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2 Schrifttum

2.5 Epidemiologische Aspekte

2.5.1 Vorkommen von Campylobacter spp. bei Tieren

Rinder

Campylobacter fetus ssp. venerealis spielte als Erreger der anzeigepflichtigen Vibrionenseuche bzw. des enzootischen Campylobacter-Aborts (MITCHELL 1968) lange Zeit eine bedeutende Rolle in den Rinderbeständen. Die Übertragung erfolgte vor allem durch infizierte Deckbullen, die während des Deckaktes den Erreger auf die weiblichen Tiere übertrugen. Da Rinder heute fast ausschließlich künstlich besamt werden und Deckbullen regelmäßig auf Campylobacter fetus spp. venerealis untersucht werden, konnte die Tierseuche in Deutschland erfolgreich getilgt werden.

Rinder sind jedoch häufig Träger thermophiler Campylobacter spp. Ob diese bei Rindern zu klinischen Erscheinungen führen, wird kontrovers diskutiert (STEINER et al. 1997; BUSATO et al. 1999).

Eine 12 monatige englische Studie über die Prävalenz von Campylobacter spp. bei Schlachtrindern ergab im Intestinaltrakt während der Schlachtung eine Befallsrate von 54,6 % (MILNES et al. 2007). JOHNSEN et al. (2006b) konnten bei der Untersuchung von 804 Proben aus dem Intestinaltrakt norwegischer Schlachtrinder in 26 % der Proben C. jejuni, in 3 % der Proben C. coli und in 2 % der Proben thermotolerante Campylobacter spp. isolieren. Kälber waren häufiger Campylobacter-positiv als ausgewachsene Rinder.

Während der Schlachtung können Schlachtkörper mit Campylobacter spp. durch Verunreinigungen mit Kot, beim Enthäuten oder aufgrund mangelnder Hygienemaßnahmen kontaminiert werden. Eine Studie aus Belgien, in welcher 60 Rinderkarkassen auf Campylobacter spp. untersucht wurden, zeigt mit 3,3 % jedoch eine relativ geringe Campylobacter-Prävalenz bei Schlachtrindern (GHAFIR et al.

2007). Auch ZHAO et al. (2001) berichten von einer sehr geringen Prävalenz von Campylobacter spp. bei Rindfleisch.

Milch wird mit Campylobacter spp. i.d.R. durch Kotverschmutzungen des Euters kontaminiert. Campylobacter jejuni kann jedoch auch als Mastitiserreger auftreten und so direkt ins Gemelk gelangen (ORR et al. 1995).

Heimtiere

Im Zusammenhang mit Campylobacter-Infektionen des Menschen wird auch das Vorkommen von Campylobacter spp. bei Heimtieren beschrieben.

MORENO et al. (1993) konnten in 45 von 68 (66 %) untersuchten Kotproben von gesunden Katzen C. upsaliensis isolieren. Aus dem Kot gesunder Hunde wurde in 19 von 56 Proben (39 %) C. jejuni nachgewiesen. WEBER und SCHWARZKOPF (2003) schätzen die Befallsrate mit C. jejuni bei erwachsenen Hunden auf bis zu 50 %, bei Hunde-Welpen auf bis zu 75 % und bei Katzen auf bis zu 45 %.

FLEMING (1983) konnte Campylobacter spp. bei 59 von 505 (11,7 %) Hunden mit Diarrhoe nachweisen und nur bei 2 von 122 (1,6 %) Hunden ohne Diarrhoe.

1985 wurde erstmals auch von der Isolation von C. fetus bei einer Schildkröte berichtet (HARVEY u. GREENWOOD). Auch andere Autoren konnten seitdem Campylobacter spp. bei Reptilien nachweisen. Sie scheinen jedoch genetisch weit von den bei Säugern vorkommenden Spezies entfernt zu sein (TU et al. 2005)

Ratten und Mäuse

Untersuchungen von MEERBURG et al. (2006) zeigen, dass auch Ratten und Mäuse mit Campylobacter spp. infiziert sein können. Für die Studie wurden Nager mit Fallen in der Umgebung von Hühner- und Schweinemastanlagen gefangen. 8 von 83 Mäusen und 1 von 8 Ratten waren Campylobacter-positiv. Somit kann nicht ausgeschlossen werden, dass Schadnager eine Rolle bei der Übertragung von Campylobacter spp. in Nutztierbestände einnehmen (MEERBURG u. KIJLSTRA 2006).

Schweine

Thermophile Campylobacter spp. können beim Schwein häufig nachgewiesen werden. OPORTO et al. (2007) ermittelten in ihrer Studie, dass 52,9 % der 17

untersuchten Schweineherden in Spanien Campylobacter spp. positiv waren. In Untersuchungen von ALTER et al. (2005) wurden Kotproben, Organe und Oberflächen von Schlachtschweinen auf das Vorhandensein von Campylobacter spp. untersucht. In 245 der 383 untersuchten Kotproben wurden Campylobacter spp.

nachgewiesen, wobei es sich ausschließlich um C. coli handelte.

