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Der Beginn der österreichischen Verhandlungen konnte, gemeinsam mit Finnland und Schweden, am 1. Februar 1993 aufgenommen werden und sie wurden nach dem In-Kraft-Treten des Vertrages von Maastricht intensiviert.148 Durch den Ver-trag von Maastricht, der am 1.November 1993 in Kraft trat, wurde die EG in Euro-päische Union umbenannt.149 Im Februar 1994 waren von den 29 Agenden noch zehn unerledigt, darunter die sehr heiklen Bereiche Transitverkehr, Landwirtschaft, Umwelt, Zweitwohnsitz sowie die Neutralität.150

Dem Brüsseler Verhandlungsteam gehörten rund 90 Personen an, darunter Staatssekretärin Brigitte Ederer, Landwirtschaftsminister Franz Fischler, Ver-kehrsminister Viktor Klima, Finanzminister Ferdinand Lacina, Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel sowie der steirische Landeshauptmann Josef Krainer jun., Vorarlbergs Landeshauptmann Martin Purtscher und Wiens Vizebürgermeister Hans Mayr, Präsident Leopold Maderthaner (Wirtschaftskammer), Präsident Ru-dolf Schwarzböck (Landwirtschaftskammer), Fritz Verzetnitsch (Gewerkschafts-bund), und Außenminister Alois Mock.151 Das österreichische Team stellte mit Ab-stand die größte Delegation dar.

Der Transitverkehr wurde für Österreich nur scheinbar gelöst. Stand doch der Grundsatz des freien Waren- und Personenverkehrs als Teil der vier Grundfreihei-ten der EU vor den nationalen Interessen. Am Transitproblem ließ sich die Abgabe der nationalen Souveränität Österreichs erkennen. Denn die zuvor zwischen Wien

146 Vgl. Stenographisches Protokoll, 110. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich, XVII.

GP, 29. und 30. Juni 1989, 13089 (03.06.2015) [Online]

147 Vgl. Stenographisches Protokoll, 110. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich, XVII.

GP, 29. und 30. Juni 1989, 13086-13089, (03.06.2015) [Online]

148 Vgl. Luif, Paul (2007), Österreich, Schweden, Finnland, S. 86.

149 Vgl. Prettenthaler-Ziegerhofer, Anita (2012), Europäische Integrationsgeschichte. 3. Auflage, S.

140.

150 Vgl. Gehler, Michael (2009), Österreichs Weg in die Europäische Union, S. 117,124.

151 Vgl. Gehler, Michael (2009), Österreichs Weg in die Europäische Union, S. 123.

Österreich vom Antrag am 14. Juli 1989 bis zum Beitritt und Brüssel ausverhandelten Transitverträge von 1992 bis 2004 waren somit wir-kungslos. Darüber hinaus wurde keine Mittelbereitstellung für den Osten des Lan-des ausverhandelt, wo sich doch eine Osterweiterung der EU bereits anbahnte.152

Die Landwirtschaft gehörte zu den strittigsten Themenbereichen. Die Landwirte mussten sofortige Preissenkungen auf EU-Tarife akzeptieren. Es kam allerdings zu einer Einigung, worin die Bauern vier Jahre lang Zuschüsse im zweistelligen Milliardenbereich in absteigender Höhe erhielten. Diese Zahlungen glichen die Verluste durch den Preisverfall im gesamten Agrarsektor aber nicht aus.153

Österreich wollte seine hohen Umweltstandards beibehalten und bei den Verhand-lungen einen Erfolg erzielen. Diese Forderung konnte nicht durchgesetzt werden, ein Kompromiss war die Folge. Österreich sollte gemeinsam mit den anderen Bei-trittswerbern die hohen Umweltstandards die nächsten vier Jahre aufrechterhalten.

