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5.3 Der Steiermärkische Landtag vor dem Beitrittsantrag

5.3.4 Kultur in der Steiermark bis 1989

Kulturlandesrat (1957-1963) Professor Hanns Koren leitete mit dem neu geschaf-fenen Ressort eine neue Ära auf dem kulturellen Sektor ein. Landeshauptmann Josef Krainer sen. wollte auch neue, offene und dennoch traditionsbewusste Kul-tur ermöglichen.112 Diese offenen und innovativen Neuerungen haben eine Grund-lage geschaffen, deren Auswirkungen über Jahrzehnte andauern sollten.113

108 Vgl. Riegler, Josef (2005), Die Neue Steiermark, S. 173.

109 Vgl. Riegler, Josef (2005), Die Neue Steiermark, S. 188.

110 Vgl. Stenographisches Protokoll, 25. Sitzung Steiermärkischer Landtag XI. GP, 5.,6. und 7.

Dezember 1988, 1850, (28.08.2015) [Online]

111 Vgl. Stenographisches Protokoll, 25. Sitzung Steiermärkischer Landtag XI. GP, 5.,6. und 7.

Dezember 1988, 1830, (28.08.2015) [Online]

112 Vgl. Riegler, Josef (2005), Die Neue Steiermark, S. 422.

113 Vgl. Karner, Stefan (2000), Die Steiermark im 20. Jahrhundert, S.470.

Das Avantgarde-Festival „steirischer herbst“(1968), das Forum Stadtpark (1960), die Dreiländerbiennale „trigon“(1963) gehen auf Hanns Koren zurück. Im Schloss Eggenberg wurde die Sommerakademie (1960) eröffnet. Sie sollte als wissen-schaftliche und politische Bühne für das Heute und Morgen fungieren unter dem Leitgedanken „Die Steiermark – Land der Begegnungen“.

Mit „trigon“ sollte Graz der Ort sein, wo sich Nachbarstaaten vereinigen und ihre Kultur international darbieten konnten. 114 Die erste Ausstellung wurde mit 79 ös-terreichischen, 37 italienischen und 18 jugoslawischen Künstlern eröffnet. Diese Ausstellungen waren verteilt auf das Künstlerhaus, Palmenhaus und das Forum Stadtpark. Der Retzhof wurde ebenso zum Schauplatz von internationalen Maler-wochen mit Künstlern aus Österreich, Italien, Jugoslawien ab 1966. Sieben Jahre später waren ebenso Künstler aus Ungarn anzutreffen. Dies waren allesamt kul-turpolitische Bestrebungen. In seiner Eröffnungsrede zum „steirischen herbst“ am 23. September 1968 betonte Hans Koren den völkerverbindenden Aspekt: „Die internationale Komponente erwächst aus der organischen Nachbarschaft und Überlieferung, für welche der Name des alten Innerösterreich das Zeichen ist“.115 Alfred Kolleritisch und Alois Hergouth gaben ab dem Jahre 1960 die Literaturzeit-schrift „manuskripte“ heraus116. Zu den bekanntesten AutorInnen gehörten unter anderem Barbara Frischmuth, Wolfgang Bauer, Peter Handke und viele weitere SchriftstellerInnen, die über die Landesgrenzen hinaus bekannt wurden.117

Der Literaturpreis des Landes Steiermark wurde an Elfriede Jelinek 1987 verliehen sowie später auch der „manuskripte“-Literaturpreis 2000. Zudem erhielt sie den Literaturnobelpreis 2004.118 Das Musikfestival „styriarte“ mit dem steirischen Aus-nahmetalent und international anerkannten Dirigenten Nikolaus Harnoncourt erleb-te 1985 seine Geburtsstunde. Präsident und Gründer war Kulturlandesrat (1970-1985) Professor Kurt Jungwirth.119 Seine Idee war es, als Spielstätten historische Bauten der Steiermark wie Schloss Eggenberg, Minoriten- und Stefaniensaal, die Franziskanerkirche, den Hof des Palais Attems, die Kasemattenbühne und einige

