• Keine Ergebnisse gefunden

2.5.1 Histonacetyltransferasen und Histondeacetylasen

Eine Form der epigenetischen Veränderung ist die Acetylierung. Sie wird beeinflusst durch die Histonacetyltransferasen (HAT) und die Histondeacetylasen (HDAC).

Diese Enzyme katalysieren die Acetylierung und Deacetylierung an der Aminosäure Lysin am N-Terminus der Histone (XU et al., 2007).

Durch die Acetylierung kommt es zu einer Abnahme der positiven Ladung am Histon und dadurch zu einer schwächeren Bindung mit der negativ geladenen DNA. Die Chromatinstruktur wird gelockert und dadurch die Transkriptionsaktivität erhöht.

Folglich führt eine Acetylierung zu einer erhöhten Genexpression. Die HDAC bewirken somit durch die Deacetylierung eine Festigung der Chromatinstruktur und ein Ruhen der Transkriptionsaktvität (XU et al., 2007).

Neben den Histonen wurden mehr als 50 andere Proteine als Reaktionspartner der HDAC identifiziert. Zu ihnen gehören Proteine mit regulatorischen Funktionen bei Zellproliferation, Zellmigration und Zelltod (DOKMANOVIC et al., 2007), wie z.B. das Tumorsuppressorprotein p53 (JUAN et al., 2000), das Hitzeschockprotein 90 (BALI et al., 2005) und α-Tubulin (HUBBERT et al., 2002). Die Reaktion der HDAC mit diesen Proteinen kann zu einer Veränderung der Proteinstabilität führen oder die Interaktion zwischen diesen Proteinen und anderen beeinflussen (MARKS u. XU, 2009).

Im menschlichen Organismus wurden bislang 18 HDAC identifiziert und klassifiziert.

Sie werden in vier Klassen eingeteilt. Klasse I beinhaltet HDAC1, HDAC2, HDAC 3 und HDAC8 (RUNDLETT et al., 1996; TAUNTON et al., 1996). Klasse II ist aufgeteilt in die Klassen IIa (HDAC 4, HDAC5 und HDAC7) und IIb (HDAC6 und HDAC10) (XU et al., 2007). Zu der Gruppe III gehören sieben Enzyme. (BLANDER u. GUARENTE, 2004). Zur Klasse IV gehört nur HDAC11 (GAO et al., 2002).

Die wichtige Rolle der HDAC in der Entwicklung, konnte anhand von Knock-out-Mäusen gezeigt werden. Tiere, denen die HDAC 1, HDAC 3 oder HDAC 7 fehlten,

22

starben bereits während der frühen embryonalen Entwicklung (LAGGER et al., 2002;

CHANG et al., 2006; MONTGOMERY et al., 2008 B).

Waren HDAC 2 oder HDAC 4 ausgeschaltet, wurden die Tiere nur wenige Tage alt (VEGA et al., 2004; MONTGOMERY et al., 2007). Nur Tiere, denen HDAC 5, HDAC 6 oder HDAC 9 fehlten, überlebten (CHANG et al., 2004; ZHANG et al., 2008).

2.5.2 Histondeacetylasen im Prostatakarzinom

Verschiedene Studien setzten sich bereits mit der Rolle der HDAC im Prostatakarzinom auseinander. In diesen Arbeiten konnte gezeigt werden, dass verschiedene HDAC in Prostatakrebszellen höher exprimiert werden als im gesunden Prostatagewebe (HALKIDOU et al., 2004; WEICHERT et al., 2008; WANG et al., 2009).

Wang et al. untersuchten Gewebeproben von 98 Männern. Sie verglichen die Expression von verschiedenen HDAC in Primärtumoren, rezidiven Tumoren und Metastasen im Vergleich zu gesundem Prostatagewebe. Dabei zeigte sich eine Überexpression von verschiedenen HDAC im malignen Gewebe (WANG et al., 2009).

Außerdem korreliert in einer anderen Studie, durchgeführt an 192 Tumorgewebeproben, eine hohe HDAC-Expression mit Tumordedifferenzierung und verstärkter Proliferation (WEICHERT et al., 2008).

Das Gewebe der benignen Prostatahyperplasie (BPH) unterschied sich in einer weiteren Studie in der Expression der HDAC1 nicht von gesundem Prostatagewebe (HALKIDOU et al., 2004). Allerdings wurde in drei von fünf untersuchten Proben der BPH eine „low grade PIN“ (Prostatische Intraepitheliale Neoplasie) gefunden. Diese PIN Läsion gilt als Vorläufer des Prostatakarzinoms und zeigte ein vollkommen anderes Expressionsprofil mit erhöhter Expression von HDAC1. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Expression von HDAC1 mit der Entwicklung des malignen Phänotyps verbunden ist. In den Primärtumoren dieser Studie und noch stärker in den kastrationsresistenten Prostatakarzinomen konnte ebenfalls eine deutliche Hochregulierung der HDAC1 gefunden werden (HALKIDOU et al., 2004).

23

Durch die vermehrte HDAC-Expression und der damit verbundenen verminderten Histonacetylierung kommt es zu einer Verfestigung der Chromatinstruktur. Die dadurch verringerte Transkriptionsaktivität führt zu einer veränderten Expression verschiedener Gene, die für die Differenzierung und geregelte Proliferation von gesunden Zellen wichtig sind. So wird z.B. das antiproliferativ wirkende p21-Gen in Tumoren mit erhöhter Expression von HDAC vermindert gebildet und erst eine Behandlung mit Histondeacetylaseinhibitoren (HDACi) führt wieder zu einer erhöhten Expression von p21 (SAMBUCETTI et al., 1999; RICHON et al., 2000).

