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Angebot sachlich-komplementärer Güter

Im Dokument Implementierung komplexer Systemgüter (Seite 103-117)

3.4.1 Annahmen zum Sektor- und Entscheidungsmodell

SEKTORMODELL:TECHNISCHES SYSTEM UND NACHFRAGE

Sachlich-komplementäre Güter sind Güter, die in einem fest umrissenen Kontext verwendet werden.

Der Kontext ist durch sachlich-komplementäre Interdependenzen (vgl. Abschnitt 2.2.1.1) zwischen mindestens zwei verschiedenen Gütern (Komponenten) bei ihrer gemeinsamen Verwendung gekennzeichnet. Sachlich-komplementäre Interdependenzen können z. B. zwischen einem dauerhaft verwendeten Gebrauchsgut und einem auswechselbaren Gut (z. B. DVD-Player und DVD, Kaffeekapselmaschine und Kaffeekapsel, Drucker und Druckertinte) oder zwischen zwei dauerhaft verwendeten Gebrauchsgütern (z. B. Smartphone und Mobilfunkinfrastruktur) bestehen. Die Güter müssen sowohl im Hinblick auf ihre Funktionalität komplementär als auch im Hinblick auf ihre Schnittstelle kompatibel sein.278 Nachfolgend wird vereinfachend von Systemen ausgegangen, die sich aus zwei Komponenten zusammensetzen.

Sachlich-komplementäre Güter im Sinne dieser Arbeit sind Güter, welche benötigt werden, um in einem solchen Kontext eingesetzt zu werden. Ein Nutzer muss für einen Verwendungszweck also mindestens zwei solcher Güter gleichzeitig einsetzen. Einzelne Güter sind durch eine bestimmte Verwendungsspezifität, eine bestimmte Interoperabilität sowie eine bestimmte Lebensdauer gekennzeichnet. Ein technisches Gut weist sowohl Eigenschaften seiner Schnittstelle zu seiner Umwelt als auch – unabhängig von der Gestaltung dieser Schnittstelle – eine bestimmte Funktionalität auf279; hiermit können z. B. auch Varianten eines Gutes im Hinblick auf seine Funktionalität abgebildet werden.

Die Nachfrage nach sachlich-komplementären Gütern besteht im Hinblick auf funktionierende Systeme, d. h. alle benötigten Komponenten müssen verfügbar und kompatibel sein. Des Weiteren ist die Nachfrage durch eine Nutzenzunahme bei einer ansteigenden Vielfalt eines der Güter gekennzeichnet: Eine ansteigende Vielfalt kann zum einen den Nutzen bei jedem einzelnen Nachfrager erhöhen (z. B. DVDs mit unterschiedlichem Inhalt). Zum anderen können unabhängig davon aufgrund des breiteren Angebotes auch die Präferenzen des heterogenen Nachfragekollektivs

278 Vgl. z. B. ECONOMIDES (1996a, S. 676).

279 Z. B. verfügt ein Smartphone über bestimmte technische Funktionalitäten sowie über bestimmte technische Schnittstellen, die dem Transport von Daten und elektrischem Strom dienen.

insgesamt besser befriedigt werden.280 Nachfrager haben zudem ein Interesse an einer geringen Verwendungsspezifität von Gebrauchsgütern, da sie ein Gut so für verschiedene Verwendungen einsetzen und Investitionskosten einsparen können. Die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager bezieht sich auf das vollständige, aus allen benötigten sachlich-komplementären Gütern bestehende System.

Die Kaufentscheidungen anderer Nachfrager sind aus technischer Sicht – anders als bei Netzwerkeffektgütern – irrelevant.

ENTSCHEIDUNGSMODELL:(ENTSCHEIDUNGSFÄLLUNGS-)AUFGABEN UND ROLLEN

Bei der Untersuchung des Angebotes von sachlich-komplementären Gütern stehen die beiden Rollen

‚Angebot (Sach-)Leistung A„ sowie ‚Angebot (Sach-)Leistung B„ im Fokus, wobei A und B sachlich-komplementär sind und zwischen den beiden Rollen daher eine sachlich-sachlich-komplementäre Beziehung besteht. Die über Auftragsbeziehungen verbundene Nachfrage nach dem aus A und B bestehenden System wird – entsprechend des für diese Arbeit in Abschnitt 2.2.1.2 dargestellten Zusammenhangs von Rollen- und Beziehungstypen – durch Rollen des Typs ‚Zurverfügungstellung Gebrauchsgut„

(Einsatz der Leistungen als Gebrauchsgut) bzw. des Typs ‚Angebot Leistung (X)„ (Einsatz der Leistungen als Verbrauchsgut) repräsentiert. Abbildung 18 fasst dieses Rollenmodell zusammen.

