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Verkaufsflächenmarkt

Im Dokument Investitionen in Handels-immobilien (Seite 135-140)

Phasen des Immobilienzyklus

4 LM-Discounter und ihre Investitionscharakteristika

4.3 Einzelhandelsmarkt und LM-Discounter

4.3.2 Verkaufsflächenmarkt

Den am Einzelhandelsmarkt ermittelten Umsatz (REV) gilt es innerhalb des Verkaufsflächenmarktes in benötigte Verkaufsflächen bzw. Mietflächen zu transformieren, wobei diese Verkaufsflächen ent-sprechend dem dynamischen Handelsimmobilienteilmarktmodell (vgl. Abbildung 3-26) durch

 die planerischen Vorgaben der Öffentlichen Planung (PLA),

 die Immobilienanforderungen (DES),

 die Renditevorstellungen der Handelsunternehmen (RET)

 sowie den allgemeinen Nachfragedruck am Immobilienmarkt determiniert werden.

Abbildung 4-8: Entwicklung der Verkaufsfläche und Flächenproduktivität im LM-Discounteinzelhandel

Quelle: Eigene Bearbeitung nach EHI 2010a und b

Generell ist auch und in erster Linie im LM-Einzelhandel bzw. im LM-Discounteinzelhandel eine Maßstabsvergrößerung bei der durchschnittlichen Verkaufsfläche je Filiale zu beobachten, welche jedoch im Hinblick auf die Flächenproduktivität bis 2007 durch steigende Umsätze kompensiert wer-den konnte und seit dem Jahr 2008 auf einem hohen Wert von ca. 4.500 €/m² stagniert (vgl. EHI 2010a und EHI 2012 b und c), sich jedoch – wie in Tabelle 4-1 dargestellt – je Unternehmen deutlich unterscheidet. Mit Fokus auf die Mechanismen des Handelsimmobilienmarktes lässt sich durch Divi-sion des Umsatzes (REV) und Flächenproduktivität (PR) sowohl die benötigte aggregierte Verkaufs-fläche als auch die je Filiale (=LM-Discounterimmobilie) benötigte VerkaufsVerkaufs-fläche (SSP) ermitteln

0,60 0,70 0,80 0,90 1,00 1,10 1,20 1,30

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

Index: 2001 = 1

Entwicklung der Verkaufsfläche und Flächenproduktivität je Filiale im deutschen LM-Discounteinzelhandel 2001-2009 (Index: 2001 = 1)

Verkaufsläche Flächenproduktivität (real) Flächenproduktivität (Szenario konstante Umsätze)

(vgl. Gleichung 3.2). Aus der benötigten Verkaufsfläche (SSP) ergibt sich wiederum unter Berücksich-tigung des Flächeneffizienzparameters (α), welcher für Immobilien des Einzelhandels bzw. LM-Discounterimmobilien 0,75 beträgt (vgl. GIF 2012, Anhang 2; vgl. Gleichung 3.3), sowohl auf aggre-gierter Ebene als auch je Filiale die Mietfläche (DRP). Bis zu diesem Punkt steht eine abstrakte Be-trachtungsweise des sachlichen LM-Einzelhandelsteilmarktes bzw. der LM-Discounterimmobilie, ohne Beachtung der räumlichen Gliederung von Einzelhandelsteilmärkten, im Mittelpunkt der Be-trachtung. Innerhalb des Verkaufsflächenmarktes gilt es jedoch, die ermittelten Umsatzzahlen (REV) aufgrund der beiden eingangs des Unterkapitels genannten Determinanten – planerische Vorgaben und Immobilienanforderungen – in einen konkreten räumlichen Bezug zu bringen.

4.3.2.1 Planerische Vorgaben

Planerische Vorgaben, wie der § 11 Abs. 3 BauNVO, legen nicht nur aräumlich bestimmte kritische Verkaufsflächenzahlen fest, sondern stellen durch die Zielsetzung der nachhaltigen Raumentwicklung auch einen direkten Raumbezug her (vgl. Kapitel 2.2.6). Im Falle des LM-Einzelhandels wird dieser konkrete Raumbezug durch den sog. Nahbereich abgebildet. Nach der ARL 2003 werden Nahberei-che „[…] in Regionalplänen ausgewiesen und haben unter anderem die Aufgabe, den Grundbedarf (täglicher Bedarf) der Bevölkerung zu decken und ein Mindestmaß an öffentlicher und privater Infra-struktur anzubieten (Hauptschule, Arzt, Apotheke, Handwerksbetriebe, etc.).“ Die Abgrenzung dieses planerisch festgelegten Nahbereiches basiert auf den Überlegungen der Zentralen Orte-Theorie bzw.