In einer aktuellen Studie aus Kanada waren 1194 von 1200 Kot- und Umgebungsproben aus 80 Schweinemastbetrieben Campylobacter-positiv. In 99,2 % der positiven Proben wurde C. coli nachgewiesen. In den übrigen Fällen konnten C. lari (0,6 %) und C. jejuni (0,2 %) isoliert werden (VARELA et al. 2007b). C. coli wird auch von anderen Autoren als die dominierende Spezies beim Schwein beschrieben (THAKUR u. GEBREYES 2005b; MILNES et al. 2007). Vereinzelt wird aber auch von gehäuften C. jejuni- Nachweisen bei Schweinen berichtet (YOUNG et al. 2000).

Bei Schweinen führt die Campylobacter-Infektion i.d.R. nicht zu klinischen Erscheinungen und ist wahrscheinlich der normalen Darmflora zuzurechnen (GÖRGEN et al. 1983). Eine Infektion der Ferkel erfolgt durch Fäzes der infizierten Muttersau, die Campylobacter spp. in hoher Anzahl mit dem Kot ausscheiden können (WEIJTENS et al. 1997).

Die Anzahl von Campylobacter im Kot nimmt mit dem Alter der Tiere ab. Zu Beginn der Mast liegt sie bei rund 104KbE/ g Kot, am Ende der Mast bei etwa 102KbE/ g Kot (WEIJTENS et al. 1993; 1999). Untersuchung von YOUNG et al. (2000) zeigten zudem, dass 14 Tage alte Ferkel höhere Keimgehalte mit dem Kot ausscheiden als tragende Sauen.

Schafe

STANLEY et al. (1998) konnten in über 90% der insgesamt 360 Dünndarmproben von Schlachtlämmern thermophile Campylobacter spp. feststellen. In der Folge konnten sie zeigen, dass Campylobacter spp. weder aus dem Labmagen noch aus dem Dickdarm isoliert werden konnten. Bei der Untersuchung von Fäzes weidender Schafe waren nur 29,3 % der 420 Kotproben Campylobacter-positiv.

In Untersuchungen von JONES et al. (1999) konnte C. jejuni als häufigste Campylobacter- Spezies beim Schaf nachgewiesen werden und es wurde gezeigt, dass die Beschaffenheit des Weidelandes Einfluss auf die Ausscheidungsrate von Campylobacter spp. nehmen kann.

Insekten

Insekten können Träger von Campylobacter spp. sein. HALD et al. (2004) konnten bei Untersuchungen von Fliegen, die aus dem Umfeld eines dänischen Geflügelhofs stammten, bei 8,2 % der untersuchten Fliegen Campylobacter spp. nachweisen, während HANSSON et al. (2007) 0 % bis 2 % der untersuchten Fliegen aus der Umgebung verschiedener Geflügelbestände als Campylobacter-positiv einstufte.

Insekten sollten deshalb bei der epidemiologischen Betrachtung der Übertragungswege von Campylobacter spp. zwischen Nutztieren nicht außer Acht gelassen werden (BATES et al. 2004; NICHOLS 2005) und könnten auch bei der Kontamination von Lebensmitteln mit Campylobacter spp. ein Rolle spielen (ROSEF u. KAPPERUD 1983).

Geflügel

Bei Wild- und Wirtschaftsgeflügel werden thermophile Campylobacter spp. als natürlicher Bestandteil der Darmflora angesehen, da infizierte Vögel i.d.R. keine klinischen Erscheinungen zeigen (KAPPERUD u. ROSEF 1983; PARK 2002;

WALDENSTROM et al. 2002). Wildvögel stellen somit ein natürliches Reservoir für Campylobacter spp. dar. ATANASSOVA u. RING (1999) wiesen bei 25,9 % der von ihnen untersuchten 52 Fasanen Campylobacter spp. nach.

In einer Studie zum Vorkommen von Campylobacter spp. und Salmonella spp. bei Möwen in Norddeutschland waren 128 (61 %) der 207 untersuchten Möwen Campylobacter-positiv (GLÜNDER et al. 1991). MOORE et al (2002) stellten in 13,7 % der Kot-Proben von 205 Seemöwen aus Nord-Irland Campylobacter spp.

fest. WALDENSTROM et al. (2002) untersuchten 1794 Zugvögel auf das Vorkommen von Campylobacter spp. und wiesen bei 5,6 % der Vögel C. lari, bei 5,0 % C. jejuni, und bei 0,9 % der Vögel C. coli nach.

Auch Wassergeflügel wie Enten und Gänse sind häufig Träger von Campylobacter wie Untersuchungen von LUECHTEFELD et al. (1980) zeigen. Von 445 untersuchten Zugwasservögeln waren 154 Vögel Campylobacter-positiv.

Papageien und Falken können ebenfalls Träger von Campylobacter spp. sein (OYARZABAL et al. 1995).