Abbildung 18: Rollenmodell für sachlich-komplementäre Güter281

In Übereinstimmung mit den in Abschnitt 2.3.2 dargestellten Analyseparametern stehen für die Rolle

‚Angebot Leistung A bzw. B„ sachliche Angebotsentscheidungen (hier insbesondere die Wahl der Funktionalität, welche im Falle mehrerer Güter die Varianten determiniert, und die Wahl des Schnittstellenstandards) sowie die Preisentscheidung im Vordergrund. Für die Rolle

‚Zurverfügungstellung Gebrauchsgut„ bzw. ‚Angebot Leistung X„ steht die Kaufentscheidung in Form der sachlichen und zeitlichen Auswahl eines Systems bzw. Standards im Fokus.

Zentrale Interdependenzen (Koordinationsbereiche) bestehen zwischen den sachlichen Angebotsentscheidungen der Rollen ‚Angebot Leistung A bzw. B„ (v. a. Entscheidungen über Schnittstellen) sowie zwischen den Preisentscheidungen der Rollen ‚Angebot Leistung A„ und

280 Vgl. z. B. KÖSTER (1998, S. 25).

281 Die Nachfrage ist als Element des Sektormodells kein Bestandteil des Rollenmodells. Auf die Beziehungen zwischen den in der Nachfrage zusammengefassten Rollen wird aus pragmatischen Gründen nicht weiter eingegangen.

Angebot (Sach-)Leistung B [sachlich-komplementäres Gut]

Angebot Leistung X

Koordination Prozesse, Beschaffung Inputs

Zurverfügungstellung Gebrauchsgut

ZVS Gebrauchsgut sachlich- komplementäre

Beziehung

Angebot (Sach-)Leistung A [sachlich-komplementäres Gut]

NACHFRAGE

NACHLEISTUNGA UND NACHLEISTUNGB

‚Angebot Leistung B„. Es wird davon ausgegangen, dass diese Entscheidungen (quasi-)simultan zu treffen sind; auf abweichende Annahmen (sequenzielle Entscheidungen) wird hingewiesen.

MENGENEFFEKTE IM KONTEXT SACHLICH-KOMPLEMENTÄRER GÜTER UND INDIREKTE NETZWERKEFFEKTE Ganz allgemein führen Größenvorteile in der Produktion dazu, dass die Produktionskosten pro Stück bei einer zunehmenden Produktionsmenge eines Gutes sinken. Solche Größenvorteile können z. B.

aus einer Fixkostendegression (bessere Auslastung von Gebrauchsgütern) oder aus Mengenvorteilen beim Einkauf von Inputs resultieren.282 Solchermaßen sinkende Produktionskosten können dazu führen, dass ein Gut aufgrund sinkender Stückkosten in mehr Varianten (einer größeren Vielfalt) und/oder zu einem niedrigeren Preis angeboten werden kann.283

Bei sachlich-komplementären Gütern bestehen diese Wirkungen nicht nur bei dem Gut an sich, sondern sie werden auch auf die sachlich-komplementäre Systemkomponente übertragen:

Zunehmende Verkaufszahlen einer Komponente führen dann zu mehr Varianten und/oder zu einem niedrigeren Preis einer sachlich-komplementären Komponente. Beispielsweise können zunehmende Verkaufszahlen – und damit einhergehende höhere Produktionsmengen – von Computerhardware nicht nur zu fallenden Preisen und größerer Vielfalt bei dieser Komponente führen, sondern auch zu fallenden Preisen und größerer Vielfalt bei der sachlich-komplementären Computersoftware. Dieser selbstverstärkende, wechselseitige (Feedback-)Effekt wird in dieser Arbeit als indirekter Netzwerkeffekt bezeichnet.284

3.4.2 Untersuchungen für alternative Organisationsmodelle

In diesem Abschnitt erfolgt eine Analyse und Bewertung alternativer Organisationsmodelle. Dabei wird auf die bereits dargestellten Annahmen zum Sektor- und Entscheidungsmodell sowie auf die in Abschnitt 2.3.2 dargestellten Arten von Analysen und Analyseparametern zurückgegriffen. Für die Ermittlung der Ausprägungen der Analyseparameter werden vor allem Theorien verwendet, die der Netzwerkökonomik zuzuordnen sind.285

Für alle nachfolgenden Organisationsmodelle wird eine Desintegration zwischen der Rolle ‚Angebot Leistung A bzw. B„ und ihrer Nachfrage (Rollen ‚Zurverfügungstellung Gebrauchsgut„ bzw. ‚Angebot Leistung X„) angenommen. Zudem wird angenommen, dass sich die Nachfrage aus einer Vielzahl einzelner Nachfrager zusammensetzt, d. h. die Rolle ‚Zurverfügungstellung Gebrauchsgut„ bzw.

‚Angebot Leistung X„ wird durch mehrere Akteure wahrgenommen. Für die Rollen ‚Angebot Leistung A„ und ‚Angebot Leistung B„ werden nachfolgend verschiedene Varianten im Hinblick auf Integration und Desintegration, die Art und Anzahl der Akteure sowie die geltenden Institutionen betrachtet.

