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5.3 Erstellung der Datenmatrix

5.3.2 Taxatorischer Ertrag

5.3.2.2 Vergleichskorpus

Im Vergleichskorpus (Hajek 2014) konnten aus den (nach Ausschluss der OK mit mehr als 7 Nullstellen sowie der mononymen OK) endgültig berücksichtigten 189 Originalkarten 285 Ar-beitskarten (d.h. durchschnittlich 1,5 ArAr-beitskarten pro Originalkarte) extrahiert werden, von denen 112 AK lexikalisch und 173 AK phonetisch relevant sind. Im phonetischen Bereich fal-len 125 AK in den Bereich des Konsonantismus und 48 AK in den Bereich des Vokalismus (s.

Tab. 24).397

Tabelle 24. Synopse des Ertrages der dialektometrischen Auswertung des Vergleichskorpus (N = 36).

Insgesamt ergab sich bei der Taxierung der Originalkarten eine Anzahl von 912 Taxaten, von denen 416 Taxate auf den lexikalischen und 496 Taxate auf den phonetischen Bereich entfallen.

Die durchschnittliche Anzahl der Taxate je Arbeitskarte ist damit im lexikalischen Bereich hö-her als im phonetischen Bereich. Gleichzeitig ist die durchschnittliche Anzahl der Messpunkte je Taxatareal im Lexikon geringer als in der Phonetik. Die diatopische Diversifikation der kam-panischen Dialekte ist also auch gegenwärtig im Lexikon stärker ausgeprägt und zeigt feinere Raumstrukturen als im phonetischen Bereich. Innerhalb des phonetischen Teilkorpus zeigen sich im Vergleichskorpus jedoch sowohl hinsichtlich des durchschnittlichen Taxatbesatzes als auch hinsichtlich der durchschnittlichen Größe der Taxatareale Unterschiede zwischen Konso-nantismus und Vokalismus. Während die durchschnittliche Anzahl der Taxate je Arbeitskarte im Konsonantismus leicht geringer ist als im Vokalismus, zeigen sich im Konsonantismus im Schnitt größere Taxatareale. Vor dem Hintergrund, dass die diatopische Diversifikation im ALI-Korpus im konsonantischen und im vokalischen Bereich etwa gleich ausgeprägt ist (vgl.

Tab. 25), deutet die Analyse des Taxatbesatzes also darauf hin, dass in der Zeit zwischen den Erhebungszeitpunkten, d.h. in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der phonetischen Di-versifikation des kampanischen Dialektgebietes Veränderungen stattgefunden haben, die die im Vergleichskorpus zu beobachtenden Abweichungen zwischen Konsonantismus und Vokalis-mus bedingen.

Tabelle 25 zeigt, dass die Gesamtzahl der Taxate im ALI-Korpus deutlich höher ist als im Vergleichskorpus. Dies gilt auch für alle Teilkorpora bis auf den Vokalismus, wo der Taxatertrag im Vergleichskorpus leicht höher liegt. Die für den direkten Vergleich der

397 Damit ergibt sich hier gegenüber dem Ergebnis im ALI-Korpus eine geringe Abweichung des Verhältnisses zwischen Konsonantismus und Vokalismus im Bereich der Arbeitskarten (2,6 zu 1) von jenem im Bereich der Merkmale (3 zu 1).

398 Keine Taxate sind Nullstellen (Taxat Nr. 0) und nullfrequentes zéro (Wegfall des Nexus, standardmäßig Ta-xat Nr. 1 bei phonetischer Taxierung).

399 Ergebnisse auf die erste Kommastelle gerundet.

Taxaterträge relevante durchschnittliche Anzahl der Taxate je Arbeitskarte400 ist im Vergleichskorpus insgesamt sowie in allen Teilkorpora – und insbesondere im Konsonantismus – geringer als im ALI-Korpus. In der Zeit zwischen den Erhebungszeitpunkten hat also im lexikalischen wie im phonetischen (und hier insbesondere im konsonantischen) Bereich eine Reduktion der diatopischen Diversifikation im kampanischen Dialektgebiet stattgefunden.

Dementsprechend lässt sich im Hinblick auf die durchschnittliche Größe der Taxatareale im diachronischen Vergleich ein deutliches Wachstum erkennen, das im phonetischen Bereich ausgeprägter ist als im Lexikon und sich insbesondere im Konsonantismus manifestiert. Die sprachlichen Raummuster sind also heute deutlich grobmaschiger als noch in den 1960er Jahren.

Kategorie ∑ Taxate ø Taxate/AK ø Messpunkte/

Taxatareal

Tabelle 25. Synopse des Taxatertrages der dialektometrischen Auswertung des ALI-Korpus (1960)401 und des Vergleichskorpus (2014).

