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1.1   Ankylosierende Spondylitis als Prototyp der Spondyloarthritiden

1.1.7   Pathophysiologie des Gelenkumbaus bei AS

Um die pathologischen Vorgänge während des Gelenkumbaus der SI- und Facettengelenke bei AS-Patienten besser zu verstehen, werden im Folgenden zunächst die physiologischen Prozesse der Skelett- und Gelenkentwicklung beschrieben.

Physiologische Mechanismen der Skelettentwicklung

Die Skelettentwicklung, das heißt Knochenneubildung, beginnt beim Menschen zwischen der 4. und 5. Woche nach der Befruchtung [104]. Undifferenzierte mesenchymale Zellen ballen sich zusammen und bilden an den Orten der zukünftigen Skelettelemente eine Art mesenchymale Verdichtung mit den transkriptionalen Charakteristika nicht-hypertropher Chondrozyten [105]. Die Zellen an den Rändern dieser Verdichtung bilden das Perichondrium, die sogenannte Knorpelhaut. Chondrozyten stellen damit die ersten Skelett-spezifischen Zellen während der embryonalen Entwicklung dar. Sie haben eine charakteristische Form und sezernieren eine Matrix, reich an COL2 und Aggrekan. Unter der Kontrolle des Hauptgens der Chondrogenese, dem Transkriptionsfaktor sex determining region Y (SRY)-box 9 (Sox9) [106], proliferieren und später differenzieren die Chondrozyten in zwei Subpopulationen: runde, wenig proliferierende Chondrozyten am distalen Ende der Verdichtung und stark proliferierende Chondrozyten, die sich säulenförmig in zentraler Richtung organisieren. Die zentralen Chondrozyten stoppen anschließend ihre Proliferation, differenzieren in prehypertrophe und danach hypertrophe Chondrozyten und ändern dabei ihr transkriptionales Programm, das heißt sie synthetisieren jetzt nicht mehr COL2, sondern

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COL10 [107]. Diese hypertrophen Chondrozyten zeichnen sich durch einen 10-fachen Anstieg ihres Zellvolumens aus sowie durch die Expression der terminalen Differenzierungsmarker runt-related transcription factor 2 (RUNX2), matrix metalloproteinase 13 (MMP13), Kollagen Typ X (COL10), Alkalische Phosphatase und Indian Hedgehog [107-111]. Allein aufgrund ihrer enormen Größenzunahme stellen sie den Hauptmotor des embryonalen Knochenwachstums dar. Außerdem steuern sie die Mineralisierung ihrer umgebenden Matrix und ziehen Blutgefäße (mittels VEGF) und Chondroklasten/Osteoklasten an. Während die hypertrophen Chondrozyten anschließend wahrscheinlich apoptotisch werden, verbleibt die COL10-reiche Matrix und dient als Gerüst für einwandernde Osteoblasten, die eine Knochenmatrix reich an COL1 synthetisieren [105].

Während des hypertrophen Stadiums differenzieren die Zellen des Perichondriums in Osteoblasten und bilden damit das stark vaskularisierte Periost. Über die Blutgefäße wandern Osteoblasten und Osteoklasten ein und ersetzen den mineralisierten Knorpel durch Knochen, wodurch die primäre Spongiosa entsteht. Die Osteoblasten des Periost bilden das Knochengerüst, welche zusammen mit den primären Knochentrabekeln später umgebaut werden, den kortikalen Knochen und die Knochenmarkhöhlen bilden [105, 112]. RUNX2 stellt insgesamt das Hauptgen der osteoblastären Differenzierung dar. Durch dessen vorübergehende Expression in prehypertrophen Chondrozyten initiiert RUNX2 die chondrozytäre Hypertrophie und bedingt damit die nachfolgenden Schritte innerhalb der Skelettentwicklung, wie die Gefäßeinwanderung und die Differenzierung der Osteoblasten [113]. Auf der anderen Seite inhibiert RUNX2 die chondrozytäre Proliferation und Hypertrophie in den Zellen des Perichondriums, um eine verfrühte Knochenbildung an dieser Stelle zu verhindern [109, 112]. Dieser gesamte Prozess der Knochenneubildung wird enchondrale Ossifikation genannt, über den die axialen und appendikularen Skelettteile der Wirbeltiere ausgebildet werden. Im Gegensatz dazu werden die Knochen des Schädels und Teile der Gesichtsknochen sowie das Schlüsselbein über den Prozess der sogenannten intramembranösen (direkten) Ossifikation gebildet. Hierbei differenzieren mesenchymale Zellen direkt in Osteoblasten, sodass ein chondrozytäres Zwischenstadium fehlt [112].

