1. Erhebung 2. Erhebung Signifikanz
4.5 Vergleich der vier Untersuchungsstichproben
4.5.4 Vergleich der Tätigkeiten auf der Basis der Beanspruchungsfolgen .1 Somatische und psychische Beschwerden
Das Beschwerdenniveau ist in den untersuchten Stichproben insgesamt niedrig (s. Tab. 4.47).
Ein Wert von 5 bedeutet, dieses Symptom tritt „praktisch nie“ auf, der Wert 1 bedeu
tet, dieses Symptom tritt „fast täglich“ auf; je niedriger der in der Tabelle angegebene Mittelwert, desto häufiger werden die Beschwerden berichtet.
Die Prüfung der Mittelwertunterschiede des Gesamtscore ergibt keine statistisch signifikanten Differenzen zwischen den Stichproben, jedoch fällt auf, dass die Lei
harbeiter am häufigsten Beschwerden berichten, die Pflegekräfte am seltensten.
Die für jedes Item berechneten Varianzanalysen ergaben hingegen für 20 der Be
schwerden signifikante Mittelwertdifferenzen zwischen den vier Tätigkeitsgruppen.
Die post hoc Tests zeigen, dass die Leiharbeiter sich in jedem Item von mindestens einer, in den Items 7 (Schmerzen in der Herzgegend), 15 (Atemnot bei Aufregung), 16 (Durchblutungsstörungen), 17 (Muskelkrämpfe), 18 (Augenbeschwerden) und 23 (Schweißausbrüche) von den anderen 3 Untersuchungsgruppen signifikant unter-scheiden. Damit ist in dieser (kleinen) Stichprobe zu belegen, dass Leiharbeiter häu
figer unter gesundheitlichen Irritationen leiden oder sie häufiger berichten.
Tab. 4.47 Mittelwerte der Beschwerdenhäufigkeit (Vergleich)
3. …reagiert Ihr Magen empfindlich
(z.B. Völlegefühl, Sodbrennen)? 3,72 3,31 3,41 3,22 .015
10. …Konzentrationsschmerzen? 4,28 4,00 3,44 3,58 .000 11. ...Schlafstörungen 15. ...leiden Sie unter Atemnot bei Aufre
gung? 4,79 4,73 4,46 3,94 .000
16. ...Durchblutungsstörungen (Kribbeln, Prickeln, Einschlafen der Gliedma
ßen)? 4,13 4,00 3,74 3,29 .000
17. ...leiden Sie unter Muskelkrämpfen
(z.B. Wadenkrämpfe)? 4,41 4,47 4,25 3,5 .000
18. ...leiden Sie unter Augenbeschwer
den (Brennen/Rötung der Augen)? 4,23 3,66 3,74 3,17 .000 19. ... Schmerzen beim Bewegen der
Augen? 4,68 4,07 4,44 4,28 .012
20. ...reagieren Ihre Augen gegenüber
Licht empfindlich? 4,20 3,83 3,84 3,5 .001
21. ...leiden Sie unter allergischen Reak
tionen (z. B. Haut-, Schnupfen oder Hu
stenbeschwerden)? 4,30 4,20 3,86 3,57 .000
22. ...leiden Sie unter Nervosität (z.B.
innere Unruhe, leichte Erregbarkeit)? 3,86 3,79 3,04 3,31 .000 23. ...Schweißausbrüche oder feuchte
Hände? 4,27 4,34 3,95 3,49 .000
24. ...leiden Sie unter Darmbeschwerden
(z.B. Durchfall, Verstopfung)? 4,21 4,17 4,04 3,68 .009
Mittelwert Gesamtscore 3,63 3,81 4,06 3,33
4.5.4.2 Emotionale Erschöpfung und Klienten-/Kundenaversion
In der Stichprobe der Leiharbeiter wurden die Daten zu „Emotionale Erschöpfung“
und „Klientenaversion“ nicht erhoben, da sich diese Skalen aus dem BHD auf per
sonnahe (Human)-Dienstleistungen beziehen.