114 Vgl. Riegler, Josef (2005), Die Neue Steiermark, S. 423.

115 Vgl. Riegler, Josef (2005), Die Neue Steiermark, S. 424.

116 Vgl. Karner, Stefan (2000), Die Steiermark im 20. Jahrhundert, S.474f.

117 Vgl. Hösele, Herwig (2015), Die Steiermark 1945-2015, S 165.

118 Vgl. Riegler, Josef (2005), Die Neue Steiermark, S. 428.

119 Vgl. Styriarte Film 30 Jahre Styriarte, (28.07.2015) [Online]

Der Anteil der Steiermark am europäischen Integrationsprozess mehr zu nutzen. Diese Wirkungsstätten gehörten alle mit zum Konzept und wur-den damit aufgewertet und ins Bewusstsein der Menschen gerückt.120 Das „Grazer Symphonische Orchester“ und die „Gesellschaft der Musikfreunde“ wurden 1977 von Alois J. Hochstrasser und Günter Ziesel gegründet.121 In Graz gab es bereits 1988 einen europäischen Kulturmonat.122

Die Steiermärkische Landesregierung war sich einig, dass Kunst und Kultur für den Integrationsgedanken und die Bewusstseinsbildung der Menschen hilfreich und wichtig waren. Die gesamte Bandbreite der Kultur von der Avantgarde bis zur Volkskultur waren geeignete Mittel, um dies umzusetzen.123

120 Vgl. Styriarte: Veranstaltungsorte, (16.07.2015) [Online]

121 Vgl. Riegler, Josef (2005), Die Neue Steiermark, S. 415.

122 Vgl. Riegler, Josef (2005), Die Neue Steiermark, S. 440.

123 Interview LH Waltraud Klasnic (14.08.2015)

6 Österreich vom Antrag am 14. Juli 1989 bis zum Bei-tritt

Die Große Koalition (SPÖ/ÖVP) hatte am 26. Juni 1989, noch vor der Antragstel-lung, ein 18-seitiges Parteiabkommen zur Integration unterzeichnet. Präsentiert wurde dieses Abkommen von Bundeskanzler Franz Vranitzky und Vizekanzler Josef Riegler. Dieses Abkommen bekundete eine geschlossene Haltung, eine Ei-nigung nach außen in allen Fragen und auf allen Ebenen der Integrationspolitik.

Die Themenbereiche erstreckten sich auf acht Bereiche vom Agrarbereich über die Neutralität bis zur Transitproblematik.124 Unter anderem hieß es in der Präam-bel, dass der „Vorrangigkeit der Integrationspolitik“ Rechnung getragen werde. Die Regierungsparteien legten sich damit über die Legislaturperiode hinaus auf diesen Prozess fest.125

Im Abkommen waren enthalten:

 Arbeitsgruppe unter Vorsitz des Bundeskanzlers (BK koordiniert)

 Einsetzung eines Rates für Integration (EG-Rat) (Parlamentsparteien, Ver-treter der Länder, Gemeinden, Sozialpartner)

 Regelung der Verfahren

 Sachfragen

 immerwährende Neutralität

 Verankerung der Volksabstimmung nach den Beitrittsverhandlungen

Diese Parteienübereinkunft war deshalb so bedeutsam, da sie mit Beginn der Un-terzeichnung des Integrationsprozesses bis zum tatsächlichen Beitritt Österreichs zur EG gültig war. Besonders wichtig war es den Koalitionspartnern festzuhalten, dass es zu keinen wirtschaftlichen Nachteilen durch die zu setzenden Maßnah-men komMaßnah-men dürfe. Es müssten geeignete Schritte zur strukturellen Anpassung der Land- und Forstwirtschaft an den EG-Binnenmarkt unternommen werden, und die Verkehrspolitik mit dem Transitverkehr sollte nachhaltig gelöst werden. Öster-reich sollte in den BeÖster-reichen Bildung, Forschung, Wissenschaft und Technologie

124 Vgl. Kopeinig, Margarete (2014), Der dreizehnte Stern, S 45-46.

125 Vgl. Kunnert, Gerhard (1993), Österreichs Weg in die europäische Union, S. 173.

Österreich vom Antrag am 14. Juli 1989 bis zum Beitritt verstärkt Maßnahmen setzen, um die vorhandenen Defizite gegenüber den ande-ren EG-Ländern auszugleichen.126

