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Tenazität, physiologische und kulturelle Eigenschaften

2 Schrifttum

2.2 Morphologische und physiologische Eigenschaften sowie Tenazität von

2.2.3 Tenazität, physiologische und kulturelle Eigenschaften

Atmosphäre

Auch wenn es unter speziellen Bedingungen möglich ist, Campylobacter spp. aerob zu kultivieren (JONES et al. 1993), gilt die Gattung Campylobacter als obligat mikroaerophil (REICH et al. 1956). Campylobacter spp. weisen nur eine geringe Sauerstofftoleranz auf und reduzieren Wachstum und Vermehrung ab Sauerstoffgehalten > 15 % in der Atmosphäre. Diese Erscheinung wird auf Superoxidradikale und Peroxide zurückgeführt, die zu Schäden in DNA und Proteinstrukturen führen (PARK 2002).

Aktuelle Untersuchungen von GARENAUX et al. (2008) deuten darauf hin, dass die Sensitivität auf oxidativen Stress eng mit der Kultivierungs-Temperatur verbunden ist.

So reduzierte sich die Zahl Kolonie-bildender-Einheiten (KbE) untersuchter C. jejuni-Stämme innerhalb einer Woche bei +4 °C unter aeroben Bedingungen um 1 log10 -Stufe, während aerobe Bedingungen bei +42 °C bei einigen C. jejuni-Stämmen innerhalb von 24 h zum Absterben führten. Erhöhte CO2-Gehalte sind für Wachstum und Vermehrung von Campylobacter spp. von Vorteil. Diese Eigenschaft wird als capnophil bezeichnet (SMIBERT 1978). Campylobacter spp. zeigen bei einer Atmosphäre von 5 % O2, 10 % CO2 und 85 % N2 optimales Wachstum (THOMPSON et al. 1990).

Stoffwechsel

Campylobacter spp. sind nicht in der Lage, Kohlenhydrate zur Energiegewinnung zu nutzen. Stattdessen besitzen sie die Fähigkeit, bestimmte Aminosäuren sowie Metabolite aus dem Citronensäurezyklus zu verstoffwechseln (KIGGINS u.

PLASTRIDGE 1958; WESTFALL et al. 1986). ALEXANDER (1957) konnte am Beispiel von C. fetus nachweisen, dass Aspartat, Asparagin, Glutamat und Prolin sowie Lactat, Pyruvat und Fumarat als Energiequelle dienen können. MOHAMMED et al. (2004) testeten 100 Campylobacter-Stämme auf ihre Fähigkeit die Substrate α -Ketoglutarat, Succinat, Fumarat, Serin, Glutamin, Aspartat, Cystein, Format und Laktat abzubauen. 91 % der C. jejuni-Isolate und 80 % der C. coli-Isolate waren in der Lage, alle getesteten Substrate abzubauen. 7 % der C. jejuni- Isolate konnten α -Ketoglutarat nicht metabolisieren und 2 % der C. jejuni-Isolate sowie 20 % der C. coli-Isolate konnten Succinat, Fumarat und Aspartat nicht oxidieren.

PARK (2002) ermittelte Eisen als essentielles Element für Campylobacter spp. Im Genom von C. jejuni konnten 5 verschiedene Systeme zur Eisenaufnahme ermittelt werden (PARKHILL et al. 2000).

Temperatur

Die thermophilen Spezies, zu denen C. jejuni, C. coli, C. lari und C. upsaliensis zählen, haben ihr Wachstumsoptimum bei +42° (SKIRROW u. BENJAMIN 1980).

Wahrscheinlich ist dies eine Adaptation an die im Intestinaltrakt von warmblütigen Tieren vorherrschenden Temperaturen (KETLEY 1997).

Campylobacter spp. sind bei Temperaturen unterhalb von +30 °C nicht vermehrungsfähig (PARK 2002). Die Analyse des Genoms eines C. jejuni- Stamms (PARKHILL et al. 2000) weist darauf hin, dass Campylobacter spp. keine Kälteschockproteine synthetisieren können, was als Ursache für die Temperaturempfindlichkeit diskutiert wird (PARK 2002). Da Lebensmittel i.d.R.

unterhalb von +30 °C gelagert werden, können Wachstum und Vermehrung von Campylobacter spp. im Lebensmittel ausgeschlossen werden. Dennoch bleiben Campylobacter spp. auch bei Temperaturen bis 4 °C metabolisch aktiv und sind voll

beweglich (HAZELEGER et al. 1998; PARK 2002). Temperaturen zwischen +10 °C und +20 °C führen zu einem deutlichen Anstieg der Absterberate (TERZIEVA u.

MCFETERS 1991).

