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Die Aussage des Münzbilds im Blick auf die Prägungen

Im Dokument Vielfältig geprägt (Seite 104-107)

IV. M ETHODEN ZUR I NTERPRETATION DER M ÜNZBILDER S AMARIAS

3. Die Aussage des Münzbilds im Blick auf die Prägungen

eine grosse Anzahl an Motiven aus, die von anderen Prägungen übernommen wurden. Auf dieses charakterisierende Merkmal weist bereits L. Mildenberg mit seiner Bemerkung hin, dass man in Samaria ‚kein eigentlich originales Münzbild‘ findet.340 Obwohl diese Aussage aus heutiger Sicht relativiert werden muss, bleibt sie in ihrer Tendenz richtig.

Vor dem Hintergrund, dass es sich bei den samarischen Münzen (wenigs-tens vordergründig) lediglich um Kopien handelt, muss gefragt werden, ob von ihnen eine eigene Aussage erwartet werden darf und wie diese ausgese-hen haben könnte. Um diese Fragen zu beantworten, muss die Funktion des Münzbildes als offizielles ‚Gütesiegel‘ in Erinnerung gerufen werden. Wie im vorhergehenden Kapitel gezeigt wurde, stellte es ein herrschaftliches Souveränitätsymbol dar, das aus einem Bronze- oder Silberstückchen eine autorisierte Münze nach einem bestimmten Standard machte und von den Münznutzern als Qualitätsmerkmal betrachtet wurde. So z.B. bei attischen Eulen oder bei Prägungen aus Phönizien und Kilikien, die verbreitet und all-seits bekannt waren und daher allgemein Vertrauen genossen. Um sich die-sen ‚Vertrauensvorschuss‘ für die lokal hergestellten Münzen Samarias an-zueignen, kopierte man sie und stellte damit sicher, dass das hier geprägte Silber als Geld identifiziert und akzeptiert wurde.

Nun handelt es sich längst nicht bei allen perserzeitlichen Münzen Sama-rias um einfache Kopien fremder Prägungen. Viele von ihnen entlehnen le-diglich ein Vorder- oder Rückseitenbild und kombinieren es mit anderen

339 Zur Mehrdeutigkeit von Bildern und Objekten in der Antike s. Fehr 1988; 1990.

340 Mildenberg 2000a: 378.

Motiven. Auf einigen ist zudem deutlich zu erkennen, dass Änderungen ge-genüber dem Original vorgenommen wurden.

Aufgrund dieser Beobachtung rät es sich, die Münzbilder auf den perser-zeitlichen Prägungen Samarias in zwei Gruppen zu unterteilen: Die erste Gruppe umfasst reine Imitationen.341 Bei ihnen handelt es sich um die mög-lichst originalgetreuen Kopien eines Vorbilds, dem sie sowohl mit ihrer Vorder- und Rückseite entsprechen. Von den Münznutzern wurden sie dadurch sofort als Zahlungsmittel erkannt und stellten für den Münzherrn eine unkomplizierte Art der Münzproduktion dar. Die Aussage der Bilder beschränkt sich in diesem Falle darauf, das geprägte Silber als ‚gutes Geld‘

auszuweisen. Eine eigene Botschaft stand für den Münzherrn nicht im Vor-dergrund: Er musste sich mit der Aussage der kopierten Motive begnügen.