282 Vgl. z. B. LIEBOWITZ /MARGOLIS (1994, S. 138 f.).

283 Vgl. z. B. LIEBOWITZ /MARGOLIS (1994, S. 135) und KATZ /SHAPIRO (1985).

284 Vgl. z. B. KATZ /SHAPIRO (1985, S. 424), MATUTES /REGIBEAU (1996, S. 186) und SHY (2011, S. 120) für ähnliche Definitionen. In der ökonomischen Literatur existieren auch noch andere Definitionen für indirekte Netzwerkeffekte.

285 Vgl. Abschnitt 2.3.1.2.4. Überblicksarbeiten liefern neben den in Fußnote 233 genannten Autoren z. B. auch GILBERT (1992), TIROLE (2005) und FARRELL /KLEMPERER (2007). Obwohl ihre oftmals restriktiven Annahmen nicht immer vollständig erfüllt sind, können die grundlegenden Aussagen der Theorien verwendet werden.

Konkret werden folgende Kategorien an Organisationsmodellen betrachtet:

 Integriertes Angebot geschlossener Systeme durch private Unternehmen (Abschnitt 3.4.2.1),

 desintegriertes privates Angebot einzelner Systemkomponenten (Abschnitt 3.4.2.2), wobei zwischen einem erstmaligen Angebot und bereits bestehenden Systemelementen unterschieden wird, sowie

 Möglichkeiten der Regulierung privater Entscheidungen durch die öffentliche Hand (Abschnitt 3.4.2.3).

3.4.2.1 Integriertes privates Angebot geschlossener Systeme

Nachfolgend wird angenommen, dass jeder Akteur jeweils alle benötigten Systemkomponenten anbietet, die Rollen ‚Angebot Leistung A„ und ‚Angebot Leistung B„ also integriert wahrnimmt. Es werden folgende Fälle unterschieden:

(A) Es existiert nur ein privater Akteur, der integriert beide Komponenten eines Systems – also ein geschlossenes System – anbietet (nachfolgend „Systemmonopol“).

(B) Verschiedene wettbewerbliche Akteure bieten unterschiedliche geschlossene Systeme an, die jeweils eine annähernd gleiche Funktionalität bieten, deren Komponenten aber nicht kompatibel zueinander sind (Beispiel: Kaffeekapselsysteme) (nachfolgend „geschlossener Wettbewerb“). Es wird davon ausgegangen, dass proprietäre Standards durch Patente o. ä.

geschützt werden können.

(C) Verschiedene wettbewerbliche Akteure bieten unterschiedliche Systeme an, deren Komponenten jedoch untereinander kompatibel sind (nachfolgend „offener Wettbewerb“).

Zudem können (B) und (C) auch gemeinsam auftreten.

EX-POST-WIRKUNGEN VON SYSTEMMONOPOL SOWIE GESCHLOSSENEM UND OFFENEM WETTBEWERB

Insbesondere der offene Wettbewerb kann, bei entsprechenden Präferenzen der Nachfrage, mit einer großen Vielfalt von Systemen einhergehen, da die Nutzer die Komponenten verschiedener Anbieter kombinieren können.286 Auch bei einem geschlossenen Wettbewerb kann sich ein vielfältiges Angebot einstellen, da auch hier der Differenzierungsdruck zu einem vielfältigen Angebot führen kann.

Allerdings müssen für eine mit einem offenen Wettbewerb vergleichbare Vielfalt durch den Nachfrager ggf. gleichzeitig mehrere Systeme beschafft werden.

Bei der Kaufentscheidung (sachliche Auswahl eines Systems bzw. eines Standards) durch einzelne Nachfrager ist sichergestellt, dass er ein komplettes System erhält, da alle Akteure immer auch vollständige Systeme anbieten. Falls für den einzelnen Nachfrager auch die künftig erwartete Vielfalt und Verfügbarkeit wichtig ist287, würde er das Angebot im Rahmen eines offenen Wettbewerbs präferieren. Ein offener Wettbewerb bietet zudem die Möglichkeit, ein Gebrauchsgut in Kombination mit den verschiedenen Varianten von Komplementen der unterschiedlichen Anbieter zu nutzen. Da hier nur ein Gebrauchsgut benötigt wird, fallen für den Nutzer zudem niedrigere Investitionskosten

286 Vgl. z. B. MATUTES /REGIBEAU (1988).

287 Vgl. z. B. GANDAL (2002, S. 81).

(„Produktionskosten“) an, als wenn für jede Variante ein separates System beschafft werden muss.

Die heterogene Gesamtnachfrage kann ebenfalls besser bei größerer Vielfalt befriedigt werden, da dann mehr Nutzer eine gut passende Variante finden.

In einem integrierten Organisationsmodell kann durch einen Anbieter prinzipiell eine gebündelte Bepreisung der benötigten Komponenten erfolgen, z. B. kann auch nur eine der Komponenten bepreist werden, und es kann eine Quersubventionierung zwischen den Komponenten erfolgen.