Die Abbildungen 26, 27 und 28 zeigen die Häufigkeitsverteilung der verschiedenen Taxatbe-sätze im Vergleichskorpus im Hinblick auf alle extrahierten Arbeitskarten (TOT) sowie im lexikalischen (LEX) und im phonetischen Bereich (PHON). Es fällt auf, dass der Verlauf der Kurve hier sowohl im Totalkorpus als auch in den Teilkorpora deutlich stärker mit den allge-meinen Gesetzmäßigkeiten kongruiert als im ALI-Korpus (Erreichen des Maximums bei den binymen Arbeitskarten mit anschließender exponentieller Abnahme). Die diatopische Differen-zierung des kampanischen Dialekťebietes weist also ̍eute ‚typisc̍ere‘ Charakteristika auf als noch vor fünfzig Jahren. Auch die Häufigkeitsverteilung der Taxatareale nach ihrer Größe (s.

Abb. 29, 30 und 31) zeigt im Vergleichskorpus sowohl im Hinblick auf die Gesamtheit der Taxate als auch in den Teilbereichen eine typische Struktur. Zwar existieren auch hier im phonetischen Bereich an mehreren Stellen Unregelmäßigkeiten; diese sind jedoch weit weniger ausgeprägt als im ALI-Korpus (vgl. Abb. 25). Die sprachliche Bewirtschaftung des Raumes verläuft also insbesondere im phonetischen Bereich heute regulärer als in den 1960er Jahren, gleichzeitig jedoch nach wie vor weniger regelmäßig als im Lexikon. Obwohl also innerhalb des phonetischen Bereichs Veränderungen stattgefunden haben, ist das Verhältnis zwischen Lexikon und Phonetik im Hinblick auf die Ausprägung der diatopischen Diversifikation stabil geblieben.

400 Die Variationsbreite der Anzahl der Taxate je Arbeitskarte bildet keine adäquate Grundlage für den Vergleich beider Korpora, da hier die Häufigkeitsverteilung der verschiedenen Taxatbesätze nicht deutlich wird (so weisen etwa im ALI-Korpus nur drei Arbeitskarten mehr als neun Taxate auf). Ein Vergleich der Diagramme zur Taxatverteilung im ALI-Korpus (Abb. 20-22) und im Vergleichskorpus (Abb. 26-28) liefert in dieser Hinsicht ein besseres Bild.

401 Da der Erhebungszeitraum der Daten für den ALI etwa zehn Jahre beträgt (1954-1964), wird hier zur besse-ren Übersicht ein mittlerer Zeitpunkt (1960) angegeben.

Aus dem Vergleich der Taxierungserträge der beiden Korpora lässt sich also festhalten, dass

a) zwischen den Erhebungszeitpunkten – d.h. zwischen ca. 1960 und 2014 – eine Reduktion der sprachlichen Diversifikation in der Campania stattgefunden hat, die sich vor allem im Kon-sonantismus manifestiert und mit einer Vergröberung der Raummuster einhergeht,

b) die „basilektale ɒewirtsc̍aftuň des Raumes“ ̍eute deutlic̍ ̌esetzmäßiger verläuft als in den 1960er Jahren und

c) das Verhältnis zwischen Lexikon und Phonetik im Hinblick auf die Ausprägung der diatopi-schen Diversifikation diachronisch stabil ist.

In welcher Form sich die von den numerischen Taxierungsergebnissen bereits angedeuteten diachronischen Veränderungen in der sprachlichen Raumordnung der Campania genau darstellen und welche geographischen Bereiche besonders von der Umgestaltung betroffen sind, zeigt die Analyse der dialektometrischen Heuristika in Kap. 5.4 und 5.5.

Abbildung 26. Verteilung der Arbeitskarten nach Anzahl der Taxate je Arbeitskarte im Totalkorpus.

Abbildung 27. Verteilung der Arbeitskarten nach Anzahl der Taxate je Arbeitskarte im lexikalischen Teilkorpus.

Abbildung 28. Verteilung der Arbeitskarten nach Anzahl der Taxate je Arbeitskarte im phonetischen Teilkorpus.

0 20 40 60 80 100 120 140

2 3 4 5 6 7 8 9

Arbeitskarten

∑ Taxate / Arbeitskarte Hajek (2014) - Campania - TOT (285 AK)

0 10 20 30 40 50 60

2 3 4 5 6 7 8 9

Arbeitskarten

∑ Taxate / Arbeitskarte Hajek (2014) - Campania - LEX (112 AK)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

2 3 4 5 6 7 8 9

Arbeitskarten

∑ Taxate / Arbeitskarte Hajek (2014) - Campania - PHON (173 AK)

Abbildung 29. Verteilung der Taxate nach Größe der Taxatareale im Totalkorpus (912 Taxate).

Abbildung 30. Verteilung der Taxate nach Größe der Taxatareale im lexikalischen Teilkorpus (416 Taxate).

Abbildung 31. Verteilung der Taxate nach Größe der Taxatareale im phonetischen Teilkorpus (496 Taxate).

0 50 100 150 200 250

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

Taxate

∑ Messpunkte/Taxat Hajek (2014) - Campania - TOT

0 20 40 60 80 100 120 140

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

Taxate

∑ Messpunkte/Taxat Hajek (2014) - Campania - LEX

0 20 40 60 80 100 120

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

∑ Taxate

∑ Messpunkte/Taxat Hajek (2014) - Campania - PHON

5.4 Dialektometrische Auswertung I: Das kampanische Dialektgebiet um 1960