Beim Wirtschaftsgeflügel wird eine altersabhängige Prävalenz von Campylobacter- Spezies beschrieben, wobei bisher bei Küken während der ersten 10 Lebenstage unter Feldbedingungen keine Campylobacter spp. nachgewiesen werden konnten (NEWELL u. WAGENAAR 2000). Verschiedene Untersuchungsergebnisse weisen darauf hin, dass die Kolonisation von Wirtschaftsgeflügel erst nach der 2. bis 4.

Lebenswoche stattfindet. SHREEVE et al. (2000) gelang bis zum 32. Lebenstag kein positiver Campylobacter-Nachweis in Broilerherden. In einer niederländischen Studie, in der verschiedene Mastdurchgänge zweier Geflügelmastbetriebe betrachtet wurden, war ein Nachweis von Campylobacter spp. i.d.R. erst nach der 2. bis 3.

Lebenswoche möglich (JACOBS-REITSMA et al. 1995b).

ACHEN et al. (1998) konnten allerdings nach oraler Infektion von Eintagsküken mit C. jejuni bei einer Infektionsdosis von 1,6 x 107 KbE schon nach 24 bzw. 48 Stunden post infectionem bei 50 % bzw. 70 % der Küken die Ausscheidung von Campylobacter spp. mit dem Kot nachweisen. Wahrscheinlich sind maternale Antikörper verantwortlich dafür, dass Küken während ihrer ersten Lebenstage nicht von Campylobacter spp. kolonisiert werden (NEWELL u. WAGENAAR 2000;

SCHULZE u. ERLER 2002). Als weitere Ursache wird eine inhibitorische Blinddarmflora (HUMPHREY et al. 1993), sowie das verringerte Kolonisations-Potenzial von durch Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen gestressten Campylobacter spp. diskutiert (CAWTHRAW et al. 1996).

Die Angaben zur minimalen oralen Infektionsdosis variieren zwischen Werten unterhalb von 40 KbE und 104 KbE und scheinen nicht zuletzt vom Versuchsaufbau abzuhängen (CAWTHRAW et al. 1996; SHREEVE et al. 2000; DHILLON et al.

2006). In vivo Passagen können das Kolonisations-Potenzial von einigen

Campylobacter- Stämmen um bis zu Faktor 10.000 deutlich steigern (CAWTHRAW et al. 1996).

Bei Broilern sind C. jejuni (Isolierungsrate zwischen 4 % und 100 %) und C. coli (Isolierungsraten zwischen 5 % und 70 %) die dominierenden Campylobacter spp.

(EFSA 2007). Besonders hoch ist die Kolonisation im Blinddarm mit Campylobacter-Keimzahlen von 105 bis 109 KbE /g Darminhalt (CAWTHRAW et al. 1996; ACHEN et al. 1998; DHILLON et al. 2006). Trotz der hohen Keimzahlen sind klinische Erscheinungen aufgrund vom Campylobacter-Infektionen beim Mastgeflügel selten.

Um die Folgen einer Campylobacter-Infektion von Broilern zu untersuchen, führten GLÜNDER u. WIELICZKO (1990) Infektionsversuche an Broiler-Küken durch. Nach oraler Infektion der Küken mit 0,5 ml einer Campylobacter jejuni-Suspension (1x 105 KbE/ml) am 14. Lebenstag wurde die Gewichtsentwicklung über 3 Wochen beobachtet. In der ersten, zweiten und dritten Woche p.i. wurde jeweils ein Drittel der Versuchsgruppe getötet und in der Folge pathologisch-anatomisch untersucht.

Klinisch ließen sich bei den infizierten Tieren zu keinem Zeitpunkt Anzeichen einer Erkrankung feststellen auch wenn histo-pathologisch bei rund 50 % der infizierten Tiere Veränderungen im Lebergewebe nachzuweisen waren. Im Gegensatz zu den Tieren der Kontrollgruppe stagnierte die Gewichtszunahme der infizierten Tiere in der 3. Woche post infectionem, während sie in den Wochen zuvor mit der Gewichtsentwicklung der Kontrollgruppe vergleichbar war. Das durchschnittliche Endgewicht der Campylobacter-infizierten Tiere lag geringfügig unter dem, der Kontrollgruppe.

Aufgrund ihrer Motilität und der thermophilen und mikroaerophilen Eigenschaften sind vor allem C. jejuni, C. coli und C. lari gut an das im Darm vorherrschende Milieu angepasst (PARK 2002). Die Keime siedeln sich bevorzugt in den Krypten des Darmepithels an (BEERY et al. 1988). Mastgeflügel, das mit Campylobacter spp.

infiziert ist, scheidet über mehrere Wochen Campylobacter spp. mit dem Kot aus (NEWELL u. WAGENAAR 2000), sodass im Falle von intensiv gehaltenen Masthühner bei einer Mastdauer von 35 bis 42 Tagen zum Schlachtzeitpunkt mit fäkaler Ausscheidung von Campylobacter spp. gerechnet werden muss, auch wenn

nach der 3. Woche post infectionem die Ausscheidungsrate langsam abzunehmen scheint (ACHEN et al. 1998; NEWELL u. WAGENAAR 2000).