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3 M ATERIAL UND M ETHODEN

3.3 Reinigung und Desinfektion

Hygienemaßnahmen in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung sind Individualkonzepte, die an die jeweiligen Betriebe angepasst werden. Dabei sind die Betriebsgröße, der Gesundheitsstatus, das Alter der Ställe sowie die allgemeine Seuchenlage zu berücksichtigen.

Damit aus Desinfektionsmaßnahmen größtmögliche Keimreduktionen hervorgehen, ist es wichtig, alle verschmutzten und kontaminierten Oberflächen mit in gründliche Reinigungsmaßnahmen einzubeziehen. Gerade von ausgelagerten

Stalleinrichtungs-gegenständen wie z. B. der Tierwaage geht ein nicht zu unterschätzendes Risiko der Rekontamination aus (NIEMANN 2009).

Das Tränkwasser- und Futterversorgungssystem darf hierbei nicht vergessen werden, und das Futtersilo sollte mindestens einmal jährlich gereinigt werden. Diese Bereiche, die oft nur unzureichend einer visuellen Kontrolle unterzogen werden können, bergen in Hinsicht auf Hefen oder Bakterien (Salmonellen) ein hohes Risiko.

Der Einsatz von Heißwasser oder chemischen Reinigungslösungen ist einer Kaltwasser-Reinigung vorzuziehen. Beim Einsatz von chemischen Kaltwasser-Reinigungslösungen sollten diese erst nach Entfernung der groben Verschmutzungen aufgetragen werden, um eine maximale Reinigungswirkung zu entfalten. Die Bewertung, wann eine Oberfläche ausreichend gereinigt ist, ist schwierig, da visuell sauber (meist subjektiv vom Landwirt selbst beurteilt) nicht bedeutet, dass die Oberfläche eine optimale Ausgangssituation für die jeweilige Desinfektionsmaßnahme besitzt. Nicht sichtbare Verschmutzungen wie Fette, Eiweiße oder synthetische Amine schränken Desinfektionslösungen stark in ihrer Wirksamkeit ein.

Bevor mit den jeweiligen Desinfektionsmaßnahmen begonnen werden kann, ist es wichtig, dass die Oberflächen trocken sind. Spülwasserreste, Pfützen und auch augenscheinlich nur geringe Restfeuchtigkeiten in Ritzen und Poren verdünnen die Desinfektionslösungen so stark, dass sich hierbei Wirkungsmechanismen verändern (Formaldehyd wirkt in ausreichender Konzentration denaturierend und stark verdünnt nur noch lysierend) und es zu Wirkungsverlusten kommt (NIEMANN 2009). Des Weiteren führen Konzentrationssteigerungen zu erhöhten Kosten, steigern das Risiko für den Anwender, erhöhen die Korrosion an Stalleinrichtungen und hinterlassen eventuell bedenkliche Rückstandsmengen, die Nichtzielorganismen (die Tiere selbst) gefährden können. Eine ausreichende Wirksamkeit können die jeweiligen Desinfektionsmittel nur entfalten, wenn eine ausreichende Menge an Lösung aufgetragen wird. Als Richtwert gilt: 0,4 l/m² Stallfläche (NIEMANN 2009) und eine Kontaktzeit von mindestens 20 Minuten (FABRI 2009). Bei Desinfektionsmaßnahmen, die auf kalten Stalloberflächen durchgeführt werden, ist zu beachten, dass insbesondere Präparate mit Formaldehyd als Wirkstoff einen hohen Kältefehler aufweisen. Die zu desinfizierenden Oberflächen (nicht die Stallluft) sollten eine Mindesttemperatur von 15 °C (Temperaturkontrolle) über die gesamte Einwirkzeit aufweisen.

Es sollte daher gerade bei Desinfektionsmaßnahmen in erkalteten Stallungen oder auf

Außenoberflächen, die während der Kälteperiode desinfiziert werden sollen, auf Desinfektionsmittel zurückgegriffen werden, die auf Peressigsäure oder organischen Säuren basieren (NIEMANN 2009). Um Resistenzen entgegenzuwirken, sollte regelmäßig, d. h.

spätestens nach jeder dritten Desinfektion, die Wirkstoffgruppe und damit der Wirkungsmechanismus gewechselt werden. Hierbei ist zu beachten, dass sowohl ein Präparate- als auch Wirkstoffwechsel nicht bedeutet, dass ein Wirkstoffgruppenwechsel stattgefunden hat. (Beispiel: Wechsel von Formaldehyd zu Glutaraldehyd = kein Wirkstoff-gruppenwechsel; Wechsel von Formaldehyd zu Peressigsäure = Wirkstoffgruppenwechsel).

Damit sichergestellt ist, dass nur Präparate zum Einsatz kommen, die ein ausreichendes und gesichertes Wirkungsspektrum gegen die in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung vorkommenden Keime besitzen, sind nur solche Präparate anzuwenden, die in der Desinfektionsmittelliste der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG-Liste®) stehen.

3.3.1 Ablauf der Reinigung und Desinfektion in einem Hähnchenmastbetrieb

1. Unmittelbar nach dem Ausstallen der Tiere (Ende des Produktionszyklus) werden die Wände mit einem Insektizid benässt, um Käfern, die sich aus der Einstreu in Wandrisse zurückziehen, entgegenzuwirken.