Für diese Auswertung wurden die beiden Stichproben der Pflegekräfte (Haus- und Krankenpflege) sowie die Erhebungen an den Busfahrern zu beiden Messzeitpunk
ten zusammengefasst.
Die Ausprägung in den Skalen „Emotionale Erschöpfung“ und „Klienten-/Kunden
aversion“ zeigt für die Stichproben der Busfahrer und der Polizeibeamten gleicher
maßen ein neutrales Bewertungsniveau. Dies trifft auch (noch) für die Pflegekräfte zu, wenn auch diese eine stärkere emotionale Erschöpfung angeben (s. Tabelle 4.48).
Tab. 4.48 Mittelwerte der Skalen Emotionale Erschöpfung und Klienten
/Kundenaversion (Vergleich)
Busfahrer Haus- und
Kranken-pflege Polizei
N M N M N M
Emotionale
Er-schöpfung 314 32,09 70 39,49 28 32,21
Klientenaversion 314 13,74 70 12,92 28 12,46
Neutraler Bereich: Emotionale Erschöpfung: 27-43 Klienten-/Kundenaversion: 10-17
Die varianzanalytische Prüfung ergab jedoch für 10 der 17 Items statistisch signifi
kante Mittelwertdifferenzen (vgl. Tab. 4.49) zwischen den drei Tätigkeitsgruppen.
Die post hoc Tests der signifikanten Mittelwertunterschiede zeigen, dass sich fast ausnahmslos die Einschätzungen der Pflegekräfte von denen der anderen beiden Tätigkeitsgruppen bedeutsam unterscheiden: Pflegekräfte berichten eine stärkere (negative) Ausprägung dieser Beanspruchungsfolgen. Lediglich dem Item 17 („Bei manchen Patientinnen/Kunden interessiert es mich eigentlich nicht wirklich, was aus ihnen wird“) wird von den Busfahrern signifikant stärker zugestimmt. Dieses Ergebnis deckt sich mit vielen in der Literatur berichteten Befunden, sind doch Pflegetätigkei
ten geradezu prototypisch für erhöhtes Burnout-Risiko.
Tab. 4.49 Mittelwertsdifferenzen der Items in den Skalen „Emotionale Erschöp
fung“ und Klienten-/Kundenaversion“
Busfahrer Haus- u. Poli- Signi-Krankenpfle- zei fikanz N=377 ge
N=80 N=30
M M M p �
1. Ich habe den Eindruck nicht alles schaffen zu können. 2,21 3,38 2,80 .00
2. Es fällt mir oft schwer, gleich bleibend freund-lich zu den Patienten, Kunden etc. zu sein. 2,63 2,74 2,70 n.s.
3. Ich fühle mich manchmal wie ausgebrannt. 3,05 3,74 3,60 .01
4. Ich habe gelegentlich ein Gefühl inner Leere. 2,46 3,10 2,53 .01
5. Hin und wieder verliere ich bei der Arbeit die Geduld und werde ärgerlich. 2,77 2,91 2,87 n.s.
6. Ich habe manchmal unbegründete Angst. 2,04 2,84 1,76 .01
7. Am Arbeitsende fühle ich mich oft erschöpft. 3,50 4,19 3,53 .01
8. Ich muss mich manchmal zwingen, nicht grob zu den PatientInnen, Kunden etc. zu sein. 2,18 2,11 2,03 n.s.
9. Ich fühle mich oft gehetzt. 2,86 3,96 3,24 .01
10. Gelegentlich kämpfe ich mit einer Wut auf eine/n PatientIn, etc. 2,67 2,70 2,30 n.s.
11. Ich glaube, dass die Arbeitsbelastungen zu
Ehe- bzw. Partner- und Familienproblemen in 2,74 2,44 3,55 .01 meinem Leben beigetragen haben.
