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Vorarbeiten für die weitere Untersuchung

Im Dokument Implementierung komplexer Systemgüter (Seite 145-159)

Bundesfernstraßenmautgesetz). Spezifische Regeln im Hinblick auf die Zuweisung von Infrastrukturkapazitäten – wie z. B. bei der Bahn – existieren nicht: Es gilt das Windhundprinzip.392

speziell über sich annähernde ÖPNV- oder Einsatzfahrzeuge (mit dem Ziel einer LSA-Priorisierung).

Diese Funktionen stellen unterschiedliche Anforderungen an die benötigten Positionsdaten von Fahrzeugen aus der Gesamtflotte (vgl. Abbildung 23). Außer im Falle einer vom Anteil der Fahrzeuge unabhängigen Qualität der Funktion bestehen daher direkte Netzwerkeffekte. Die Funktion

„Kollisionswarnung“ funktioniert umso besser, je mehr Positionsdaten verschiedener Fahrzeuge enthalten sind (Funktionstyp „nicht linear ansteigend“). Die Funktion „dynamische Navigation“ ist darauf angewiesen, dass eine gewisse Mindestanzahl an Positionsdaten verfügbar ist (Funktionstyp

„Schwellenwert“); gleiches gilt für die LSA-Steuerung in Abhängigkeit der Gesamtverkehrsstärke. Bei der Funktion „LSA-Priorisierung“ müssen nur ganz spezifische Fahrzeuge ausgestattet werden (Funktionstyp „unabhängig“).

Abbildung 23: Qualität einer Information in Abhängigkeit des Umfangs an ausgestatteten Fahrzeugen (schematisch)393

393 Eigene Abbildung in Anlehnung an SIM-TD (2013a, S. 7).

100%

0%

Qualität der Inf ormation

Anteil der Fahrzeuge an der Gesamtf lotte, deren Daten (z. B. Position) in die Inf ormation einf ließen

100%

0%

Qualität der Inf ormation

Anteil der Fahrzeuge an der Gesamtf lotte, deren Daten (z. B. Position) in die Inf ormation einf ließen

100%

0%

Qualität der Inf ormation

Anteil der Fahrzeuge an der Gesamtf lotte, deren Daten (z. B. Position) in die Inf ormation einf ließen

100%

0%

Qualität der Inf ormation

Anteil der Fahrzeuge an der Gesamtf lotte, deren Daten (z. B. Position) in die Inf ormation einf ließen

Andere Funktionen, wie z. B. die Anzeige von Daten aus statischen oder dynamischen Datenbanken im Fahrzeug (z. B. Restrotanzeige oder Anzeige von Verkehrszeichen) oder Warnungen vor sonstigen Hindernissen (z. B. Glatteis), sind nicht Gegenstand der Betrachtungen in dieser Arbeit.

ERGEBNISSE VON NUTZEN-KOSTEN-ANALYSEN ZU DEN FUNKTIONEN AUS DER LITERATUR

Es existieren verschiedene Kosten-Nutzen-Analysen für Verkehrstelematiksysteme, die im Rahmen von Forschungsprojekten erstellt wurden. Diese betreffen jedoch teilweise etwas andere Funktionen oder Funktionenbündel als die in dieser Arbeit betrachteten. Zudem werden teilweise abweichende technische Realisierungen zugrunde gelegt, was vor allem Einfluss auf die Systemkosten hat.

Außerdem sind die Aussagen in besonderem Maße von der unterstellten Ausstattungsquote abhängig, wobei vielfach alternative Szenarien verwendet werden.

Nutzenabschätzungen existieren sehr pauschal im Hinblick auf durch VTS erreichbare Kraftstoff- und Zeiteinsparungen. Es existieren Angaben von über 500 Milliarden Dollar für weltweite Einsparungen hinsichtlich eines Zeitraumes von acht Jahren allein für die Funktion „dynamische Navigation“394 und von jährlich acht Milliarden Euro Einsparungen durch Verkehrstelematiksysteme allein für Deutschland395. Andere Nutzenabschätzungen beinhalten pauschale Aussagen im Hinblick auf Sicherheitswirkungen. Z. B. gibt das GAO (2013) an, dass Verkehrstelematiksysteme das Potenzial haben, 76 % der Fahrzeug-Fahrzeug-Kollisionen zu adressieren.396 Nutzenabschätzungen existieren auch für einzelne Funktionen. Z. B. wurden für die Funktion „elektronisches Bremslicht“ für den Fall einer flächendeckenden Ausstattung in Deutschland Einsparungen in Höhe von etwa 1,2 Milliarden Euro und für die Funktion „Querverkehrsassistent“ in Höhe von etwa 3,6 Milliarden Euro berechnet.397 Für die Funktion „dynamische Navigation“ wurden etwa 4,1 Milliarden Euro und für die Funktion „LSA-Steuerung“ etwa 0,6 Milliarden Euro ermittelt.398

