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Wirtschaftliche Lage der Stadt Bremerhaven

2. Anpassung an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung GemÄss § 1 Abs. 4 BauGB .10

3.4 Wirtschaftliche Lage der Stadt Bremerhaven

Seehäfen sind entscheidende Schnittstellen im internationalen Güterverkehr, die spezifische Anforderungen sowohl an die seeseitigen Zufahrten als auch an die landseitige Anbindung haben. Seehäfen spielen als wesentliche Knotenpunkte der internationalen Wirtschaftsver-netzung eine herausragende Rolle. Der Seehafen von Bremerhaven ist das Wirtschaftszent-rum der Unterweserregion. Bremerhaven ist nach Hamburg der zweitwichtigste Container-hafen Deutschlands und zudem für den Auto-, Frucht- und Fischumschlag von erheblicher Bedeutung. Die Häfen und die von ihnen abhängigen Wirtschaftsbereiche wie die Werften und die Fischwirtschaft unterlagen jedoch in den letzten Jahrzehnten einem tiefgreifenden Strukturwandel und stehen auch gegenwärtig noch unter dem Anpassungsdruck der Globa-lisierung. Gleichzeitig steigert jedoch der im Zuge der Globalisierung stark wachsende inter-nationale Handel die Bedeutung der Häfen als Zentren des Warenumschlags, so dass sie trotz des Strukturwandels bedeutende Potentiale für die wirtschaftliche Entwicklung der Küs-tenregion bieten.

Bedingt durch die weitgehend einseitig seeorientierte Wirtschaftsstruktur musste Bremer-haven in den letzten Jahrzehnten wiederholt tiefgreifende wirtschaftliche Krisen durchma-chen, die vor allem die Hochseefischerei, die Fischverarbeitung und die Schiffbauindustrie mit ihren vor- und nachgelagerten Industrien schwer trafen. Zwar gelang es, mit Hilfe der Wirtschaftsstrukturprogramme, die sich Anfang der 80er Jahre beschleunigende wirtschaft-liche Talfahrt Bremerhavens zunächst zu stoppen und, begünstigt durch die gute Konjunk-turlage, Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre sogar eine Trendwende einzuleiten. Ab 1993 kehrte sich die Entwicklung jedoch wieder ins Negative um. Neben der sich abschwächen-den Konjunktur wurde Bremerhaven 1993 durch abschwächen-den Abzug der Amerikaner und 1995 durch die Vulkan-Krise erneut wirtschaftlich schwer getroffen. Diese Strukturkrisen hatten nicht nur eine anhaltend hohe Arbeitslosigkeit zur Folge, sondern sie haben auch zur Schwächung des Kaufkraftvolumens in der Stadt beigetragen.

Die Wirtschaftsstruktur ist nach wie vor stark von der Hafenwirtschaft bestimmt. Rund ein Fünftel der Beschäftigten arbeitet in "hafenabhängigen" Bereichen. Der Überseehafen im Norden der Stadt ist mit ca. 3,7 Mio. TEU Container im Jahr 2005 ein bedeutender Um-schlagplatz. Hier befindet sich auch einer der größten Umschlagplätze Europas für den Im- und Export von Kraftfahrzeugen. Im Jahr 2004 wurden rund 1,4 Mio. Autos in Bremerhaven im- oder exportiert. Seit 1990 hat sich damit der Fahrzeugumschlag im Überseehafengebiet nahezu verdoppelt, wobei der Exportanteil 2004 rd. 65% betrug. Die Prognosen zur Um-schlagsentwicklung gehen von weiterhin steigenden Zahlen im Exportgeschäft aus.

Ähnlich positive Entwicklungen sind im Containergeschäft zu verzeichnen. Die Erweiterung des Containerhafens Richtung Norden wird seine herausragende Position in Europa festi-gen. Für den Zeitraum von 2000 bis 2015 wird ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 4,3% erwartet. Für das Jahr 2020 wird ein Umschlagsvolumen von ca. 6 Mio. TEU prognostiziert. Durch CT 4 entsteht die längste Stromkaje der Welt. Zusätzlich ist es im Mai 2004 der EUROGATE GmbH gelungen, die zweitgrößte Containerreederei der Welt, die Mediterranean-Shipping-Company(MSC), langfristig – d.h. mindestens 20 Jahre – im Rah-men eines Joint Venture-UnternehRah-mens (MSC Gate Bremerhaven) an den Standort Bre-merhaven zu binden. Wesentlicher Bestandteil des Joint Ventures-Unternehmens ist die

Bereitstellung eines dedicated-Terminals im südlichen Bereich des CT Bremerhavens zur Abfertigung von Großschiffdiensten und Kurzstreckenseeverkehren.

