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2 L ITERATURÜBERSICHT

2.2 Gattung Staphylococcus

2.2.5 Diagnostik

2.2.5.1 Kulturelle Untersuchung/Phänotypisierung

Ziel der Phänotypisierung ist es, den Erreger anhand seines Phänotyps (Erscheinungsbild) zu charakterisieren. Der Phänotyp ist die Summe aller äußerlich feststellbaren Merkmale eines Individuums. Dazu zählen: das Resistenzmuster, die Stoffwechseleigenschaften (Zuckerabbau), die Oberflächenantigene (Kapselantigene), das Wachstumsverhalten und die Pigmentierung. Die Phänotypisierung ist erprobt, da sie seit langem in Verwendung ist und, verglichen mit den molekularbiologischen Methoden, für die oft teure Geräte benötigt werden, günstig ist. Sie ist für epidemiologische Fragestellungen zwar nur begrenzt einsetzbar, lässt aber immerhin die Differenzierung zwischen MRSA und Methicillin-sensiblen S. aureus (MSSA) zu (WITTE et al. 2005). Zur kulturellen Erregeranzucht: siehe Kapitel 3.5.1

2.2.5.2 Molekularbiologische Typisierungsmethoden/Genotypisierung Für die Untersuchung von Krankheitserregern mit klonaler, nicht sexueller Reproduktion wie MRSA hat sich die molekulare Diagnostik als unverzichtbares Werkzeug zur Untersuchung von Populationsdynamiken und bei Ausbreitungsstudien erwiesen (FETSCH et al. 2009 c).

Der Genotyp (das Erbbild) eines Organismus repräsentiert seine exakte genetische Ausstattung, d. h. den individuellen Satz von Genen, den er in sich trägt.

Die Genotypisierung ermöglicht die Erkennung von hochpathogenen Klonen einer Spezies (hier MRSA), die Erkennung epidemiologischer Zusammenhänge (Ausbruchsabklärung) und den Informationsaustausch mit anderen Laboren (bzw. Ländern).

Dies ist für die Beantwortung der Frage nach der Herkunft ein wichtiges Element. Zu den molekularbiologischen Methoden zählen: Multi-Locus-Sequenz-Typisierung (MLST), die

Typisierung anhand des Polymorphismus des Gens, das für Protein A kodiert (spa-Typisierung), die Typisierung anhand der Struktur des SCCmec (SCCmec-Typisierung) und die Pulsfeldgelelektrophorese (PFGE) (TENHAGEN et al. 2008; CUNY 2009).

2.2.5.2.1 MLST-Typisierung

Die MLST-Typisierung ist die Methode der Wahl bei phylogenentischen Untersuchungen an S. aureus- Stämmen (INDRA 2006). Es ist ein modernes Verfahren, welches auf der direkten Sequenzierung von mehreren Gen-Abschnitten basiert. Hierbei handelt es sich um die partielle Sequenzierung von sieben Housekeeping-Genen (Haushaltsgene), d. h. immer aktive und im Genom vorhandene Gene. Für S. aureus sind diese: arc, aro, glp, gmk, pta, tpi und yqi. Das Verfahren umfasst die Amplifikation von ca. 500 bis 700 Basenpaaren langen Housekeeping-Gen-Abschnitten in getrennten Ansätzen mittels PCR (Polymerase-Chain-Reaction) nach Isolation der bakteriellen DNA. Die amplifizierten Housekeeping-Gen-Abschnitte werden nach einem Reinigungsschritt in die DTCS-Reaktion (Dye-Termination-Cycle-Sequencing) eingesetzt, in der die verschiedenen Basen mit spezifischen Fluoreszenzfarbstoffen markiert werden, um dann schließlich die Basensequenz der Housekeeping-Gen-Abschnitte ermitteln zu können. Jedem Genlocus wird je nach Sequenz des jeweiligen Housekeeping-Gen-Abschnittes eine Allelnummer zugeordnet, wobei identische Sequenzen eines Gens immer dieselbe Nummer erhalten. Dabei spielt es für die Vergabe der Allelnummern keine Rolle, ob eine oder mehrere Nukleotide in einer Gen-Sequenz abweichen. Ein typisiertes Isolat enthält auf diese Weise also für jedes der sieben Housekeeping-Gene eine Allelnummer. Die Kombination der Allelnummern bestimmt dann den Sequenztyp (ST) eines Isolats. Isolate mit demselben Sequenztyp werden als Angehörige eines Klons angesehen (FETSCH et al. 2009 b). Die Vergabe der Allelnummern und die Zuordnung zu Sequenztypen können über Onlinedatenbanken (www.mlst.net) erfolgen.