12. Meine Stimmung schwankt häufig. 2,55 2,85 2,50 n.s.
13. Durch meine Arbeit bin ich oft gereizt. 2,56 3,04 2,87 n.s.
14. Ich brauche oft Kraft, um meinen inneren Wi-derwillen gegen die Arbeit zu überwinden. 2,11 2,65 1,97 .01
15. Ich kann nach der Arbeit gut abschalten. 4,03 3,91 4,25 n.s.
16. Den ganzen Tag mit Leuten zu arbeiten, das ist wirklich eine Strapaze für mich. 2,37 2,57 2,10 n.s.
17. Bei manchen PatientInnen, Kunden interessiert
es mich eigentlich nicht wirklich, was aus ihnen 3,17 2,11 2,67 .01 wird.
4.5.4.3 Vergleich der Ergebnisse des Zusatzmoduls
Das Zusatzmodul (Z) zum SPA-P (je 9 Items ergänzend zum SPA-P1 und SPA-P2) erfragt Belastungen und Beanspruchungen durch orts- und zeitflexible Tätigkeiten.
Es sollte demzufolge in den vier Untersuchungsstichproben, die entsprechend der Merkmale Orts- und Zeitflexibilität rekrutiert wurden, zwar partiell ein ähnliches Ant
wortverhalten zu finden sein, jedoch sollte das Modul auch geeignet sein, zwischen den Stichproben entsprechend der unterschiedlichen Ausprägung von Orts- und Zeitflexibilität zu trennen. Die Ergebnisse sind in Tab. 4.50 zusammengestellt.
Tab. 4.50 Mittelwertdifferenzen* der subjektiv reflektierten Belastungen (SPA-P1-Z) und der erlebten Beanspruchungen durch Orts- und Zeitflexibilität (SPA-P2 Z)
Item-Nr. und Beschreibung
6. Ich bin bei der Erledigung meiner Aufgaben häufig auf mich gestellt.
11. Ich muss meinen Arbeitsort häufig wechseln.
18. Ich muss mich ständig auf neue Bedingungen einstellen.
20. Durch den häufigen Wechsel des Arbeitsor
tes gerate ich oft in Zeitnot.
23. Mein Dienst beginnt häufig an unterschiedli
chen Einsatzorten.
34. Ich habe lange Arbeitswege zu meinem Einsatzort.
40. Für die Erfüllung meiner Arbeitsaufgaben stehen mir keine I-und K-Technologien zur Verfügung.
43. Ich arbeite in unregelmäßigem Dienst nach Sonderregelungen.
51. Ich arbeite regelmäßig an Wochenenden und Feiertagen.
Bus- Pflege Polizei Leih- Signifi
fahrer arbeit kanz
*In der oberen Zeile der Zellen stehen die SPA-P1 Mittelwerte, in der unteren Zeile in Klammern die Mittelwerte der SPA-P2 Antworten.
Hohe Werte bedeuten negative Ausprägung.
Die Mittelwertdifferenzen der beurteilten Merkmale wurden zwischen den vier Stich-proben varianzanalytisch geprüft; das Ergebnis der Signifikanzprüfung ist in der rechten Spalte der Tabelle 4.50 angeben. Für die subjektiv reflektierten Belastungen (SPA-P1-Z) gilt, dass die Mittelwertdifferenzen aller Items des Zusatzmoduls signifi
kant sind (Haupteffekt), d.h. tätigkeitsspezifische Ausführungsbedingungen bezüglich der Orts- und Zeitflexibilität werden differenziert beschrieben. Außer für die Items 6 und 18 werden im Beanspruchungserleben (SPA-P2-Z) ebenfalls signifikante Haup
teffekte zwischen den Tätigkeitsgruppen ermittelt, wenn auch generell Beanspru
chungen nur in geringem Ausmaß berichtet werden.
Die nachfolgenden post-hoc Tests erbringen folgende Unterschiede (genannt werden nur die statistisch signifikanten):