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4.4   Entzündung und Gelenkumbau bei AS

4.4.3   Vergleich der Histologie humaner Facettengelenke mit dem HLA–

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ausgeschlossen. Beide Untersuchungen, die MRT-Studie und die hier vorgelegte histologische Arbeit, unterstützen somit eine frühere Hypothese aus dem Jahr 2008, nachdem die Reparatur von Erosionen in den SI-Gelenken durch ein Ersatzgewebe die Grundlage der späteren Ankylose ist [1]. Trotzdem konnte bislang keine Studie Daten zur Verfügung stellen, die diese Hypothese unterstützen oder die die Relevanz des fibrösen Pannusgewebes als Schlüsselereignis im Prozess der Ankylose von (Facetten-)Gelenken bei AS beweisen.

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einschließlich des Gelenkknorpels, der Endplatte sowie des Anulus fibrosus und Nucleus pulposus assoziiert. Gleichzeitig, aber außerhalb dieses destruktiven Entzündungsprozesses, schreitet die Osteoproliferation jedoch weiter voran. Die spontan auftretende SpA in diesen HLA-B27/Humanen β2-transgenen Ratten ist demnach primär durch das Auftreten eines destruierenden, entzündlichen Pannusgewebes an der Verbindung zwischen den Wirbelkörpern charakterisiert, anstelle einer Enthesitis oder Osteitis. Gelenkzerstörung und Osteoproliferation treten gleichzeitig in Gelenken mit mäßiger bis schwerer Entzündung, aber nicht in nicht oder wenig entzündeten Gelenken auf, sodass ein Zusammenhang zwischen Entzündung und erosiven Prozessen angenommen wird. Die unterschiedliche anatomische Lokalisation der Zerstörung und der Knochenneubildung sowie das Vorhandensein einer Osteoproliferation trotz voranschreitender, schwerer Entzündung unterstützen nicht die Hypothese eines reparativen Umbaus erst nach Auflösung der Entzündung [293]. Gleichzeitig bestehen wesentliche Unterschiede zu den in den Facettengelenken beobachteten, pathologischen Veränderungen. So lassen die hier vorgelegten Analysen der Facettengelenke von AS-Patienten vermuten, dass eine Initiierung der Entzündung primär vom Knochenmark ausgeht. Andererseits scheint der Destruktionsprozess im Rattenmodell genau in gegenläufiger Richtung, also von der Gelenkkapsel ausgehend durch die Endplatte in Richtung Knochenmark voranzuschreiten. Das Rattenmodell zeigt zudem Herde hypertropher Chondrozyten und Knochenneubildung außerhalb des Gelenkes und somit fernab der erosiven Vorgänge, während in den Facettengelenken von AS-Patienten an den Schnittstellen des fibrösen Pannusgewebes mit dem Gelenkknorpel eine Osteoblasten-vermittelte Knochenneubildung detektiert wurde, während der Prozess der enchondralen Ossifikation ausgeschlossen wird. Somit scheint es wesentliche Unterschiede zwischen AS und Spondylitis im Rattenmodell zu geben. Möglicherweise ist dies auf die unterschiedliche biomechanische Belastung der axialen Gelenke bei Mensch und Ratte zurückzuführen. Die Untersuchung der humanen Facettengelenke von AS-Patienten unterstützt somit das Konzept eines reparativen Umbaus erst nach Auflösung der Entzündung.

4.4.4 Relevanz des SKG- und PGISp-Modells für die Knochenneubildung bei AS

Wie bereits mehrfach erwähnt, sind Entzündung und Ankylose die beiden Hauptmerkmale der AS [48]. Für die Behandlung der Entzündung und Schmerzen stehen heutzutage Medikamente wie die TNFα-Blocker und NSAR zur Verfügung, die eine sehr gute

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Behandlung dieser Krankheitsmanifestationen bei einem Großteil der Patienten gewährleisten [74]. Weiterhin unbefriedigend sind hingegen die Möglichkeiten der Intervention der Knochenneubildung und Ankylose. Tiermodelle können helfen, kausale Zusammenhänge zu klären und neue therapeutische Zielstrukturen zu identifizieren. Daneben werden Tiermodelle zur Untersuchung neuer Therapieansätze verwendet. Da das HLA-B27/Humane β2-Mikroglobulin–transgene Rattenmodell deutliche Unterschiede im Mechanismus des Gelenkumbaus zur AS aufzeigte, wurde die Validität von zwei weiteren Tiermodellen, die eine Sakroiliitis oder Spondylitis zeigen, als mögliche Modelle für die Untersuchung und Testung neuer Therapien zur Inhibition der Knochenneubildung getestet.

