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5 Diskussion

5.4 Phylogenese von Campylobacter spp. bei Masthühnern

5.4.2 Phylogenese von C. coli und C. jejuni

Die Darstellung der MLST-Daten im Minimum-Spanning-Tree macht ebenfalls die hohe Diversität von C. jejuni-Isolaten im Vergleich zu C. coli-Isolaten deutlich. Von den insgesamt 15 unterschiedlichen STs bei C. coli wurden 10 STs dem klonalen Komplex A zugeordnet. Um international Vergleiche ziehen zu können, wurden die Sequenztypen auch über die Onlinedatenbank pubMLST klonalen Komplexen zugeordnet. Dabei wurden die im Minimum-Spanning-Tree dem klonalen Komplex A zugeordneten STs durch pubMLST dem klonalen Komplex ST-828 zugeordnet. Von den 5 Singletons repräsentierte ST 3025 den Referenzstamm CNET-068 und ST 900 den Referenzstamm DSM 4689. Auch die 4 aus Italien stammenden C. coli-Isolate wurden dem klonalen Komplex A bzw. ST-828 zugeordnet.

Bei einer Studie von KINANA et al. (2007) wurden 36 C. coli-Isolate, welche von Hühner-Karkassen isoliert worden waren, per MLST analysiert. Sie ermittelten 13 STs, von denen 10 ebenfalls dem klonalen Komplex ST-828 zugeordnet werden konnten. 3 STs stellten sich als Singletons dar. D`LIMA et al. (2007) untersuchten 68 C. coli-Stämme, die aus Bilddarm- und Kotproben von Mastputen in den USA isoliert wurden. Sie ermittelten 14 verschiedene STs, die bis auf zwei Singletons alle dem klonalen Komplex 828 zugehörig waren.

Im Populationsmodell stellte sich die Gruppe der C. jejuni-Isolate deutlich abgegrenzt von der Gruppe der C. coli-Isolate dar. Innerhalb der C. jejuni-STs konnten im Minimum-Spanning-Tree 7 klonale Komplexe (klonaler Komplex B bis H) ermittelt werden, denen zwischen 2 und 4 STs zugeordnet wurden. Zudem fielen insgesamt 15 Singletons im Minimum-Spanning-Tree auf. Darunter befanden sich auch ST 403, welcher den Referenzstamm DSM 4688 repräsentierte und ST 45, der bei 4 Isolaten aus 2 verschiedenen Herden und beim Referenzstamm CNET-112 auftrat. Die C. jejuni-Sequenztypen wurden zudem auch mit Hilfe der Onlinedatenbank pubMLST klonalen Komlexen zugeordnet. Dabei teilten sich die 32 STs in 13 klonale Komplexe und 7 Singletons auf. Die Anzahl der klonalen Komplexe und Singletons unterscheidet sich also deutlich im Vergleich zu den Anzahlen, die im Minimum-Spanning-Tree ermittelt wurden. Dies liegt in der Definition eines klonalen Komplexes begründet. Da ein ST, in mindestens 5 der 7 Allele mit einem beliebigen ST eines CCs übereinstimmen muss, um selber zu diesem CC zu zählen, ist die Zuteilung von STs zu CCs von der Variablilität der in einer Datenbank hinterlegten STs abhängig (vgl. 2.7.2). Die auffällige Diversität der C. jejuni-Isolate beim Geflügel wurde von verschieden anderen Autoren beschrieben (DINGLE et al. 2001; COLLES et al. 2003; LOHRENGEL 2003; BULL et al. 2006). In der Studie von DINGLE et al.

(2001) wurden bei einer Anzahl von 34 Campylobacter-Isolaten von Hühnern 14 verschiedene STs (41 %) dem klonalen Komplex ST-21 und 11 verschiedene STs (32 %) dem klonalen Komplex ST-45 zugeordnet. Diese klonalen Komplexe stellten auch in der Untersuchung von COLLES et al. (2003) die beiden größten klonalen Komplexe dar.

