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2.1.1 Epidemiologie

Das Prostatakarzinom ist die häufigste Krebserkrankung des Mannes in Deutschland. Die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen lag 2002 bei ca. 48650.

Damit handelt es sich bei knapp einem Viertel (22,3%) aller Krebsneuerkrankungen des Mannes um Prostatakrebs (Quelle: Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. und das RKI, 2006).

Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 69 Jahren. Etwa 90 % aller Erkrankten sind älter als 60 Jahre. Bei unter 50-Jährigen werden kaum Prostatakarzinome beobachtet.

Die Anzahl der Neuerkrankungen stieg seit 1980 kontinuierlich an. Die altersstandardisierten Erkrankungsraten haben zwischen 1980 und 2004 um ca. 150

% zugenommen. Dies liegt zum einen an der demografischen Entwicklung und der damit ständig steigenden Lebenserwartung, zum anderen an einer verbesserten Früherkennung (ROHDE et al., 2007).

Die Sterberate ist seit 1970 fast unverändert. Wohingegen die Überlebensaussichten für Erkrankte sich seit 1980 verbessert haben. Anfang der 1980er-Jahre betrug die 5-Jahres-Überlebensrate ca. 70% (SCHÖN et al., 1999). Seit 1990 liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei über 80% (ROHDE et al., 2007).

Als Ursache für die verbesserten Überlebensaussichten spielen zum einen eine Verbesserungen der Therapiemöglichkeiten sowie eine Verbesserung der Heilungschancen durch häufigere Entdeckung von Tumoren in früheren Stadien mit frühzeitigerem Behandlungsbeginn eine Rolle. Zum anderen führt die frühere Entdeckung durch verbesserte Früherkennung rein rechnerisch zu verbesserten Überlebensaussichten, selbst wenn der Sterbezeitpunkt unbeeinflusst bliebe.

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2.1.2 Ätiologie

Es werden verschiedene Risikofaktoren diskutiert, jedoch ist die genaue Ätiologie des Prostatakarzinoms nicht bekannt.

Das Alter des Patienten ist der wichtigste Risikofaktor. Etwa 90% der Erkrankten sind älter als 60 Jahre.

Zudem scheinen genetische Faktoren eine Rolle zu spielen. Dies stützt sich auf die Tatsache, dass das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, deutlich steigt, wenn ein Verwandter erkrankt ist. So verdoppelt sich das Risiko, wenn ein Verwandter ersten Grades (Bruder, Vater) erkrankt ist und erhöht sich um das fünf- bis elffache wenn zwei oder mehr Verwandte ersten Grades oder zwei Verwandte vor dem 55.

Lebensjahr erkrankt sind (ROHDE et al., 2007).

Ebenfalls eine Rolle spielen hormonelle Faktoren. So erkranken Eunuchen nach einer Kastration vor der Pubertät nicht am Prostatakarzinom (historisch, z.B.

italienische Sänger im 17. und 18. Jahrhundert). Im Tierversuch konnte man Prostatakarzinome durch chronische Östrogen- und Androgengaben induzieren. Es ist jedoch nicht bekannt, ob Androgene auch beim Menschen eine Induktion oder Promotion auslösen (HAUTMANN u. HULAND, 2006).

Auch die Ernährung und Lebensweise können die Entstehung von Prostatakarzinomen beeinflussen. Dies wird aus der Beobachtung gefolgert, dass die Inzidenz für Prostatakrebs in Asien deutlich geringer ist als in Europa oder Nordamerika. Asiaten, die in die USA ausgewandert sind, haben jedoch ab der 2.

Generation das gleiche Risiko an Prostatakrebs zu erkranken wie andere Amerikaner. Dies wird auf die Änderung der Lebens- und Ernährungsweise zurückgeführt. Es wird diskutiert ob tierische Fette und Eiweiße dabei eine Bedeutung haben (WHITTEMORE et al., 1995).