Auch der Fruchtumschlag ist im Überseehafengebiet ein weiterer bedeutender Standortfak-tor, allerdings mit stark schwankenden Güterumschlägen.

Der Fischereihafen im Süden der Stadt ist der größte Fischanlandeplatz Deutschlands. Hier ist ein Kompetenzzentrum der Nahrungsmittelindustrie mit dem europaweit größten Verar-beitungszentrum für Tiefkühlfisch entstanden.

Trotz obiger positiver Entwicklungen hat die Stadt Bremerhaven vor allem mit den Folgen der negativen Auswirkungen des StrukturwandeIs zu kämpfen. So ist die Zahl der sozialver-sicherungspflichtig Beschäftigten von 1992 bis 1998 kontinuierlich gesunken. Bis 2001 trat eine Erholung ein; seit 2001 ist die Entwicklung auch angesichts der schlechten konjunktu-rellen Lage wieder negativ. Aktuell gibt es rund 57.000 sozial- versicherungspflichtig Be-schäftigte am Wohnort und rund 45.000 am Arbeitsort Bremerhaven (vgl. Abb. ).

Abb. : Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Wohnort in Bremerhaven von 1997 bis 2002

in Tausend

57,6

56,2 56,4

57,4 57,9 57,2

50,0 52,0 54,0 56,0 58,0 60,0

1997 1998 1999 2000 2001 2002

Quelle: GEWOS – Prognose (2004)

Im Rahmen des Strukturwandels konnte der Dienstleistungssektor weiter ausgebaut wer-den; sein Anteil an der Gesamtbeschäftigung liegt heute bei rund einem Drittel. Während in anderen niedersächsischen Städten insbesondere die unternehmensbezogenen Dienstleis-tungen zur Ausweitung des tertiären Sektors beigetragen haben, verlief die Zunahme in diesem Bereich in Bremerhaven eher unterdurchschnittlich.

Auf die produzierenden Bereiche einschließlich Land- und Forstwirtschaft entfällt ein knap-pes Drittel aller Beschäftigten. Ungewöhnlich hoch - dies ist durch die Hafenfunktion Bre-merhavens begründet -liegt der Anteil der Beschäftigten in der Wirtschaftsabteilung Handel und Verkehr mit fast 26 %. Knapp 13 % der Beschäftigten arbeiten in der Wirtschaftsabtei-lung Staat, private Haushalte und private Organisationen ohne Erwerbscharakter. Das Wachstum des Dienstleistungssektors der Stadt basiert vor allem auf einer Zunahme der hafenbezogenen Dienstleistungen.

Der Abgleich mit der Struktur der Bruttowertschöpfung zeigt einen besonders produktiven Handels- und Verkehrssektor: Rund 26 % der Beschäftigten erwirtschaften 29 % der Brut-towertschöpfung (vgl. Abb.). Der Sektor Staat und private Haushalte bzw. Organisationen erwirtschaftet ebenfalls einen wesentlich höheren Anteil an der Bruttowertschöpfung als sein Anteil an den Beschäftigten ausmacht. Der produzierende Bereich einschließlich der be-schäftigungsintensiven land- und Forstwirtschaft sowie überraschender Weise auch der ter-tiäre Sektor sind durch einen im Vergleich zur Bruttowertschöpfung hohen Beschäftigtenan-teil gekennzeichnet.

Abb.: Bruttowertschöpfung und Beschäftigtenstruktur

24,4 29,0 30,4 16,2

29,6 25,7 32,1 12,6

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Bruttow ertschöpfung Beschäftigtenstruktur

Produziererende Bereiche inkl. Land- und Forstwirtschaft Handel und Verkehr

Dienstleistung

Staat, private Haushalte private Organisationen ohne Erwerbscharakter

Quelle: GEWOS – Prognose (2004)

Trotz der Erfolge im Strukturwandel scheint der Verlust weiterer Arbeitsplätze im produzie-renden Bereich aber nach wie vor latent. So liegt auch die Produktivität im Verarbeitenden Gewerbe -gemessen an der Umsatzleistung je Beschäftigten - um rund 22 % unter dem Bundesdurchschnitt und erreicht nur in etwa die Hälfte des Wertes, der in Bremen erzielt wird.