Kostenabschätzungen sind maßgeblich von der betrachteten technischen Umsetzung abhängig. Für die jährlichen Kosten für die Ausstattung der Fahrzeuge wird z. B. in SIM-TD (2013c) unter der Annahme einer VTS-spezifischen Kommunikationstechnologie von 40 Euro pro Fahrzeug und Jahr ausgegangen. Die Schätzungen für die straßenseitigen Kommunikationseinheiten betragen inklusive Betriebskosten 14.300 Euro pro Jahr und Stück und für die benötigten zentralen Infrastrukturen für die Datenverarbeitung 8,0 Millionen Euro pro Jahr.399

Unter Verwendung dieser Zahlen werden vielfach vergleichsweise hohe Nutzen-Kosten-Verhältnisse für VTS-Funktionen angegeben.400 Die sich vor diesem Hintergrund aus Nutzen-Kosten-analytischer Sicht ergebende Rationalität für die Realisierung von VTS sollte allerdings vor dem Hintergrund der

394 Vgl. MGI (2011, S. 94).

395 Vgl. BITKOM /FRAUNHOFER ISI(2012, S. 30).

396 Vgl. GAO (2013, S. 9). Auf große Potenziale weist auch das DOT (2014a) hin.

397 Vgl. SIM-TD (2013c, S. 39). Beide Funktionen zusammen entsprechen in etwa der in dieser Arbeit betrachteten Funktion „Kollisionswarnung“.

398 Vgl. SIM-TD (2013c, S. 51). Weitere Angaben zu Sicherheits- und Effizienzwirkungen finden sich z. B. bei BÜHNE (2011, S. 174 ff.), GILLEN /LEVINSON (2004) und GRAWENHOFF (2006).

399 Vgl. SIM-TD (2013c, S. 53). Weitere Kostenschätzungen finden sich z. B. bei DOT (2014a, Kap. XI).

400 Z. B. wird in SIM-TD (2013c, S. 54) ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von bis zu 8,1 angegeben.

zahlreichen Annahmen – insbesondere im Hinblick auf die betrachtete Funktion, die verwendete Technologien sowie die technologische Umwelt – für jeden Einzelfall kritisch geprüft und eingeordnet werden.

4.3.2 Annahmen zum Sektormodell und Einordnung der Grundkonstellationen

ANNAHMEN ZUM TECHNISCHEN SYSTEM RESPEKTIVE ZUR TECHNISCHEN REALISIERUNG DER FUNKTIONEN Nachfolgend werden die in dieser Arbeit verwendeten Annahmen über die technische Realisierung von Verkehrstelematiksystemen401 dargestellt. Dabei wird ein Abstraktionsniveau gewählt, welches nicht alle technischen Details beinhaltet, jedoch für die nachfolgenden ökonomische Untersuchungen ausreichend ist.

Für die betrachteten technischen Systeme wird erstens die Grundannahme getroffen, dass die Ausgabe von Informationen durch Geräte in den Verkehrsmitteln (Fahrzeugen) erfolgt, da sie dort durch den Fahrer für die Längs- und Querführung des Fahrzeugs (inklusive Routenwahl) benötigt werden. Eine Ausnahme bildet die Funktion „LSA-Steuerung“, bei welcher keine Ausgabe im Fahrzeug erfolgt. Auch die Erfassung von Rohdaten erfolgt in den Fahrzeugen.402 Zweitens wird die Grundannahme getroffen, dass komplexe Datenverarbeitungsprozesse auf zentralen Rechnern stattfinden müssen. Für die betrachteten Funktionen ergeben sich die in Abbildung 24 dargestellten technischen Architekturen.

Abbildung 24: Technische Architekturen für die drei betrachteten Funktionen403

Vor diesem Hintergrund wird in dieser Arbeit für Verkehrstelematiksysteme – unabhängig von der konkreten Funktion – von vier zentralen technischen Elementen ausgegangen: Fahrzeugseitiges System, Datentransport, zentrale Datenverarbeitung und Ortungssystem (vgl. Abbildung 25).

