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3. Puls:

λ∈σpt(T) ⇔ A0(λ) := lim

ξ→±∞A(ξ, λ) ist hyperbolisch und es gilt dim(ker(T(λ))) >0.

Dieser Satz hat zur Folge, dass f¨ur nichttriviale Eigenfunktionen die Endmatrizen A±(λ) bzw. A0(λ) automatisch hyperbolisch sind.

Des Weiteren spielt die Asymptotik der Eigenfunktionen des Systems (1-5) eine wichtige Rolle, es gilt n¨amlich[57]

U(λ) :={W0 ∈Cn:W(ξ, λ)→0 f¨urξ → −∞}= ker(P(0, λ)) sowie S(λ) :={W0 ∈Cn:W(ξ, λ)→0 f¨urξ → ∞}= im(P+(0, λ)).

Dabei istW jeweils eine nichttriviale L¨osung von (1-5) zum AnfangswertW(0, λ) = W0 und P± sind die Projektionen der jeweiligen exponentiellen Dichotomien aus Satz 1.15. Genauer haben wir sogar folgenden Zusammenhang zum (in)stabilen Un-terraum vonA±(λ) bzw.A0(λ): Die L¨osungen von (1-5) verhalten sich f¨urξ → ±∞

wie die L¨osungen des Systems

W(ξ) = A±(λ)W(ξ) bzw. W(ξ) = A0(λ)W(ξ),

d. h., f¨ur ξ → ±∞ verhalten sich die L¨osungen aus U(λ) bzw. S(λ) wie die (ver-allgemeinerten) (in)stabilen Eigenvektoren vonA±(λ) bzw. A0(λ) (f¨ur Details siehe Kapitel 3 aus der Arbeit von Zumbrun und Howard[63]).

1.3 Ein explizites Beispiel f¨ ur die Evans-Funktion

In diesem Abschnitt wollen wir ein Beispiel[36] betrachten, anhand dessen wir die Evans-Funktion konkret angeben k¨onnen. Gegeben sei die folgende skalare partielle Differentialgleichung (Reaktionsdiffusionsgleichung):

Ut(ξ, t) = Uξξ(ξ, t)−U(ξ, t) + 2 (U(ξ, t))3, U(ξ, t)∈R, ξ ∈R, t ≥0. (1-7) 1.24 Lemma. Die Gleichung (1-7) hat die station¨are Puls-L¨osung

Φ(ξ) = sech(ξ). (1-8)

Beweis. Mit Φ(ξ) = sech(ξ) = ex+ e2x und Φ′′(ξ) = 2 e2x(ex+ e12+2 ex)32x gilt Φ′′(ξ)−Φ(ξ) + 2 (Φ(ξ))3 = 2 e2x−12 + 2 e2x

(ex+ ex)3 − 2

ex+ ex + 16 (ex+ ex)3

= 2 e2x−12 + 2 e2x−2(ex+ ex)2+ 16 (ex+ ex)3

= 0.

−100 −5 0 5 10

0.2 0.4 0.6 0.8 1

ξ

Φ(ξ)

Abbildung 1.2: Travelling-Wave-L¨osung der Reaktionsdiffusionsgleichung (1-7).

Da der Geschwindigkeitsparameter s hier nicht auftaucht (d. h., hier gilt s = 0), spricht man in diesem Fall von einer stehenden Welle.

Linearisieren wir die Gleichung (1-7) um die L¨osung (1-8), so erhalten wir die lineare partielle Differentialgleichung

Ut(ξ, t) =Uξξ(ξ, t) + 6(Φ(ξ))2−1

U(ξ, t) bzw.

Ut(ξ, t) = Uξξ(ξ, t) + (6 sech2(ξ)−1)U(ξ, t).

Das dazu assoziierte Eigenwertproblem lautet damit

λU¯(ξ) = ¯Uξξ(ξ) + (6 sech2(ξ)−1) ¯U(ξ) (1-9)

1.3 Ein explizites Beispiel f¨ur die Evans-Funktion

bzw. geschrieben als System erster Ordnung

W(ξ) =A(ξ, λ)W(ξ), (1-10)

. F¨ur dieses System gilt:

A(ξ) = 0 (und zwar exponentiell schnell);˜

• f¨ur Ω :={λ ∈C: Re(λ)>−1} ⊂C hat die Matrix

Insbesondere ist die Matrix A0(λ) auf Ω hyperbolisch.

Damit befinden wir uns in der Situation aus Abschnitt 1.2.2.