Die Überlebensfähigkeit von C. jejuni und C. coli bei Kühltemperaturen um +4 °C ist größer als die Überlebensfähigkeit bei Raumtemperatur. Untersuchungen von BLASER et al. (1980) zeigen, dass C. jejuni bei +4 °C in Fäzes Milch, Wasser, Urin und in Galle bei +4 °C deutlich länger überleben, als bei +25 °C.

Campylobacter spp. können auch Gefriertemperaturen von ca. -20 °C überleben (FERNANDEZ u. PISON 1996). RITZ et al. (2007) konnten bei Hühnerfleisch, welches für 5 Wochen bei -20 °C eingefroren war Campylobacter spp. isolieren.

HÄNEL u. ATANASSOVA (2007) führten Untersuchungen zur Re-Isolationsrate von Campylobacter spp. bei 700 Putenfleischproben durch, welche zuvor oberflächlich mit 10 3 KbE C. jejuni je Probe beimpft wurden. Nach einer Inkubationszeit von 48 Stunden bei +25 °C konnte C. jejuni bei 7 % der Proben re-isoliert werden. Die Inkubation bei +4°C für eine Woche führte in 42 % der Proben zu einem positiven Campylobacter-Nachweis. Nach Lagerung der beimpften Fleischproben bei -20 °C für 2 Wochen bzw. 4 Wochen konnten in 68 % bzw. 24 % der Proben Campylobacter spp. re-isoliert werden.

BHADURI u. COTTRELL (2004) stellten nach Lagerung von Geflügelhackfleisch bei +4 °C für 3 bis 7 Tage eine Reduktion von C. jejuni um 0,34 bis 0,81 log10 KbE/g fest.

Nach Lagerung bei -20 °C für 2 Wochen betrug die Reduktion von C. jejuni im Geflügelhackfleisch 0,56 bis 1,57 log10 KbE/g und auf Hühnerhaut 1,38 bis 3,39 log10

KbE/g.

Obwohl Campylobacter spp. als thermophil beschrieben werden, sind sie hitzeempfindlich und können durch Pasteurisierung sicher abgetötet werden (SHANE 2000). Campylobacter spp. wird die Fähigkeit zur Produktion von Hitzeschockproteinen zugesprochen (KONKEL et al. 1998; PARKHILL et al. 2000;

PARK 2002), wodurch sie auch Temperaturen oberhalb des Optimums in gewissen Graden tolerieren können. Zu einer Abtötung kommt es erst bei Temperaturen zwischen +60 °C und +74 °C (BEUTLING 1998). Auch STERN u. KOTULA (1982)

führten Untersuchungen zur Hitzetoleranz von Campylobacter spp. durch. Dazu erhitzen sie Rinderhackfleisch, welches mit Campylobacter-Zellen inokuliert wurde bei +190 °C bzw. +218 °C über einen Zeitraum von 30 Minuten im Ofen. Bis zu einer Kerntemperatur von +60 °C konnten sie lediglich eine Abnahme der Zellzahl um 1-2 log10 -Stufen feststellen, während bei einer Kerntemperatur von 70 °C keine lebenden Keime mehr nachzuweisen waren.

pH-Wert

Nach DOYLE u. ROMAN (1981) können Campylobacter spp. bei pH-Werten zwischen 5,5 und 9,5 wachsen. Für C. jejuni beschreiben sie optimales Wachstum bei pH 6,5 bis pH 7,5. pH-Werte unterhalb von 5,5 führen rasch zum Absterben von Campylobacter-Zellen. MURPHY et al. (2005) führten Versuche zum Einfluss verschiedener Nährmedien auf das Verhalten C. jejuni bei pH 4,5 durch.

Campylobacter-Enrichment-Broth (CEB), angesäuert auf einen pH-Wert von 4,5, führte innerhalb von 150 Minuten zu einer Reduktion der Campylobacter-Zahl um mehr als 4 log10 –Stufen. Bei der Verwendung von Müller-Hinton-Broth (MHB) konnte nach 250 Minuten eine Reduktion der Zellzahl um ca. 1,5 log10 –Stufen festgestellt werden. Bemerkenswert ist, dass die Zahl der überlebenden Campylobacter-Zellen nach der 150sten Minute bei der Verwendung von MHB um 5 log10 –Stufen höher lag als in CEB. Ein pH-Wert von 2,3 führt innerhalb von 5 Minuten zu einer Reduktion der Campylobacter-Zahl von 7 log10-Stufen (BLASER et al. 1980).

