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Theorien des Betriebsformenwandels

Im Dokument Investitionen in Handels-immobilien (Seite 158-162)

Nachfrage- Nachfrage-situation

4.6 Implikationen für Investitionscharakteristika der LM-Discounter- immobilie immobilie immobilie

4.6.1 Einordnung der Ergebnisse in die Theorie

4.6.1.1 Theorien des Betriebsformenwandels

Entscheidungen über das Handlungskonzept einer Betriebsform bzw. Handelsbetriebes – internes Ein-zelwirtschaftsumfeld – werden immer in Wechselbeziehung zur Entwicklungen der generellen Um-welt – z.B. Wertewandel oder technische Entwicklung – und der Aufgaben-UmUm-welt – z.B. Änderun-gen des Einzelhandelsbeschaffungsmarkt oder der Konsumentennachfragemuster – getroffen (vgl.

HEINRITZ/KLEIN/POPP 2003, S.46f.). Durch die sich ständig und schneller ändernden Rahmenbedin-gungen des Einzelhandels schreitet der Betriebsformenwandel voran, da Handelsbetriebe einerseits auf Entwicklungen der konsumtiven Nachfrage reagieren, gleichzeitig jedoch das Nachfrageverhalten beeinflussen. Für die Erklärung bisheriger und Prognose zukünftiger Entwicklungen des LM-Discounters bzw. der LM-Discounterimmobilie bieten sich aus wissenschaftlicher Sicht vor allem die Polarisierungs- und die Spiraltheorie an (vgl. JÜRGENS 2010, S.11; KLEIN 1995, S.49ff.). In der

Han-delspraxis findet insbesondere der Ansatz des Betriebsformenlebenszyklus (vgl. u.a. KPMG 2011, S.25; WOTRUBA 2011, S.121ff.) häufig Anwendung. Diese drei Theorien sind bezüglich ihrer Implika-tionen für InvestiImplika-tionen in LM-Discounterimmobilien zu diskutieren.

Der Betriebsformenzyklus lässt sich nach dem amerikanischen Vorbild – u.a. von MCNAIR 1958–in eine frühe Wachstumsphase, eine beschleunigte Wachstumsphase, eine Reifephase und eine Degene-rationsphase einteilen (vgl. BERGER 1977, S.108ff.), wobei „die Verortung einzelner Betriebsformen im Verlauf des Produktlebenszyklus […] u.a. anhand des Marktanteils und der Profitabilität vorge-nommen werden [kann]“ (KLEIN/SEGERER 2011, S.27.). In Anlehnung an den stagnierenden Marktan-teil der LM-Discounter im LM-Einzelhandel seit dem Jahr 2008 (vgl. Abbildung 4-5) kann die Be-triebsform des LM-Discounters in die Reifephase eingeordnet werden. Die Folge ist, dass – um nicht in die Abschwungphase zu gelangen und somit vom Markt zu verschwinden – eine weitere Ausdiffe-renzierung der Betriebsformen des LM-Discounts – über die des Hard- und Soft-Discounts hinaus – stattfindet (vgl. WOTRUBA 2011, S.121ff.). D.h. es kommt in gewisser Weise zu einem „Relaunch“ der Betriebsform, indem Innovationen im Hinblick auf Verkaufsfläche, Sortiment oder weitere Hand-lungsparameter umgesetzt werden.

Abbildung 4-15: LM-Discounter innerhalb des Betriebsformenzyklus

Quelle: Eigene Bearbeitung nach KLEIN/SEGERER 2011, 27; KPMG 2011, S.25; WOTRUBA 2011, S.121ff.

Der Betriebsformenlebenszyklus illustriert zwar in anschaulicher Weise die bisherige Entwicklung einer Betriebsform, kann jedoch nur bedingt zur Prognose der zukünftigen Entwicklung der Betriebs-form bzw. der Handelsimmobilie beitragen, da zum einen der Zeitpunkt des Ausscheidens durch grö-ßere Innovationen der Betriebsform hinausgezögert werden kann und zum anderen das Konzept keine konkreten Implikationen für die Entwicklung einzelner Handlungsparameter bereithält.

Frühe

Wachstumsphase

Beschleunigte Wachstumsphase

Reifephase Degenerationsphase

Marktanteil LM-Discounter

Cash-Flow

Einen deutlich konkreteren Bezugsrahmen bilden dagegen die Polarisierungs- und Spiraltheorie.