401 Das Kofferwort Telematik verknüpft die Begriffe Telekommunikation und Informatik. Es geht auf NORA /MINC

(1979, S. 29) zurück.

402 Im Fahrzeug erfasste Daten werden auch als Floating Car Data (FCD) bezeichnet. Andere Formen der Datenerfassung, z. B. auf Basis von Mobilfunkdaten (sogenannte Floating Phone Data) oder mittels stationärer Detektoren werden in dieser Arbeit nicht berücksichtigt.

403 Die alternativen Datentransportmöglichkeiten sind nicht dargestellt.

Abbildung 25: Technische Elemente von Verkehrstelematiksystemen

Das fahrzeugseitige System dient dem Empfang und Versand von Daten eines bestimmten Datenformats, der Durchführung nicht-komplexer Datenverarbeitungsprozesse, der Anzeige von Informationen sowie ggf. der Erhebung von Daten. Seine zentralen Bestandteile sind die Hardware404, das Betriebssystem sowie die funktionsspezifische Applikation.

In dieser Arbeit werden vier Grundtypen fahrzeugseitiger Systeme unterschieden. Sie werden erstens danach differenziert, ob im Nachhinein weitere Applikationen aufgespielt werden können und zweitens danach, ob eine feste Verbindung zwischen dem Gerät und dem Fahrzeug besteht (vgl. Tabelle 7).

Bindung an das Fahrzeug Gebunden

(Festeinbausystem)405 Nicht gebunden

Erweiterbarkeit Applikationen

nicht erweiterbar

Gebundenes, nicht erweiterbares fahrzeugseitiges System

(konventionelles Festeinbausystem)

Ungebundenes, nicht erweiterbares fahrzeugseitiges

System (portables System)

Applikationen erweiterbar406

Gebundenes, erweiterbares fahrzeugseitiges System

(offenes Festeinbausystem)

Ungebundenes, erweiterbares fahrzeugseitiges System

(Smartphone-System)

Tabelle 7: Grundtypen fahrzeugseitiger Systeme407

Für diverse Funktionen setzt ihr zuverlässiges Funktionieren eine bestimmte technische Einsatzbereitschaft des fahrzeugseitigen Systems voraus.408 Z. B. sollte möglichst einfach

404 Die Hardware umfasst insbesondere einen Datenempfänger und -sender sowie eine Antenne für ein bestimmtes Datentransportsystem, einen Rechner, eine Benutzerschnittstelle sowie einen Empfänger für Ortungsdaten.

405 Festeinbausysteme könnten – im Gegensatz zu nicht gebundenen Systemen – prinzipiell auch mit einer automatisierten Längs- und Querführung des Fahrzeugs kombiniert werden, was in dieser Arbeit jedoch nicht betrachtet wird.

406 Wenn Applikationen erweiterbar sind, kann diese Schnittstelle offen sein (d. h. verschiedene Anbieter können Applikationen anbieten) oder sie ist proprietär, also an einen Anbieter gebunden. Zudem kann durch den Anbieter der Hardware oder des Betriebssystems eine Zertifizierung vorgenommen werden.

407 Zudem sind zahlreiche Zwischenlösungen vorstellbar. Z. B. könnte ein Smartphone so in das Fahrzeug eingebunden werden, dass seine Inhalte auf dem Zentraldisplay des Fahrzeugs angezeigt werden oder dass die Antennen oder Sensoren des Fahrzeugs verwendet werden können.

408 Vgl. z. B. SIM-TD (2013a, S. 10 f. und S. 170 ff.).

Fahrzeugseitiges System Ortungssystem Datentransportsystem

Zentrales Datenverarbeitungssystem

Zuordnung / Konsolidierung

Hardware, Betriebssystem, Applikation

LSA

sichergestellt werden, dass sich das Gerät tatsächlich im Fahrzeug befindet, dass die benötigte Applikation installiert ist, dass diese Applikation auch aktiviert ist, dass Meldungen situationsabhängig oder dauerhaft erzeugt und dass Softwareaktualisierungen (Betriebssystem und Applikation) vorgenommen werden können. Die verschiedenen Grundtypen erfüllen diese Anforderungen in unterschiedlichem Ausmaße: Ungebundene Systeme können durch den Nutzer vergessen werden, auf Geräten mit einer offenen Schnittstelle können Applikationen wieder deinstalliert oder gar nicht erst installiert werden und bei der Nutzung von Smartphones könnten Applikationen im entsprechenden Moment gerade nicht aktiviert sein, sodass sie keine Daten empfangen oder keine Meldungen erzeugt werden können. Zudem sind gebundene fahrzeugseitige Systeme potenziell durch komfortablere Benutzerschnittstellen gekennzeichnet.409