Zudem kann eine doppelte Marginalisierung vermieden werden.288 In einem Systemmonopol werden voraussichtlich vergleichsweise hohe Monopolpreise erhoben (vgl. Abschnitt 3.2.2.1). Im geschlossenen und im offenen Wettbewerb existiert ein (Wettbewerbs-)Druck auf die Preise, weswegen sie hier tendenziell geringer sein dürften. In einem (offenen oder geschlossenen) Wettbewerb könnten die Anbieter im Falle wiederholt benötigter Güter jedoch durch künstliche Wechselkosten ein Lock-In der Nachfrager erzeugen, was den Preisdruck mindern würde. Je höher diese künstlichen Wechselkosten (z. B. in Form langer Vertragsdauern oder umfangreicher Wechselformalitäten) sind, desto geringer ist der Preisdruck. In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass sich bei einem geschlossenen Wettbewerb im Vergleich zu einem offenen Wettbewerb ein niedriger Preis für das Gesamtsystem einstellen wird, da hier besser berücksichtigt werden kann, dass höhere Preise bei einer Komponente immer auch zu sinkenden Erträgen bei der anderen Komponente führen.289

Die beim Nachfrager im Rahmen der Beschaffung anfallenden Transaktionskosten sind in integrierten Organisationsmodellen vergleichsweise gering, da er ein vollständiges System aus einer Hand erhält.290 Transaktionskosten fallen jedoch für den Vergleich alternativer Systeme an, z. B. im Hinblick auf ihre Vielfalt und die voraussichtliche künftige Verfügbarkeit.

In einem Systemmonopol und in einem geschlossenen Wettbewerb fallen aufgrund der nicht vorhandenen Abstimmung zwischen Akteuren nur geringe Transaktionskosten für die Entscheidungsfindung bei den Anbietern (Informations- und Kommunikationskosten) an.291 Für einen offenen Wettbewerb sind diese Kosten im Vergleich höher, da sich die (ggf. durch heterogene Vorstellungen gekennzeichneten) Akteure – auch bei einer als gegeben angenommenen Entscheidung über die Durchführung einer Kooperation – noch im Hinblick auf technische Details zum Schnittstellenstandard abstimmen müssen.

Die für die Koordination von Entscheidungen innerhalb integrierter (komplexer) Akteure anfallenden internen Transaktionskosten steigen mit einem ansteigenden Aufgabenumfang – und der damit einhergehenden zunehmenden Größe der Organisation – überproportional an, was die Anzahl der

288 Bei einer doppelten Marginalisierung setzen die desintegrierten Anbieter sachlich-komplementärer Güter ihre Preise unkoordiniert jeweils im Hinblick auf eine individuelle Einnahmenmaximierung. Dabei werden geringere Gesamteinnahmen erzielt als bei einer abgestimmten Preissetzung, da die Akteure den externen Effekt der eigenen Preisentscheidung auf die Nachfrage des anderen Gutes nicht berücksichtigen; vgl. z. B. PEPALL / RICHARDS /NORMAN (2005, S. 426 ff.).

289 Vgl. z. B. ECONOMIDES (1996a, S. 686 f.).

290 Vgl. z. B. FARRELL /KLEMPERER (2007, S. 1973).

291 Vgl. z. B. GANDAL (2002, S. 84).

durch einen Akteur sinnvollerweise wahrnehmbaren Rollen beschränken kann.292 Beim Angebot von aus einer Vielzahl von sachlich-komplementären Gütern zusammengesetzten Systemgütern existieren daher oftmals gar keine integrierten, sondern bis zu einem gewissen Grad desintegrierte Organisationsmodelle; hierauf wird im noch folgenden Abschnitt 3.4.2.2 eingegangen.

IMPLEMENTIERUNGSKOSTEN

Die Akteure in integrierten Organisationsmodellen müssen für die Wahrnehmung mehrerer Rollen mitunter über eine sehr breite Ressourcenausstattung in Form von Wissen und Gebrauchsgütern verfügen. Wenn Akteure im Ist-Untersuchungsmodell lediglich in einzelnen Sektoren aktiv sind bzw.

nur einzelne Güter anbieten, dann verfügen sie auch nur über Ressourcen, die für die Erstellung dieser einzelnen Komponenten weiterverwendet werden können. Die Ressourcen für die Erstellung weiterer Komponenten wären in diesem Falle noch umfassend aufzubauen, was mit hohen einmalig anfallenden Investitionskosten einherginge.

EX-ANTE-ENTSCHEIDUNGEN ÜBER DIE BETEILIGUNG AM ANGEBOT EINSCHLIEßLICH BESTÄNDIGKEIT

Es stellt sich die Frage, ob sich Akteure ex ante für eine Kompatibilität zu Komponenten anderer Anbieter entscheiden, ob sie also einen geschlossenen oder einen offenen Wettbewerb wählen. Für den Fall, dass Nachfrager hohen Wert auf große Vielfalt legen, wird in der Literatur argumentiert, dass die Akteure durch einen offenen Wettbewerb einen Zugriff auf die Nachfrager des jeweils anderen Akteurs erlangen, was zu einer geringeren Unsicherheit bei den Nachfragern, zu einer größeren Vielfalt und damit einhergehend zu höheren Zahlungsbereitschaften und größeren Erträgen führt, weswegen die Akteure tendenziell Kompatibilität (also einen offenen Wettbewerb) präferieren.293 Allerdings können auch asymmetrische Anreize vorliegen, wenn z. B. das System eines Anbieters X auch ohne eine Kompatibilität zu der Komponente eines Anbieters Y ausreichend nachgefragt wird – also einen hohen Marktanteil hat –, das System des Anbieters Y hingegen nicht.294