Physiologische Mechanismen der Gelenkentwicklung und der Gelenkaufbau

Innerhalb der Skelettentwicklung ist nicht nur das Knochenwachstum von enormer Bedeutung, sondern auch die Entwicklung der Gelenkverbindungen inklusive des Gelenkknorpels. Grundvoraussetzung sind wieder die aus den mesenchymalen

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zellen differenzierten Chondrozyten, die Knorpel-Anlagen, deren Differenzierung ebenfalls von den Sox-Transkriptionsfaktoren kontrolliert wird. Während Sox9 für diesen Prozess unabdingbar ist, sind Sox5 und Sox6 nicht unbedingt erforderlich, potenzieren die chondrogene Aktivität von Sox9 allerdings enorm [113, 114]. Die meisten Zellen innerhalb der Knorpel-Anlagen werden später Teil der Wachstumsfuge, während nur wenige spezifische Subpopulationen den Zelltyp der Synovialgelenke bilden. Die gebildeten Knorpel-Anlagen zweier benachbarter Knochen werden anschließend durch die Umwandlung der differenzierten Chondrozyten in nicht-chondrogene Zellen der Fibrozyten-Linie durch die Herabregulation der Sox9- und COL2-Expression voneinander getrennt [115]. Dabei entsteht die sogenannte Interzone, die für die Ausbildung eines Gelenkspaltes eine zwingende Voraussetzung darstellt. Ihr Fehlen würde eine Fusion der Knochen verursachen [116].

Im Verlauf der Skelettentwicklung entstehen somit zwei Knorpel-Arten. Beide unterscheiden sich vor allem durch ihre ernorm unterschiedliche Lebensdauer. Während der eine das ganze Leben des Organismus beständig bleibt, dient der andere nur als eine Art Vorlage für den späteren Ersatz durch Knochen während der enchondralen Ossifikation. Beide, beständiger Knorpel und Ersatzknorpel, enthalten COL2 und sind mit Safranin-O anfärbbar, während nur die Chondrozyten des Ersatzknorpels hypertroph werden und dann COL10 exprimieren [117].

Der Gelenkknorpel ist ein beständiger Knorpel. Die einzigen und in geringer Zahl vorherrschenden Zellen sind auch hier die Chondrozyten, die in eine extrazelluläre Matrix eingebettet sind. Unter normalen Bedingungen liegen diese Chondrozyten dabei als ruhende Zellen vor, sodass nur ein sehr geringer Umsatz der Matrixbestandteile stattfindet. Trotz der simpel erscheinenden Struktur stellt der Gelenkknorpel ein komplexes Gewebe dar, welches in verschiedene Zonen unterteilt wird, da diese in ihrer Matrixzusammensetzung und ihrer zellulären Organisation variieren. Der dickste Teil des Gelenkknorpels besteht aus nicht-mineralisiertem Gewebe und wird wiederum in drei verschiedene Zonen unterteilt: die oberflächliche, die Übergangs- und die radiale Zone. Der dünnere und zugleich innerste Teil des Gelenkknorpels besteht aus kalzifiziertem Knorpel (siehe Abb. 1.3) [118]. Die kalzifizierte Knorpelschicht verhindert somit den Kontakt zwischen nicht-kalzifiziertem Gelenkknorpel und der subchondralen Knochenendplatte und ist selbst über die sogenannte Tidemark, eine Mineralisierungsfront, vom nicht-kalzifizierten Knorpel abgegrenzt [119].

Außerdem ist die kalzifizierte Zone durch eine einzigartige Matrixzusammensetzung gekennzeichnet, da sie Chondrozyten beherbergt, die Hypertrophiemarker exprimieren [108].

