Als letzter Abschnitt soll das SPARK-Newton-Verfahren f¨ur die Q-Gleichung mit der Davey-Methode verglichen werden, bei welcher man die Gleichung
Q′ = In−QQ†
A(ξ, λ)Q (4-6)
mit der verallgemeinerten Inverse Q† = (Q∗Q)−1Q∗ betrachtet, vgl. Formelzeile (21) in der Arbeit von Humpherys und Zumbrun.[30] Diese Methode stellt eine Alternative dar, um die L¨osung Q m¨oglichst gut auf der Stiefel-Mannigfaltigkeit zu erhalten.
4.4 Bemerkung. Mit der entsprechenden Modifikation
˜
γ′ = Spur Q†A(ξ, λ)Q−(Q±)†A±(λ)Q±
˜ γ erh¨alt man auf diese Weise ein analoges gekoppeltes System (4-1).[30]
F¨ur die numerische L¨osung von (4-6) verwenden wir in Anlehnung an die Arbeit von Ledoux, Malham, Th¨ummler[46] das klassische Runge-Kutta-Verfahren mit dem Tableau
0
1 2
1 2 1 2 0 12 1 0 0 1
1 6
1 3
1 3
1 6
Dieses besitzt die Ordnung 4 und bietet sich daher als guter Vergleich an mit unserem SPARK-Newton-Verfahren aus Abschnitt 4.1.1, welches ebenfalls die Ordnung 4 besitzt.
Vergleichen wollen wir die beiden Verfahren in Bezug auf
1. die Zeit, die ben¨otigt wird, um dieEvans-Funktion auf Ωλ auszurechnen, und 2. den Fehler auf der Stiefel-Mannigfaltigkeit f¨ur die Q-Gleichung auf dem
Intervall [−L,0] bzw. [0, L].
Dazu betrachten wir die vier Beispiele aus dem vorigen Abschnitt mit den gleichen Daten f¨ur das SPARK-Newton- und f¨ur das klassische Runge-Kutta-Verfahren.
Konkret bedeutet das, wir verwenden jeweils L=±10, h=± 1
30.
4.3 Vergleich mit der Davey-Methode
Beispiel SPARK-Newton-Verf.
(Ordnung 4)
klass. Runge-Kutta-Verf.
(Ordnung 4)
Reaktionsdiff.gl. 9.8 s 15.7 s
Boussinesq-Gl. 6.3 s 9.1 s
Ekman-Problem 65.4 s 69.0 s
Autokat. System 287.6 s 287.9 s
Tabelle 4.1: Zeit in Sekunden f¨ur die Berechnung der Evans-Funktion D auf dem entsprechenden Ωλ.
Das Abbruchkriterium beim SPARK-Newton-Verfahren belassen wir beiε= 10−12 und die ˜γ-Gleichung l¨osen wir in beiden F¨allen mit dem implizitenEuler-Cauchy -Verfahren.
Die Ergebnisse der Rechnungen sind in den beiden Tabellen 4.1 und 4.2 zusammen-gefasst. Man erkennt, dass bei gleicher Schrittweite h und jeweils gleichem Ωλ das SPARK-Newton-Verfahren f¨ur die Differential-algebraische Gleichung
Q′ = (In−QQ∗)A(ξ, λ)Q−QΛ, 0 = Q∗Q−Il
(4-7) schneller ist als das klassischeRunge-Kutta-Verfahren f¨ur die Gleichung (4-6) bei deutlich geringerem Fehler auf derStiefel-Mannigfaltigkeit.1
Beispiel SPARK-Newton-Verf.
(Ordnung 4)
klass. Runge-Kutta-Verf.
(Ordnung 4) Reaktionsdiff.gl. 9.9987·10−13 5.7794·10−7 Boussinesq-Gl. 9.9984·10−13 1.2612·10−8 Ekman-Problem 9.9999·10−13 5.4245·10−4 Autokat. System 9.9999·10−13 2.9010·10−5
Tabelle 4.2: Orthogonaler Fehler maxξ∈[−10,10]maxλ∈ΩλkQ∗(ξ)Q(ξ)−Ilk∞ f¨ur je-weils passendes l ∈ {1,2,3}.
4.5 Bemerkung. a) Beim SPARK-Newton-Verfahren zu (4-7) kann der or-thogonale Fehler kQ∗(ξ)Q(ξ)−Ilk∞ a priori durch die Wahl vonε kontrolliert werden, wohingegen dies beim klassischen Runge-Kutta-Verfahren zu (4-6) nicht der Fall ist.
b) Setzen wir in den Beispielen den Parameter ε entsprechend den orthogonalen Fehlern wie beim klassischen Runge-Kutta-Verfahren zu (4-6) (d. h. ε = 5.7794·10−7, ε = 1.2612·10−8, ε = 5.4245·10−4 bzw. ε = 2.9010·10−5), so
1BeimEkman-Randschichtproblem wird der orthogonale Fehler nur auf [0,10] berechnet.
beschleunigen wir das SPARK-Newton-Verfahren zu (4-7)erheblich: Bis auf das Beispiel
”Autokatalytisches System“ kann die Zeit dadurch nahezu halbiert werden.
c) Beim autokatalytischen System ist die Berechnungszeit im Vergleich zu den an-deren Beispielen erheblich gr¨oßer. Dies liegt daran, dass die Travelling Wave Φ in diesem Fall nicht als explizite Formel gegeben ist, sondern numerisch be-rechnet und entsprechend dem numerischen Gitter f¨ur das SPARK-Newton -bzw. f¨ur das klassische Runge-Kutta-Verfahren ausgewertet werden muss (in Matlab mit deval).
