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4.4   Entzündung und Gelenkumbau bei AS

4.4.1   Immunhistologische Charakteristika der Entzündung bei AS

Pathogenetisch wird davon ausgegangen, dass die AS eine primäre Entzündungserkrankung ist und der Gelenkumbau als sekundäre Folge auftritt [2, 48]. Unklar ist, inwiefern Entzündungsmediatoren dabei direkt oder indirekt den Prozess des Gelenkumbaus beeinflussen. Die Evidenz für die primär entzündliche Genese basiert auf klinischen Daten [7, 20], genetischen Assoziationsstudien [49] und einigen histologischen Daten [77, 100, 235].

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Dafür sprechen an klinischen Daten zum einen der Nachweis erhöhter Entzündungsparameter (zumindest bei einem Teil der Patienten) [26], der Nachweis akut entzündlicher Läsionen im MRT [48] und entscheidend die Wirksamkeit anti-entzündlicher Therapieprinzipien.

Goldstandard der Therapie ist die Gabe von NSAR, die analgetische und anti-entzündliche Wirkungen haben [272-274]. Darüber hinaus zeigen Studien der letzten Jahre die beeindruckende Wirksamkeit von TNFα-Blockern [33-36]. Auch neuere Therapieprinzipien wie anti-IL-17 [43] und anti-IL-23 [44] scheinen bei AS zu einer Verbesserung der klinischen Symptome zu führen. Dies bestätigt die Involvierung des IL-23-IL17-Signalweges, was auch durch die Assoziation der AS mit Risikovarianten, zum Beispiel des IL-23-Rezeptorgens oder von Stat 3, einem nachgeschalteten Signalprotein, nahegelegt wird [49]. Die Ergebnisse dieser genomweiten Analysen deckten daneben Assoziationen mit Risikovarianten anderer Gene - vorwiegend aber Gene, die in Immunreaktionen involviert sind - auf. Auch dies unterstreicht die Hypothese, dass die AS primär eine Entzündungserkrankung ist. Bildgebende Untersuchungen weisen akut entzündliche Läsionen im MRT nach, während Veränderungen am Knochen als chronische Veränderungen gewertet werden [17]. Eine vergleichende Studie von MRT und histologischen Daten zeigt, dass dem mittels MRT detektierten Ödem eine Reihe von histologischen Abnormalitäten entspricht. Nachweisbar sind dabei hauptsächlich Knochenmarknekrosen und –fibrosen, während das Ödem selbst oft kein histologischer Hauptbestandteil dieses MRT-Signals ist [88, 275]. Laut Literatur sind diese sogenannten bone marrow edema pattern über ihre Fettzellzerstörung und fibrovaskuläre Regeneration [276] sowie durch den Ersatz des Fettmarkes gegen Kollagenfasern [277] definiert.

Im Rahmen der hier vorgelegten Arbeit erfolgte eine histologische Charakterisierung der Entzündung mit dem Ziel, vor allem Zeichen der initialen Entzündung nachzuweisen. Es wurde angenommen, dass es Veränderungen in der zellulären Komposition beziehungsweise in der Expression verschiedener Entzündungsmediatoren innerhalb des subchondralen Knochenmarkes bei AS gibt.

Immunzellen und Zytokine innerhalb des subchondralen Knochenmarkes bei AS

Das subchondrale Knochenmark der Facettengelenke der Kontrollen und AS-Patienten enthielt neben Zellen der Hämatopoese vor allem CD68+ und CD163+ Makrophagen sowie CD3+ T-Zellen und im geringen Maße CD20+ B-Zellen (Abb. 3.18A). Für die analysierten CD20+ B-Zellen sowie die CD68+ und CD163+ Makrophagen wurden keine Unterschiede in deren Häufigkeit im subchondralen Knochenmark von Kontrollgelenken und

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Facettengelenken von AS-Patienten gezeigt, was den Ergebnissen bisheriger Publikationen entspricht [100, 235]. Es fand sich jedoch eine Tendenz zur erhöhten Anzahl CD3+ T-Zellen im subchondralen Knochenmark bei AS-Patienten. Die Subanalyse der AS-Stadien 1–4 zeigte, dass sich gegenüber Kontrollgelenken erhöhte Zellzahlen CD3+ T-Zellen im Knochenmark der Facettengelenke vor allem in den AS-Stadien 1 und 2 fanden, während sich im AS-Stadium 4 geringere CD3+ T-Zellzahlen gegenüber Kontrollgelenken zeigten (Abb.

3.18B).