Die geringe Produktivität in Bremerhaven hängt u. a. auch mit der vergleichsweise schwä-cheren Außenverflechtung des Verarbeitenden Gewerbes in Bremerhaven zusammen.

Während bundesweit rund 37 % des Umsatzes in diesem Bereich mit ausländischen Ge- schäftspartnern erzielt werden, beträgt der entsprechende Anteil in Bremerhaven nur 14,5

%. Zum Vergleich: In Bremen werden sogar rund 56% des Umsatzes im verarbeitenden Gewerbe mit dem Ausland erzielt.

Verarbeitendes Gewerbe in Bremerhaven im Vergleich 2002

Bremerhaven Bremen Deutschland

Beschäftigte 7.423 57.707 6.393.000

Umsatz in (Mio.) 1.219,00 € 19.580,00 € 1.346.352,00 € Umsatz /Beschäftigten 164.219,00 € 339.300,00 € 210.598,00 € Anteil am Auslandsumsatz 14,50% 55,70% 37,00%

Quelle: GEWOS – Prognose (2004)

Die vergleichsweise geringe Produktivität im verarbeitenden Gewerbe spiegelt sich in Ver-bindung mit der konjunkturellen Entwicklung auch in der Entwicklung der Arbeitslosigkeit wider. Von 1991 bis 1997 ist die Zahl der Arbeitslosen um fast 46 % auf rund 11.000 ange-stiegen. Danach gab es eine deutliche Verringerung der Arbeitslosenzahl auf unter 10.000.

Im Jahr 2001 wurde mit 9.302 Arbeitslosen der niedrigste Stand seit 1993 gemessen, be-reits im Dezember 2002 wurde die symbol- trächtige 10.000-Marke jedoch wieder über-schritten. Die Arbeitslosenquote in Bremerhaven lag im Jahre 2004 bei 17,7 %. Zum Ver-gleich: In Bremen lag die Rate bei rund 12 %. In Folge der gesetzlichen Änderungen des Zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II) ist die Arbeitslosenquote drastisch angestiegen und beträgt aktuell (Mai 2005) 24,2 %.

Mit der hohen Arbeitslosigkeit geht auch der Anteil der Sozialhilfeempfänger einher, der deutlich über dem Niveau vergleichbarer Städte liegt. Kommen in Bremerhaven auf 1.000 Einwohner rund 115 Fälle, so sind es in Bremen „nur“ ca. 90, in Oldenburg ca. 65 und in Wilhelmshaven rund 62 Fälle.

Der Strukturwandel, das heißt die Etablierung neuer Unternehmen und Wirtschaftsbereiche, hat vorwiegend in den Umlandgemeinden Bremerhavens stattgefunden (Suburbanisie-rungsprozess des Gewerbes). Die Umlandgemeinden haben nicht nur eine deutlich positive Bevölkerungsentwicklung, sondern auch eine positive Beschäftigtenentwicklung zu ver-zeichnen. Ablesbar ist die wirtschaftliche Stärkung der Umlandkommunen auch an der Stagnation der Arbeitseinpendler nach Bremerhaven, der gleichbleibend bei ca.18.800 Ein-pendlern liegt, was einer Einpendlerquote von etwa 44,3% entspricht. Während sich in Bre-merhaven im Zeitraum von 1992 bis 2001 die Zahl der Arbeitseinpendler aus dem Umland nur um 1 % erhöht hat, ist der Anstieg in anderen Kommunen wie Oldenburg (+23 %), Hil-desheim (+8,3 %), Bremen (+8,0) und Wilhelmshaven (+9,6) deutlich stärker ausgefallen.

Abbildung Entwicklung der SVP-Beschäftigten in Bremerhaven und im Umland

Index 1980=100 1990 1995 2000

Bremerhaven 96 95 81

Schiffdorf 128 152 148

Langen 87 119 114

SG Wursten 110 110 115

Loxstedt 110 118 124

Quelle: GEWOS – Prognose (2004)

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Bremerhaven nach obiger Tabelle durch mangelnde Wirtschaftsdynamik, gravierende Strukturschwächen, Beschäftigungsab-bau, Einwohnerverluste, überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit und wachsende Finanz-not der öffentlichen Haushalte gekennzeichnet ist. Gleichzeitig werden allerdings Entwick-lungen im Bereich AWI, Hochschule mit dem Studiengang „Maritime Meerestechnik“ und ,Bio-Nord eingeleitet, um diesem Trend entgegenzuwirken.