4.4 Fazit
−102 −8 −6 −4 −2 0
4 6 8 10 12 14x 10−16
ξ maxλ||Q∗(ξ)Q(ξ)−I2||∞
0 2 4 6 8 10
2 3 4 5 6 7 8 9 10 11x 10−16
ξ maxλ||Q∗(ξ)Q(ξ)−I2||∞
Abbildung 4.12: Orthogonaler Fehler bis auf Maschinengenauigkeit w¨ahrend der In-tegration auf [−10,0] bzw. [0,10] f¨ur die Boussinesq-Gleichung mit s= 0.4.
Das komplexifizierte SPARK-Newton-Verfahren im Kontext der numerischen
Be-4.4 Fazit
rechnung der Evans-Funktion liefert eine sehr gute Alternative, um die Gleichung Q′ = (In−QQ∗)A(ξ, λ)Q
auf derStiefel-Mannigfaltigkeit zu l¨osen. Es ist einfach zu implementieren und da lediglich Produkte und Summen von Matrizen auftauchen, ist der Algorithmus 3.25 ideal zur Verwendung inMatlab geeignet.
Außerdem ist durch die freie Wahl des Abbruchkriteriums ε eine beliebig genaue (zumindest bis auf Maschinengenauigkeit) Erhaltung der L¨osung Q auf der Stie-fel-Mannigfaltigkeit m¨oglich, was z. B. beim klassischen Runge-Kutta-Verfahren nicht der Fall ist. Als Demonstration f¨ur die
”beliebige Genauigkeit“ setzen wir beispielsweise das Abbruchkriterium auf
ε= 10−15
und rechnen erneut die Evans-Funktion f¨ur die Boussinesq-Gleichung aus. In diesem Fall dauert die Berechnung mit 7.7 Sekunden zwar etwas l¨anger, wir erhalten daf¨ur aber einen Fehler bis auf Maschinengenauigkeit, vgl. Abbildung 4.12.
Teil II
Die Lopatinski-Determinante
5 Die Lopatinski-Determinante
In diesem Kapitel besch¨aftigen wir uns mit Erhaltungsgleichungen und der dazu-geh¨origen speziellen L¨osungsklasse der Schock-L¨osungen. Auch hier konzentrieren wir uns auf die Frage nach der Stabilit¨at einer solchen L¨osung. Analog zur Evans -Funktion f¨uhrt diese Fragestellung zu einer Determinantenfunktion – der sogenann-ten Lopatinski-Determinante. Als Grundlage f¨ur dieses Kapitel dient die Arbeit von Freist¨uhlerund Plaza.[19]
5.1 Erhaltungsgleichungen und Schock-L¨ osungen
Wir betrachten ein System vonnhyperbolischen Erhaltungsgleichungen ind Raum-variablen der Form
Ut+ Xd
j=1
fj(U)xj = 0, (5-1)
wobeiU ∈ U ⊂Rn, U offen und konvex, fj ∈C∞(U,Rn), j = 1, . . . , n.
5.1 Definition. Das System (5-1) heißt hyperbolisch, falls f¨ur alle U ∈ U und alle ω∈Rd die Matrix
A(ω, U) :=
Xd
j=1
ωjAj(U), Aj(U) :=Dfj(U)
¨
uber R diagonalisierbar ist.
Wir nehmen an, dass das System (5-1) hyperbolisch ist mit den reellen Eigenwerten a1(ω, U)≤. . .≤an(ω, U), ai ∈C∞(Rd× U,R), i= 1, . . . , n.
Wir interessieren uns f¨ur spezielle Travelling-Wave-L¨osungenU von (5-1), den soge-nannten (unstetigen) Schock-L¨osungen der Form
U(x, t) =
(U+, falls x·N > st,
U−, falls x·N < st (5-2)
bzw. f¨ur Φ(ξ) := U(x, t),ξ :=x·N −stkompakt geschrieben als Φ(ξ) =
(U+, fallsξ > 0, U−, fallsξ < 0
mit den konstanten Zust¨andenU+, U−∈ U,U+ 6=U−und der Ausbreitungsrichtung N ∈ Sd−1, wobei Sd−1 die Einheitssph¨are im Rd ist. Der Parameter s steht hierbei wie ¨ublich f¨ur die Geschwindigkeit, und zwar die der Sprungstelle.
Zus¨atzlich fordern wir f¨ur die L¨osung (5-2) die Rankine-Hugoniot-Bedingung
−s[U] + [f(U)]N = 0, f := (f1, . . . , fd)∈Rn×d, (5-3) damit ein geeigneter (schwacher) L¨osungsbegriff f¨ur das System (5-1) vorliegt. Hier-bei ist [·] der Operator f¨ur die Sprungbedingungen, d. h.
[U] =U+−U− bzw. [f(U)] =f(U+)−f(U−).
5.2 Bemerkung. Die Rankine-Hugoniot-Bedingung ist sowohl notwendig als auch hinreichend, damit (5-2) eine schwache L¨osung von (5-1) ist, vgl. dazu z. B.
das Buch von LeFloch.[47]
Weiter treffen wir folgende Annahme an die Schock-L¨osung (5-2): Es existieren Zah-leno+, o−∈ {1, . . . , n}, so dass f¨ur die Eigenwerteai folgende Ungleichungen erf¨ullt sind:
aj(N, U−)< s < ak(N, U−) f¨ur alle j ≤o−, k > o−,
aj(N, U+)< s < ak(N, U+) f¨ur alle j ≤n−o+, k > n−o+. (5-4) 5.3 Definition. F¨ur l :=o++o−+ 1−n unterscheiden wir zwei Typen von Schock-L¨osungen:
(i) Falls l= 0 gilt, so bezeichnen wir (5-2) als Lax-Schock.[44]
(ii) Im Fall l >0 sprechen wir von einer unterkompressiven Schockwelle (5-2).