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5 D ISKUSSION

5.1 Vorkommen von MRSA beim Masthähnchen

Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass MRSA beim Mastgeflügel in nicht unbeachtlichem Maße vorkommt und dass der Nachweis von MRSA im Staub aus der Umgebung der Masthähnchen, wie er für Schweine durchgeführt wurde (EFSA 2007; VAN DEN BROEK et al. 2009), ebenfalls für Masthähnchen möglich ist. Dieser kann dann zur Abschätzung der MRSA-Herdenprävalenz in Geflügelbeständen (siehe Tabelle 19) analog wie bei BROENS et al. (2009) für Schweine genutzt werden.

Ferner konnte gezeigt werden, dass die MRSA-Nachweishäufigkeit von Betrieb zu Betrieb stark schwanken kann (siehe Abbildung 5). Auch dieser Befund ist mit den Unterschieden der MRSA-Häufigkeit in Schweinebetrieben vergleichbar (NATHAUS et al. 2009).

Ob dem Alter der Tiere zum Zeitpunkt der Probenentnahme ähnliche Bedeutung zukommt wie in den Untersuchungen von ZWAMBAG et al. (2009) und NATHAUS et al. (2009) beim Schwein, muss in weiteren Untersuchungen geklärt werden. Die in den eigenen Untersuchungen beprobten Tiere wurden frühestens ab Beginn der zweiten Masthälfte, d. h.

ab Tag 16, untersucht. Die jüngsten Tiere waren zum Zeitpunkt der Probenentnahme 16 und die ältesten 32 Tage alt. Im Betrieb B mit 16 Tage alten Tieren gelang der MRSA-Nachweis nicht so häufig wie in Betrieben mit älteren Tieren. Die Probenentnahme sah immer den Abstrich einer bestimmten Fläche vor. Da die Staubmenge pro Flächeneinheit mit dem Alter der Tiere zunimmt, muss berücksichtigt werden, dass bei jüngeren Tieren eine geringere Menge Staub im Stall zu finden ist als bei älteren. Die Verringerung der untersuchten Probenmenge kann auch zu einer deutlichen Verringerung des Anteils positiver MRSA-Proben (TENHAGEN et al. 2010 b) führen. Im Betrieb E, in welchem zum Zeitpunkt der Probenentnahme die Tiere 23 Tage alt waren, wurden keine MRSA während des gesamten Untersuchungszeitraumes nachgewiesen. Diese Ergebnisse sprechen für tatsächlich negative Befunde, denn in diesem Fall ist davon auszugehen, dass die Probenmenge (Staub) ausreichend hoch war.

Die verallgemeinernde Annahme von VAN DUIJKEREN et al. (2008), dass nach antibiotischer Behandlung ein Anstieg des MRSA-Vorkommens erfolgt, konnte mit den eigenen Untersuchungen nicht bestätigt werden, da der Betrieb E, der sich in der Verabreichung von antimikrobiellen Substanzen im Grunde nicht von den übrigen Betrieben unterschied, im gesamten Untersuchungszeitraum MRSA-negativ blieb.

Die zum Beginn der Untersuchungen aufgestellte Hypothese, dass die selektive Anreicherung der Proben dazu führt, dass selbst bei nur einer positiven Probe in einem Pool von fünf Einzelproben die Poolprobe positiv wird, konnte nicht bestätigt werden. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass erst ab drei positiven Einzelproben eine Poolprobe ebenfalls zuverlässig positiv wird (siehe Abbildung 6). Aufgrund dieser Beobachtung ist davon abzuraten, Betriebe im Rahmen von Screeninguntersuchungen nur anhand von Poolproben auf MRSA zu testen. Nur positive Poolproben sind für eine Beurteilung hinsichtlich des MRSA-Status eines Betriebes geeignet. Bei negativen Poolproben ist es notwendig, den Betrieb mit Einzelproben nachzutesten. Als besonders geeignete Probeentnahmeorte sind auf Grundlage der vorliegenden Untersuchungen die Tierwaage (31 % positive Proben) und der Temperaturfühler (22 % positive Proben) zu nennen. Die hohe Nachweisrate aus Proben von der Tierwaage ist wahrscheinlich mit der hohen Anzahl von Tierwiegungen und damit verbundenen besonders häufigen Tierkontakten (300 – 700 Kontakte pro Tag) zu erklären. Der Temperaturfühler ist in vielen Beständen an einer kleinen, von der Decke herabhängenden Holz- oder Kunststofftafel, die während des Mastverlaufes ca.

80 cm über den Tieren hängt, befestigt. Diese Vorrichtung wird nach dem Mastdurchgang wieder an die Decke hochgezogen, um bei Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten nicht im Weg zu hängen. Vermutlich wird diese Tafel dann nicht gründlich gewaschen und desinfiziert, was zu einer mangelhaften Keimabtötung führt. Detailliertere Angaben zur Sensitivität der Beprobung verschiedener Lokalisationen können hier wegen der geringen Probenanzahl nicht gemacht werden.

Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass damit gerechnet werden muss, dass ein Pool von Proben auch einmal positiv sein kann, obwohl alle Einzelproben negativ waren (siehe Ergebnisse des Betriebs H). Dies kann darin begründet sein, dass nicht alle negativen Einzelproben auch wirklich negativ waren und erst die Summe der Erreger der Einzelproben einen positiven Nachweis nach selektiver Anreicherung ermöglichte. In der Studie von VAN

LOO et al. (2007) gelang der S. aureus-Nachweis erst nach selektiver Anreicherung des zu untersuchenden Fleisches (7,9 g), in direkter Kultur war keine der Proben positiv für S.

aureus. Somit wird die Nachweisrate für MRSA sowohl von der Probenmenge (Menge des Staubes; TENHAGEN et al. 2010 a) als auch durch die Wahl einer selektiven Zwei-Stufen-Anreicherung beeinflusst.

Für Untersuchungen von Schweinen auf MRSA werden häufig Nasentupfer verwendet (MEEMKEN et al. 2008, NATHAUS et al. 2009). Auch beim Wirtschaftsgeflügel (Masthähnchen, Puten) ist der Einsatz von Nasen- bzw. Trachealtupfer möglich. Sie werden in der Routinediagnostik von Atemwegserregern des Geflügels gerne und häufig verwendet, da es sich um einen nicht invasiven Eingriff handelt, der am lebenden Tier durchführbar ist (DOORNENBAL 2009). MEVIUS et al. (2009) untersuchten im Rahmen eines niederländischen MRSA-Projektes am Schlachthof entnommene Rachentupfer von Masthähnchen, der MRSA-Nachweis gelang hier häufig. In Analogie dazu wurden bei den eigenen Untersuchungen in der 4. Untersuchungsreihe Trachealtupfer (siehe Kapitel 3) entnommen und gepoolt (zehn Tiere pro Pool) untersucht. Die Trachealpoolproben wurden häufig positiv auf MRSA getestet, was die Annahme berechtigt, Trachealtupfer als besonders geeignet anzusehen. Allerdings sind noch weitere Untersuchungen zur Sensitivität des Nachweises von MRSA aus Trachealtupfern gegenüber anderen Lokalisationen notwendig.

Dabei sollte auch der Frage nachgegangen werden, ob die hohe Exposition der Tiere gegenüber einer unter Umständen stark S. aureus- bzw. MRSA-belasteten, staubreichen Umgebung Einfluss auf die nasale/tracheale Besiedlung der Tiere hat. Die Annahme dieses Zusammenhanges impliziert die Frage nach dem Expositionsrisiko der in Masthähnchenbeständen arbeitenden Personen. Untersuchungen zu der Fragestellung, ob ein ähnlich hohes Risiko wie für Mitarbeiter in Schweinebetrieben (MEEMKEN et al. 2008) für das Personal in Geflügelmastbeständen besteht, stehen noch aus.

Es kann aber angenommen werden, dass die Intensität des Kontaktes zu hochgradig besiedelten Tieren (VAN DEN BROEK et al. 2008; BfR 2009b) entscheidend ist. Diese ist zu Haustieren und Schweinen sicherlich höher als zu Mastgeflügel (Ausnahme: die Hähnchengreifer und das Schlachthofpersonal). Die EFSA (2009) schätzt zwar das Risiko für Schlachthofmitarbeiter, sich durch MRSA-haltiges Fleisch zu infizieren, als gering ein, die

Schlachthofmitarbeiter, die mit lebenden Tieren arbeiten, ein eindeutig höheres Risiko, mit MRSA besiedelt zu werden, auf.

Reinigung und Desinfektion

Im Zusammenhang mit der bekannten hohen Tenazität von S. aureus ist zur Minimierung des MRSA-Vorkommens auch in Geflügelbetrieben ein professionelles Hygienemanagement unumgänglich (NATHAUS et al. 2010). Dazu gehört auch die professionelle Schadnager-bekämpfung, denn MRSA vom spa-Typ t011 konnte in Ratten nachgewiesen werden (PLETINCKX et al. 2009). LEENDERS et al. (2007) isolierten MRSA aus Geflügelkot, so dass das Augenmerk auch auf die sachgemäße Entsorgung von Einstreu bzw. Kot nach dem Mastende gelenkt werden sollte.

Um die Ausbreitung von MRSA zu verringern, müssen die Grundregeln der Personalhygiene auch in Tierställen beachtet werden (EFSA 2009). Dazu zählt auch das regelmäßige Händewaschen, welches eine Reduktion der MRSA-Exposition des Menschen bewirkt (ANDERSON et al. 2008) sowie die Vermeidung von direktem Kontakt zu Speichel, Exkreten und Wunden von Tieren. Das Tragen von betriebseigener Schutzkleidung ist in Masthähnchenbetrieben obligatorisch. Paradoxerweise berichteten DENIS et al. (2009) darüber, dass das Tragen von Schutzkleidung als ein Risikofaktor für das Trägertum von MRSA anzusehen ist (OR-Wert: 8,0). Sicherlich muss man in diesem Zusammenhang die sachgemäße Handhabung der Schutzkleidung überprüfen, z. B. den Aufbewahrungsort sowie die Reinigung (Waschmittel und Temperaturen, die geeignet sind, um MRSA von der Schutzkleidung zu entfernen). Aufgrund der hohen Staubbelastung, besonders während der Sommermonate, nimmt die Anwendung von Atemmasken während der Routinetätigkeiten im Hähnchenstall zu, dies wurde aber bei unsachgemäßer wiederholter Nutzung der Atemmaske als ein Risikofaktor für die Kolonisation mit MRSA identifiziert (NATHAUS et al. 2009).