2.1.3 Klinik

Die frühen Stadien des Prostatakarzinoms verlaufen oft völlig asymptomatisch. Etwa 90% der Karzinome haben ihren Ursprung in der peripheren Zone der Prostata und liegen somit entfernt von der Harnröhre. Diese Karzinome werden meist als

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Zufallsbefund nach einer Operation der gutartigen Prostatahyperplasie oder während einer Autopsie gefunden.

Erst im fortgeschrittenen Stadium kann es zu Obstruktionssymptomen und Hämaturie kommen.

In manchen Fällen zeigen sich klinische Symptome auch erst wenn das Karzinom bereits gestreut hat. Der bevorzugte Ort für eine hämatogene Metastasierung ist das Skelettsystem. Am häufigsten betroffen sind die Lendenwirbelkörper, der Oberschenkelknochen und das Becken. Patienten können über tiefe Rückenschmerzen, Ischiasbeschwerden und ziehende Schmerzen im Rücken klagen (HAUTMANN u. HULAND, 2006).

2.1.4 Früherkennung

Die Früherkennung mit guten Heilungschancen des Prostatakarzinoms ist mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Einerseits ist eine kurative Therapie nur möglich solange das Karzinom auf die Prostata beschränkt ist und sich noch nicht extrakapsulär ausgebreitet hat. Das Karzinom muss also so früh wie möglich entdeckt werden. Von den 40 % der Männer in den westlichen Industrieländern, die das Risiko tragen im mehr als 60% der Fälle ein vorher nicht bekanntes Prostatakarzinom gefunden wird, an welchem diese Männer aber nicht verstorben sind. Durch das vermehrte Screening nach einem Prostatakarzinom im Rahmen der Vorsorge steigt auch das Risiko, dass Männer behandelt werden, die bis zu ihrem Lebensende nichts von ihrem Krebs erfahren hätten (SÖKELAND et al., 2007).

Im Rahmen des gesetzlichen Krebsfrüherkennungsprogramms haben gesetzlich versicherte Männer ab dem 45. Lebensjahr ein Anrecht auf eine jährliche

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Vorsorgeuntersuchung. Diese beinhaltet eine Untersuchung der Genitalorgane und eine digital-rektale Tastuntersuchung der Prostata.

Im Jahr 2004 beteiligten sich 18,3% der Männer ab 45 Jahren an Krebsfrüherkennungsuntersuchungen (Quelle: BUNDESMINISTERIUM FÜR GESUNDHEIT UND SOZIALE SICHERUNG, 2005). 2-5% der Prostatakarzinome werden durch die jährliche Vorsorgeuntersuchung entdeckt (ITO et al., 2001). Die Deutsche Gesellschaft für Urologie vertritt in einer aktuellen Leitlinie jedoch die Meinung, dass die alleinige digital-rektale Untersuchung der Prostata ohne Bestimmung des Prostataspezifischen Antigens (PSA) als Früherkennungsuntersuchung nicht ausreichend ist (WIRTH et al., 2009).

Mit der Tastuntersuchung können nur oberflächliche Tumoren erkannt werden, die schon eine gewisse Größe erreicht haben. Die Treffsicherheit sinkt weiter, wenn der Tumor auf der dem Darm abgewandten Seite der Prostata liegt. Außerdem ist das Untersuchungsergebnis stark von der Erfahrung und den Fähigkeiten des Untersuchers abhängig.

Laut der Leitlinie soll eine PSA-Bestimmung nur Männern empfohlen werden, die den Wunsch nach Früherkennung haben, da es derzeit noch keinen Nachweis gibt, dass eine PSA-Screeninguntersuchung zu einer Verlängerung des krankheitsspezifischen Überlebens führt (WEINMANN et al, 2005; ANDRIOLE et al., 2009; SCHRÖDER et al., 2009; WIRTH et al., 2009). Die betroffenen Männer müssen von ihrem behandelnden Arzt über die Risiken von möglichen diagnostischen und therapeutischen Behandlungen und über die Folgen von positiven und falsch-negativen Ergebnissen aufgeklärt werden.