Dadurch ist ein Höchstmaß an Vergleichbarkeit gewährleistet (ENRIGHT et al. 2000).

Die Vorteile dieser Methode sind die gute Reproduzierbarkeit, eine gute phylogenetische Aussage, ein einfacher internationaler Datenaustausch und Vergleich und eine eindeutige Nomenklatur. Als ein wesentlicher Nachteil ist der hohe Preis zu nennen und die langsame Veränderung der Muster zu sehen (Veränderungen der spa-Typen werden schneller gesehen als Veränderungen der MLST-Typen).

2.2.5.2.2 spa-Typisierung

Die spa-Typisierung verbindet Eigenschaften der PFGE und der MLST. Sie ist auch ein gutes zusätzliches Verfahren für die MRSA-Typisierung. Jeder derzeit bekannte S. aureus bildet Protein A (INDRA 2006). Das spa-Gen, welches die genetische Information für das Protein A enthält, zeichnet sich durch eine polymorphe Region X (Repeat-Region) aus, welche mit entsprechenden Primern zuverlässig amplifiziert werden kann. Die DNA-Sequenz der Amplifikate wird anschließend durch Sequenzanalyse ermittelt. Die Anzahl der Repeats schwankt zwischen eins und 20, und diese weisen jeweils eine Länge von 21 bis 27 Basenpaaren auf. Durch Abgleich der Sequenzen mit einer Datenbank (www.mlst.net) kann der spa-Typ bestimmt werden. Im Vergleich zu der MLST ist diese Methode wesentlich kostengünstiger, da es sich um eine Single-Locus-Sequenzierung (SLST) handelt (FETSCH et al. 2009 b).

Mit dem ST398 sind verschiedene spa-Typen assoziiert. Beispiele dafür sind: t011, t108, t034 und t567 (WIELER et al. 2008).

Der bei Pferden und Veterinärpersonal nachgewiesene MRSA ST254, t036, SCCmec IVd ist dabei eindeutig verschieden zu dem vom Menschen bekannten „Hannover-Epidemiestamm“

ST254, t009, SCCmec IVh, wobei andere nachgewiesene MRSA-Stämme wie ST398 und ST1 keine ausgeprägte Wirtsspezifität besitzen (CUNY 2009).

Bei der spa-Typisierung der vom Schwein in Deutschland isolierten MRSA-Stämme wurden überwiegend die spa-Typen t011 und t034 nachgwiesen (TENHAGEN et al. 2008).

2.2.5.2.3 PFGE (Pulsfeldgelelektrophorese)

Die Pulsfeldgelelektrophorese gilt als Goldstandard in der Ausbruchsabklärung (INDRA 2006). Diese Methode dient der Auftrennung von DNA-Fragmenten, die in Abhängigkeit von ihrer molekularen Größe ein halbfestes Medium (Agarosegel) unterschiedlich schnell passieren. Dabei wandern kleinere DNA-Fragmente schneller als große. Hierzu wird die chromosomale DNA mit einem Restriktionsenzym (z. B. SmaI) in Fragmente geschnitten. Die Fragmente werden in einem gepulsten (regelmäßig die Polarität und Ausrichtung wechselnden) elektrischen Feld aufgetrennt. Mittels eines DNA-Markers kann nach Abschluss der Elektrophorese und Färbung mit DNA-affinen Farbstoffen die Größe der einzelnen Amplifikatfraktionen unter UV-Licht bestimmt werden. Diese Bandenmuster

stellen den „genetischen Fingerabdruck“ des jeweiligen Bakteriums dar. Im Hinblick auf den Anwendungsaufwand ist die PFGE jedoch sehr personal-, zeit- und damit kostenintensiv. Im Zusammenhang mit laMRSA gilt es zu bedenken, dass MRSA ST398 anhand dieses Standardverfahrens mit dem Enzym SmaI nicht typisiert werden kann (FETSCH et al. 2009 b). MRSA ST398 kann mit der PFGE unter der Verwendung des Enzyms ApaI (KADLEC et al. 2009) oder Cfr9I (VAN WAMEL et al. 2010) typisiert werden

2.2.5.2.4 SCCmec- Typisierung

Die SCCmec-Kassette stellt ein mobiles genetisches Element dar, das von S. aureus aufgenommen und in das bakterielle Genom eingebaut wird. Von diesem Element sind bislang ach Haupttypen von SCCmec-Kassetten beschrieben: SCCmec I – VIII (WAGENAAR et al. 2008; YU et al. 2008). Die SCCmec-Typisierung basiert auf dem PCR-gerichteten Nachweis bestimmter Bereiche in den unterschiedlichen SCCmec-Kassetten (KONDO et al. 2007).