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1.3   Tiermodelle der Ankylosierenden Spondylitis

Trotz jahrzehntelanger intensiver Bemühungen, die pathophysiologischen Mechanismen und Signalwege, die zu einer AS führen, zu entschlüsseln, sind diese immer noch ungeklärt und erschweren somit die effektive Entwicklung neuer Therapien. Selbst die besten derzeit verfügbaren Therapien können die Krankheit nicht heilen, sodass die therapeutischen Ziele derzeit auf die Remission der Symptome beschränkt werden. Für die Entwicklung neuer Therapien für die AS sind daher neben klinischen Beobachtungen auch Studien in Tiermodellen erforderlich. Tiermodelle menschlicher Erkrankungen sind wertvolle Werkzeuge, um die grundlegenden biologischen Mechanismen zu verstehen, um neue molekulare Signalwege und Zielstrukturen der Erkrankung zu identifizieren, und um somit neue präventive und therapeutische Mittel erkennen beziehungsweise entwickeln zu können.

Einige Tiermodelle existieren auch für die AS. Allerdings stellt jedes dieser Modelle nur eine Art Subtyp der Erkrankung dar, sodass betont werden muss, dass keines davon ein Universalmodell ist und die Krankheit exakt nachahmt. So wurden Tiermodelle entwickelt, um die Rolle des HLA-B27-Antigens, die Mechanismen der Entzündung und der Progression der Verknöcherung bei AS besser verstehen zu können [164-166].

HLA-B27-transgene Tiermodelle

Da die spezifische Rolle des HLA-B27-Antigens innerhalb der AS-Pathogenese immer noch unklar ist, werden HLA-B27-transgene Tiermodelle verwendet (siehe Kapitel 1.1.5).

Die HLA-B27-transgene Maus an sich entwickelt spontan keine entzündliche Erkrankung.

Wird das humane Klasse-I Haupthistokompatibilitätskomplex (MHC)-Allel HLA-B27 allerdings in β-2-Mikroglobulin-defiziente Mäuse eingebracht, so ändern sich dessen Eigenschaften aufgrund des β-2-Mikroglobulins der Maus und es resultiert eine spontan entzündliche Arthritis. Diese B27+β2m-/- Mäuse exprimieren das HLA-B27-Transgen auf den

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Zelloberflächen nicht und zeigen aufgrund der fehlenden Positiv-Selektion auch sehr niedrige Zellzahlen an CD8+ T-Zellen [167]. Die Symptome dieses Mausmodells umfassen Nagelveränderungen, Haarausfall sowie Schwellung, Deformierung und Versteifung der Hinterpfoten, während die Vorderpfoten nicht betroffen sind [167]. Für die Krankheitsentwicklung ist außerdem eine herkömmliche Bakterienflora erforderlich und sie überwiegt bei männlichen Mäusen [167].

Das weitaus häufiger genutzte HLA-B27-transgene Tiermodell ist die B27/Humane β2 -Mikroglobulin-transgene Ratte. Das Einbringen von HLA-B27 ist ausreichend, eine spontan entzündliche Krankheit auszulösen. Trotzdem sind nicht alle HLA-B27-transgenen Ratten von der Erkrankung betroffen. Die Anzahl der in das Rattengenom eingebrachten Kopien des HLA-B27-Gens scheint entscheidend zu sein, sodass ein Zusammenhang zwischen der Krankheitssuszeptibilität und der HLA-B27-Expressionsstärke zu bestehen scheint [56]. Die B27/Humanen β2-Mikroglobulin-transgenen Ratten entwickeln im Alter von 6 bis 10 Wochen entzündliche Erkrankungen verschiedenster Organe, charakterisiert durch Sakroiliitis und periphere Arthritis, vorwiegend der hinteren Gliedmaßen, in Kombination mit extraartikularen Manifestationen wie chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, psoriatischen Haut- und Nagelläsionen, aber auch einer Orchitis [168]. Dieses Krankheitsbild zeigt somit, mit Ausnahme der Orchitis, eine deutliche Ähnlichkeit mit dem der SpA des Menschen auf und wird deshalb teilweise auch als Ratten-SpA bezeichnet. Auch in diesem transgenen Modell scheinen die T-Zellen essenziell für die Entwicklung der Erkrankung zu sein [169]. Da jedoch gezeigt wurde, dass dieses Modell von den CD8+ T-Zellen unabhängig ist, wird angenommen, dass eine Erkennung des HLA-B27-Peptidkomplexes für die Entwicklung der Arthritis nicht zwingend notwendig ist. Das wiederum unterstützt die Vermutung, dass andere Eigenschaften von HLA-B27, die nicht direkt mit der Antigenpräsentation in Zusammenhang stehen, entscheidend sind [58].

Entzündungs-getriebene Tiermodelle

Spätestens seit dem enormen Erfolg der TNFα-Blocker (siehe Kapital 1.1.4) ist unumstritten, dass das Zytokin TNFα eine Hauptrolle innerhalb der entzündlichen Prozesse bei AS spielt.