Die zweite Gruppe beinhaltet sogenannte Adaptionen. Unter diesem Begriff werden Münzen verstanden, bei denen die Münzbilder von unter-schiedlichen Vorbildern (fremde Prägungen, Siegel etc.) entlehnt sind, neu kombiniert und in einigen Fällen auch verändert wurden. Ein Anlass für das Schaffen von Adaptionen war zum einen (wie bei den Imitationen) sicherlich ökonomischer Natur: Die Münzherren entlehnten ein ‚Gütesiegel‘, damit ihre Prägungen als Zahlungsmittel (‚gutes Geld‘) anerkannt wurden. Neben diesem ökonomisch begründeten Anlass zur Adaption von Münzbildern sind auch politische bzw. ideologische Motive möglich: Seit den Anfängen der antiken Münzprägung bestand die Option, sich bei Schaffung eigener Mün-zen an bestimmte Vorbilder anzulehnen. Durch diese Anlehnung brachte man die Verbundenheit mit den entsprechenden Herrschern oder Städten zum Ausdruck und grenzte sich gleichzeitig gegen andere ab.342 Darüber hin-aus ist als weitere Veranlassung zur Adaption eines Münzbildes schliesslich auch denkbar, dass der Prototyp unabhängig von seiner Herkunft aus ästhe-tischen Gründen nachgeahmt wurde.343

Um den adaptierten Münzbildern eine eigene Aussage zu geben, bestand die Möglichkeit, ein ganz bestimmtes Motiv auszuwählen, dieses mit einer spezifischen Kehrseite zu kombinieren und es nach Bedarf abzuändern. Im Gegensatz zur Imitation ist der Umgang mit dem Prototyp bei der Adaption kreativ. Die Bedürfnisse der Münzherren können berücksichtigt und das Mo-tiv entsprechend angepasst werden.344 Diese Anpassungen sind wichtig bei

341 Zu Imitationen in der antiken Numismatik s. van Alfen 2005.

342 Zur Anlehnung an und Abgrenzung von bestimmten Münzbildern s. Ritter 2002: 159. Zu den möglichen Gründen, weshalb in der perserzeitlichen Südlevante (Juda, Samaria und Philistäa) der achämenidische Grosskönig als Motiv auf Münzen gewählt wurde s. Sacks 2013.

343 Zu den vielfältigen Beweggründen für das Imitieren und Adaptieren von Münzbildern s.

van Alfen 2005: 339–343.

344 S. dazu Miller (1997: 135–136), die bei der griechischen Rezeption persischer Keramikformen zwischen Imitation, Adaption und Derivation unterscheidet. Bei der Imitation wird auf eine möglichst originalgetreue Kopie einer Form abgezielt, während die Adaption die Übernahme und die Anpassung einer Form an die Bedürfnisse der

der Beantwortung der Frage, ob mit den Münzbildern eine eigene Aussage verbunden wurde.

Das Vorgehen bei Selektion, Neukombination und Modifikation kann Hinweise über die spezifische Botschaft liefern, die die Münzherren ihren Prägungen mitgeben wollten. Vor dem Hintergrund der antiken Münzprä-gung im Allgemeinen lässt sich ungefähr abstecken, welcher Art diese Bot-schaft sein konnte: Sie diente entweder der Repräsentation der eigenen Herr-schaft oder der städtischen bzw. regionalen Selbstdarstellung.

Im Blick auf die (Religions-)Geschichte einer Landschaft wie Samarien sind Münzbilder zum Zwecke der städtischen bzw. regionalen Selbstdarstel-lung von besonderem Interesse. Sie zeigen oft die mit der Stadt oder der Re-gion verbundenen Gottheiten und erlauben damit wichtige Rückschlüsse auf die vorherrschenden Kulte.345 Darüber hinaus geben sie einen Eindruck vom Selbstbild der ansässigen Elite. Inwiefern die Ikonographie der perserzeitli-chen Prägung Samarias als Herrscherrepräsentation oder städtische bzw. re-gionale Selbstdarstellung angesprochen werden kann, wird die ikonographi-sche Analyse der Münzbilder zeigen.

Rezipienten beschreibt. Bei der Derivation schliesslich geht es um die Anwendung einer fremden Erscheinungsform auf eine traditionelle Keramikgattung.

345 Zur religionsgeschichtlichen Relevanz von Münzbildern s. Uehlinger 2003b: 430; vgl.

auch Lichtenberger 2003: 1–4.

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