Das Datentransportsystem dient dem Transport von Daten entweder zwischen dem fahrzeugseitigen System und einem zentralen Datenverarbeitungssystem bzw. einer Lichtsignalanlage oder zwischen zwei oder mehr fahrzeugseitigen Systemen. Da sich die Fahrzeuge bewegen, werden für VTS immer Datentransportsysteme benötigt, die einen Datentransport über das Medium Luft einschließen. Ein ausschließlich luftgebundener Datentransport, der nur auf mobile und nicht auf ortsfeste Elemente angewiesen ist, erfolgt mittels einer in dieser Arbeit als mobiles Datentransportsystem bezeichneten Technologie.410 Nicht ausschließlich auf luftgebundenen Datentransport zurückgreifende Systeme umfassen neben mobilen Elementen zusätzlich auch ortsfeste Infrastrukturen und werden daher in dieser Arbeit als infrastrukturbasierte Datentransportsysteme bezeichnet.

In dieser Arbeit werden zwei alternative Datentransportsysteme betrachtet:

 Der Datentransport kann über das bereits existierende öffentliche Mobilfunksystem erfolgen.

Es wird davon ausgegangen, dass keine direkte Kommunikation zwischen Mobilfunk-Endgeräten möglich ist. Es handelt sich also um ein infrastrukturbasiertes Datentransportsystem (infrastrukturseitige Elemente sind u. a. die Sendemasten).

 Ein Datentransport kann alternativ über VTS-Funk erfolgen. Dieser wird ausschließlich für die Übertragung von Daten im Umfeld verkehrstelematischer Funktionen verwendet.411 Ein Datentransport durch VTS-Funk kann unmittelbar zwischen fahrzeugseitigen Systemen – also ohne Infrastruktur – sowie unter Verwendung einer zusätzlichen ortsfesten Infrastruktur erfolgen.412 Im ersten Fall handelt es sich um ein mobiles Datentransportsystem, im zweiten Fall um ein infrastrukturbasiertes Datentransportsystem.

Jedes Datentransportsystem ist durch eine bestimmte räumliche Dichte, bestimmte Latenzzeiten, eine bestimmte Kapazität sowie durch bestimmte Sicherheitsmerkmale gekennzeichnet. Jedes Datentransportsystem ist aufgrund des Datentransports über das Medium Luft außerdem auf nutzbare

409 Die Benutzerschnittstelle, z. B. als Projektion auf die Windschutzscheibe, stellt auch ein wichtiges Differenzierungsmerkmal dar; vgl. MCKINSEY (2014, S. 8).

410 Solche Systeme werden in der Literatur auch als Car-to-Car-Systeme (C2C-Systeme) bezeichnet.

411 VTS-Funk kann z. B. auf der WLAN-Technologie ITS-G5 basieren.

412 Die benötigten straßenseitigen Elemente der Datentransportinfrastruktur werden in der Literatur auch als

„Roadside Unit“ (RSU) oder als „Intelligent Transport Systems Roadside Station“ (ITS Roadside Station (IRS)) bezeichnet.

Frequenzen angewiesen. Die Kosteneigenschaften infrastrukturbasierter Datentransportsysteme sind durch hohe Fixkosten sowie durch technische Unteilbarkeiten gekennzeichnet.

Ein zentrales Datenverarbeitungssystem wird in dieser Arbeit für zwei Arten von Verarbeitungsprozessen betrachtet:

 Konsolidierungsprozesse umfassen eine Transformation mehrerer verschiedener Inputdaten zu einer Information. Sie werden für die Funktion „dynamische Navigation“ benötigt, da für diese Funktion aus Rohdaten über Fahrzeugbewegungen eine Verkehrslage zu erstellen ist.413

 Im Rahmen eines Zuordnungsprozesses findet die Zuordnung einer Meldung zu einem Empfänger bzw. einem Adressaten statt, welcher durch eine bestimmte räumliche Verortung gekennzeichnet ist. Solche Zuordnungsprozesse werden für die Funktion „Kollisionswarnung“

benötigt, wenn sie über Mobilfunk realisiert wird: Hier muss z. B. die Meldung über ein Bremsmanöver eines vorausfahrenden Fahrzeugs genau an die dahinter fahrenden Fahrzeuge – und nur an diese – übermittelt werden. In dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass für die Durchführung solcher Zuordnungsprozesse ein sogenannter Geoinformationsserver benötigt wird, welcher aktuelle Daten über die Verortung aller angeschlossenen Fahrzeuge enthält und verarbeitet.414 Bei einem direkten Datentransport zwischen Fahrzeugen – wie bei VTS-Funk – können die Daten hingegen direkt an die umgebenden Fahrzeuge übermittelt werden, weswegen zentrale Zuordnungsprozesse hier nicht benötigt werden.

