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4.2 Ergebnisse des Tierversuchs

5.2.2 Wachstum der Tumoren

Das Wachstum der Tumoren zeigte während und nach Abschluss der Therapie zwischen den verschiedenen Behandlungsgruppen keine signifikanten Unterschiede.

Jedoch war die Varianz des Wachstums innerhalb jeder Gruppe sehr groß.

So zeigten alleine drei Mäuse der Gruppe 0 (keine Medikation) ein sehr starkes Wachstum mit einem Tumorvolumen von >1500mm³ bis Tag 20, eine Maus ein mäßiges Wachstum mit einem Tumorvolumen von etwa 1000mm³ an Tag 25 und drei Mäuse ein geringes Wachstum mit einem Volumen <1000mm³ bis Tag 45. Auch die Gruppen 1 (Valproat) und 3 (Valproat plus Temsirolimus) zeigten eine ähnliche Varianz, wobei Gruppe 3 keine Mäuse mit starkem Tumorwachstum beinhaltete.

Nur die alleinige Behandlung mit Temsirolimus (Gruppe 2) führte zu einem relativ einheitlichen Wachstum. Sechs Mäuse zeigten ein mäßiges und eine ein geringes

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Auch das makroskopische Bild des Tumorgewebes zeigte eine große Varianz. Einige Tumoren bestanden aus solidem Tumorgewebe. Andere waren mit nekrotischem Gewebe und Flüsssigkeit gefüllt, so dass bei diesen die histologischen Präparate nur aus dem festen Randbereich des Tumors angefertigt werden konnten.

Wie auch schon für das Anwachsen der Tumoren können für die große Varianz des Wachstums und das unterschiedliche makroskopische Bild der Tumoren verschiedene Gründe vermutet und kritisch hinterfragt werden.

So könnte sich durch eine individuelle Vaskularisierung die Durchblutung der Tumoren unterschieden haben. Diese unterschiedliche Durchblutung könnte eine Rolle gespielt haben für die Wirkstoffkonzentration im Tumor. Für die von uns verwendete Dosierung von Valproat (0,8%ig) ist nachgewiesen, dass diese Konzentration ausreicht, eine gewünschte Blutkonzentration zu erreichen, die äquivalent der beim Menschen gewünschten Konzentration ist (SHABBEER et al., 2007). Durch eine unterschiedlich starke Durchblutung der Tumoren könnte allerdings die Wirkstoffkonzentration, die die Tumorzellen tatsächlich erreichte, variiert haben.

Temsirolimus wurde direkt i.v. appliziert und sollte aus diesem Grund zu 100% im Blut verfügbar gewesen sein. Jedoch wurde bei nicht durchführbarer i.v. Applikation Temsirolimus auch retrobulbär injiziert. Ob dies einen Unterschied auf die Bioverfügbarkeit, Abbaurate und Halbwertszeit von Temsirolimus hatte, ist nicht bekannt. Dies sollte zusätzlich zu der Frage, wie hoch die Wirkstoffkonzentration direkt im Tumor war, in weiteren Studien beobachtet und untersucht werden.

Die Behandlung der Mäuse mit Valproat, Temsirolimus oder der Kombination aus beiden Stoffen führte zu keiner signifikanten Beeinflussung der Volumina der Tumoren (mm³).

An verschiedenen Zellarten (Neuroblastomzellen SH-SY5Y und Brustkrebszellen MT-450) konnte für Valproat nachgewiesen werden, dass es zu einer Reduktion von Tumorwachstum und zur Induktion von Zelldifferenzierung führt (GÖTTLICHER et

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al., 2001; YUAN et al., 2001). In Zellkulturexperimenten an LNCaP-Zellen führte Valproat zu einem Rückgang der Proliferation und beeinflusste die Expression von verschiedenen Genen, die bei der Proliferation oder Apoptose eine Rolle spielen (THELEN et al., 2004). Diese tumorhemmenden Eigenschaften von Valproat konnten in unseren Zellversuchen ebenfalls nachgewiesen werden (Abbildung 7-11).

Außerdem konnte bewiesen werden, dass Valproat bei Prostatakrebszellen, darunter auch LNCaP-Zellen, einen hemmenden Effekt auf den Zellzyklus ausübt (WEDEL et.

al., 2011).

Im Tierversuch konnte Valproat humane Magenkrebszellen in ihrem Wachstum hemmen: Immunsupprimierten Nacktmäusen (BALB/cnu/nu) wurden humane Magenkrebszellen implantiert. Die Mäuse wurden mit Valproat in einer Dosierung von 10mg/Maus fünfmal pro Woche intraperitoneal behandelt. Valproat bewirkte einen signifikanten Rückgang des Tumorwachstums um 36,4% und eine gesteigerte Apoptose in den behandelten Tumoren (YAGI et al., 2010). Auch für humane Leberkrebszellen (HuH7), die BALB/c Mäusen implantiert wurden, konnte ein signifikant reduziertes Wachstum durch die Behandlung mit Valproat per os nachgewiesen werden (MACHADO et al., 2011).