Innerhalb integrierter Organisationsmodelle können aufgrund geringer interner Transaktionskosten für die Koordination von Entscheidungen verhältnismäßig einfach systemweite Anpassungen vorgenommen werden, weshalb solche Modelle eine hohe Flexibilität im Hinblick auf Änderungen am technischen System aufweisen. Für eine Sicherstellung eines offenen Wettbewerbs muss ergänzend eine Abstimmung mit anderen Anbietern erfolgen, was eine geringere Flexibilität bedeuten kann.

Allerdings dient bei einem offenen Wettbewerb die Kompatibilität zu den eigenen Komponenten immer als Rückfallebene, d. h. systemweite Änderungen könnten auch nur im Hinblick auf die eigenen Komponenten vorgenommen werden.

292 Vgl. zu internen Transaktionskosten im Allgemeinen auch Abschnitt 3.2.3 sowie z. B. WILLIAMSON (1975, S.

126 ff.), WILLIAMSON (1985, Kap. 6) oder MILLER (2008).

293 Vgl. z. B. MATUTES /REGIBEAU (1988, S. 222), ECONOMIDES (1989) oder MATUTES /REGIBEAU (1992).

294 Vgl. z. B. ECONOMIDES (1996a, S. 686 f.).

3.4.2.2 Desintegriertes privates Angebot einzelner Systemkomponenten 3.4.2.2.1 Erstmaliges Angebot

Nachfolgend wird von einer desintegrierten Wahrnehmung der Rollen ‚Angebot Leistung A„ und

‚Angebot Leistung B„ durch private Akteure ausgegangen. Es können drei Unterfälle unterschieden werden: Entweder werden beide Leistungen monopolistisch (i) oder beide Leistungen werden im Wettbewerb angeboten (ii). Darüber hinaus kann eine Leistung auch monopolistisch und eine andere im Wettbewerb angeboten (iii) werden. Es wird zudem angenommen, dass bei den Nachfragern noch keine Systeme vorhanden sind.

EX-POST-WIRKUNGEN DESINTEGRIERTER ANGEBOTE IM ALLGEMEINEN

Spiegelbildlich zu den in Abschnitt 3.4.2.1 genannten Wirkungen integrierter Organisationsmodelle kann in desintegrierten Organisationsmodellen keine Bündelbepreisung erfolgen295 und es kann sich eine doppelte Marginalisierung einstellen.

Beim Nachfrager fallen hohe Transaktionskosten für die Vorbereitung seiner Kauf- bzw.

Beschaffungsentscheidung an, da er sich über die Kompatibilität der angebotenen Komponenten informieren muss. Sofern die benötigten Komponenten unterschiedliche Lebensdauern aufweisen, wie z. B. im Falle eines dauerhaft verwendeten Gebrauchsgutes und eines austauschbaren (Ge- oder Verbrauchs-)Gutes, besteht bei den Nachfragern potenziell eine hohe Unsicherheit im Hinblick auf die künftige Verfügbarkeit der Komponenten bzw. sehen sie sich – im Falle einer hohen Spezifität der langlebigeren Komponente – der Gefahr eines Hold-Up seitens des Anbieters der kurzlebigeren Komponente ausgesetzt.296 Diese Unsicherheit kann in eine Abwartehaltung oder gar in einen Verzicht auf die Beschaffung münden. Anbieter werden daher versuchen diese Unsicherheit zu senken, indem sie Commitments abgeben.297

Bei den Anbietern fallen potenziell hohe dauerhafte Produktionskosten in Form von Kapitalkosten an, da die potenziell hohen Unsicherheiten über die Entscheidungen von desintegrierten Anbietern komplementärer Güter (aufgrund der Risikoaversion privater Akteure, vgl. 2.2.1.3) erhebliche Risiko-Kompensationen erfordern können.

Zudem weisen Untersuchungsmodelle, die desintegrierte Organisationsmodelle beinhalten, aufgrund der im Hinblick auf die Schnittstellen erforderlichen Transaktionskosten für die Abstimmungen potenziell eine geringere Flexibilität auf als integrierte Organisationsmodelle.

SPEZIELLE WIRKUNGEN INNERHALB DER DREI UNTERFÄLLE

Nachfolgend werden einige prägnante Wirkungen dargestellt, die jeweils spezifisch für die drei genannten Unterfälle sind.

Falls beide Güter durch private Monopolisten (i) angeboten werden, werden sich diese Monopolisten für vergleichsweise hohe Preise entscheiden (vgl. Abschnitt 3.2.2.1). Sie werden eine eher geringe

295 Auf die prinzipiell mögliche Bündelung durch einen Wiederverkäufer („reiner Vertrieb“) wird im Folgenden nicht eingegangen.