Das zukünftige Ziel von Vorsorgeuntersuchungen muss daher sein, behandlungs-bedürftige Prostatakarzinome zu finden und die Gefahr der Überbehandlung zu minimieren.

2.1.5 Das Prostataspezifische Antigen

Das PSA ist ein Glykoprotein, welches durch das Gen KLK3 codiert wird. PSA wird ausschließlich in den Ausführungsgängen der Prostata gebildet und trägt zur

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Verflüssigung des Ejakulats bei. In geringen Mengen tritt PSA auch ins Blut über und kann im Serum nachgewiesen werden. Ein Prostatakarzinom kann zu einer Erhöhung des PSA-Wertes führen, jedoch zeigen 20% aller entdeckten Karzinome einen normalen PSA-Wert (HAUTMANN u. HULAND, 2006). Andererseits gibt es auch viele andere patientenabhängige Einflussgrößen, die den PSA-Wert unabhängig von einer Karzinomerkrankung erhöhen können. So spielen neben Alter, Prostatagröße und Ethnie auch therapeutische und diagnostische Eingriffe am unteren Harntrakt, Leberfunktionsstörungen sowie Prostatitis und benigne Prostatahyperplasie eine Rolle (LEIN, 2002; STROHMAIER, 2002).

Im Allgemeinen werden Werte im Serum unter 4 ng/ml als Normalwert angegeben (CATALONA et al., 1994).

Um die Aussagekraft des PSA-Tests zu erhöhen, kann die PSA-Anstiegsgeschwindigkeit gemessen werden. Durch ein Prostatakarzinom steigt die PSA-Serumkonzentration jährlich deutlich stärker als bei Patienten mit gutartigen Prostataerkrankungen. Der Grenzwert liegt bei 0,75 ng/ml/Jahr (CARTER et al., 1992).

Zusätzlich kann noch die PSA-Dichte gemessen werden. Dabei wird der PSA-Wert in Relation zum Prostatavolumen gestellt, da mit zunehmender Größe der Prostata durch benigne Prostatahyperplasie der PSA-Wert ebenfalls steigt. Eine PSA-Dichte über 0,15 gilt als verdächtig (HAUTMANN u. HULAND, 2006).

Laut der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Urologie soll im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung eine Prostatabiopsie empfohlen werden, wenn einer der folgenden Punkte zutrifft:

1. Kontrollierter PSA-Wert > 4 ng/ml

2. Karzinomverdacht bei digital-rektaler Untersuchung 3. Auffälliger PSA-Anstieg

(WIRTH et al., 2009).

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2.1.6 Stadieneinteilung

Prostatakarzinome können durch verschiedene Bewertungssysteme in Entwicklungsstadien eingeteilt werden. Bei der TNM-Klassifikation der UICC (Union internationale contre le cancer) wird das Karzinom anhand der Ausdehnung des Primärtumors, der betroffenen regionalen Lymphknoten und der vorhandenen Fernmetastasen beurteilt (SOBIN et al., 2009).

Weltweite Anwendung findet die Einteilung nach Gleason. Dieses System wurde zwischen 1960 und 1975 von dem Pathologen Donald F. Gleason entwickelt und basiert auf der histologischen Beurteilung von HE (Hämatoxylin Eosin) gefärbten Prostatakarzinompräparaten. Dabei wird der Differenzierungsgrad der am häufigsten und am zweithäufigsten vorkommenden Zellpopulation beurteilt und mit 1 bis 5 bewertet. Beide Werte werden addiert und bilden den so genannten Gleason-Score.

Dabei beschreibt z.B. der Score 2 die am besten differenzierten Tumoren, Score 10 die am wenigsten differenzierten Tumoren (GLEASON, 1966; MELLINGER et al., 1967).

2.1.7 Therapie

Bei der Wahl der richtigen Therapie spielen Tumorstadium, Differenzierungsgrad, Allgemeinzustand und biologisches Alter des Patienten eine Rolle (SÖKELAND et al., 2007).