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Knochentrabekel

subchondrale Endplatte Knorpel Gelenkspalt Knorpel subchondrale Endplatte Knochenmark

Knochenmark

OBERFLÄCHLICHE ZONE

ÜBERGANGS- ZONE

RADIALE ZONE

KALZIFIZIERTE ZONE

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Hyaliner Gelenkknorpel

Dargestellt ist der schematische Aufbau eines Gelenkes, bei dem beide Gelenkhälften durch einen Gelenkspalt voneinander getrennt sind (linke Abbildung). Jede Gelenkhälfte besteht aus dem hyalinen Gelenkknorpel, einer subchondralen Endplatte sowie den Knochentrabekeln und subchondralen Knochenmark. Die rechte Abbildung zeigt den schematischen Aufbau des Gelenkknorpels in seine vier Zonen (1–4) als vergrößerter Ausschnitt der linken Abbildung.

Mit zunehmendem Alter können in dieser Schicht außerdem Blutgefäße und Nerven einsprossen, während der nicht-mineralisierte Teil des adulten Gelenkknorpels unter normalen Bedingungen avaskulär und aneural ist [120, 121]. Aufgrund dieser fehlenden Gefäßversorgung leben die Chondrozyten unter hypoxiden Bedingungen. Die Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen wird ausschließlich über die Gefäßversorgung in der Gelenkkapsel, des Synoviums und der subchondralen Endplatte und folgender Diffusion gewährleistet. Der Sauerstoffmangel ist dabei nicht nur der vorherrschende, sondern auch ein notwendiger Zustand innerhalb der Gelenkknorpelmatrix. So konnte gezeigt werden, dass unter hypoxiden Versuchsbedingungen die Basalsynthese und die Freisetzung von Matrix-degradierenden Proteinen, die Erzeugung von COL2-Spaltungsfragmenten sowie die Produktion von Prostaglandin (PG) E2 und Stickstoffmonoxid niedriger sind als unter höherem Sauerstoffgehalt [122, 123]. Der Aufbau des Gelenkknorpels bedingt außerdem dessen Funktion. So bildet der Knorpel eine glatte Oberfläche mit einem sehr niedrigen Reibungskoeffizienten, was eine effiziente Gleitbewegung während der Bewegung des Gelenkes ermöglicht. Diese reibungslose Fortbewegung wird zusätzlich durch eine Grenzschicht aus Schmiermitteln wie Lubricin und Hyaluronsäure auf der Gelenkoberfläche ermöglicht, die von Chondrozyten und Synovialzellen gebildet werden [124]. Eine weitere Hauptfunktion des Gelenkknorpels stellt die Absorption und Zerstreuung der mechanischen Belastung dar. Zu bedenken ist jedoch, dass ein gewisses Maß an mechanischer Belastung für die Aufrechterhaltung der Knorpelhomöostase zwingend notwendig ist, da diese eine

Abb. 1.3: Schematischer Aufbau des hyalinen Gelenkknorpels

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Flüssigkeitsbewegungen zwischen dem Knorpel und der Gelenkflüssigkeit und damit die Versorgung des Knorpels mit Sauerstoff und Nährstoffen bedingt [125].

