• Keine Ergebnisse gefunden

Weiteres Vergleichsmaterial

Im Dokument Vielfältig geprägt (Seite 126-131)

V. V ERGLEICHSMATERIAL ZUR I NTERPRETATION DER M ÜNZBILDER

3. Weiteres Vergleichsmaterial

Neben den Münzen und den Siegeln gilt es abschliessend noch einige weitere Objektgruppen zu nennen, die bei der Interpretation der Bilder auf den per-serzeitlichen Prägungen Samarias wichtige Informationen liefern können.

Dies ist zum einen die abbildende Kunst, die am achämenidischen Hof ge-schaffen wurde und von ihm ausging, und zum anderen der figürliche Mo-tivschatz der syro-phönizischen Kunst.

3.1. Aus dem Kunstschaffen am persischen Hof

Die Achämeniden begannen um die Mitte des 6. Jhs. v. Chr. kontinuierlich ihre Herrschaft über Vorderasien auszuweiten und eroberten von ihrer Stammlande Persis aus nacheinander Medien, Lydien und Babylon; wenig später kamen weite Gebiete im Osten (Baktrien, Sogdien und Choresmien) hinzu. Der Perserkönig Kyros II. (559–530 v. Chr.), der später ‚der Grosse‘

genannt wurde, hatte bei seinem Tod im Jahre 530 v. Chr. alle benachbarten Reiche in seiner Hand. Auf ihn folgte sein Sohn Kambyses II. (530–522 v. Chr.), der 525 v. Chr. einen Feldzug nach Ägypten unternahm und auch

448 Legrain 1951: 47–53, pl. 39–43 nos. 701–841; Bregstein 1993: 65–69.

449 Collon 1996: 78.

450 Garrison & Root 2001: 39.

dieses Land unter persische Herrschaft brachte.451 Aus Furcht vor einer Usur-pation in Persien sah er sich gezwungen, den Heimweg anzutreten, starb aber im Laufe der Reise. Die Nachfolge von Kambyses trat nach Thronwirren Dareios I. (522–486 v. Chr.) an. Ihm oblag es, das mittlerweile riesige Reich der Achämeniden zu konsolidieren, wozu er die Reichsstrukturen erneuerte und eine Verwaltungsreform durchführte.

Bereits unter Kyros, Kambyses und Dareios I. entwickelte sich eine cha-rakteristische achämenidische Kunst. Dabei orientierte man sich an den Hochkulturen der Zeit (Griechenland, Mesopotamien, Ägypten), wählte ge-wisse Aspekte aus und formte sie zu etwas Eigenem um. So entstand die sogenannte persische Hofkunst, die bereits im Blick auf einige Münzen und Siegel zur Sprache gekommen ist: Sie stellt die ‚offizielle Kunst der achämenidischen Dynastie‘ dar.452

Die persische Hofkunst stand im Dienst des achämenidischen Gross-königs und wurde dazu genutzt, seine imperiale Ideologie gestalterisch um-zusetzen. Dabei ging es darum, die Herrscherdynastie als Garantin für die Erhaltung der Ordnung und für das Wohl der Untertanen darzustellen; die Untertanen selber traten in der Rolle loyaler Unterstützer auf und nahmen diese Aufgabe trotz unterschiedlicher Herkunft als geschlossene Einheit wahr: Unter der Herrschaft eines gemeinsamen Königs fanden sich viele ethnische Gruppen vereint.453 Diesem Programm wurde bei der Schaffung einer achämenidischen Kunst am königlichen Hofe auch durch die Auf-nahme von speziellen Baustoffen, handwerklichen Techniken, ikonographi-schen Elementen und künstleriikonographi-schen Stilen aus allen Teilen des Imperiums Ausdruck verliehen.454

Dies geschah in erster Linie in den Hauptstädten des Reiches, die gleich-zeitig Zentren der persischen Hofkunst bildeten: Pasargadai, Susa und Perse-polis. Ihre Ruinen bilden die wichtigste Grundlage für unsere Kenntnis vom Kunstschaffen am persischen Hof.455 Besonders gut erhalten ist die Palastan-lage der Stadt Persepolis und deshalb hier von besonderem Interesse.