Am 6. Juli 1989 wurde Außenminister Alois Mock offiziell vom Bundespräsidenten Kurt Waldheim das EG-Verhandlungsmandat zuerkannt,127 und am 17. Juli 1989 überreichte er persönlich in Brüssel dem damaligen Vorsitzenden des Rates, Ro-land Dumas aus Frankreich, den Beitrittsantrag zur Vollmitgliedschaft der Republik Österreich, welcher als „Brief nach Brüssel“ bekannt wurde.128

Der Antrag wurde aber auf den 14. Juli rückdatiert; Alois Mock sah im Datum 14.Juli eine für den österreichischen Integrationsprozess günstige Voraussetzung, war es doch der französische Nationalfeiertag, an dem er den Antrag offiziell aus-stellen ließ. Dies war der 200. Jahrestag des Ausbruchs der Französischen Revo-lution.129

Der Antrag wurde vorerst allerdings nur zögerlich behandelt. Der belgische Au-ßenminister Mark Eyskens hatte Bedenken bezüglich des Neutralitätsstatus Öster-reichs, auf den im Antrag explizit hingewiesen wurde. Daher wurde der Beitrittsan-trag nicht auf der am selben Tag stattfindende Tagung der EG-Außenminister be-handelt, und die Weiterleitung an die Kommission zur Stellungnahme verzögerte sich. Mark Eyskens verlangte eine gesonderte Prüfung aufgrund des Neutralitäts-vorbehaltes, bevor die Kommission ihrerseits eine Stellungnahme verfasste.130 Das Avis, die vorläufige Stellungnahme der Kommission, erfolgte am 31. Juli 1991. Der österreichische Botschafter der EG-Mission, Wolfgang Wolte, konnte noch an diesem Abend eine in großen Teilen positive Stellungnahme an die Bun-desregierung in Wien faxen.131 Österreich wurde darin sehr gut bewertet, aller-dings blieben noch offene Fragen in Bezug auf die Neutralität und den Transit.132 Der Europäische Rat gab am 12. Dezember 1992 seine Zustimmung für die Auf-nahme der Verhandlungen mit Österreich. Die Bedingung dazu war jedoch, dass

126 Vgl. Zeitgeschichte-Informationssystem, Parteienvereinbarung. (25.08.15) [Online]

127 Vgl. Kopeinig, Margarete (2014), Der dreizehnte Stern, S 46.

128 Vgl. Prettenthaler-Ziegerhofer, Anita (2007), Europäische Integrationsgeschichte. Unter beson-derer Berücksichtigung der österreichischen Integration, S. 187.

129 Vgl. Kopeinig, Margarete (2014), Der dreizehnte Stern, S 46.

130 Vgl. Kunnert, Gerhard (1993), Österreichs Weg in die europäische Union, S. 186.

131 Vgl. Kunnert, Gerhard (1993), Österreichs Weg in die europäische Union, S. 197.

132 Vgl. Prettenthaler-Ziegerhofer, Anita (2007), Europäische Integrationsgeschichte. Unter beson-derer Berücksichtigung der österreichischen Integration, S. 187.

Österreich den EWR-Vertrag in Porto unterzeichnete. Die Ratifizierung dazu fand im Parlament bereits am 22. September 1992 statt. Mit diesem Schritt hatte Öster-reich bereits weite Teile des gemeinschaftsrechtlichen Besitzstandes übernom-men. Die ungelösten Probleme im Bereich Landwirtschaft, Umwelt, Transit und Zweitwohnsitz wurden in den Verhandlungen gelöst. Als letzte Maßnahme musste Österreich sich zur vollen Teilnahme an der gemeinsamen Außen- und Sicher-heitspolitik verpflichten. Damit wurden am 12. April 1994 die Verhandlungen abge-schlossen.133 Von den 518 Mitgliedern des Europäischen Parlaments votierte am 4. Mai 1994 eine Mehrheit von 378 Stimmen für die Mitgliedschaft Österreichs in der EU. Zwei Tage später erfolgte die endgültige Stellungnahme der Kommission (avis definitif). Als dritter Akt wurde im Rat am 15. Mai 1994 einstimmig entschie-den, dem österreichischen Beitrittsansuchen vom 14. Juli 1989 zuzustimmen.134