Mechanismen der Entzündung, Knochenneubildung und Ankylose bei AS

Bei der AS, aber auch anderen chronisch entzündlichen Gelenkerkrankungen wie der RA, sind die entzündlichen Vorgänge in direkter Nachbarschaft zu Skelettstrukturen lokalisiert [1]. Dementsprechend naheliegend ist der folgende Kontakt des Entzündungsgewebes mit angrenzendem Knorpel- und Knochengewebe, woraus die Veränderung der gesamten Gelenkarchitektur resultiert. Dieser Umbau der Gelenkstrukturen stellt irreversible Zerstörungen dieser dar, sodass Funktionsbeeinträchtigungen bis hin zu -verlusten des betroffenen Gelenkes die Folge sind. Das klinische Bild der AS setzt sich demzufolge zusammen aus entzündlichen Läsionen und Strukturschäden. Die entzündlichen Läsionen manifestieren sich in Form einer Osteitis, Enthesitis oder Synovitis und werden vom Patienten wahrgenommen durch Schmerz, lokale Schwellung, Versteifung, Wärme, Rötung und Funktionsverlust. Die Strukturschäden können in Form lokaler Knochenresorption wie Erosionen innerhalb der SI-Gelenke oder Spondylitis anterior, oder aber lokaler Knochenneubildung sichtbar werden, die wiederum zu Knochenfusionen (Ankylose) innerhalb der SI-Gelenke, zur Syndesmophytenbildung bis hin zur Überbrückung der Bandscheiben oder peripheren Enthesophyten führen kann. Im Gegensatz zu den Erosionen bei der RA ist das über die Zeit dominierende klinische Merkmal bei der AS allerdings die Knochenneubildung und somit die Fusion und Ankylose der Gelenke [2, 3, 5, 17].

Ob die beiden Hauptsymptome, Entzündung und Knochenneubildung, direkt miteinander verbunden sind, das heißt ob eine Entzündung die zwingende Voraussetzung für eine spätere überschießende Knochenneubildung an genau dieser Stelle ist, wird seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. Das klassische Modell der AS-Pathogenese wurde bereits vor einigen Jahrzehnten durch den Pathologen Cruickshank [90] beschrieben und in den Folgejahren durch Ball [103] und Aufdermaur [92] bestätigt. Als erstes Zeichen beschreibt Cruickshank dabei eine akute/subakute Osteitis mit überwiegend mononukleären Zellen und Osteoklasten im angrenzenden Knochen. Nachfolgend findet ein Ersatz des Faserknorpels und Knochens durch ein fibröses Bindegewebe statt, während nur noch sehr wenig Entzündung verbleibt.

Das Spätstadium dieser Erkrankung bestehen nahezu immer aus einer Knochenneubildung innerhalb der betroffenen Gelenke, vermittelt über Osteoblasten [90]. Ball fügte später hinzu, dass der Mechanismus für das Wachstum der Syndesmophyten durch das intermittierende

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Auftreten von entzündlichen Läsionen charakterisiert ist [103]. Der Pathologe Aufdermaur ergänzte diese Abfolge um die Theorie, dass mit dem Maß, mit dem die entzündliche Reaktion abnimmt, die Knochenneubildung zunimmt. Die beiden Prozesse demnach umgekehrt zueinander verlaufen [92]. Auf Grundlage dieser Publikationen, kombiniert mit eigenen histologischen und bildgebenden Ergebnissen, erstellten Prof. Sieper und Kollegen 2008 eine schematische Darstellung der Abfolge der Ereignisse, die sich in der AS abspielen könnten [1]. Den ersten Schritt stellt dabei eine lokale fluktuierende Entzündungsreaktion dar, die erosiven Knorpel- und Knochenabbau auslöst. Die dabei entstehenden Läsionen werden nach Abklingen der Entzündung durch ein Reparaturgewebe wie dem fibrösen Bindegewebe aufgefüllt und als letzten Schritt verknöchert. Es wird dabei also davon ausgegangen, dass eine Entzündung die Knochenneubildung hemmt und somit erst abklingen, beziehungsweise stark abgeschwächt vorliegen muss, bevor eine solche Knochenneubildung auftritt. Diese entzündlichen und strukturellen Veränderungen im Skelett der AS-Patienten werden mittels bildgebender Verfahren wie Röntgen und MRT nachgewiesen. Verschiedene MRT-Studien konnten bereits zeigen, dass Anti-TNF-Behandlungen einerseits Entzündungsreaktionen kontrollieren können, und andererseits diese Entzündungen mit erosiven Veränderungen assoziiert sind [126, 127]. Eine weitere Beobachtung ist, dass Syndesmophyten vorzüglich an Orten auftreten, an denen zuvor eine Entzündung erfasst wurde, aber mittlerweile bereits abgeklungen ist [128]. All diese Beobachtungen führten letztendlich zur Entstehung der sogenannten TNF-brake-Hypothese [1, 129]. Diese Hypothese besagt, dass TNFα während einer entzündlichen Reaktion Inhibitoren der Knochenneubildung induziert und somit als eine Art Bremse auf Reparatur- und Umbauvorgänge wirkt. In den Phasen der fluktuierenden Entzündung, in der praktisch keine entzündliche Reaktion vorliegt, kann dann neues Gewebe gebildet werden. Dies wäre allerdings gleichbedeutend mit der Annahme, dass eine erfolgreiche Behandlung der Entzündung bei AS-Patienten mit Anti-TNF-Präparaten, eine Verknöcherung begünstigt oder sogar beschleunigt. Diese Annahme konnte jedoch in drei großen klinischen Studien zur radiografischen Progression bei AS-Patienten nicht bestätigt werden [130-132]. Lories et al. propagierten 2009 eine alternative Hypothese, mit der sie vor allem die Unabhängigkeit der beiden Prozesse, Entzündung und Knochenneubildung, erklären wollten [133]. Die entheseal stress-Hypothese besagt, dass die beiden Prozesse, Entzündung und Verknöcherung, primär von dem gleichen Auslöser - zellulärer Stress in den Enthesien - verursacht werden, sich danach allerdings unabhängig voneinander weiterentwickeln.