296 Vgl. z. B. BECKERS /GIZZI /JÄKEL (2013, S. 34 f.).

297 Auf zeitliche Commitments bei sachlich-komplementären Gütern verweisen z. B. CARLTON /WALDMAN (2012).

Vielfalt anbieten, da im Hinblick auf diesen Parameter aufgrund des fehlenden Wettbewerbsdrucks keine Differenzierung erfolgen muss (vgl. Abschnitt 3.2.2.1). Transaktionskosten können für die Abstimmung zwischen den Anbietern im Hinblick auf Funktionalität und Schnittstellen, auf die Bepreisung sowie auf die Rentenaufteilung und den Vertrieb anfallen. Insbesondere werden Vereinbarungen, sofern asymmetrisch und spezifisch investiert werden muss, auch eine Absicherung gegen ein opportunistisches Verhalten der anderen Vertragsseite beinhalten (vgl. Abschnitt 3.2.3). Da beide Seiten auf ein abgestimmtes Angebot angewiesen sind, besteht allerdings – auch im Falle heterogener Präferenzen – ein gewisser Einigungszwang.

Sofern beide Güter jeweils im Wettbewerb (ii) angeboten werden, stellen sich aufgrund des Wettbewerbsdrucks geringe Preise sowie – aufgrund des Differenzierungsdrucks – tendenziell eine größere Vielfalt ein. Eine Koordination zwischen einer großen Vielzahl an Anbietern kann, vor allem im Falle heterogener Präferenzen dieser Anbieter, mit erheblichen Transaktionskosten (für Information und Koordination sowie Monitoring und Durchsetzung) einhergehen. Eine nicht erfolgende Kooperation hingegen kann aufgrund der daraus resultierenden Verhaltensunsicherheit negative Auswirkungen in Form einer Abwartehaltung haben, was mit dem gänzlichen Ausbleiben eines Angebotes einhergehen kann.

Das Angebot eines Gutes im privaten Wettbewerb und eines anderen Gutes durch einen privaten Monopolisten (iii) stellt eine Kombination der genannten Organisationsmodelle dar. Diese Konstellation kann insbesondere auftreten, wenn die Erstellung einer der beiden Komponenten durch eine subadditive Kostenstruktur in Verbindung mit Irreversibilität oder durch direkte Netzwerkeffekte in Verbindung mit hohen Wechselkosten gekennzeichnet ist, da dies die Wahrscheinlichkeit eines monopolistischen Angebotes erhöht (vgl. Abschnitt 3.2.2.1). Probleme können sich hier ergeben, da der Monopolist eine zentrale Stellung einnehmen und aufgrund seiner mächtigen Verhandlungsposition zu einem „Systemführer“ werden kann.298 In dieser Position kann er seine eigenen Interessen durchsetzen, was sich insbesondere auf Schnittstellenentscheidungen, zeitliche Investitionsentscheidungen und die Bepreisung beziehen kann.

HYBRIDES ORGANISATIONSMODELL

Als Ergänzung wird ein hybrides Organisationsmodell angenommen, in dem ein einzelner Akteur sowohl eine Komponente A im Monopol als auch eine sachlich-komplementäre Komponente B im Wettbewerb integriert anbietet. Aufgrund der Annahme, dass die Erstellung der Komponente A durch eine subadditive Kostenstruktur in Verbindung mit versunkenen Kosten gekennzeichnet ist, wird die Komponente nur durch diesen einen Akteur angeboten. Komponente B hingegen wird im Wettbewerb angeboten.299

298 Vgl. BECKERS /GIZZI /JÄKEL (2013, S. 33).

299 Auf eine ähnliche Konstellation („Essential Facility“) wurde bereits in Fußnote 215 (Abschnitt 3.2.3) eingegangen. Vgl. außerdem z. B. ECONOMIDES (1996a, S. 692 ff.) und FARRELL /KATZ (2000).

Ex post können sich erhebliche Diskriminierungsprobleme ergeben, wenn der integrierte Anbieter beide Komponenten als Bündel zu einem bestimmten Preis verkauft und gleichzeitig einen hohen Preis beim einzelnen Verkauf der monopolistisch angebotenen Komponente verlangt.300

Es ist unklar, inwiefern ein privater Akteur, der bereits eine Komponente monopolistisch anbietet (vgl.

Unterfall iii), aus diesen Gründen Anreize besitzt, sich in Richtung eines wettbewerblich angebotenen Komplements zu integrieren: Zum einen wird argumentiert, dass der Akteur seine Marktmacht auf diese Weise auch auf den wettbewerblichen Teil ausdehnen könnte, um dort Renten abzuschöpfen.