1.25 Lemma. Die zu µ±(λ) geh¨origen Eigenvektoren lauten v(λ) =

Da f¨ur λ ∈ Ω die Eigenwerte µ(λ) und µ+(λ) beide einfach sind, existiert ein Fundamentalsystem von L¨osungen W± zu (1-10) mit der Eigenschaft

ξ→−∞lim W(ξ, λ) eµ(λ)ξ =v(λ) und lim

ξ→∞W+(ξ, λ) eµ+(λ)ξ =v+(λ). (1-11) Zur expliziten Berechnung der Evans-Funktion ben¨otigen wir die L¨osungen W±, welche die asymptotischen Bedingungen in (1-11) erf¨ullen.

1.26 Lemma (Sandstede[56]). Die L¨osungen W und W+ sind gegeben durch W(ξ, λ) = eλ+1ξ

1+λ3

λ+1 tanh(ξ)sech2(ξ)

1 3

λ+1(λ+3)(λ+1) tanh(ξ)2 sech2(ξ)(λ+1tanh(ξ))

und

W+(ξ, λ) = eλ+1ξ

1+λ3+

λ+1 tanh(ξ)sech2(ξ)

13

λ+1(λ+3)(λ+1) tanh(ξ)+2 sech2(ξ)(λ+1+tanh(ξ))

.

Beweis. Wir rechnen die Behauptung nur f¨ur W nach, f¨ur W+ l¨auft der Beweis analog. Definieren wir

u(ξ, λ) := W(ξ, λ)

1 = eλ+1ξ

1 + λ 3 −√

λ+ 1 tanh(ξ)−sech2(ξ)

, so folgt

uξ(ξ, λ) = eλ+1ξ 1

3

√λ+ 1(λ+ 3)−(λ+ 1) tanh(ξ)

−2 sech2(ξ)√

λ+ 1−tanh(ξ) , uξξ(ξ, λ) = 1

12eλ+1ξsech4(ξ) ((λ+ 1) cosh(2ξ) +λ−11)

−3√

λ+ 1 sinh(2ξ) + (λ+ 3) cosh(2ξ) +λ−3

. Damit gilt

uξ(ξ, λ) = W(ξ, λ)

2

sowie

uξξ(ξ, λ) + 6 sech2(ξ)−1−λ

u(ξ, λ) = 0, d. h.,u erf¨ullt die Eigenwertgleichung (1-9).

Somit k¨onnen wir die Evans-Funktion auf Ω angeben:

D(λ) = det W(0, λ), W+(0, λ)

1.3 Ein explizites Beispiel f¨ur die Evans-Funktion

= det

λ

3

λ 1 3

3

√λ+ 1(λ+ 3)−2√

λ+ 1 −13

λ+ 1(λ+ 3) + 2√ λ+ 1

=−2

9λ(λ−3)√ λ+ 1.

F¨ur die Nullstellen vonD gilt auf Ω

D(λ) = 0 ⇔ λ∈ {0,3},

d. h., f¨ur das Punktspektrum des zugrunde liegenden OperatorsT erhalten wir σpt(T) ={0,3}.

Oder anders ausgedr¨uckt: F¨urλ = 0 undλ = 3 sind die L¨osungenWundW+linear abh¨angig und generieren eine nichttriviale beschr¨ankte Eigenfunktion von (1-10). Im Detail heißt das f¨urλ= 0:

W(ξ,0) = eξ

1−tanh(ξ)−sech2(ξ)

1−tanh(ξ)−2 sech2(ξ) (1−tanh(ξ))

=

−tanh(ξ) sech(ξ) sech(ξ)−2 sech3(ξ)

, W+(ξ,0) = eξ

1 + tanh(ξ)−sech2(ξ)

−1−tanh(ξ) + 2 sech2(ξ) (1 + tanh(ξ))

=

tanh(ξ) sech(ξ)

−sech(ξ) + 2 sech3(ξ)

, und f¨urλ = 3:

W(ξ,3) = e

2−2 tanh(ξ)−sech2(ξ)

4−4 tanh(ξ)−2 sech2(ξ) (2−tanh(ξ))

=

sech2(ξ)

−2 tanh(ξ) sech2(ξ)

, W+(ξ,3) = e

2 + 2 tanh(ξ)−sech2(ξ)

−4−4 tanh(ξ) + 2 sech2(ξ) (2 + tanh(ξ))

=

sech2(ξ)

−2 tanh(ξ) sech2(ξ)

.

Die Ergebnisse dieses Abschnitts fassen wir in folgendem Korollar zusammen.