Die Expressionsanalyse verschiedener pro-inflammatorischer Zytokine im subchondralen Knochenmark der AS-Patienten zeigte neben einem Trend zu erhöhten Zahlen IL-23-exprimierender Zellen (Abb. 3.19E), dass die Anzahl TNFα+ mRNA-Kopien in Facettengelenken von AS-Patienten gegenüber Kontrollgelenken signifikant erhöht war (Abb.

3.21A). Somit wird der Nachweis zweier für die Pathogenese der AS bekannter und wichtiger Entzündungsmediatoren im Knochenmark erbracht. Dieser entzündliche Charakter des subchondralen Knochenmarkes der Facettengelenke von AS-Patienten wird weiter unterstützt durch die, im Vergleich zu Kontrollgelenken, verminderte Expression des anti-inflammatorischen Zytokins IL-10 (Abb. 3.22B, Tab. 4.3).

Histomorphologie der Lymphozytenaggregate und des fibrösen Pannusgewebes bei AS Die T-Zellen waren innerhalb der Facettengelenke entweder lose verteilt im subchondralen Knochenmark oder zum Teil in Lymphozytenaggregaten lokalisiert [100, 235], die separat ausgewertet wurden. Diese Zellaggregate bestanden hauptsächlich aus T- und B-Zellen (Abb.

3.17C). In fünf von 13 untersuchten Kontrollgelenken (38,5%) und 11 von 23 Facettengelenken von AS-Patienten (47,83%) wurden derartige Lymphozytenaggregate im subchondralen Knochenmark detektiert. Durch den Ausschluss von Facettengelenken, deren subchondrales Knochenmark vollständig durch fibröses Pannusgewebe ersetzt war und die somit keine Zellaggregate mehr beinhalten konnten, waren sogar 57,9% der Facettengelenke von AS-Patienten durch das Vorkommen von Lymphozytenaggregaten gekennzeichnet und somit 1,5-mal häufiger betroffen als die Kontrollgelenke (Abb. 3.17B). Das Vorkommen gutartiger lymphoider Aggregate im Knochenmark, auch bei Gesunden, ist bereits beschrieben und war auch in den hier untersuchten Kontrollgelenken von Autopsien sichtbar.

Die Anzahl dieser Aggregate steigt mit dem Lebensalter an [278]. Das höhere Lebensalter der im Rahmen der hier vorgelegten Studie eingeschlossenen Kontrollgelenke im Vergleich zu

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den Facettengelenken von AS-Patienten könnte somit zu einer Unterrepräsentation von Unterschieden zwischen AS-Patienten und Kontrollgelenken führen.

Die Funktion oder pathologische Bedeutung dieser Lymphozytenaggregate ist bisher unklar.

Interessanterweise zeigen jedoch Untersuchungen der letzten Jahre, dass das subchondrale Knochenmark ein Reservoir für Gedächtniszellen darstellt [279]. Das heißt, ein Teil der im Rahmen von Immunantworten generierten Gedächtniszellen wandert in das subchondrale Knochenmark ein und verbleibt dort im ruhenden Zustand. Der Mechanismus der Reaktivierung dieser Zellen ist bislang ungeklärt. Allerdings ist es möglich, dass die lymphoiden Aggregate Orte der Koaktivierung sind. Somit könnte die erhöhte Anzahl der Lymphozytenaggregate bei AS eine erhöhte oder prolongierte Aktivierung von T-Zellen bei AS-Patienten andeuten, was einerseits durch vermehrt zirkulierende Antigene oder andererseits durch eine pathologische Aktivierung bedingt sein kann.

Die Zellaggregate waren zusätzlich gekennzeichnet durch das Fehlen von Adipozyten und hämatopoetischen Zellen, womit eine Zerstörung der physiologischen Architektur des Knochenmarkes einherging. Prinzipiell sind derartige Lymphozytenaggregate auch in verschiedenen Kontrollgeweben präsent, trotzdem wird vermutet, dass das vermehrte Vorkommen von Lymphozytenaggregaten in Facettengelenken von AS-Patienten als Zeichen der Entzündung zu werten ist [100]. Auch das fibröse Pannusgewebe war durch ein Fehlen von Adipozyten und hämatopoetischem Mark gekennzeichnet, sodass die Lymphozytenaggregate wahrscheinlich den Ausgangspunkt für die Transformation des subchondralen Knochenmarkes in fibröses Pannusgewebe darstellen. Die vermehrte Einwanderung von Immunzellen unter der Bildung von Lymphozytenaggregaten scheint daher der primäre Auslöser für die Entstehung des fibrösen Pannusgewebes in den Facettengelenken von AS-Patienten zu sein und bedingt dadurch wiederum auch die anschließenden erosiven und osteoproliferativen Vorgänge des Pannusgewebes. Einmal gebildet, vermittelt das fibröse Pannusgewebe diese Prozesse vermutlich unabhängig von der ursprünglichen Entzündung, also auch nach Auflösung dieser und läuft daher eventuell entkoppelt von der Entzündung ab. Ein derartiges Gewebe wurde in 21 von 23 untersuchten Facettengelenken von AS-Patienten nachgewiesen. Neben Fibroblasten fanden sich vor allem CD68+ und CD163+ Makrophagen und CD14+ Monozyten in diesem Gewebe, während T- und B-Zellen nur sehr selten vorkamen (Abb. 3.24).