Zum anderen wird angeführt, dass der Akteur aufgrund seiner Macht Renten in gleicher Höhe auch generieren kann, ohne dass er sich integrieren muss.301

Sofern ein integrierter Monopolist seine Investitionen bereits amortisiert und bereits eine ihm aufgrund einer Innovation ggf. zustehende Kompensation erhalten hat, stellt sich die Frage, inwiefern den Diskriminierungsproblemen durch eine Regulierung entgegengetreten werden sollte bzw. kann. Auf diese Weise könnte die Ausnutzung der Marktmacht abgeschwächt und den Anbietern von Gut B ein diskriminierungsfreies Angebot gewährt werden.302

3.4.2.2.2 Angebot bei bereits bestehenden Systemkomponenten

Nachfolgend wird von einem Ist-Untersuchungsmodell ausgegangen, in welchem eine einzelne Systemkomponente, die durch bestimmte technische Eigenschaften gekennzeichnet ist, bereits angeboten und in einem anderen Zusammenhang genutzt wird (z. B. Angebot von Datentransport über Mobilfunk). Die Angebotsentscheidungen im Hinblick auf diese Komponente wurden demnach bereits gefällt. Außerdem bedeutet es, dass diese Systemkomponente bei einigen Nachfragern bereits vorhanden ist oder dass sie Zugang zu ihr haben (z. B. Vorhandensein von Smartphones). Diese Nachfrager haben ihre Kaufentscheidung also bereits getroffen.

Da neben die bisherige Verwendung eine weitere Verwendung des Gutes treten soll, setzt die Einbindung im Falle von Gebrauchsgütern voraus, dass ausreichend freie Kapazitäten vorhanden sind.303 Die Einbindung bestehender Systemkomponenten kann zudem eine geringe Verwendungsspezifität im Hinblick auf die alte Verwendung bzw. eine hohe Interoperabilität implizieren, da sie ja sowohl für die bisherige als auch für die neue Verwendung eingesetzt werden können.

Die weiteren sachlich-komplementären Komponenten bestehen noch nicht bzw. ihr Angebot muss noch erfolgen.

EX-POST-WIRKUNGEN

Die sachlichen Angebotsentscheidungen für die bestehenden Komponenten wurden bereits getroffen, sodass die Freiheitsgrade für die Abstimmung mit den für das Angebot der noch nicht bestehenden

300 Vgl. z. B. BECKERS /GIZZI /JÄKEL (2013, S. 40).

301 Vgl. z. B. CHURCH /GANDAL (2000) und CARLTON /WALDMANN (2012, S. 675 f.).

302 Vgl. z. B. GANDAL (2002, S. 86) und BECKERS / GIZZI / JÄKEL (2013, S. 40) sowie Abschnitt 3.2.2.2 zur Regulierung im Allgemeinen.

303 Sofern Kapazitäten zunächst frei gemacht werden müssen, sind unter Umständen zudem die Opportunitätskosten der bisherigen, nun wegfallenden Kapazitätsnutzung zu berücksichtigen.

Komponenten zu treffenden Entscheidungen stark eingeschränkt sind. Solche Voreinstellungen bzw.

Nebenbedingungen können dazu führen, dass Optionen für die technische Gestaltung des Systems so stark eingeschränkt sind, dass das System eine geringe Qualität aufweist, als wenn alle Komponenten nur für dieses System entwickelt worden wären.304

Sofern im Rahmen des Vertriebs keine zusätzlichen Verträge abgeschlossen werden müssen – da bereits eingespielte Vertragsbeziehungen bestehen –, sind die dauerhaften Transaktionskosten bei der Nutzung bestehender Elemente besonders gering. Dies kommt z. B. bei bereits vorhandenen Mobilfunkverträgen zur Geltung, die bereits eine Vereinbarung über die Kapazitätsnutzung und die Vergütung – z. B. in Form einer Pauschale (Flatrate) – enthalten.

Sofern bestehende Elemente nicht ohne Weiteres in ein neues System eingebunden werden können, sind vor dem Hintergrund der jeweiligen Restlebensdauer der bestehenden Systemelemente zwei Optionen zu beachten: Entweder wird ein Nachfrager hinsichtlich der Beschaffung einer neuen Komponente, d. h. einem Wechsel von einem bestehenden Element auf eine neue Komponente mit zusätzlichen technischen Eigenschaften (v. a. aus Kostengründen), abwarten, bis eine ohnehin anstehende Ersatzinvestition ansteht.305 Im Falle sehr langlebiger Güter kann dies zu sehr langen Warte- bzw. Aufbauphasen führen.306 Sofern ein entsprechendes Angebot erfolgt, kann sich der Nachfrager auch für eine technische Nachrüstung der bestehenden Elemente entscheiden, bei welcher eine nachträgliche Ergänzung der bestehenden Komponente um funktionswichtige Elemente zur Verbesserung der Funktionalität erfolgt. Hierdurch wird die Bindung an die Lebenszyklen abgeschwächt.

Aufgrund der zahlreichen im Falle bereits bestehender Systemkomponenten bereits getroffenen Entscheidungen bestehen für hinzukommende Anbieter von sachlich-komplementären Gütern nur geringe Verhaltensunsicherheiten im Hinblick auf diese Entscheidungen, was mit vergleichsweise niedrigeren Kosten der Risikoübernahme (als Teil der dauerhaften Produktionskosten) einhergeht.