Verkehrstelematiksysteme sind zudem auf ein Ortungssystem angewiesen, welches das fahrzeugseitige System mit Ortungsdaten versorgt. Dieses kann auf Satelliten basieren (z. B. Global Positioning System, Galileo, Glonass oder Beidou) oder auf infrastrukturbasierten Elementen (wie Balisen). Jedes System ist v. a. durch eine bestimmte Ortungsgenauigkeit gekennzeichnet. Im Rahmen von VTS werden Ortungssysteme im Allgemeinen zusammen mit einer digitalen Karte eingesetzt.

Mit dem Fokus auf das fahrzeugseitige System zeigt Abbildung 26 die für diese Arbeit relevanten (Hardware- bzw. Software-)Schnittstellen zwischen den technischen Elementen. Die Schnittstelle zwischen fahrzeugseitigem System und Datentransport bedeutet z. B., dass jedes fahrzeugseitige System nur mit bestimmten Datentransportsystemen kompatibel ist. Zwischen der Applikation und externen Datenempfängern oder -sendern (hierbei handelt es sich entweder um ein anderes fahrzeugseitiges System oder um ein zentrales Datenverarbeitungssystem) stellt der Inhalt einer Nachricht sowie das Nachrichten- oder Datenformat eine Schnittstelle dar. Die Schnittstelle zwischen

413 In dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass die im Rahmen einer LSA-Steuerung erforderlichen Konsolidierungsprozesse, die als Input auf durch VTS generierte Daten bzw. Informationen verwenden können, auch im Ziel-Untersuchungsmodell weiter von denjenigen Akteuren angeboten werden, die diese Aufgabe bereits im Status quo – im Rahmen der Rolle ‚Zurverfügungstellung Straße„ – übernehmen (vgl. Abschnitt 4.2.3). Das Angebot von Konsolidierungsprozessen im Rahmen einer LSA-Steuerung wird daher nicht weiter untersucht.

414 Vgl. z. B. SIM-TD (2013a, S. 36).

fahrzeugseitigem System und Fahrzeug bezieht sich z. B. auf die Stromversorgung und die Versorgung mit im Fahrzeug generierten Daten, sogenannten CAN-Bus-Daten.

Abbildung 26: Zentrale Schnittstellen zwischen den technischen Elementen von Verkehrstelematiksystemen415

GRUNDANNAHMEN ÜBER DIE NACHFRAGE NACH VERKEHRSTELEMATIKSYSTEMEN

Die Nachfrage nach VTS erfolgt durch die Rollen ‚Verkehrsteilnehmer„ bzw. ‚Zurverfügungstellung Straße„ (vgl. Abschnitt 4.2). Die Präferenzen sowie die sich daraus ergebenden Zahlungsbereitschaften der Nutzer richten sich nach der Art der mit dem VTS erzeugten Information.

Aus Sicht eines Nachfragers existiert bei Funktionen, die durch Netzwerkeffekte gekennzeichnet sind (vgl. Abbildung 23 auf Seite 136), eine ökonomische kritische Masse, ab deren Erreichen der Nutzen, den er aus dem Beitritt zu dem Netzwerk zieht, die für den Beitritt individuell aufzuwendenden Kosten übersteigt. Erst nach dem Erreichen dieser Masse hat der Nachfrager einen Anreiz, Investitionen in ein solches System vorzunehmen.416

EINORDNUNG DER GRUNDKONSTELLATIONEN AUS KAPITEL 3

Das dargestellte Sektormodell kann folgendermaßen in die in Kapitel 3 vorgestellten Grundkonstellationen eingeordnet werden:

 Sofern es für die Realisierung entsprechender Funktionen wie der Kollisionswarnung eingesetzt wird, weist das fahrzeugseitige System Eigenschaften eines Netzwerkeffektgutes auf (vgl. Abschnitt 3.3).

 Da in einem VTS im Allgemeinen mehrere technische Elemente gemeinsam eingesetzt werden müssen, handelt es sich um sachlich-komplementäre Güter (vgl. Abschnitt 3.4).