2.5.3 Histondeacetylaseinhibitoren

HDACi hemmen die Wirkung der HDAC und führen über eine vermehrte Acetylierung an den Histonen zu einer erhöhten Transkriptionsaktivität. HDACi werden nach ihrer chemischen Struktur in mehrere Gruppen eingeteilt. Dazu gehören (DOKMANOVIC et al., 2007):

Hydroxamsäuren (z.B. Trichostatin A, Vorinostat) Zyklische Peptide (z.B. Apicidin)

Kurzkettige Fettsäuren (z.B. Valproat) Benzoamide (z.B. MS-275).

2.5.3.1 Valproat

Eines der Medikamente, dessen Wirkung auf das fortgeschrittene Prostatakarzinom in dieser Arbeit untersucht worden ist, ist das Valproat.

Valproat wird seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts in der Epilepsietherapie als Antikonvulsivum eingesetzt. Es ist das Mittel der Wahl bei primär generalisierter sowie unklassifizierbarer Epilepsie und wird auch zur Migränetherapie eingesetzt (WAGNER et al., 2010).

Göttlicher et al. konnten zeigen, dass es sich bei Valproat außerdem um einen HDACi handelt. Sie wiesen nach, dass Valproat die Aktivität von HDAC hemmt und

24

zu einer Hyperacetylierung an den Histonen führt (GÖTTLICHER et al., 2001).

Die Aktivität von Valproat liegt im millimolaren Bereich und es zählt damit zu den schwach wirksamen HDACi. Jedoch stehen diesem Nachteil für die klinische Anwendung einige Vorteile gegenüber. Durch die langjährige Erfahrung mit der Substanz ist das Nebenwirkungsprofil gut bekannt und es bestehen wenig Bedenken hinsichtlich der Sicherheit. Außerdem ist Valproat oral zu nahezu 100% verfügbar (KUENDGEN u. GATTERMANN, 2007; WAGNER et al., 2010).

Die Wirkung von Valproat auf Krebszellen ist Gegenstand intensiver Forschung. An verschiedenen Krebszelllinien wurden die tumorhemmenden Eigenschaften von Valproat nachgewiesen. Brustkrebszellen (MT-450) reagieren auf eine Behandlung mit Valproat mit der Initiation von Apoptose. An einem in vivo Modell dieser Zelllinie führte die Applikation von Valproat zu einem verringerten Tumorwachstum (GÖTTLICHER et al., 2001). Neuroblastomzellen (SH-SY5Y) reagieren auf eine Applikation von Valproat mit der Induktion von Zelldifferenzierung (YUAN et al., 2001). Prostatakrebszellen (LNCaP, DU-145 und PC-3) werden von Valproat in ihrem Wachstum gehemmt (ABDUL u. HOOSEIN, 2001). Diese Inhibition der Proliferation kann dadurch erklärt werden, dass Valproat zu einer veränderten Expression von verschiedenen Genen führt, die Proliferation oder Apoptose beeinflussen. So führte die Behandlung der Prostatakrebszelllinie LNCaP mit Valproat zu einer erhöhten Expression des Metalloproteinase inhibitors 3 (TIMP-3) und IGF-BP-3 (THELEN et al., 2004). TIMP-3 ist in verschiedenen Krebszellen beteiligt an der Induktion von Apoptose (BAKER et al., 1999; BOND et al., 2002).

IGF-BP-3 wirkt dem proliferativ wirkendem IGF entgegen und hat selber proapototische Eigenschaften (COHEN et al., 1991; IWAMURA et al., 1993; BOYLE et al., 2001). PSA wurde durch die Behandlung von LNCaP-Zellen mit Valproat vermindert exprimiert (THELEN et al., 2004). PSA spaltet IGF-BP-3 und erhöht damit die Verfügbarkeit von IGF für den IGF-1-R. Deshalb wirkt auch eine verringerte Expression von PSA dem proliferativ wirkenden IGF entgegen. Es wurde gezeigt, dass Valproat zu einer erhöhten Expression des Östrogenrezeptors ß führt und auf diesem Wege die aufgezeigten Expressionsveränderungen entstehen können (STETTNER et al., 2007).

25

Valproat führt weiterhin zu einer Apoptoseinduktion in LNCaP-Zellen. An diesem Vorgang beteiligt ist die erhöhte Expression des Apoptose-induzierenden Rezeptors Fas und seines Liganden (ANGELUCCI et al., 2006).

Xia et al., konnten in einem in vitro Experiment zeigen, dass eine Behandlung der Prostatakarzinomzelllinie LNCaP mit Valproat die Acetylierung am Histon H3 erhöht.

Außerdem wurde die Expression des Tumorsuppressors p21 erhöht und die Proliferation der Zellen reduziert. In einem in vivo Versuch wurde das Tumorwachstum von LNCaP-Zellen in immunsupprimierten Nacktmäusen gehemmt.

(XIA et al., 2006).

Desweiteren führt Valproat zu einer Hemmung des Zellzyklus von LNCaP-Zellen und verringert die Expression der Cyclin abhängigen Kinase (Cdk1), was zu einer Abnahme des Androgenrezeptors auf DNA- und Proteinebene führt (CHEN et al., 2006; WEDEL et al., 2011).