Nach ersterer sind, wie in Kapitel 3.3.3.1 beschrieben, die internen Handlungsparameter Preis, Sorti-ment, Andienung und Standort an das durch externe Einflüsse ausgelöste polarisierte Kundenverhalten anzupassen. Im Falle der LM-Discounter ist die kostenminimierende Handlungsstrategie optimal auf das kostenorientierte Einkaufsverhalten bei Gütern des Grundnutzens, wie es Lebensmittel darstellen, abgestimmt. Auf dieser Basis sieht die Polarisationstheorie nach Köhler vier mögliche Handlungsstra-tegien vor (vgl. KLEIN 1995, S.54):

High-level-Trading (1): Festhalten an der Gewinnspannen-Ausschöpfung unter Betonung der Sortiments-/Bedienungs-/Dienstleistungs-Parameter.

Trading-up (2): Zurückdrängen des Preiswettbewerbs zugunsten einer qualitativ und quantita-tiv aufgewerteten Ausübung der Handlungsparameter.

Trading-down (3): Zurückdrängen der qualitativ und quantitativ aufgewerteten Ausübung der Handlungsparameter zugunsten des Preiswettbewerbs.

Low-level-trading (4): Dauerniedrigpreisstrategie.

Genau in diesem Punkt liegt der entscheidende Vorteil der Polarisationstheorie gegenüber der Spi-raltheorie. Während nach der Spiraltheorie „nur“ ein Trading-Up möglich ist, lässt die Polarisations-theorie mehrere Entwicklungspfade zu (vgl. KLEIN 1995, S.56f.). Ansonsten zeichnet sich die Spi-raltheorie durch vergleichbare externe Einflussfaktoren als Auslöser – mit Ausnahme der Andienung – sowie vergleichbare interne Handelsparameter zur Reaktion auf die Rahmenbedingungen aus (vgl.

JÜRGENS 2010, S.10). Wie ein Zusammenspiel der beiden Theorien im Hinblick auf den Entwick-lungspfad, welchen LM-Discounter zukünftig einschlagen, aussehen kann und welche Implikationen dies für Immobilieninvestitionen gibt, zeigt Abbildung 4-16. Demnach setzen die Entwicklungen der externen politischen, ökonomischen, sozialen sowie verkehrlichen Rahmenbedingungen, als treibende Parameter, die LM-Discounter „unter Druck“, ein ständiges Trading-Up (2) ihrer Handlungsparameter vorzunehmen. Gleichzeitig ist die Möglichkeit der Kosteneinsparungen durch die inzwischen be-schränkten Optionen der betriebsinternen Rationalisierungsmaßnahmen bzw. Kosteneinsparungen als begrenzt anzusehen. Die Folge ist, dass die LM-Discounter im Hinblick auf ihre Handlungsparameter keine einheitliche Strategie, sondern eine „Mischstrategie“ verfolgen, indem sie zwar einerseits Sorti-ment, Andienung (Dienstleistung), Standort und Warenpräsentation leistungsorientierter – Trading-Up – gestalten, andererseits jedoch für das jeweilige Produkt bzw. für die jeweilige Dienstleistung eine konsequente Niedrigpreisstrategie „fahren“.

Abbildung 4-16: Implikationen der Polarisations- und Spiraltheorie für Investitionen in LM-Discounterimmobilien

Eigene Bearbeitung nach JÜRGENS 2010, S.11f.; KLEIN 1995, S.51 ff.

Externe Faktoren MerkmalAusprägung politisch- planerisch

restriktive Fchen-und Standortpolitik Nachhaltigkeit ökonomisch

Stagnierender bis sinkender Kaufkraftanteilfür Einzelhandel bei geringer Einkommenselastizit sozialVerschiedene Lebensstile Individualismus verkehrlichSteigende Kosten für „physische“ Mobilit Konkurrenzdurch Internet Interne Faktoren HandlungsparameterAusprägungStrategie PreisNiedrigster Preis(4) DienstleistungCall Center, externe Dienstleister(2) Sortiment

Sortimentstiefe: Eigenmarken und Markenartikel Sortimentsbreite: Saisonal wiederkehrendes Non-Food- Angebot

(2) StandortWohn-und Verkehrsorientierung Handelsagglomerationen(2) Warenpräsentationextensiv(2)

Treibende Parameter Begren zende Pa rameter

Handelsentwicklung allgemein MerkmalBewertung Senkung der Beschaffungskosten Kaum bzw.keine Effizienzgewinne mehr möglich