 Der infrastrukturbasierte Datentransport kann als Gebietsgut aufgefasst werden (vgl. Abschnitt 3.5), da aufgrund gebietsüberschreitender Fahrten in verschiedenen Gebieten identische Übertragungsinfrastrukturen benötigt werden.

415 Das Ortungssystem ist nicht dargestellt.

416 Vgl. z. B. OREN /SMITH (1981, S. 472), SHY (2011, S. 122) und Abschnitt 3.3.1.

Externer Datenempfänger /

-Datensender (Platzhalter)

Fahrzeugseitiges System

Betriebs-system

Hardware Applikation

Fahrzeug

Daten- transport-system

Schnitt-stelle

Schnitt- stelle

Schnitt-stelle

Schnitt- stelle V.a.

Datentransport-technologie

V.a. Inhalt einer Nachricht und

Datenformat CAN-Bus-Daten,

Stromversorgung, …

= anderes fahrzeug-seitiges System bzw.

Zentrales Datenver-arbeitungssystem

4.3.3 Entscheidungsmodell

ROLLEN UND BEZIEHUNGEN

Das Angebot von Verkehrstelematiksystemen wird in dieser Arbeit mithilfe von fünf verschiedenen Rollen untersucht (vgl. Abbildung 27). Im Zentrum des Angebotes von Verkehrstelematiksystemen steht die Rolle ‚Angebot (im Fahrzeug erstellter) Informationen„. Das Produkt dieser Rolle sind die im Straßenverkehrssystem benötigen Informationen.417 Die Funktionsfähigkeit von Verkehrstelematiksystemen setzt daher voraus, dass diese zentrale Rolle wahrgenommen wird.

Aufgrund der Interdependenzen mit vorgelagerten Rollen ist es jedoch zwingend erforderlich, dass auch alle vorgelagerten Rollen wahrgenommen werden, d. h. dass ein Angebot der vorgelagerten (Teil-)Leistungen erfolgt.

Aus forschungspragmatischen Gründen beinhaltet das Entscheidungsmodell die komplexe Rolle

‚VTS-Teilnehmer„. Sie umfasst die zentrale Rolle ‚Angebot (im Fahrzeug erstellter) Informationen„

(bzw. Angebot von Rohdaten, da auch diese im Fahrzeug erzeugt werden), die für die Durchführung von Datenprozessen im Fahrzeug zuständige Rolle ‚Angebot individueller Datenverarbeitungsprozesse (bzw. Angebot Datenerhebungsprozesse)„ sowie die Rolle

‚Zurverfügungstellung fahrzeugseitiges System„, welche für die Zurverfügungstellung des für die Durchführung der Datenprozesse im Fahrzeug benötigten Technik verantwortlich ist.

Das fahrzeugseitige System wird durch die Rolle ‚Angebot fahrzeugseitiges System„ angeboten.418 Die Rolle ‚Angebot Datentransport„ ist für den Transport digitaler Daten basierend auf einem infrastrukturbasierten Datentransportsystem zuständig, die Rolle ‚Angebot (zentral erstellter) Informationen„ für die Erstellung von Informationen durch die Konsolidierung bzw. Zuordnung von Daten mithilfe eines zentralen Datenverarbeitungssystems und die Rolle ‚Angebot Ortungsdaten„ für die Erstellung von Positionsdaten mittels eines Ortungssystems.419

417 Es wird davon ausgegangen, dass einige Schritte der Datenverarbeitung immer auch im Fahrzeug stattfinden müssen. Daher wird diese Rolle auch dann benötigt, wenn Funktionen auf Informationen angewiesen sind, die außerhalb des Fahrzeugs erstellt wurden.

418 Im weiteren Verlauf der Arbeit wird an geeigneter Stelle noch eine Verfeinerung für die einzelnen Komponenten des fahrzeugseitigen Systems (Hardware, Betriebssystem und Applikation) erfolgen.

419 Auf die diesen Rollen jeweils notwendigerweise vorgelagerten bzw. untergeordneten Rollen, wie z. B. die Rolle

‚Zurverfügungstellung Datentransportinfrastruktur‟ bei der Rolle ‚Angebot Datentransport„, und die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Optionen für integrierte oder desintegrierte Organisationsmodelle, wird in dieser Arbeit nicht eingegangen.