des Interaktionsansatzes (vgl. Abbildung 3-19), welche dem rational handelnden Kunden unterstellen, dass er sich beim nächsten LM-Markt (Nearest-Center-Hypothese) versorgt. Insofern werden die Le-benssituation, die Soziodemographie und ökonomische Verhältnisse in einem solchen Ansatz ausge-blendet (vgl. HEINRITZ/KLEIN/POPP 2003, S.140). Der Nahbereich bezieht sich in diesem Zusammen-hang auf jeweils ein Grundzentrum (Unter-, Kleinzentrum) (vgl. ARL 2003), in welchem für die Grundversorgung der Bevölkerung bestimmte Einrichtungen des Grundbedarfs konzentriert werden sollen. Entsprechend der vorgenannten Definition werden diese Nahbereiche nicht nur auf Grundlage der Versorgung der Bürger mit Einzelhandelsgütern abgegrenzt, sondern auch unter Berücksichtigung weiterer Infrastruktur, wie z.B. Schulen oder ärztliche Versorgung. Um eine stabile, wohnortnahe Verbraucherversorgung aufrecht zu erhalten, versuchen die Planer, z.B. im Freistaat Bayern, anhand standardisierter Flächenproduktivitäten57 „offene“ Verkaufsflächenpotenziale abzuleiten (vgl. B AYE-RISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT, INFRASTRUKTUR, VERKEHR UND TECHNOLOGIE

2002).Diese Methodik kommt in der Praxis auch zur Beurteilung von Einzelhandelsvorhaben nach § 34 Abs. 3 BauGB, also im Zweifelsfall sowohl für klein- als auch für großflächige Betriebe zum Ein-satz, indem auf Grundlage von Flächenproduktivitäten mögliche Kaufkraftabflüsse zentraler Versor-gungsbereiche – innerhalb wie außerhalb der Standortgemeinde – prognostiziert werden (vgl. Kapitel

57 Anm.: Hierzu werden die vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie periodisch herausgegebenen Struktur und Marktdaten des Einzelhandels verwendet (vgl. BBE 2010a).

2.2.6).58 Für den LM-Einzelhandel ist diese Regelung jedoch von geringer Relevanz, da Lebensmittel – als nahversorgungsrelevantes Sortiment – i.d.R. keine Zentrenrelevanz besitzen und somit bis 800 m² als raumplanerisch unbedenklich einzustufen sind. In Ausnahmefällen – bei Fehlen dieses Sorti-ments in zentralen Versorgungsbereichen – sind jedoch auch Lebensmittel und somit Betriebe unter 800 m² Verkaufsfläche als zentrenrelevant anzusehen (vgl. u.a.MINISTERIUM FÜR BAUEN UND V ER-KEHR/MINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT,MITTELSTAND UND ENERGIE NORDRHEIN‐WESTFALEN 2008, S.12f.; BAYERISCHE STAATSREGIERUNG 2013,Anlage 2).59Eine deutlich größere Einschränkung der LM-Discounter in ihrer Standortwahl und somit der Implementierung einer LM-Discounterimmobilie geht auf kommunaler Ebene von Nahversorgungskonzepten aus,60 welche durch eine „aktive“ Einzel-handelsplanung in Form der Positiv- bzw. der Ausschlussplanung (vgl. BUNZEL ET AL. 2009, S.102)

„Wunschstandorte“ für LM-Betriebe unabhängig ihrer Größe festlegen. Dies führt zu einer künstlichen Verknappung möglicher Ansiedlungsstandorte bzw. neuer Verkaufsflächen.

4.3.2.2 Immobilienanforderungen

Es sind jedoch nicht nur die gemeinwohlorientierten Ziele der Raumplanung, welche eine Konkretisie-rung des Raumbezugs notwendig machen, sondern auch die ImmobilienanfordeKonkretisie-rungen und hierbei insbesondere die Standortanforderungen der Handelsunternehmen. Diese fokussieren zwar nicht expli-zit Nahbereiche, jedoch ebenfalls eine rationale Kundenorientierung im Sinne eines Einzugsbereiches auf Basis von Fahrzeitradien bzw. – noch vereinfachender – auf Basis der Einwohner in der Standort-gemeinde (vgl. Tabelle 4-2). GEORG 2009 überführt den Zusammenhang aus Flächenproduktivitäten und Umsatzpotenzial im Nah- bzw. Einzugsbereich in ein pragmatisches Flächenmodell zur Tragfä-higkeit von Betriebsformen des LM-Einzelhandels, indem er folgende Verkaufsflächengrößen je 10.000 Einwohneräquivalenz im Marktgebiet postuliert (vgl. GEORG 2009, S.103):

 LM-Discounter: 2.500 m²

 Supermärkte: 1.500 m²

 SB-Warenhaus: 1.400 m²

 Übrige LM-Geschäfte: 1.500 m²

Solch ein Ansatz ist ohne Berücksichtigung der Nachfra und Angebotsverteilung zu pauschal ge-halten, jedoch verdeutlicht er das in der Einzelhandelsgutachtenpraxis angewandte Denkmuster der Ableitung benötigter Verkaufsflächen anhand pauschalisierter Umsatz-Flächen-Kennwerte.