In der vorliegenden Untersuchung wurden STs aus dem klonalen Komplex ST-21 in 5 Herden verschiedener Mäster nachgewiesen. Der klonale Komplex ST-21 war somit auch in dieser Studie der am häufigsten in verschiedenen Herden vorkommende klonale Komplex. Zudem fielen bei den C. jejuni-Isolaten die klonalen Komplexe ST-206, ST-257, ST-443, ST-446 und ST-1034 in verschiedenen Herden wiederholt auf, wobei einige klonale Komplexe auch wiederholt in verschiedenen Herden des gleichen Mästers auftraten. So wurde der klonale Komplex ST-257 in beiden Herden des Mästers G, die klonalen Komplexe ST-443 und ST-446 in beiden

Herden des Mästers F und der klonale Komplex ST-1034 in beiden Herden des Mäster C ermittelt.

Die STs der C. jejuni-Isolate aus Italien tauchten mit Ausnahme des ST 824 aus dem klonalen Komplex ST-206 bei den Isolaten aus Deutschland nicht auf, und sie gehörten zudem klonalen Komplexen an, denen keine STs deutscher Isolate zugeordnet wurden. Die STs der C. coli-Isolate aus Italien gehörten wie fast alle C.

coli-Isolate aus Deutschland dem klonalen Komplex ST-828 an, besaßen jedoch STs, die bei den Isolaten aus Deutschland nicht auftraten.

Die Ergebnisse lassen vermuten, dass es in der Geflügelmast bestimmte klonale Linien gibt, die besonders häufig beim Geflügel auftreten. Dies waren in der vorliegenden Studie und unter anderem die klonalen Komplexe ST-21 und ST-45 bei C. jejuni und der klonale Komplex ST-828 bei C. coli. Das wiederholte Vorkommen von STs eines klonalen Komplexes bei Herden eines Mästers könnte auf eine persistierende Eintragsquelle während der Mast hindeuten. Mit der Zeit ändern sich aufgrund evolutionärer Prozesse in diesem Falle wahrscheinlich zwar die nachgewiesenen STs, die Verwandtschaft der Isolate bleibt aber in der Zugehörigkeit der STs zu einem gemeinsamen klonalen Komplex weiter nachweisbar.

Der Frage, ob spezifische Allele oder STs bei verschiedenen Nutztieren nachzuweisen sind, gingen MILLER et al. (2006) nach. Sie typisierten 488 C. coli-Isolate mittels MLST. Anhand der Ergebnisse konnten sie belegen, dass es bei Campylobacter spp. sowohl tierartspezifische als auch tierartunspezifische Allele gab. So trat das Allel aspA-33 in 78 % und das Allel glnA-39 in 66 % aller Isolate auf, während beispielsweise das Allel tkt-169 nur bei Puten und das Allel gltA-122 nur bei Geflügel-Isolaten vorkam. Zudem konnte auch auf Ebene der STs in Einzelfällen Wirtsspezifität nachgewiesen werden. SCHOULS et al. (2003) konnten ähnliche Beobachtung bei C. jejuni machen. Sie demonstrierten auf Basis ihrer MLST-Ergebnisse, dass STs von C. jejuni humaner Herkunft deutlich höhere Ähnlichkeit mit STs von C. jejuni boviner als mit STs aviärer Herkunft besaßen. Sie diskutieren als Ursache für diese Beobachtung das Vorliegen ähnlicher Selektionsmechanismen im

Darmtrakt von Mensch und Rind sowie die Möglichkeit, dass sich Menschen häufiger über Rindfleisch mit Campylobacter spp. infizieren als über Geflügelfleisch.

Weitere Studien zur Fragestellung des wirtsspezifischen Vorkommens von Campylobacter-Genotypen wären sinnvoll. Sollte sich die Vermutung wirts-spezifischer Allele oder STs bestätigen, könnte die MLST-Analyse ihre ohnehin schon bedeutende Rolle für die Klärung epidemiologischer Zusammenhänge bei Infektionen mit Campylobacter weiter ausbauen.