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Entzündungsmediatoren innerhalb des subchondralen Knochenmarkes und des fibrösen Pannusgewebes bei AS

Um die Bedeutung von Entzündungsmediatoren für die entzündliche Reaktion im subchondralen Knochenmark und für den vom fibrösen Pannusgewebe ausgehenden Umbau der Facettengelenke zu bestimmen, wurde die Expression von Entzündungsmediatoren wie Zytokinen und PGE2 im subchondralen Knochenmark und im fibrösen Gewebe untersucht.

Die Auswertung im subchondralen Knochenmark erfolgte im Vergleich zu Kontrollgelenken, die Analyse des fibrösen Pannusgewebes im Vergleich zu Facettengelenken von OA-Patienten, da fibröses Pannusgewebe generell nicht in Kontrollgelenken vorkam.

Im subchondralen Knochenmark (Tab. 4.3) fand sich eine gegenüber den Kontrollgelenken erhöhte Expression von IL-23 und TNFα, während IL-6, IL-17 und IL-22 in Facettengelenken von AS-Patienten verringert exprimiert waren (Abb. 3.19, Abb. 3.21). Die Expression des anti-inflammatorischen Zytokins IL-10 war ebenfalls verringert (Abb. 3.22B). Die Konstellation von erhöhter TNFα- und verringerter IL-10-Produktion ist ein Indikator für eine Aktivierung von Entzündungs-vermittelten Signalwegen. Die Erhöhung der Expression von IL-23, während IL-17, IL-22 und IL-6 reduziert sind, deutet auf eine selektive Aktivierung hin. Interessant ist die verminderte Expression von IL-6, da sich bei Immunreaktionen in anderen Geweben häufig eine Co-Regulation von TNFα und IL-6 findet. Im Knochenmark hat IL-6 möglicherweise andere Funktionen, wie zum Beispiel die Regulation der Myelopoese [280] und scheint demnach anders reguliert zu sein. Diese Daten spiegeln vermutlich die Unterschiede in der Wirksamkeit von TNFα-Blockern und IL-6R-Antagonisten wider. So haben TNFα-Blocker eine exzellente Wirksamkeit, während IL-6-Blockerstrategien bei AS keine Verbesserung der klinischen Symptome brachten [39, 74].

Im fibrösen Pannusgewebe fand sich im Vergleich zu Facettengelenken von OA-Patienten eine erniedrigte IL-10-Expression, was auf fehlende anti-inflammatorische Aktivität bei AS-Patienten hinweist (Abb. 3.27). Allerdings wurde bei OA-AS-Patienten eine stärkere Aktivierung von IL-23, IL-22 und TNFα detektiert (Abb. 3.26, Tab. 4.3). Inwiefern diese unterschiedlichen Zytokinmuster die Umbauprozesse in den Facettengelenken beeinflussen, ist unklar. Während bei OA der Prozess des Gelenkumbaus zum Beispiel auch die Induktion der Chondrozytenhypertrophie beinhaltet, ist der Prozess des Umbaus der Facettengelenke von AS-Patienten vorrangig durch die direkte Mineralisierung des Gelenkknorpels gekennzeichnet. Zur Klärung dieser Prozesse und Mechanismen müssten zukünftig weitere Untersuchungen zum Beispiel in Form verschiedener in-vitro-Kulturen durchgeführt werden.