Unabhängig von der Entzündung wird die Knochenneubildung anschließend über die Aktivierung osteogener Signalwege wie dem BMP- und WNT-Signalweg vorangetrieben.

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Diese führen über die Differenzierung mesenchymaler Vorläuferzellen zu hypertrophen Chondrozyten und letztendlich zur enchondralen Ossifikation [134, 135]. Da jedoch bereits 2000 gezeigt wurde, dass eine Enthesitis nicht das primäre Anzeichen einer AS darstellt, ist auch die entheseal stress-Hypothese fraglich [85]. Die dritte und zugleich jüngste Hypothese, die non-TNF-Hypothese, geht auf die Gruppe um Dominique Baeten zurück [136]. Hier wird angenommen, dass entzündliche Mechanismen und Signalwege, die sich jedoch von sTNF unterscheiden, beide Prozesse vorantreiben können, die Entzündung und die Knochenneubildung. Entzündliche Mediatoren, die entsprechend der Autorenmeinung dabei auch eine Osteoproliferation begünstigen, sind transmembranes TNF, IL-1, IL-22 und Prostaglandine [136]. Nichtsdestotrotz wird auch die These, dass sich Entzündung und Knochenneubildung voneinander unabhängig entwickeln, bereits durch mehrere Studien unterstützt. Den ersten Hinweis gaben, wie bereits erwähnt, Studien über die Effekte verschiedener TNFα-Blocker. TNFα-Blocker stellen zwar die zur Zeit beste anti-inflammatorische Behandlung bei AS dar, sind aber nicht in der Lage die Bildung von Syndesmophyten zu verzögern [131, 132, 137, 138]. Einen gegenteiligen Hinweis liefert die Inhibition von PGE2, für die eine Verzögerung der Knochenneubildung neben der Verminderung der Entzündungsreaktion nachgewiesen werden konnte [139]. Ob dieser Effekt der PGE2-Inhibition den Link zwischen Entzündung und Knochenneubildung wirklich beweist, ist nicht zweifelsfrei geklärt. Immerhin ist PGE2 auch ein bekannter und wichtiger Mediator der Differenzierung der Osteoblasten [140], sodass die gezeigte Hemmung der Knochenneubildung auch eher ein Zeichen der anabolen, anstatt der anti-inflammatorischen Effekte der PGE2-Inhibition sein könnte. Andererseits zeigten Studienergebnisse bildgebender Verfahren ebenfalls keinen direkten Zusammenhang zwischen Entzündung und Osteoproliferation, da die Skelettstellen mit einer Osteitis, nicht identisch waren mit denen, die später durch Syndesmophytenbildung gekennzeichnet waren [141].