Abbildung 27: Rollenmodell für Verkehrstelematiksysteme (linke Seite) und Verknüpfung mit dem Rollenmodell

für das Straßenverkehrssystem (rechte Seite)420

Zwischen der komplexen Rolle ‚VTS-Teilnehmer‟ und den weiteren vier Rollen bestehen Auftragsbeziehungen. Zwischen diesen weiteren Rollen selbst bestehen sachlich-komplementäre Beziehungen. Innerhalb der Rolle ‚Angebot fahrzeugseitiges System„ bestehen zwischen einzelnen Segmenten Segment-Beziehungen (in der Abbildung nicht dargestellt). Aufgrund der räumlichen Eigenschaften des infrastrukturbasierten Datentransports kann sich die Rolle ‚Angebot Datentransport„

auch auf Teilgebiete beziehen. Zwischen den einzelnen Rollen (z. B. ‚Angebot Datentransport in Gebiet 1„ und ‚Angebot Datentransport in Gebiet 2„) bestehen in diesem Fall räumlich-komplementäre Beziehungen (in der Abbildung ebenfalls nicht dargestellt).

ENTSCHEIDUNGEN

In Übereinstimmung mit den in Abschnitt 2.3.2 dargestellten Analyseparametern stehen für die vier Angebots-Rollen (für Datentransport, Informationen, Ortungsdaten und fahrzeugseitiges System) sachliche, räumliche und zeitliche Angebotsentscheidungen im Vordergrund. Von besonderem Interesse sind hierbei die Wahl der umzusetzenden Funktion, die Schnittstellenstandards, die räumliche Verfügbarkeit (Flächendeckung bzw. Abdeckung des Straßennetzes), der Startzeitpunkt des Angebotes sowie Mengen-, Preis- und Vertriebsentscheidungen.

Für die Rolle ‚VTS-Teilnehmer„ steht die Kaufentscheidung in Form der sachlichen und zeitlichen Auswahl eines Systems bzw. Standards, welche den oben genannten Entscheidungen zeitlich nachgelagert ist, im Fokus. Diese Kaufentscheidungen determinieren letztlich, in welchem Umfang fahrzeugseitige Systeme und damit auch Verkehrstelematiksysteme im Straßenverkehr tatsächlich vorhanden sind und eingesetzt werden können: Ausbleibende Kaufentscheidungen sind gleichbedeutend damit, dass die Rolle ‚VTS-Teilnehmer„ nicht wahrgenommen wird und dass die Implementierung des VTS nicht erfolgt.

Interdependente Entscheidungen bestehen zwischen den verschiedenen Angebots-Rollen (z. B.

Entscheidungen bzgl. der Gestaltung von Schnittstellen von komplementären Gütern), innerhalb der Rolle ‚VTS-Teilnehmer„ (z. B. bzgl. Kauf kompatibler fahrzeugseitiger Systeme) sowie zwischen den

420 Die Darstellung der Informationen soll nur der Verdeutlichung dienen. Sie sind nicht Teil des Rollenmodells.

Verkehrsteilnehmer Informationen

VTS-Teilnehmer*

Angebot Datentransport (infrastrukturbasiert)

Angebot (zentral erstellter) Informationen

Angebot Ortungsdaten

Angebot fahrzeugseitiges System (HW, BS, App)

Angebot (im Fahrzeug erstellter) Informationen

(…)

Zurverfügungstellung fahrzeugseitiges System

Angebot Transportleistung

Angebot Transportprozess Zurverfügungstellung

Straße (inkl. LSA)

Zurverfügungstellung Straßenfahrzeug

Angebot Straßenfahrzeug

HW: Hardware BS: Betriebssystem App: Applikation *: Nachfrage für die übrigen VTS-Rollen

Angebots-Rollen und der Rolle ‚VTS-Teilnehmer„ (z. B. Preisentscheidungen der Anbieter und Kaufentscheidungen der Nachfrager).

4.3.4 Organisationsmodelle im Status quo

Im Hinblick auf das Angebot der oben genannten Komponenten von Verkehrstelematiksystemen erfolgt in diesem Abschnitt als Grundlage für die nachfolgenden Untersuchungen eine Darstellung von Organisationsmodellen, die in Deutschland im Status quo (Istzustand) bereits existieren. Da das Angebot der einzelnen Komponenten in großem Umfang desintegriert erfolgt, sind die folgenden Darstellungen nach den für VTS benötigten Komponenten unterteilt. Praktisch werden diese Komponenten in VTS gemeinsam eingesetzt.