Auch wenn die eigenen Untersuchungen nicht ausreichen, um den Zusammenhang zwischen der Reinigung und MRSA-Befunden nachzuweisen, kann darauf verwiesen werden, dass in dem Betrieb E, der sehr gute IKB-Ergebnisse hatte, keine MRSA-Stämme nachgewiesen werden konnten.

Ebenso fiel auf, dass die Betriebe F und G mangelhaft in den IKB-Kontrollen waren und dort häufig und wiederholt MRSA-Stämme nachgewiesen werden konnten. Weitere

Untersuchungen nach ordnungsgemäß durchgeführter Reinigung und Desinfektion wären interessant, um die Eignung dieser Maßnahmen zur MRSA-Reduzierung zu überprüfen. So wurden die Betriebe B, C und H nach erfolgter Reinigung und Desinfektion im leeren Stall MRSA-positiv getestet. In diesem Zusammenhang könnten verschiede Reinigungs- und Desinfektionsverfahren gegeneinander getestet werden. Von Interesse wäre beispielsweise auch die Frage, ob es Verfahren gibt, die geeigneter sind als andere, bzw. welche Desinfektionsmittel zu empfehlen sind.

Betrieb A wies sehr gute IKB-Ergebnisse auf. Hier konnte MRSA nur ein einziges Mal (im Vorraum) nachgewiesen werden. Ob es sich möglicherweise um einen Eintrag von außen handelte oder um mangelhafte Vorraumhygiene, kann nur vermutet werden. Die Ergebnisse aus Betrieb A zeigen, wie wichtig ein möglichst eingeschränkter Besucherverkehr ist, damit unerwünschte Keime weder in den noch aus dem Betrieb verbracht werden können.

Im niederländischen IKB-Schema ist weder der Temperaturfühler noch die Tierwaage als Abklatschlokalisation für die Desinfektionskontrolle vorgesehen. Von diesen beiden Lokalisationen gelang der MRSA-Nachweis häufiger als von den drei übrigen untersuchten Lokalisationen. Die Aufnahme dieser beiden Lokalisationen in das IKB-Schema wäre auf Grund der häufigen Nachweisrate wünschenswert. An mangelhaft gereinigten Stellen eines Stalles können auch andere Erreger als MRSA zwischen den Mastdurchgängen verschleppt werden (z. B. Salmonellen). Das IKB-Schema ist als ein wertvolles und preiswertes Instrument zur Kontrolle des Reinigungs- und Desinfektionserfolges anzusehen und sollte daher in die Routinediagnostik/Routinekontrolle in der Hähnchenmast Eingang finden.

In der intensiven Masthähnchenerzeugung liegt das wirtschaftliche Interesse auf einer effizienten Stallnutzung, d. h. dass die Mäster möglichst viele Mastdurchgänge pro Jahr anstreben. Dadurch verkürzt sich die Serviceperiode (Zeit zwischen zwei Durchgängen, in der der Stall leer ist und in der die Reinigung und Desinfektion des Stalles erfolgt) deutlich. Unter Berücksichtigung der notwendigen Zeit für das Entmisten, das Waschen, das Trocknen lassen, das Desinfiziern sowie die notwendigen Einwirkzeiten und der Tatsache, dass ein Masthähnchenstall vor Ankunft der Tiere noch eingestreut und aufgeheizt werden muss, so ist eine Serviceperiode von sechs Tagen als sehr kurz zu bewerten. Aus diesen Überlegungen heraus ist es – auch wirtschaftlich gesehen – sinnvoll, diese Arbeiten komplett in

Reinigung) als Mäster selbst zu erledigen. Es gibt viele zertifizierte Stallreinigungsfirmen, die sich auf die Reinigung und Desinfektion von Masthähnchenställen spezialisiert haben. Diese erarbeiten betriebsspezifische Reinigungs- und Desinfektionspläne, welche auch einen Wechsel der Wirkstoffgruppen der Desinfektionmittel im Jahresverlauf berücksichtigen. Eine ordnungsgemäß durchgeführte Reinigung und Desinfektion ist nicht nur aus tierärztlicher Sicht im Hinblick auf tierpathogene Erreger von hoher Bedeutung (IBD-Virus, ORT, E. coli), sondern auch als Preventionsmaßnahme gegen humanpathogene Erreger zu sehen (Salmonellen, MRSA).