Salz-Empfindlichkeit

Thermophile Campylobacter spp. zeigen bei Kochsalz-Gehalten zwischen 0,5 % und 1 % optimales Wachstum. Bei Verzicht auf NaCl wächst C. jejuni nach einer kurzen heftigen Wachstumsphase nur schlecht (DOYLE u. ROMAN 1982a). Die Inkubationstemperatur hat deutlich Einfluss auf die NaCl-Toleranz von Campylobacter spp. Hohe Salzkonzentrationen werden bei +4 °C deutlich besser toleriert als bei +25°C (DOYLE u. ROMAN 1982a; JACOBS-REITSMA 2000). Im Gegensatz zu den übrigen thermophilen Campylobcater-Spezies toleriert C. lari NaCl-Konzentrationen von 1,5 % (BENJAMIN et al. 1983). NaCl-Konzentration von

2 %, 2,5 % und 4,5 % führten in Versuchen DOYLE u. ROMAN (1982a) zur Wachstumshemmung und zum Absterben von C. jejuni-Stämmen. GLÜNDER (1993) konnte in einer Studie die Salztoleranz von C. coli und C. jejuni durch mehrfache Passagen auf Nährböden mit zunehmender NaCl-Konzentration auf Werte zwischen 2,5 % und 3,0 % steigern.

Die Osmolarität des Nährmediums hat großen Einfluss auf das Bakterienwachstum.

REEZAL et al. (1998) führten Versuche zum Einfluss der Osmolariät auf das Wachstum von Campylobacter spp. durch. Bei einer Osmolarität von 172 bis 178 mosmol, wie sie bei Selektivnährmedien für Campylobacter spp. üblich ist, fand in den ersten 48 Stunden nach Inokulierung des Versuchsmediums ein deutliches Wachstum statt. Danach fiel die Campylobacter-Zellzahl langsam ab. Bei einer Osmolarität zwischen 122 und 128 mosmol konnte kein Wachstum beobachtet werden. Stattdessen kam es sofort nach Inokulierung des Versuchsmediums zu einer deutlichen Reduktion der Zellzahl.

Trockenheit

Campylobacter spp. reagieren sehr empfindlich auf Trockenheit (DOYLE u. ROMAN 1982b; FERNANDEZ et al. 1985). Untersuchungen von KUSUMANINGRUM et al.

(2003) über die Re-Isolationsrate von Campylobacter spp. von Edelstahlflächen bestätigen diese Eigenschaft. Die Zahl Kolonie-bildender-Einheiten (KbE) der auf die Edelstahlfläche aufgebrachten Campylobacter-Zellen fiel bei Raumtemperatur und innerhalb der ersten Stunde von knapp 6,8 log10 KbE / 100 cm2 um mehr als 4 log10 -Stufen auf 2 log10 KbE / 100 cm2. Nach 4 Stunden lag die Zahl der re-isolierten Campylobacter-Zellen unterhalb der Nachweisgrenze. Damit erwies sich Campylobacter jejuni deutlich empfindlicher gegenüber Austrocknung als Staphylococcus aureus und Salmonella enteritidis.

Viable but non culturable (VNC) Form

Unter suboptimalen Umweltbedingungen wie Hitze, Kälte oder Nährstoffmangel können Campylobacter-Zellen eine kokkoide Form einnehmen und die Koloniemorphologie verändern (BUCK u. KELLY 1981; BUCK et al. 1983; THOMAS

et al. 1999; TANGWATCHARIN et al. 2006). Zudem können sie in ein Stadium übergehen, dass als lebensfähig-aber-nicht-kultivierbar (VNC) bezeichnet wird (ROLLINS u. COLWELL 1986). Nach Inkubation bei +60 °C für 15 Minuten waren in Untersuchungen von TANGWATCHARIN et al. (2006) rund 90 % der Campylobacter-Zellen in das VNC-Stadium übergegangen. Die Inkubation von Campylobacter spp. bei +4 °C für 30 Tage führte dazu, dass rund 80 % der Zellen in die VNC-Form wechselten.

Allerdings scheinen nicht alle Zell-Linien diese Eigenschaft zu besitzen (MEDEMA et al. 1992; THOLOZAN et al. 1999). Welche Mechanismen die Überlebensfähigkeit der VNC-Form ermöglichen ist weitestgehend ungeklärt. Es konnten unter anderem Unterschiede im Membranpotenzial, im Zellwassergehalt, im Zell-pH und im Kalium-Gehalt zwischen kultivierbarer und VNC-Form festgestellt werden (THOLOZAN et al.

1999). In Untersuchungen von SAHA et al. (1991) konnte am Rattenmodell gezeigt werden, dass VNC-Formen die ursprüngliche Form nach Passage im Magendarmtrakt wieder erlangen können. Bis heute konnte nicht ausgeschlossen werden, dass VNC-Formen Auslöser von Lebensmittelinfektionen sein können (BEUMER et al. 1992).