Dagegen konnte in unserem Tierversuch keine signifikante Veränderung des Tumorwachstums durch Valproat nachgewiesen werden.

Auch die Behandlung mit Temsirolimus führte zu keiner signifikanten Änderung des Tumorwachstums.

Temsirolimus bewirkte im Zellversuch einen Rückgang der Proliferation von LNCaP-Zellen sowie eine Hemmung des Zellzyklus (FUNG et al., 2009). Diese Eigenschaften konnten auch für einen weiteren mTOR-Inhibitor, RAD001, nachgewiesen werden (WEDEL et al., 2011). Auch in unseren Zellversuchen war ein Rückgang der Proliferation von LNCaP-Zellen durch Temsirolimus festzustellen. Dies wurde durch die Kombination von Temsirolimus und Valproat verstärkt.

Bezüglich der Wirkung von mTOR-Inhibitoren in in vivo Versuchen existieren widersprüchliche Ergebnisse. Zhang et al. verwendeten Mäuse, die durch eine Genmutation ein spontanes Wachstum von Tumoren in ihrer Prostata zeigten. Die

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Behandlung mit dem mTOR-Inhibitor Rapamycin zeigte einen signifikanten Rückgang des Tumorwachstums im Vergleich zur unbehandelten Gruppe. Eine Kombination von Rapamycin mit einem Antiandrogen verstärkte diesen Effekt auf das Wachstum weiter (ZHANG et al., 2009). In einem weiteren Versuch wurde SCID Mäusen Prostatakrebszellen in die Tibia injiziert, die dort einen Tumor bildeten. Die Behandlung der Tiere mit dem mTOR-Inhibitor RAD001 führte zu einem Tumorrückgang und einer Reduktion des Serum-PSA der Mäuse im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle (MORGAN et al., 2008).

Bei der Behandlung von LNCaP-Tumoren in SCID Mäusen führte RAD001 dagegen nicht zu einer Veränderung des Wachstums der Tumoren. (SCHAYOWITZ et al., 2010). Die Behandlung von LNCaP-Tumoren in Nacktmäusen mit Temsirolimus, welches intraperitoneal appliziert wurde, zeigte keinen Erfolg (FUNG et al., 2009).

In unseren Versuchen zeigte Temsirolimus ebenfalls keinen Einfluss auf das Wachstum der LNCaP-Tumoren.

In der vorliegenden Arbeit führte zwar die Kombination von Valproat und Temsirolimus zu keinem messbaren Rückgang der Volumina der Tumoren (mm³), allerdings zeigten die histologischen Präparate eine deutliche Abnahme der Wachstumsfraktion der Zellen in diesen Tumoren. Dafür könnte eine additive Wirkung der Medikamente auf die Hemmung des Zellzyklus verantwortlich sein. Für Valproat und den mTOR-Inhibitor RAD001 ist eine solche Wirkung im Zellversuch mit LNCaP-Zellen beschrieben worden (WEDEL et al., 2011). Warum dies nicht zu einem reduzierten Tumorwachstum führte, kann nur vermutet werden. Eine Möglichkeit wäre, dass die Hemmung des Zellzyklus erst gegen Ende der sieben wöchigen Behandlungsdauer einsetzte und dies deshalb im histologischen Präparat nicht nachgewiesen werden konnte, die Behandlungsdauer aber nicht ausreichte um eine Auswirkung auf das Tumorvolumen sehen zu können. Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Varianz im makroskopischen Aufbau der Tumoren die Auswertbarkeit des Tumorwachstums (mm³) beeinflusst hat. So könnte ein flüssigkeitsgefüllter Tumor eine geringe Proliferationsrate im Bereich des soliden Gewebes zeigen, die Menge an Flüssigkeit aber eine stärkere Volumenzunahme vortäuschen. In weiteren

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Studien sollte bei der Beurteilung der Volumenzunahme von Tumoren das makroskopische Bild des Tumorgewebes berücksichtigt werden.

Zudem hatte der applizierte Wirkstoff im Zellversuch direkt Kontakt mit der Zellwand jeder einzelnen Zelle. Dieser Zugang des Wirkstoffes wurde im Tierversuch erschwert. Die Applikation von Valproat erfolgte über das Trinkwasser. Dabei hatten die Mäuse keine andere Wahl, als das mit dem Wirkstoff versetzte Wasser zu trinken. Allerdings wurde bei der Berechnung der Dosierung davon aus gegangen, dass alle Mäuse gleich viel trinken. Variationen in der Trinkmenge könnten die Wirkstoffkonzentration im Blut beeinflusst haben. In weiteren Studien müssten die Bioverfügbarkeit und die Wirkstoffkonzentration von Valproat und Temsirolimus im Inneren der Tumoren bestimmt werden. Außerdem sollte versucht werden, ein Verfahren zu finden, welches ein einheitlicheres Wachstum von LNCaP-Tumoren garantiert.