Persepolis liegt rund 60 km nordöstlich von Šīrāz. Die Stadt wurde unter Dareios I. gegründet, der sich damit einen eigenen, mit seinem Namen ver-bundenen Regierungssitz im Herzen Persiens schaffen wollte. Zu diesem Zweck wurde auf einer grossen, künstlich errichteten Terrasse eine Anlage mit Empfangssaal (Apadana), Palast und Schatzhaus gebaut, die von einem Park (paradeisos) umgeben war.456 Die gesamte Residenz war reich mit Wandreliefs ausgestattet. Sie gehören zu den wichtigsten Quellen, die aus

451 Koch 1992: 9.

452 Root 1979: 1–5; 309–311.

453 Root 1979: 309–311.

454 S. Boardman 2003b.

455 S. Boardman 2003b: 146–153.

456 Koch 1992: 78–79; 264. Die Bebauung der Terrasse wurde unter den folgenden Grosskönigen kontinuierlich fortgesetzt.

erster Hand Auskunft über die Ideologie und das Herrschaftsverständnis im achämendischen Grossreich geben.457

Wichtige Informationen über das Selbstbild der Grosskönige sind auch den Reliefs von Naqš-e Rostam zu entnehmen. Das hochaufragende Felspla-teau, das nach Süden hin steil abfällt, liegt etwa sechs Kilometer nördlich von Persepolis.458 Dareios I. hatte den Ort als Begräbnisstätte ausgewählt und liess dort (wie auch ein Teil seiner Nachfolger) sein Grab in den Felsen schla-gen. Das Relief am Felsengrab zeigt den Grosskönig im Gegenüber zu einem Feueraltar und einer darüber schwebenden Halbfigur in einer geflügelten Sonnenscheibe. Zusammen mit der dazugehörigen Inschrift gibt die Darstel-lung wichtige Hinweise auf einen zentralen Aspekt der Staatsreligion der achämenidischen Herrscher, die ihre Macht als von Ahuramazda verliehen betrachteten.

Die in der Persis entwickelte Kunst und ihre Bildthemen fanden ihren Weg in die Provinzen des Reiches und wurden dort von der lokalen Bevöl-kerung (und insbesondere ihrer Elite) adaptiert. Dabei hielt man sich nicht an eine vorgegebene, standardisierte Form, sondern gestaltete die Hofkunst nach den eigenen Vorstellungen um und stellte sie neben die autochthonen ikonographischen Traditionen.459 Besonders reichhaltiges Anschauungsma-terial zu diesen Vorgängen liefert Kleinasien, wo sich beispielweise anhand des Befundes am Satrapensitz Sardes wichtige Beobachtungen machen las-sen.460

Die Freiheit, die offizielle Bildsprache des Perserreiches den lokalen Ge-pflogenheiten vor Ort anzupassen, macht deutlich, dass die persischen Grosskönige in diesem Punkt den gleichen Weg gingen, den sie auch sonst bei der Verwaltung ihrer Provinzen beschritten: Sie kombinierten die persi-sche Zentralgewalt mit administrativen Strukturen, die lokal etabliert waren.

Daraus resultiert eine grosse Vielfalt an achämenidischen koiné-Stilen, deren Gestaltung von Entstehungsort und -zeit abhängig war. Demgegenüber blieben die Vorbilder in der Persis über 200 Jahre die gleichen – und auch der ideologische Hintergrund, auf der ihre Aussage basierte, veränderte sich kaum. Um die Bedeutung der lokalen Adaptionen (z.B. auch einen Teil der Bilder auf den Münzen Samarias) zu verstehen, ist deshalb ein Blick auf das Kunstschaffen am persischen Hof unerlässlich.