Dementsprechend ist es auch nicht verwunderlich, dass Tiermodelle entwickelt wurden, die auf einer TNFα-Überexpression beruhen. Das dabei wohl interessanteste entzündliche Modell, welches der humanen SpA stark ähnelt, stellt die TNFΔARE-Maus dar [170]. Diese wird durch eine Deletion der sogenannten AU-reichen Elemente (ARE) innerhalb des

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Gens des Mausgenoms erzeugt, wodurch ein intrinsischer Defekt der posttranskriptionellen Regulation der TNF-mRNA folgt. Die dadurch bedingte Erhöhung des TNF-mRNA Standes in hämatopoetischem und stromalem Gewebe führt kombiniert mit erhöhter TNF-Translation zu einer chronischen und deregulierten Überproduktion an endogenem TNFα. Die so gezüchteten TNFΔARE-Mäuse sind charakterisiert durch Morbus Crohn-ähnliche chronisch entzündliche Darmläsionen, Sakroiliitis, Spondylitis, periphere Arthritis und Enthesitis [170]

und stellen laut Prof. Georg Schett derzeit für die Untersuchung der AS das wertvollste Tiermodell dar (Immunobone Workshop in Erlangen 2013).

Eine weiteres, primär entzündliches, transgenes Mausmodell stellen die humanen TNF-transgenen Mäuse dar, die ein 3’-modifiziertes humanes TNF-Transgen tragen und exprimieren [171]. Diese sind gekennzeichnet durch eine periphere Arthritis, aber auch durch eine bilaterale erosive Sakroiliitis mit entzündlicher Beteiligung der Synovialmembran. Das heißt, progressive Gelenkentzündungen sind die Regel, während spontane anabole Knochenveränderungen nicht vorkommen, sodass TNFα wohl eher nicht der entscheidende Faktor für die Verknöcherung ist [171]. Behandelt man diese humanen TNF-transgenen Mäuse allerdings mit einem Antikörper gegen den WNT-Signalweg-Inhibitor DKK-1, ändert sich die Symptomatik ins Gegenteil. Die Knochenzerstörung wird inhibiert, während Knochenneubildungen, peripher in Form von Osteophyten und axial als Verknöcherung der SI-Gelenke, trotz anhaltender Entzündung auftreten [172, 173].

Sakaguchi und Kollegen beschrieben im Jahr 2003 erstmalig ein Mausmodell, bei dem die Mäuse unter konventionellen mikrobiellen Bedingungen spontan eine schwere Polyarthritis entwickeln, während diese Mäuse unter SPF (specific pathogen free) Bedingungen gesund bleiben [174]. Die sogenannten SKG-Mäuse tragen eine spontane Punktmutation im ZAP-70 Gen, einem Schlüsselmolekül innerhalb der T-Zell Signaltransduktion. Diese ZAP70W163C -Mutation innerhalb der Mäuse mit BALB/c Hintergrund bedingt eine veränderte Empfindlichkeit der positiven und negativen Selektion selbst-reaktiver T-Zellen und FoxP3+

regulatorischer T-Zellen im Thymus. Dadurch erfolgt eine Anreicherung mit IL-17-autoreaktiven T-Zellen und somit die Produktion von T-Zellen, die potenziell eine Gelenkentzündung hervorrufen können [174, 175]. Durch eine Injektion verschiedener mikrobieller β-Glukane kann daher eine T-Zell-vermittelte und von IL-23 abhängige chronische autoimmune Polyarthritis in SKG-Mäusen induziert werden, die eine SpA mit peripherer Arthritis, Spondylitis, Ileitis, entzündliche Hauterkrankungen und Uveitis rekapituliert [176], in ihren klinischen, histologischen und serologischen Eigenschaften aber auch stark denen der humanen RA ähnelt [174-177].

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Modelle der Gelenk- und Wirbelsäulenverknöcherung

Für die Untersuchung der Knochenneubildung bei der SpA nutzt die Gruppe um Rik Lories das spontane Arthritis-Modell in alternden DBA/1-Mäusen. Bei männlichen Mäusen ab einem Alter von 12 Wochen und älter bedingt die Gruppen-Käfighaltung von Mäusen aus verschiedenen Würfen die Ausbildung einer Arthritis, die vorzüglich die Hinterpfoten betrifft, sowie eine enthesiale Zellproliferation und chondrogene Differenzierung, die zur Ankylose führt (ankylosierende Enthesitis). Weitere Kennzeichen dieses Modells umfassen eine Daktylitis (Entzündung aller Strukturen eines Fingers) und Nagelveränderungen, also Anzeichen einer PsA [178].

Die meisten Tiermodelle der entzündlichen Arthritis zeigen die Entstehung von Knochenspornen, das heißt Osteoproliferation entlang der Gelenke. Dazu gehört die Adjuvans-induzierte Arthritis (AIA), die Kollagen-induzierte Arthritis (collagen induced arthritis, CIA) und das K/BxN-Serumtransfer-Modell. K/BxN-Mäuse exprimieren das Rezeptor-Transgen KRN und das MHC-Klasse-II Molekül Ag7, sodass deren T-Zell-Rezeptoren das ubiquitäre Selbstantigen Glukose-6-Phosphat-Isomerase (GPI) erkennen.