58 Anm.: In der Praxis wird im Zusammenhang mit „Kaufkraftabfluss“ immer wieder die sog. 10 %-Grenze diskutiert, welche jedoch – zumindest als alleiniges Kriterium – nicht ausreicht und aus rechtlicher Sicht keinerlei Bindungskraft besitzt (vgl.

KUSCHNERUS 2007, S. 165ff.).

59 Anm.: Mit der Fortschreibung des LEPs in Bayern wurde die landesplanerisch relevante Grenze für Einzelhandelsgroßpro-jekte auf 1.200 m² Verkaufsfläche angehoben (vgl. Kapitel 2.2.6).

60 Anm.: Nahversorgungskonzepte sind gemäß § 1 Abs. 6, Nr. 11 BauGB in der Bauleitplanung zu berücksichtigen.

Tabelle 4-2: Standortanforderungen der wichtigsten LM-Discounter in Deutschland

Quelle: Eigene Bearbeitung nach ALDI 2011; ECOSTRA 2010; HEINRITZ/KLEIN/POPP 2003, S.71; NETTO

2011; NORMA 2011; ZEHNER 2003, S.6 und eigener Recherche

4.3.2.3 Renditeanforderungen

Aus den Informationen zum erwarteten Umsatz (REV), Flächeneffizienzparameter (α) und den stan-dardisierten Verkaufsflächen bzw. Immobilienanforderungen der LM-Discounter kann die benötigte Verkaufsfläche in einem räumlich abgegrenzten Verkaufsflächenmarkt, z.B. auf Ebene des Nahberei-ches, abgeleitet werden. Die Realisierung einer neuen Verkaufsstätte durch LM-Discounter wird genau dann erfolgen, wenn die Renditeanforderungen (RET) der Handelsunternehmen – bezogen auf eine einzelne Filiale – den Vorgaben der Unternehmen entsprechen.61

4.3.2.4 Nachfragedruck am Immobilienmarkt

62

Die bisherigen Ausführungen berücksichtigen das monokausale Verhältnis zwischen Einzelhandels- und Immobilienmarkt. Gleichzeitig gibt es jedoch auch Rückkopplungen des Immobilienmarktes auf die Immobilienanforderungen der Handelsunternehmen und somit auf den Verkaufsflächenmarkt.

Diese Rückkopplung ist jedoch nicht nur auf die Entwicklung eines einzigen sektoralen Teilmarktes zurückzuführen, sondern unter Berücksichtigung des flächenintensiven LM-Discounterimmobilien-konzeptes auch auf die Entwicklung des gesamten Immobilienmarktes in einem Nahbereich. Hierzu gilt es, sich vereinfachend die Investitionsüberlegung eines einzelnen Grundstückseigentümers vor Augen zu führen, welcher beim Verkauf den höchsten Ertrag je m² Grundstück anstrebt. Dieses Ma-ximierungskalkül berücksichtigend wird ein Kaufinteressent versuchen, einen möglichst hohen Mie-tertrag je m² Grundstücksfläche und somit einen daraus abgeleiteten Kaufpreis zu bieten.

61 Anm.: Zur ausführlichen Erläuterung der Erfolgsrechnung des Handels vgl. Tabelle 4-6.

62 Anm.: Die Auswirkungen des Nachfragedrucks am Immobilienmarkt resultieren aus dem Bestand und den Neubauten an Discounterimmobilien und sind innerhalb des dynamischen Teilmarktmodells auf Mechanismen des Miet-, Bestands- und Neubaumarktes zurückzuführen. Der Effekt dieser drei Märkte auf die Immobilienanforderungen findet jedoch am Verkaufs-flächenmarkt statt.