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(Einzeldaten siehe Abb. 3.19, Abb. 3.21, Abb. 3.22, Abb. 3.25, Abb. 3.26, Abb. 3.27)

Die Inhibition von PGE2, das heißt, der Einsatz von NSAR, stellt ein Grundprinzip der Therapie der AS dar. Sie zeigen eine deutliche Wirksamkeit bei Patienten mit AS und werden auch bei der nicht-radiografischen axialen SpA empfohlen, da sie einen raschen Rückgang der entzündlichen Rückenschmerzen und der Steifheit gewährleisten [272-274]. Es ist nach wie vor unklar, ob eine kontinuierliche NSAR-Einnahme neben dem Effekt auf die Krankheitssymptome auch die Knochenneubildung verhindern kann [30]. Es liegen einige wenige Studien vor, die bei kontinuierlicher NSAR-Behandlung eine verlangsamte Progression der strukturellen Läsionen in der Wirbelsäule im Vergleich zu einer Kontrollgruppe zeigen [31, 139, 281]. Somit ergibt sich die Frage, ob NSAR neben den anti-entzündlichen Aktivitäten auch spezifische Aktivitäten auf die Knochenneubildung haben. Im Vergleich dazu zeigen TNFα-Blocker keine positiven Effekte auf die spinale radiografische Progression nach 2-jähriger Behandlungsdauer [74].

Die immunhistologischen Untersuchungen von PGE2 und den PGE2-Rezeptoren EP2 und EP4 in den Facettengelenken zeigten hohe Frequenzen positiv gefärbter Zellen, sowohl im subchondralen Knochenmark als auch im fibrösen Pannusgewebe (Tab. 4.4). Während für das Knochenmark selbst, im Vergleich zu Kontrollgelenken, signifikant mehr PGE2+, COX-2+ und EP2+ Signale nachgewiesen wurden (Abb. 3.23), zeigte das fibrösen Pannusgewebe zu OA-Patienten vergleichbare und gleichzeitig sehr hohe Zahlen PGE2+ und EP4+ Zellen (Abb.

3.28). Die gezeigten, sehr hohen Expressionsraten dieser Marker lässen daher ebenfalls eine wichtige, wenn nicht sogar entscheidende Rolle der Prostaglandine auf die Entzündung vermuten. Dies könnte auch die ausgezeichnete entzündungshemmende Wirkung der NSAR bei AS erklären. Die hohe PGE2-, EP4- und EP2-Expression im fibrösen Pannusgewebe

Tab. 4.3: Zusammenfassende Darstellung der Expression pro- und anti-inflammatorischer Zytokine im subchondralen Knochenmark und fibrösen Pannusgewebe

Knochenmark

AS vs. KO

fibröses Gewebe

AS vs. OA

pro-inflammatorische Zytokine

IL-6 ê

IL-17 ±0 IL-22 ê

IL-23 é

TNFα é

IL-6 ê

IL-17 é

IL-22 ê

IL-23 ê

TNFα ê

anti-inflammatorische Zytokine

IL-10 ê

TGFβ ±0

IL-10 ê

TGFβ ê

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deutet zusätzlich auf eine mögliche Rolle im Umbauprozess der Facettengelenke hin. Dabei scheint es sich um ein generelles Prinzip bei OA und AS zu handeln.

(Einzeldaten siehe Abb. 3.23 und Abb. 3.28)

Die NSAR vermitteln ihre oben genannten Effekte durch die Hemmung der Enzyme COX-1 und COX-2 und die dadurch verminderte Synthese von Prostaglandinen [282]. Da die Knochen-anabolen Effekte von PGE2 hauptsächlich über die Rezeptoren EP2 und EP4 vermittelt werden [264, 265], könnte die Blockade von EP2 und/oder EP4 ein neuer therapeutischer Ansatz zur Verhinderung der radiografischen Progression bei AS-Patienten sein. Bedacht werden muss dabei jedoch die potenzielle Gefahr der Osteoporoseinduktion. In-vivo-Studien für beide Rezeptoren (EP2/EP4) zeigen stimulierende Effekte auf die Differenzierung von Osteoblasten [283, 284]. Durch eine gesteigerte Knochenneubildung mit dem Resultat der Erhöhung des spongiösen Knochenvolumens und der Osteidbildung [285], bedingen sie die Wiederherstellung der Knochenmasse und Knochenfestigkeit [286-288]. Zu den EP2- und EP4-Antagonisten gibt es bisher hingegen kaum Studien. Die Untersuchung eines selektiven EP4-Rezeptor-Antagonisten (L-161,982) an vier Wochen alten Ratten ergab die Aufhebung der stimulierenden Effekte auf die Osteoblasten-Rekrutierung von Stromazellen des Knochenmarkes über PGE2 und hob die Erhöhung der Knochenmasse auf [289]. Eine Inhibition der PGE2-Wirkungen durch EP2/EP4-Rezeptorantagonisten könnte möglicherweise noch wirksamer als die NSAR die charakteristischen Merkmale der AS, das heißt sowohl die Entzündung als auch die Ankylose, günstig beeinflussen. Dies stellt besonders gegenüber den Biologika, die anscheinend nur den entzündlichen Prozess hemmen können [74], einen entscheidenden Vorteil dar. Bei exzellenter Wirksamkeit der Biologika auf die Entzündung, aber fehlender Effekte auf die Knochenneubildung, könnte aber auch die Kombination beider Therapieprinzipien von Interesse sein.