Über Differenzierung und Proliferation der B-Zellen wird ein hoher anti-GPI-Antikörperlevel provoziert. Diese Antikörper sind direkt pathogen, indem sie endogenes GPI erkennen und somit Schädigungen des Gelenkknorpels hervorrufen [179]. Die Pathologie dieses Tiermodells ist ähnlich denen der CIA- und AIA-Modelle. Beim CIA-Modell erfolgt eine Immunisierung mit COL2 in einem Adjuvans, sodass COL2-spezifische T-Zellen aktiviert und anti-COL2-spezifische Antikörper generiert werden. Das wiederum resultiert in einer Polyarthritis mit schwerer Synovitis, Knorpelzerstörung und Knochenerosionen [180]. Der passive Transfer von monoklonalen Anti-COL2-Antikörpern beim CAIA-Modell hingegen führt zu einer vorübergehenden Polyarthritis [181]. Während die CIA-Arthritis T- und B-Zell-abhängig ist [180], verläuft die CAIA-Arthritis T- und B-Zell-unB-Zell-abhängig und führt zur Komplement-Aktivierung sowie zur Fc-Rezeptor-vermittelten Aktivierung von Zellen des angeborenen Immunsystems [181]. Bei all diesen Tiermodellen wird vor allem über die Zusammenhänge zwischen Entzündung, Knochenerosion und Knochenneubildung heftig diskutiert, da immer noch nicht eindeutig bekannt ist, in welchem Ausmaß eine Inhibition der Entzündung oder der Knochenresorption die Ausbildung dieser Knochensporne beeinflusst.

Untersuchungen unter Verwendung des spontanen Arthritis-Modells in alternden DBA/1-Mäusen [178] und der CIA- und AIA-Mäuse [182] formten zuletzt die Meinung, dass nach dem anfänglichen entzündlichen Auslöser die weitere Knochenneubildung unabhängig von der Entzündung abläuft. Außerdem konnte gezeigt werden, dass der Prozess der

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Knochenneubildung dabei weder von TNFα, noch von RANKL (einem auslösenden Faktor der Osteoklastenaktivierung und somit des Knochenverlusts) beeinflusst wird.

Das ANKENT Mausmodell in alternden C57Bl/10-Mäusen zeichnet sich durch eine spontan auftretende progredient verknöchernde Enthesopatie aus, die vor allem die Tarsal- und Sprunggelenke der Mäuse betrifft. Das Auftreten dieser ankylosierenden Enthesopathie sowie gewisse genetische Assoziationen mit Loci des MHCs und das bevorzugte Auftreten der Symptome bei männlichen Mäusen zeigt einige Ähnlichkeiten mit der AS. Die Pathogenese dieses Krankheitsbildes ist weitgehend unverstanden, es wird jedoch davon ausgegangen, dass das Immunsystem keine Rolle spielt [183].

Tibor T. Glant et al. veröffentlichten bereits 1987 klinische und histopathologische Daten zum PGISp (Proteoglykan-induzierte Spondylitis)-Modell, bei dem durch die Immunisierung mit humanem Proteoglykan neben einer Polyarthritis auch eine der AS sehr ähnlichen Symptomatik in BALB/c Mäusen induziert wird [184]. Damit wurde das damals einzige systemisch autoimmune Mausmodell beschrieben, bei dem das axiale Skelett mit betroffen ist. Charakteristische Merkmale sind anfängliche Entzündungszeichen wie Schwellung und Rötung von ein bis vier Pfoten bereits 9–12 Tage nach der letzten Injektion. Nach 12–20 Wochen ist eine progressive chronische Polyarthritis mit nachfolgender Versteifung der Gelenke zu erkennen [184]. Histologische Untersuchungen zeigen bereits 8 Wochen nach der letzten Injektion eine axiale Beteiligung. Erosionen der Knorpeloberfläche sowie Entzündungszeichen werden zuerst in den SI-Gelenken festgestellt, die anschließend komplett versteifen. Im weiteren Verlauf der Erkrankung ist die Beteiligung der Lenden- und später der Brustwirbel erkennbar, was teilweise zur Entstehung von Syndesmophyten führt [185, 186].

Im Jahr 2007 beschrieben Tanaka und Kollegen [187] ein neuartiges Mausmodell, bei dem eine Arthritis durch die intradermale Immunisierung mit mBSA, kombiniert mit der intravenösen Injektion einer Mischung verschiedener Anti-COL2-Antikörper und der anschließenden subkutanen Injektion von mBSA, in den Fußballen männlicher BALB/c Mäuse induziert wird. Diese sogenannte delayed-type hypersensitivity (DTH)-Arthritis wird vermittelt durch Antigen-spezifische T-Zellen, vor allem CD4+ T-Zellen [187]. Mäuse mit einer DTH-Arthritis entwickeln eine semi-chronische Arthritis, die sich dabei auf die mit mBSA behandelten Pfoten beschränkt. Weitere Symptome sind Synovitis, Hyperplasie der Synovialmembran und Pannusbildung, Knorpel- und Knochenabbau, aber auch Knochenneubildung, die hauptsächlich in Form von Osteophyten auftritt [187, 188].

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