Abbildung 4-9: Folgen des standardisierten LM-Discounterkonzeptes für die Standortwahl auf Basis der Bid-Rent-Theory

Quelle: Eigene Bearbeitung nach JONES/SIMMONS 1990, S.94

Gerade in hochverdichteten Agglomerationsräumen, wie z.B. in Hamburg oder München, in welchen ein hoher Nachfragdruck herrscht, konkurrieren LM-Discounter folglich mit anderen Nutzungen, wie z.B. Büro oder Wohnen, um Grundstücksflächen. Das eingeschossige flächenintensive63 LM-Discounterkonzept lässt in diesem Zusammenhang jedoch nur einen auf den m²-Grundstücksfläche bezogenen niedrigeren Mietertrag zu. Gleichzeitig wird dieser Flächendruck gerade für gewerbliche Nutzungen durch die Öffentliche Planung verschärft, welche auf Grundlage von Nahversorgungskon-zepten eine künstliche Flächenverknappung herbeiführt, indem sie i.d.R. nur innerhalb zentraler Ver-sorgungsbereiche moderne Betriebsformen des LM-Einzelhandels zulässt.64 Die Folge ist, dass die Mietzahlungsfähigkeit (ability to pay) der LM-Discounter bei Nutzung einer LM-Discounterimmobilie nicht nur für innerstädtische Standorte sondern teilweise für das ganze Stadtgebiet – also den Nahbe-reich – unterhalb konkurrierender Nutzungen liegt. Abbildung 4-9 verdeutlicht diesen Zusammenhang

63 Anm.: Flächenintensiv im Sinne einer niedrigen GFZ und GRZ.

64 Anm.: Die städtebauliche Planung schafft eine gewisse Ordnung im Hinblick auf Nutzungsarten. Gleichwohl sind LM-Discounterimmobilien städtebaulich unerwünscht (vgl. UTTKE 2011, S.57ff.), weshalb sowohl auf Grundlage planerischer Vorstellungen als auch betriebswirtschaftlicher Überlegungen Gebäude mit einer höheren Grundflächen- (GRZ) und Ge-schossflächenzahl (GFZ), z.B. Nahversorgungszentren, seitens der Öffentlichen Planung bevorzugt werden.

auf Basis der Bid-Rent-Theory (vgl. Abbildung 3-22). Bei „normalem“ Nachfragedruck können LM-Discounterimmobilien am Stadtrand – rechts von Punkt A in Abbildung 3-22 – errichtet werden. Im Gegensatz dazu ist bei „hohem“ Nachfragedruck am Immobilienmarkt keine Implementierung einer flächenintensiven LM-Discounterimmobilie innerhalb des gesamten Stadtgebietes (Nahbereich) – Punkt A liegt für das gesamte Stadtgebiet unterhalb der Kurve „hoher Nachfragedruck“ – möglich.

Grund hierfür ist, dass im Gegensatz zu anderen Immobilien und Nutzern – Mehr- vs. Eingeschossig-keit und Nachfrage kleinerer Einheiten bei Mietwohnungen – keine Anpassung an das bauliche Um-feld stattfindet und zudem LM-Discounter aufgrund ihrer verkehrsorientierten Standortwahl kaum an der Richtung Innenstadt ansteigenden Passantenfrequenz bzw. dichteren Wohnbevölkerung partizipie-ren können.

Zur Standortakquise in Städten mit hohem Nachfragedruck und restriktiver Öffentlicher Planung blei-ben den LM-Discounter-Unternehmen nur zwei Alternativen:

Anpassung des standardisierten Immobilienkonzeptes und somit Aufgabe der reinen Kos-tenorientierung zu Gunsten der Wettbewerbspräsenz

 Aktive Teilnahme am Immobilienmarkt durch Ankauf von Grundstücken ins Unternehmerei-gentum und Refinanzierung des Kaufpreises mittels operativer Handelstätigkeit und antizipier-ter Bodenwertsteigerungen

Beide Alternativen haben Auswirkungen auf den Verkaufsflächenmarkt, da die Anpassung der Ver-kaufsfläche zu einer Modifikation der Flächenproduktivitäten (PR) gegenüber dem standardisierten LM-Discounterimmobilienkonzept, wie es bei Eigentumserwerb umgesetzt wird, führt. Folglich treten innerhalb desselben Marktes verschiedene Flächenproduktivitäten auf und die beschränkte Mietzah-lungsfähigkeit, auf Grundlage des flächenintensiven LM-Discounterkonzeptes, wird durch „Aufwei-chung“ kompensiert. Dies führt dazu, dass in solchen räumlichen Immobilienteilmärkten keine reinen Handelsimmobilientypen und somit keine abgegrenzten sachlichen Teilmärkte existieren, vielmehr konkurrieren Handelsunternehmen – vor allem mit anderen gewerblichen Nutzungen – um Mietflä-chen in Gewerbeimmobilien. Insgesamt beeinflusst somit nicht nur die Einzelhandelsentwicklung den Immobilienmarkt, sondern umgekehrt auch die Immobilienmarktentwicklung die Einzelhandelsstruk-tur.

Im Dokument Investitionen in Handels-immobilien (Seite 135-140)