Die EU würde in dieser Zeit ihre Standards erhöhen und danach eine gemeinsame Norm auf höherem Niveau erreichen als es zum Verhandlungszeitpunkt der Fall war.154

Die Bestimmungen über den Zweitwohnsitz waren vor allem für die Bundesländer Tirol und Salzburg ein wichtiges Thema. Hier gelang es, eine Übergangsregelung für die nächsten sechs Jahre zu treffen, um die heimische Bevölkerung vor zu ho-hen Grundstückspreisen zu schützen.155

Die Frage der Neutralität wurde zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in den Vorder-grund gestellt und konnte ohne größere Probleme gelöst werden. Eine Vollmit-gliedschaft und die immerwährende Neutralität seien kein Widerspruch.156

Die Abschlussverhandlungen für den Beitritt begannen am 26. Februar 1994 für Österreich, Schweden, Finnland und Norwegen in Brüssel. Das österreichische Verhandlungsteam umfasste rund 90 Personen und war damit mit Abstand die größte Delegation.

152 Vgl. Gehler, Michael (2009), Österreichs Weg in die Europäische Union, S. 124f.

153 Vgl. Gehler, Michael (2009), Österreichs Weg in die Europäische Union, S. 126.

154 Vgl. Gehler, Michael (2009), Österreichs Weg in die Europäische Union, S. 124.

155 Vgl. Gehler, Michael (2009), Österreichs Weg in die Europäische Union, S. 126.

156 Vgl. Gehler, Michael (2009), Österreichs Weg in die Europäische Union, S. 127.

Der Abschluss der Verhandlungen war für den 1. März 1994 geplant, ein „Anhal-ten der Uhr“ sollte aber möglich sein.157 Unterstützung erhielt Österreich durch den am 28. Februar angereisten deutschen Außenminister Klaus Kinkel. Österreich konnte aber die Übergangslösung für die Bauern nicht halten, und in der Frage der Verlängerung der Laufzeit des Transitvertrages wurde ebenfalls kein Konsens er-reicht. Der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl instruierte Außenminister Klaus Kinkel dahingehend, Österreich unbedingt bei den Verhandlungen so zu unterstüt-zen, dass ein Erfolg zustande käme.

Die Sitzungen gingen über Stunden, die Deadline wurde nicht eingehalten. Da Außenminister Mock gesundheitlich bereits schwer gezeichnet war und die physi-schen und psychiphysi-schen Belastungen enorm groß waren, konnten die Verhandlun-gen nur unter Mithilfe von Finanzminister Ferdinand Lacina und Wirtschaftsminis-ter Wolfgang Schüssel fortgeführt werden. FinanzminisWirtschaftsminis-ter Ferdinand Lacina bat Kommissionspräsident Jacques Delors um ein Gespräch. Die mündliche Zusage des Kommissionspräsidenten bestand aus einem Binnenmarkt-Modell sowie Milli-ardenhilfe für die Bauern und einer Verlängerung des Transitvertrags um weitere sechs Jahre.

Schweden und Finnland hatten ihre Verhandlungen bereits zu Ende geführt, als Österreich und Norwegen noch einige offene Punkte ausverhandeln mussten.158 Schweden erreichte am 1. März bereits gegen Mittag den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen. Zu diesem Zeitpunkt war die Transitfrage für Österreich noch immer ungeklärt. Alain Lamassoure vertrat als Europa-Minister Frankreichs Inte-ressen zu diesem Thema. Wieder agierte der Kommissionspräsident im Hinter-grund. Alain Lamassoure lenkte daraufhin widerwillig ein und ein Kompromiss wurde erzielt. Letztendlich willigten beide Seiten gegen 22.00 Uhr in das Abkom-men ein.159 Die Verhandlungen hatten über 80 Stunden gedauert.160 Letztendlich wurden die Verhandlungen am 1. März 1994 erfolgreich abgeschlossen: Öster-reich und die EU wurden sich über die Bedingungen des Beitritts einig.

157 Vgl. Kopeinig, Margaretha (2014), Der dreizehnte Stern S. 73f.

158 Vgl. Gehler, Michael (2009), Österreichs Weg in die Europäische Union, S. 123.

159 Vgl. Kopeinig, Margaretha (2014), Der dreizehnte Stern, S. 76-84.

160 Vgl. Gehler, Michael (2009), Österreichs Weg in die Europäische Union, S. 123.

Österreich vom Antrag am 14. Juli 1989 bis zum Beitritt Am Tag darauf landete die österreichische Delegation in Wien, wo Außenminister Alois Mock noch am selben Tag im Parlament über die erfolgreichen Verhandlun-gen in Brüssel berichtete.161