Innerbetriebliche Rationalisierung des Warenflusses Effektiver Einsatz des Personals Zunehmende strategische und operative Standortplanung

Entwicklung der Betriebsform LM-Discounter auf Basis derSpiral-und Polarisationstheorie Inputparameter LM-Discounterimmobilie Verkaufsfläche von ca. 1.200 m²Nachhaltige Bausubstanzteil-oder integrierte Standorte Inputparameter Investitionen in LM-Discounterimmobilie Investitionskosten für Grundstücke (a0)

Investitionskosten für Geude (a0) Bewirtschaftungskosten (at) Einnahmen pro Mietfläche (et) Wirtschaftliche Nutzungsdauer (RWN)

Für die LM-Discounterimmobilie hat dies zur Folge, dass mittel- bis langfristig zwar ein Verkaufsflä-chenwachstum bei LM-Discounter zu erwarten ist, dieses jedoch aufgrund der internen Handelsent-wicklung – vor allem Kosten für Logistik und Personaleinsatz – bei ca. 1.200 m² Verkaufsfläche „ge-deckelt“ sein dürfte. Gleichzeitig wird das standardisierte Immobilienkonzept in puncto Grundriss-, Grundstücks- und Makrostandortanforderungen kaum aufgegeben. Allerdings kommt es durch die Fokussierung auf die „Nähe zum Kunden“ und dem verstärkten Umweltbewusstsein sowohl auf nach-fragender wie auch auf regulierender Seite zur Fokussierung auf eine nachhaltigere Bausubstanz sowie teil- oder integrierte Standorte – bei Möglichkeit als Teil einer Handelsagglomeration. Für die Investi-tionen in Discounterimmobilien hat dies – bei nahezu konstanten Umsätzen, wie sie für die LM-Discounter mittel- bis langfristig zu erwarten sind – die Konsequenz, dass Investitionskosten sowohl für das Grundstück als auch für die Bausubstanz steigen werden, gleichzeitig jedoch geringe Einspa-rungen bei den Bewirtschaftungskosten anfallen, da die Betriebskosten fast komplett auf den Mieter umgelegt werden. Durch die Maßstabsvergrößerung der Verkaufsfläche kommt es darüber hinaus – auf den m²-Mietfläche umgelegt – zu Umsatzeinbußen, wohingegen der Restwert der LM-Discounterimmobilie – durch die auf nachhaltigere Nutzung hin angelegte Bauweise – steigt. In einer Querschnittsbetrachtung sinken somit die Einnahmen für LM-Discounterimmobilien bei einem gleich-zeitigen Kostenanstieg, was zunächst zu einer geringeren Investitionsattraktivität führt.

In der Längsschnittbetrachtung über den ganzen Lebenszyklus führt jedoch das selektive Trading-Up zu einer Verlängerung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer und somit zu einer Vorteilhaftigkeit von LM-Discounterimmobilieninvestitionen in der längerfristigen Betrachtung.

Selbstredend hat der Betriebsformenwandel nicht nur Auswirkungen auf die Einzelfilialebene, sondern insbesondere auch auf den Wettbewerb der Betriebsformen und deren Auftreten bzw. Verschwinden.

Hierbei steht der LM-Discounter vor allem im interformalen Wettbewerb mit Supermärkten, welche klar leistungsbezogen agieren, jedoch gerade im Hinblick auf das Sortiment – durch die Ausweitung der unternehmenseigenen Handelsmarken – ebenfalls eine Mischstrategie aus High-Level-Trading (1) und Trading-Down (2) anwenden. Somit kommt es nicht nur aus Sicht des Konsumenten (vgl. A N-DERS/SEGERER/WALTHER 2013, S.77), sondern auch aus wettbewerbsstrategischer Sicht zu einer An-näherung der Handlungsparameter zwischen LM-Discounter und Supermarkt und somit zu einer zu-nehmenden Konvergenz der Betriebsformen. Der Fortbestand des LM-Discounters als Betriebsform des Einzelhandels ist damit in keiner Weise gefährdet. Vielmehr stellt sich die Frage, welche Betriebs-formen diese Nische der reinen Kostenminimierungsstrategie, welche sich aus beiden Theorien ergibt, füllen wird bzw. ob sich überhaupt eine Nische „unterhalb“ des LM-Discounts ergibt.

Im Dokument Investitionen in Handels-immobilien (Seite 158-162)