Neben der Frage, ob Entzündung und Knochenneubildung nun miteinander verbunden sind oder nicht, beziehungsweise ob sie im späteren Verlauf unabhängig von einander ablaufen oder nicht, wird ebenfalls über den Mechanismus der Knochenneubildung bei der AS heftig diskutiert. Dafür muss zu Beginn der pathologische Charakter der dort vorherrschenden Knochenneubildung definiert werden. Denn eine Knochenneubildung, die zu einer Ankylose führt, ist ein Prozess, in dem das neue Knochengewebe stets im Zusammenhang mit bereits bestehendem Knochen gebildet wird, sich dabei allerdings über die Originalgrenzen hinaus erstreckt. Für einen solchen Prozess wurde der Begriff Osteoproliferation geprägt [1].

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Auch bei dem Prozess des Knochenumbaus sollte zwischen physiologisch und pathologisch unterschieden werden. Der physiologische Knochenumbau stellt eine Balance der Aktivität zwischen knochenbildenden Osteoblasten und knochenresorbierenden Osteoklasten dar, der über die mechanosensorischen Osteozyten vermittelt wird, sodass eine kontinuierliche Erneuerung des Skeletts resultiert [142]. Bei der AS wird der pathologische Charakter des Knochenumbaus deutlich, da einerseits eine überschießende Knochenneubildung an der Außenseite des kortikalen Knochens stattfindet und andererseits ein Abbau des trabekulären Knochens der Wirbelkörper eine Osteoporose bedingt [17, 143]. Als mögliche Mechanismen der Osteoproliferation wurden bereits verschiedene Formen der Knochenneubildung bei AS und SpA beschrieben [133]. So zeigen begrenzt verfügbare histologische Daten, dass vermutlich beide Formen der Knochenneubildung, enchondrale und membranöse Ossifikation, wie sie während der Skelettentwicklung und des Wachstums vorkommen, zur Ankylose beitragen. Als dritte Möglichkeit wurde auch die Knorpel-Metaplasie erwähnt, bei der Knorpelzellen innerhalb der kalzifizierten Matrix auftreten [85, 103, 144]. Ein abschließender Beweis für die eine oder andere Form der Knochenneubildung steht allerdings noch aus. Die für Skelettentwicklung und Wachstum wichtigsten Signalwege der BMPs, WNT- und Hedgehog-Proteine wurden ebenfalls in Tiermodellen der Arthritis sowie in humanen Proben untersucht. Die BMPs sind Wachstumsfaktoren, die bei intramuskulärer oder subkutaner Injektion ektopisch eine enchondrale Ossifikation auslösen können [145, 146]. Außerdem spielen sie eine wichtige Rolle während der Chondrogenese, da sie in deren frühen Phase die chondrogene Differenzierung stimulieren, aber auch in die späte hypertrophe Phase eingreifen [147]. Ein weiterer Hauptregulator der chondrogenen und osteogenen Differenzierung ist der WNT-Signalweg, da dieser während der mesenchymalen Kondensation eingreift und somit beide Prozesse, die enchondrale und membranöse Ossifikation der Skelettentwicklung beeinflussen kann. Dieser β-Catenin-vermittelte Signalweg blockiert die chondrogene Differenzierung, begünstigt allerdings die chondrozytäre Hyptertrophie und somit die Kalzifizierung und Osteoblastendifferenzierung [148, 149]. Eine Beeinflussung der WNT-Signalweg-Aktivität ist innerhalb der embryonalen Entwicklung, aber auch im Erkrankungsfall möglich, indem der Proteinlevel von β-Catenin, zum Beispiel durch dessen Inhibitoren DKK-1 und Sclerostin, modifiziert wird [150]. Zhu et al. konnten in diesem Zusammenhang zeigen, dass eine erhöhte β-Catenin-Aktivität in Mäusen zu OA-ähnlichen Knorpelschäden und Osteophytenbildung führt [151]. Neben dem stimulierenden Effekt der WNT-Proteine auf die Knochenneubildung durch direkte Effekte auf die Osteoblasten sind sie ebenfalls eng an der Regulierung der

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Homöostase beteiligt [152, 153]. Ein weiteres wichtiges Werkzeug der Knochenentwicklung stellen die Hedgehog-Proteine dar. So bedingt Indian Hedgehog die Rate der Chondrozytendifferenzierung und –hypertrophie und dient somit als essenzielle Rückkopplungsschleife während der Knochenentwicklung [154].