Tab. 4.4: Zusammenfassende Darstellung der Expression von PGE2, COX-2, EP4 und EP2 im subchondralen Knochenmark und fibrösen Pannusgewebe

Knochenmark

AS vs. KO

fibröses Gewebe

AS vs. OA PGE2 é

COX-2 é

EP4 ±0 EP2 é

PGE2 ±0 COX-2 ±0

EP4 ±0 EP2 ê

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Kopplung zwischen Entzündung und Knochenneubildung bei AS

Die differenzielle Wirkung der Biologika auf die Entzündung und Knochenneubildung hat die Frage aufgeworfen, inwiefern Entzündung und Knochenneubildung bei AS gekoppelt sind.

Die vorherrschende Annahme ist, dass die Entzündung eine Reihe von Mechanismen in Gang setzt, die am Ende in einer Ankylose enden und dabei über den gesamten Krankheitsverlauf hinweg miteinander verbunden bleiben [1]. Ein anderer Ansatz, der die Trennung zwischen Entzündung und Knochenneubildung bei SpA zu erklären versucht, beruht auf der Annahme eines gemeinsamen pathogenen Auslösers, der beide Prozesse gleichzeitig induziert. Diese folgen im weiteren Krankheitsverlauf aber im Wesentlichen voneinander getrennten Signalwegen [135]. Den eindeutigsten Hinweis auf die Entkopplung der beiden Prozesse bei der AS ist tatsächlich die differenzierte Wirksamkeit der TNFα-Blocker auf Entzündung und Syndesmophytenbildung [131, 132, 137]. Auch Daten bildgebender Verfahren unterstützen die Annahme einer fehlenden Kopplung zwischen Entzündung und Knochenneubildung, da diejenigen Stellen des Skeletts, die eine MRT-detektierte Osteitis aufweisen, nicht mit den Stellen der späteren Syndesmophytenbildung identisch sind [141, 290].

Mit Hilfe der hier vorgelegten Analysen können lediglich Vermutungen angestellt werden, inwieweit Entzündung und Knochenneubildung einen gemeinsamen Auslöser haben beziehungsweise die Entzündung die Knochenneubildung bedingt oder die beiden Prozesse komplett gekoppelt ablaufen. Da die Entzündung bei der AS eines der ersten Symptome ist und die untersuchten Facettengelenke bei AS-Patienten mit weit fortgeschrittener Erkrankung, das heißt, mit schwerer Hyperkyphose entnommen wurden, konnten die entzündlichen Vorgänge nur begrenzt untersucht werden.

Die stadienabhängigen Unterschiede, wie zum Beispiel die erhöhte Anzahl von CD3+ T-Zellen in Facettengelenken der AS-Stadien 1 und 2, deuten jedoch auf sequentielle Veränderungen hin, die initiiert durch Entzündungsprozesse in einem Umbau des Knochenmarkes zu fibrösem Pannusgewebe mündet. Das fibröse Pannusgewebe vermittelt dann entsprechende erosive aber auch osteoproliferative Vorgänge und somit den Gelenkumbau. Aufgrund der Datenlage für die hier untersuchten Facettengelenke von AS-Patienten wird daher ein entkoppelter Prozess angenommen, da das fibröse Pannusgewebe die osteoproliferativen Vorgänge unabhängig von der ursprünglichen Entzündung vermittelt, also auch nach Auflösung der Entzündung. Problematisch für die hier vorgelegte Studie ist jedoch, dass keine MRT-Daten für die Beurteilung der untersuchten Facettengelenke zur Verfügung standen.

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Für die zukünftige Detail-Analyse der Facettengelenke von AS-Patienten wird die Anwendung der Laser-Mikrodissektion empfohlen. Diese Technik stellt dabei ein minimal zerstörendes Verfahren dar, mit dem zytologisch und phänotypisch definierte Zellen oder Zellgruppen, wie zum Beispiel Teile des Knochenmarkes oder des Pannusgewebes sowie die Zellaggregate, aus heterogenem Gewebe gewonnen werden und deren extrahierte RNA, DNA oder Proteine anschließend mittels quantitativer und RT-Polymerase-Kettenreaktion, Western-Blot-Analyse oder Massenspektroskopie weiter untersucht werden können [291].

4.4.2 Modell des Entzündungs-induzierten Umbaus der Facettengelenke