2. Die Futteranlage muss komplett leer sein, ggf. wird sie geleert.

3. Alle beweglichen Stalleinrichtungen werden ausgebaut (Gaskanonen, Tierwaage, Futtervorlaufbehälter).

4. Tränke- und Fütterungsanlagen werden hochgefahren (hängen unter der Decke).

5. Die alte Einstreu wird aus dem Stall gefahren. Lüftungssysteme etc. werden trocken abgebürstet, damit soviel Einstreu und Staub wie möglich aus dem Stall entfernt wird, bevor man mit der Nassreinigung beginnt; der Stall soll „besenrein“ sein.

6. Die Tränkeanlage wird mit einem alkalischen Desinfektionsmittel gespült und dann mit einem geeigneten Mittel (z. B. Natriumhypochlorid) befüllt und für 24 Stunden stehengelassen, anschließend mit Klarwasser gespült.

7. Optimalerweise Reinigung mit einer schaumigen oder gelartigen Reinigungslösung (erhöht die Haftung an den zu reinigenden Flächen), es wird aber auch mit Heiß- oder Kaltwasser gewaschen.

8. Abspülen der Reinigungslösung, wenn eingesetzt.

9. Spülwasser gründlich entfernen bzw. Stall gut trocknen lassen.

10. Ausgebaute Stalleinrichtungsgegenstände (außerhalb gereinigt) wieder in den Stall einbauen.

11. Aufwärmen des Stalles, um eine optimale Temperatur für das Desinfektionsmittel (Formaldehyd) zu erreichen.

12. Lüftungsklappen und Stalltore schließen und mit der Vergasung des Formaldehyds beginnen (Schutzkleidung und Atemmaske mit B-Filter).

13. Je nach Stallgröße, die entsprechenden Menge an Formaldehyd einbringen.

14. Nach einer Einwirkzeit von acht Stunden kann die Lüftungsanlage eingeschaltet werden, um die restlichen Dämpfe zu entfernen.

15. Den Erfolg der Reinigung und Desinfektion mittels Abklatschproben überprüfen (Plate Count Agar, siehe Kapitel 3.3.2).

Die Art der Reinigung und die Art des Desinfektionsmittels, welche von den an der Untersuchung teilnehmenden Betrieben verwendet wurden, sind Abbildung 3 zu entnehmen.

Betrieb A B C D E F G H

Reinigung

Kalt-wasser² Kalt-wasser¹

Ewabo Anpfokal¹

Kalt-wasser¹

Kalt-wasser²

Kalt-wasser¹

Kalt-wasser¹

Kalt- wasser² Desinfektions-

mittel Formalin² Formalin² Virocid®³ Formalin² Formalin² Formalin² Formalin² Formalin²

¹ Wird vom Mäster selbst durchgeführt

² Fremdvergeben an eine Reinigungs- und Desinfektionsfirma

³ Vernebelt über die Luftbefeuchtungsanlage

Abbildung 3: Reinigungs- und Desinfektionsmanagement der Betriebe A bis H

3.3.2 Kontrolle der Wirksamkeit der Reinigungs-/Desinfektionsmaßnahmen

Für die Kontrolle der Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen in einem Hähnchenmaststall hat sich das von dem niederländischen PVE (Wirtschaftsgruppen für Vieh, Fleisch und Eier, 2009) entwickelte IKB-System (Integrale Keten Beheersing 1992) in Deutschland etabliert.

Für die Untersuchung wurde der gereingte und desinfizierte, nicht eingestreute Hähnchenmaststall nach dem IKB-Schema (siehe Tabelle 11) mittels PC-Agar-Abklatschplatten (Plate Count Agar = Caseinpepton-Glucose-Hefeextrakt-Agar, Merck,

Darmstadt) beprobt. Die Agaroberfläche dieser Platten ist konvex leicht über den oberen Rand der Petrischale (Ø 55 mm = >23 cm² Abklatschfläche) hinaus gewölbt. Der Agar ist klar und gelblich. Dadurch kann man die Platten wie einen Stempel auf die zu testende Oberfläche pressen = abklatschen.

Zur Probenentnahme wurde der Deckel der Schale abgenommen und die Platte für einige Sekunden leicht auf die zu untersuchende Oberfläche gedrückt. Die Schale darf dabei nicht mit Wischbewegungen über das zu beprobende Areal gezogen werden, da sonst die Agarfläche beschädigt würde. Nach Aufsetzen des Deckels und Beschriftung der Platte wurde die Schale dann bei 37 °C für 24 Stunden inkubiert und anschließend ausgewertet. Hierzu wurden die koloniebildenden Einheiten pro Platte ausgezählt und in einen Score (siehe Tabelle 10) umgewandelt. Das in die Petrischale eingeprägte Raster erleichterte die Auszählung.

Tabelle 10: Bewertung nach dem IKB-System

Anzahl der KbE* Score

0 0

1 – 40 1

41 – 120 2

121 – 400 3

> 400 4

unzählbar, Rasenwachstum 5

*Koloniebildende Einheiten

Der so ermittelte Score-Wert wurde dann in das Bewertungsschema (Tabelle 11) eingetragen, die Einzelwerte wurden addiert und durch die Anzahl der genommenen Proben (n = 22) geteilt. Der hieraus resultierende Wert sollte < 1,5 sein für eine gute Reinigung und Desinfektion (IKB-Norm 1992).

Tabelle 11: Protokoll zur Probenentnahme der Abklatschplatten nach Reinigung und Desinfektion im 7 Hopper/Futtervorlauftrichter 22

0 Durchschnitt (n=22)

Vorraum/Futterraum 23

0 Kontrolle Probe Positiv 24

0 Kontrolle Probe Negativ 25

0 0,00

Norm: < 1,5 Ergebnis: ____

¹ Anzahl der zur Beprobung notwendigen Platten