird lediglich als eine von mehreren Quellen fur die Bewertung von LM genannt, aber offensichtlich nicht fur eine Gesamtbewertung genutzt. Dies wurde auch von der DGE in einem anderen Kontext begrundet, was jedoch zu kritisieren ist11. Ferner sei auf das Ampel-system GAS hingewiesen, das bereits seit Jahren sehr erfolgreich in zahlreichen Betrieben der BG eingesetzt wird (s. St-Kap. 8.1). Dieses System kann das Gesamtangebot an Speisen bewer-ten und erzielt dabei sehr valide, d.h. nachvollziehbare und wissenschaftlich abgesicherte Er-gebnisse. Im Q-Standard wurde es noch nicht einmal erwahnt. Eine ausfuhrliche Exposition der Probleme sowie deren Diskussion findet man in den St-Kap. 3.3, 4.1, 4.2 und 8.1.

Wenn fur ein vollwertiges Angebot kein Ampelsystem fur die Bewertung genutzt werden soll, konnten die Angebote von Tellergerichten oder Einzelspeisen vielleicht auch auf anderen We-gen bewertet werden. Es ware die Aufgabe der DGE gewesen, ein umfassendes Bewertungs-system ohne NWB zu entwickeln. Dies sollte auf der Basis eines 4-Wochenplans geschehen, wobei dann die einzelnen Speisen z.B. mit geeigneten Gewichtungsfaktoren versehen werden.

Somit konnten mehrere Menus bis hin zur freien Komponentenwahl vorgegeben werden. Auf dieser Basis ware die Qualitat des Gesamtangebots zu bewerten. Ein mogliches Modell fur

die-10 Beispiele für Betriebe mit einem funktionierenden Ampelsystem sind die Firmen Henkel, Bayer, DKV, Innogy, Hilti, Daimler oder SAP 11 Peinelt V: Beschreibung von GAS - Langfassung. https://ewd-gastro.jimdo.com/gas/beschreibung/langfassung, s. Kap. 2.3

se Vorgaben wurde bereits vor Jahren einmal entwickelt12.

Solche Überlegungen hätte man im Absatz zur Zielsetzung des Q-Standards (QS-Kap.

1.3) erwartet, so dass in der Quintessenz dann ein Bewertungsmodell herausgekom-men wäre, das "begründet" und somit auch "plausibel" ist. Die alleinige Bewertung von Komplettmenüs ohne jeden Hinweis auf Alternativen erfüllt diese Anforderung jeden-falls nicht.

1.5 Zu behandelnde Themen

Weitere Festlegungen fur die Qualitat sind erforderlich, z.B. die Vorgaben entlang der Prozess-kette: Ausschreibung, Speisenplanung, Einkauf, Speisenherstellung, Ausgabe bis hin zur Entsorgung. Dies alles sind wichtige Bereiche, genauso wie die Beschreibung guter Rahmen-bedingungen, z.B. fur die Hygiene, und die Nachhaltigkeit. Die Vorgaben im Q-Standard umfas-sen neben dem Mittagesumfas-sen auch das Fruhstuck sowie die Zwischenverpflegung, also fast das gesamte Mahlzeitenspektrum eines Tages.

Daruber hinaus waren als weitere Angebotsbereiche fur die BG Sonderveranstaltungen und Premium-Verpflegungen kleiner Gastegruppen auf kulinarischem High-Class-Niveau zu nen-nen. Bei derartigen Mahlzeiten wird ublicherweise weniger Wert auf die gesundheitliche Qua-litat gelegt. Hierauf wird im Q-Standard nicht eingegangen, vermutlich deshalb, weil es sich nicht um die primare Zielgruppe des Q-Standards fur die BG handelt. Es ware jedoch wun-schenswert, wenn der Gesundheitsanspruch auch auf die genannten Bereiche ausgeweitet wurde.

Zur Versorgung der Premium-Gaste waren schon deshalb einige entsprechende Hinweise an-gebracht, weil die Koche im Gastebereich ebenfalls den Grundsatzen einer vollwertigen und nachhaltigen Ernahrung verpflichtet sein sollten. Außerdem ist zu bedenken, dass Fuhrungs-krafte des Betriebes haufig an derartigen Essen teilnehmen, so dass sie ein ganz personliches Interesse an einer gesunden Verpflegung haben sollten. Ünd auch bei Sonderveranstaltungen, wie z.B. einem Jubilaum mit vielen externen Teilnehmern, ware es durchaus wunschenswert, wenn auf einige Elemente einer vollwertigen Ernahrung geachtet wurde. Dies konnte marke-tingmaßig herausgehoben werden und wurde somit das Image des Betriebes fordern, gerade gegenuber Geschaftspartnern. Diese wurden dann vielleicht daruber nachdenken, in ihren Be-trieben A6hnliches zu veranlassen.

Das gleiche trifft naturlich auch fur die Nachhaltigkeit zu, die in einem großeren Rahmen von Sonderveranstaltungen immer eine wichtige Rolle spielen sollte (Stichwort: Einwegartikel).

Daher sollte dies in einem Q-Standard wenigstens kurz dargestellt werden.

12 Peinelt V: Wie sind Angebote zu gestalten? https://ewd-gastro.jimdo.com/speisenangebote/angebotsgestaltung/