457 Zu den Reliefs aus Persepolis s. Abb. 17 & 21 sowie Root 1979; Garrison 2000: 119–120.

458 Zu Naqš-e Rostam s. Abb. 22 sowie Koch 1992: 290–296.

459 S. dazu Garrison (2000: 117): „Local styles and iconographic traditions exist side by side with the official Achaemenid court style (set at the court, documented today mainly in the wall reliefs and glyptic at Persepolis).“

460 Zum achämenidisch geprägten Sardes bzw. Kleinasien s. Dusinberre 2003; 2013.

Interessante Einblicke ins achämenidisch geprägte Ägypten erlaubt Wasmuth 2009. Zum persianism in Palästina s. Uehlinger 1999.

3.2. Aus dem Kunstschaffen in Syro-Phönizien zur Perserzeit

Neben den bereits vorgestellten Münzen und Siegeln aus Syro-Phönizien spielen noch weitere Kunstgattungen aus diesem Kulturraum eine wichtige Rolle als Vergleichsmaterial für die perserzeitlichen Münzen Samarias. Im Blick auf ein besseres Verständnis ihrer Ikonographie ist insbesondere wei-teres figürlich gestaltetes und bebildertes Material von Bedeutung. Es kann wichtige Hinweise darauf geben, wie ein bestimmtes Motiv verstanden wurde.461

Der Motivschatz Syro-Phöniziens zeichnet sich durch seinen Eklektizis-mus aus, bei dem Elemente verschiedener Herkunft aufgenommen und kre-ativ verarbeitet wurden. Dabei spielen namentlich Einflüsse aus Ägypten, Mesopotamien, Kleinasien und Griechenland eine wichtige Rolle. Sie lassen sich bei der Gestaltung verschiedenster Objekte erkennen, sei es bei der Be-arbeitung von Stein, Elfenbein oder Metall.462

A. Nunn (2000) bietet einen wichtigen Materialkatalog der relevanten Gattungen (Relief, Plastik/Koroplastik, Siegel, Münzen und Keramik) aus Phönizien, Syrien und Transjordanien vom 6. bis ins 4. Jh. v. Chr. Er gibt einen guten Eindruck von der Vielfalt des perserzeitlichen Kunstschaffens im syro-phönizischen Kulturraum, klammert aber Material aus dem Hinter-land Palästinas/Israels aus.463

Eine wichtige Ergänzung zu Nunns Werk bilden deshalb die Arbeiten von E. Stern (1982; 2001: 353–582), dessen Zusammenstellung sich jedoch auf dem Stand der 1970er Jahre befindet und deshalb als überholt gelten muss.

Ein vollständiger und aktualisierter Katalog des figürlichen Motivschatzes stellt ein Desiderat der Forschung dar, welches bereits vor längerer Zeit an-gemahnt wurde.464 Weiteres Material muss deshalb direkt aus Ausgrabungs-berichten und Fundkatalogen entnommen werden.465

Durch den Einbezug einer möglichst breiten Basis an Vergleichsmaterial aus dem gesamten Mittelmeerraum, Syro-Palästina, Mesopotamien und der Persis wird es möglich, die Münzbilder Samarias in den Kontext der zeitge-nössischen Kultur zu stellen und sie vor diesem Hintergrund auf ihre Bedeu-tung(en) hin zu befragen. Dies soll im nächsten Teil dieses Buches in aus-führlicher Weise geschehen.

461 Als Beispiel s. Abb. 42.

462 Lipiński 1992a: 42.

463 S. dazu Nunn 2000: 169–196.

464 Uehlinger 1999: 136–137; Wenning 2004: 29.

465 Besonders erwähnenswert ist hier die Publikation zu Dor (Stern 2010), die viele interes-sante Fundstücke aus der Perserzeit beinhaltet. S. z.B. Abb. 42.

Karte 2: Im Text erwähnte Ortslagen im Alten Orient und dem östlichen Mittelmeerraum.

Im Dokument Vielfältig geprägt (Seite 126-131)