ROLLE ‚ANGEBOT FAHRZEUGSEITIGES SYSTEM

Fahrzeugseitige Systeme werden im Status quo unter anderem in Form von Smartphones angeboten, welche für einen Datentransport über öffentlichen Mobilfunk ausgelegt sind.421 Da dieses ungebundene fahrzeugseitige System über eine offene Schnittstelle erweiterbar ist, geht das Aufspielen weiterer Applikationen mit einem geringen Aufwand einher.

Die Smartphone-Hardware wird durch verschiedene private Akteure im Wettbewerb angeboten (u. a.

Samsung, Microsoft, Apple und Sony). Da die Hardware stets in einem Bündel mit einem bestimmten Betriebssystem vertrieben wird und da das Betriebssystem die Schnittstelle zu den Applikationen aufweist, kommt vor allem dem Organisationsmodell für das Angebot von Smartphone-Betriebssystemen eine bedeutende Stellung zu. In Abbildung 28 sind die Marktanteile der größten Betriebssysteme inklusive der Anbieter dargestellt. Die Zahlen stellen allerdings nur eine Momentaufnahme dar, da das Angebot von Hardware und Smartphone-Betriebssystemen v. a. im Hinblick auf technische Innovationen und Anbieter einer starken Dynamik unterworfen ist.

421 Weitere Funktechnologien, wie bestimmte WLAN-Technologien (z. B. 802.11n) oder Nachbereichsfunk (z. B.

Bluetooth und Near Field Communication), sind für diese Arbeit nicht relevant.

Abbildung 28: Marktanteile der Smartphone-Betriebssysteme in Deutschland im Jahr 2014422

Die Finanzierung von Applikationen erfolgt teilweise im Kontext sogenannter zweiseitiger Plattformen.423 Allgemein stellt der Anbieter einer zweiseitigen Plattform ein technisches System zur Verfügung, welches den Austausch zwischen zwei „Seiten“ ermöglicht, zwischen denen eine gegenseitige („zweiseitige“) Interdependenz im Hinblick auf ihre jeweiligen Eigenschaften besteht.424 Sofern die Finanzierung durch die Erhebung eines Preises durch den Anbieter der zweiseitigen Plattform erfolgen soll, ist eine Bepreisung gegenüber beiden Seiten oder nur gegenüber einer Seite möglich.

Die Seiten können z. B. aus einer Menge an Absendern und einer Menge an Empfängern von Werbeinformationen bestehen: Die Absender haben ein Interesse daran, dass ihre Werbeinhalte durch eine möglichst große Anzahl an relevanten Empfängern, z. B. potenziellen Käufern eines beworbenen Produktes, wahrgenommen werden.425 Die Empfänger haben entweder einen positiven Nutzen aus vielfältigen Werbeinformationen (wenn bspw. Informationen über Produkteigenschaften als Grundlage für Kaufentscheidungen verwendet werden) oder einen negativen Nutzen (wenn die Werbung stört). Das durch den Anbieter der zweiseitigen Plattform zur Verfügung gestellte technische System muss im Falle von Werbeinformationen in erster Linie eine Darstellung dieser Informationen ermöglichen, z. B. durch Werbeflächen.

Der Anbieter einer zweiseitigen Plattform kann zudem die Attraktivität seiner Plattform steigern, indem er das originäre Gut (wie die Werbeinformationen) mit einem weiteren Gut bündelt, um so die Nachfrage nach dem originären Gut zu erhöhen. Z. B. kann er das Angebot von Werbeinformationen

422 Die Zahlen beziehen sich auf Deutschland für den Zeitraum September bis November 2014; vgl. STATISTA

(2015).

423 In der Literatur wird auch der Begriff „zweiseitige Märkte“ verwendet.

424 In der Literatur existieren verschiedene Definitionen von zweiseitigen Plattformen; vgl. z. B. HAGIU /WRIGHT

(2014, S. 4 f.). CORDEN (1952) und REDDAWAY (1963) haben sie erstmalig am Beispiel Zeitungen diskutiert.

Systematische theoretische Aufarbeitungen erfolgten z. B. durch ROCHET /TIROLE (2003) und ARMSTRONG (2006).

425 Weitere Beispiele für zweiseitige Plattformen sind Bezahlsysteme und Software-Plattformen; vgl. z. B. EVANS / SCHMALENSEE (2008, S. 668 ff.).

Android (Open Handset Alliance,

Leitung: Google)

70%

iOS (Apple)

21%

Windows Phone (Windows)

7%

BlackBerryOS (Blackberry)

1% andere1%

Im Dokument Implementierung komplexer Systemgüter (Seite 145-159)