IMPLEMENTIERUNGSKOSTEN

Die Einbindung bereits bestehender Systemelemente schlägt sich vor allem in niedrigeren Investitionskosten nieder, da bisherige Anbieter bereits über die für die Erstellung des Angebotes notwendigen Ressourcen (Gebrauchsgüter, Wissen) verfügen bzw. da Nachfrager in geringerem Ausmaße zusätzliche Güter beschaffen müssen. Diese Kosteneinsparung kann von entscheidender Bedeutung bei einer vergleichenden Beurteilung von alternativen, auf unterschiedlichen Sektormodellen beruhenden Untersuchungsmodellen sein.

Zusätzliche Kosten können für die nachträgliche Herstellung von Kompatibilität durch eine Nachrüstung von Komponenten anfallen. Diese treten in Form von Produktionskosten für die

304 Wenn VTS-Funktionen z. B. mittels bereits vorhandener Smartphones und über Mobilfunk umgesetzt werden sollen, dann ist die Funktionalität auf die Rechenkapazitäten der Smartphones sowie auf die Latenzzeiten der Mobilfunknetze beschränkt (vgl. Abschnitt 4.3.2).

305 Z. B. werden Nachfrager ihr altes Fahrzeug außerhalb des geplanten Ersatzinvestitionszeitpunkts nicht gegen ein neues austauschen, nur um so eine VTS-Funktionalität zu erhalten. Gleiches gilt für den Ersatz bestehender Lichtsignalanlagen (LSA) gegen neue LSA, die kompatibel zu VTS-Funktionen sind.

306 Vgl. Abschnitt 4.4.1.1.1 für solche Aufbauphasen bei auf VTS-Funk basierenden Verkehrstelematiksystemen.

technische Nachrüstung als auch in Form von Informations- und weiteren Transaktionskosten auf, wenn Nutzer z. B. über die Nachrüstung informiert werden und oder wenn sie eine Werkstatt aufsuchen müssen.

Da eine Vielzahl an Abstimmungen im Hinblick auf das Angebot schon abgeschlossen und das Design sowie die Einrichtung verschiedener Institutionen bereits erfolgt sind, können die Transaktionskosten für die Implementierung von Institutionen im Falle bestehender Systemelemente einen vergleichsweise geringen Umfang annehmen.

EX-ANTE-ENTSCHEIDUNGEN ÜBER DIE BETEILIGUNG AM ANGEBOT

Wenn einzelne Systemelemente bereits angeboten werden bzw. durch die Nachfrager in einem anderen Kontext bereits genutzt werden, dann sind zahlreiche Entscheidungen im Hinblick auf dieses Gut bereits gefallen. Aufgrund der Spezifität der für die Erstellung bzw. für die Nutzung erforderlichen Investitionen besteht außerdem ein starkes Commitment dahingehend, dass diese Elemente auch künftig weiter angeboten bzw. verwendet werden. Daher werden neu hinzukommende Akteure bei Ex-ante-Entscheidungen nur mit einer geringen Verhaltensunsicherheit im Hinblick auf die Entscheidungen über diese Güter konfrontiert: Die neu hinzukommenden Akteure können sich verhältnismäßig sicher sein, dass die komplementären Güter angeboten werden bzw. bei den Nutzern vorhanden sind.

Aufgrund der mit der Einbindung bereits bestehender Systemelemente einhergehenden geringen Implementierungskosten, die auch durch die Akteure in ihren Ex-ante-Entscheidungen einbezogen werden, ist es plausibel, dass sich solche Systeme gegenüber vollkommen neuen Systemen eher durchsetzen (vice versa: die Investitionen in neue Systeme sind vergleichsweise unattraktiv). Es kann also eine mitunter starke Pfadabhängigkeit bestehen.307 Sofern sich ein System vor dem Hintergrund von Pfadabhängigkeiten zumindest zum Teil immer auch aus bestehenden Elementen zusammensetzt, existiert zu keiner Zeit ein zentral koordiniertes Systemgut, welches „aus einer Hand“

geplant wurde. Insbesondere im Falle von Systemkomponenten mit kurzen Lebensdauern können Systeme zudem sehr schnelllebig, also durch einen raschen Wandel gekennzeichnet sein. Damit ist auch die Regelbarkeit von Systemen stark eingeschränkt.

Zum anderen kann sich hieraus ergeben, dass die Anbieter einer zentralen, vielfältig eingebundenen Komponente in der Lage sind, dauerhaft einen großen Einfluss auf die Entwicklung verschiedener sachlich-komplementärer Systeme (inklusive systemweite sowie auf bestehende Komponenten aufbauende Innovationen) auszuüben. Insbesondere im Falle eines unregulierten, monopolistischen Angebotes durch einen privaten Akteur können die Entscheidungen eines solchen Systemführers aufgrund divergierender Zielvorstellungen zu gesamtgesellschaftlich unerwünschten Ergebnissen führen.

307 Vgl. dazu den Absatz zum Einbezug der Implementierungskosten in die Ex-ante-Abwägung von Akteuren in Abschnitt 2.3.2.3.2.

Im Dokument Implementierung komplexer Systemgüter (Seite 103-117)