Ist ein Tumor weder zu tasten noch im bildgebenden Verfahren darstellbar und wurde er nur zufällig z.B. im Rahmen einer Behandlung der benignen Prostatahyperplasie histologisch diagnostiziert, kann abgewartet werden. In solchen Fällen wird der Patient regelmäßig untersucht und der PSA-Wert bestimmt. Nach 10 Jahren haben 15-20% der betroffenen Männer mit einem behandlungsbedürftigen Tumor zu rechnen.

Bei lokalisierten Karzinomen, die nur auf die Prostata beschränkt sind, ist die radikale Prostatektomie die Therapie der Wahl. In diesen Fällen kann die Therapie kurativ, dass heißt heilend, sein. Allerdings sollten die Patienten noch eine mittlere Lebenserwartung von mehr als 10 Jahren haben. Die Lebenserwartung ist zu

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berücksichtigen, weil durch das langsame Wachstum des Tumors ein 70-jähriger ein Risiko von 10% hat in den nächsten 10 Jahren an dem Karzinom zu sterben aber ein 50%iges Risiko durch eine andere Ursache zu versterben.

Die wichtigsten Risiken der Operation sind Impotenz mit bis zu 100%, Inkontinenz (5%) oder Harnröhrenstriktur (5%) (HAUTMANN u. HULAND, 2006).

Eine Alternative stellt die Strahlentherapie dar. Bei dieser Therapie wird entweder von außen bestrahlt oder durch das Einbringen von strahlendem Material (Brachytherapie) von innen. Die Brachytherapie hat den Vorteil, dass eine höhere Strahlendosis genutzt werden kann, ohne benachbarte Gewebe zu schädigen.

Die wichtigste Nebenwirkung ist auch bei der Bestrahlung die Impotenz (ROHDE et al., 2007).

Im Falle eines fortgeschrittenen Prostatakarzinoms, bei dem der Tumor bereits extrakapsulär ausgebreitet ist und Metastasen vorhanden sind, steht die antiandrogene Therapie im Vordergrund. Diese beruht auf der Tatsache, dass 80%

der Karzinome hormonsensitiv sind. Bei diesen Patienten wird mit einer Remission, dass heißt einem Rückgang des Tumors, innerhalb von 2-4 Jahren gerechnet. Die Therapie ist aber niemals heilend sondern nur palliativ. Auf die Remission folgt ein erneutes Wachstum von kastrationsresistenten Karzinomzellen.

20% der Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom zeigen kein Ansprechen auf eine Hormontherapie. Bei Ihnen handelt es sich ebenfalls um ein kastrationsresistentes Prostatakarzinom (HAUTMANN u. HULAND, 2006).

Bei der Therapie des kastrationsresistenten Prostatakarzinoms handelt es sich um eine symptomatische Therapie, die zum Ziel hat, die Lebensqualität der Patienten zu erhalten oder zu verbessern. Als Therapieoptionen stehen Chemotherapie und Schmerztherapie zur Verfügung. Bei asymptomatischen Patienten besteht auch die Möglichkeit des Abwartens, da ein Überlebensvorteil bei frühzeitig begonnener Chemotherapie im Vergleich zum Beginn bei Symptomen nicht erwiesen ist (WIRTH et al., 2009).

Patienten mit einer symptomatischen, fortschreitenden Erkrankung, die sich in einem guten Allgemeinzustand befinden, sollte eine Therapie mit dem Zytostatikum Docetaxel in Kombination mit Prednisolon empfohlen werden. Für diese

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Medikamentenkombination ist eine Verbesserung der Schmerzen und Lebensqualität erwiesen. Außerdem wurde eine Verlängerung des Gesamtüberlebens nachgewiesen. Diese beträgt allerdings nur wenige Monate (TANNOCK et al., 2004).

2.2 Der Androgenrezeptor und das kastrationsresistente