Das PGISp-Mausmodell ist neben einer progressiven Polyarthritis häufig mit einer Spondylitis assoziiert, zeigt aber auch Knochenneubildung in Form der Verknöcherung der SI-Gelenke [185]. Ein weiteres, interessantes Arthritis-Modell stellt das SKG-Mausmodell dar, das mit Arthritis assoziiert ist und bisher noch nicht in Bezug auf mögliche osteoproliferative Vorgänge in den SI-Gelenken oder der Wirbelsäule untersucht wurde [174, 175]. Die histologischen Untersuchungen der Wirbelsäulen und SI-Gelenke dieser beiden Mausmodelle im Rahmen dieser Arbeit zeigten jedoch hauptsächlich destruierende Prozesse.

So wurden jeweils chronisch granulierende Entzündung und Pannusgewebe nachgewiesen, sodass die Zerstörung des Gelenkknorpels, aber auch von Knochen und sogar Muskel die Folge waren. Im Hinblick auf versteifende Prozesse wurde eine Synchondrose der SI-Gelenke (SKG) beziehungsweise der Facettengelenke (PGISp) detektiert, während eine Knochenneubildung nie auftrat (Abb. 3.29). Für eine weiterführende Untersuchung der Formen der Ossifikation beziehungsweise der Testung von potenziellen Inhibitoren der Knochenneubildung sind diese Tiermodelle somit ungeeignet.

4.4.5 Das DTH-A-Mausmodell als Modell zur Untersuchung der Entzündungs-getriebenen Knochenneubildung

Einen Durchbruch brachte die histomorphologische und immunhistologische Analyse der sogenannten DTH-A-Mäuse, deren delayed-type-hypersensitivity-Arthritis durch Antigen-spezifische T-Zellen, vor allem CD4+ T-Zellen, vermittelt wird [187]. Die rechten Hinterpfoten der DTH-A-Mäuse zeigten großflächige, pathologische Veränderungen insbesondere in und um die Gelenkstrukturen der Mittelfußknochen. Es fand sich neben akuten, aber auch bereits chronisch entzündlichen Veränderungen wie Arthritis und Synovitis,

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ausgedehntes Pannusgewebe. Die Knorpel- und Knochenstrukturen der Gelenke wurden dadurch derart zerstört, dass oft ein totaler Verlust der Gelenkarchitektur resultierte (Abb.

3.31). Eine Besonderheit dieses Mausmodells war die sichtbare Knochenneubildung zumeist an den Rändern des Gelenkknorpels und den langen Knochen (Abb. 3.30). Dabei wurden hypertrophe Chondrozyten, aber auch neugebildete Geflechtknochen mit Osteoblasten und mesenchymalen Zellen nachgewiesen (Abb. 3.32). Alle fünf begutachteten, pathologischen Merkmale - Entzündung, Pannusgewebe, Knorpelzerstörung, Knochenresorption und Knochenneubildung - traten in den DTH-A-Mäusen gleichzeitig auf, sodass ein vorheriges Abklingen der Entzündung keine notwendige Voraussetzung für die Knochenneubildung war.

Zusätzlich wurde erst kürzlich gezeigt, dass eine Behandlung der DTH-A-Mäuse mit anti-RANKL zu einer kompletten Aufhebung der gezeigten Knochenzerstörung führt, während die osteoproliferativen Prozesse und die Entzündung unbeeinflusst bleiben. Dem entsprechend scheint die Knochenneubildung kein Kompensationsmechanismus als Folge der Knochenzerstörung zu sein (unveröffentlichte Daten von S.M. Atkinson und A. Nansen;

Novo Nordisk, Dänemark). Diese Osteoklasten-unabhängige Knochenneubildung lässt vermuten, dass direkte Mediatoren der enchondralen und/oder membranösen Ossifikation Zielstrukturen zukünftiger anti-anaboler Therapien sein könnten. Ein zukünftiges Ziel ist es daher, die Auswirkungen verschiedener potenzieller Medikamente auf den Prozess der Knochenneubildung in den DTH-A-Mäusen zu untersuchen. Möglich wären neben dem Vergleich traditioneller NSAR mit selektiven COX-2-Inhibitoren vor allem die Analyse neuer EP2- und EP4-Rezeptor-Antagonisten. Interessant ist neben der Analyse der Wirksamkeit die Frage, ob die enchondrale und membranöse Ossifikation durch die verschiedenen Therapieansätze gleichermaßen beziehungsweise unterschiedlich begünstigt werden.