1.27 Korollar. (i) F¨ur λ= 0 ist W1(ξ) :=

tanh(ξ) sech(ξ)

−sech(ξ) + 2 sech3(ξ)

eine Eigenfunktion, welche (1-10) erf¨ullt und exponentiell f¨ur ξ → ±∞ ab-klingt. Gleiches gilt f¨ur λ = 3 mit der Eigenfunktion

W2(ξ) :=

sech2(ξ)

−2 tanh(ξ) sech2(ξ)

.

(ii) Die station¨are Puls-L¨osung (1-8) ist instabil.

2 Die numerische Berechnung der Evans-Funktion

Im Allgemeinen ist es nicht so einfach wie im Beispiel der Reaktionsdiffusionsglei-chung aus Abschnitt 1.3 dieEvans-Funktion explizit anzugeben. Deswegen ben¨otigt man in der Regel numerische Methoden f¨ur die Berechnung der Evans-Funktion.

2.1 Einf¨ uhrung in die Problemstellung

Wie im Kapitel zuvor konzentrieren wir uns auch in der Numerik auf das Eigenwert-problem

W(ξ) = A(ξ, λ)W(ξ), W(ξ)∈Cn, ξ∈R, (2-1) geschrieben als System erster Ordnung. An die MatrixA setzen wir Folgendes vor-aus:[30]

• A ist stetig differenzierbar in ξ;

• A ist auf einer Teilmenge Ω ⊂Canalytisch im Spektralparameter λ;

• der Grenzwert A±(λ) = limξ→±∞ = A(ξ, λ) existiert und die Dimension des (in)stabilen Unterraums von A(λ) bzw.A+(λ) f¨ur alleλ ∈Ω ist k bzw.n−k (insbesondere ist A±(λ) f¨ur alleλ ∈Ω hyperbolisch).

Nach Konstruktion zerf¨allt die numerische Berechnung derEvans-Funktion in zwei Schritte:

(i) Die Berechnung von analytischen Basen bez¨uglich dem Eigenwertparameterλ des (in)stabilen Unterraumes von A+(λ) bzw. A(λ).

(ii) Die Entwicklung der Basen aus (i) bez¨uglich der gew¨ohnlichen Differential-gleichung (2-1) ¨uber ein hinreichend großes Intervall [L,0] bzw. [−L,0] f¨ur ein L >0.

Beide Schritte betreffen – wenn auch aus unterschiedlicher Sichtweise – die nume-rische Fortsetzung von Unterr¨aumen, und zwar im Fall (i) bez¨uglich λ und im Fall (ii) bez¨uglich ξ.

Damit k¨onnte ein Algorithmus zur numerischen Berechnung derEvans-FunktionD folgendermaßen aussehen:

2.1 Algorithmus.

1. Berechne eine Basis v1(λ), . . . , vk(λ) bzw. v1+(λ), . . . , vn+k(λ) des instabilen Unterraums von A(λ) bzw. des stabilen Unterraums von A+(λ), und zwar jeweils analytisch in λ.

Fixiere nun den Parameter λ.

2. L¨ose f¨ur i = 1, . . . , k das System (2-1) von −L nach 0 mit der Anfangsbe-dingung W(−L) =vi (λ) und erhalte Wi(0, λ); berechne analog Wi+(0, λ) f¨ur i= 1, . . . , n−k durch L¨osen von (2-1)vonLnach0mit der Anfangsbedingung W(L) = vi+(λ).

3. Berechne die Determinante

D(λ) = det W1, . . . , Wk, W1+, . . . , Wn+k

(ξ, λ)|ξ=0

. (2-2)

Leider ist Algorithmus 2.1 im Allgemeinen in dieser Form nicht anwendbar. W¨ahrend Punkt 1 – wie wir in Abschnitt 2.2 sehen werden – relativ einfach umsetzbar ist, muss man bei Punkt 2 genauer hinsehen, um nicht in numerische

”Schwierigkeiten“

zu gelangen. Folgende Punkte sind n¨amlich bei der Integration der Basen bez¨uglich ξ zu beachten:1

• Integration in die richtige Richtung: Um exponentiell wachsende Fehler in der numerischen Rechnung zu vermeiden, l¨ost man das System (2-1) stets in der Richtung, in welcher die L¨osungen Wi, i = 1, . . . , k bzw. Wi+, i = 1, . . . , n−k wachsen. D. h., f¨ur die L¨osungenWi integriert man (2-1) von−L nach 0 und f¨ur die L¨osungen Wi+ von L nach 0.[62] Außerdem sind durch die Basen der (in)stabilen Unterr¨aume der Endmatrizen A±(λ) sinnvolle Start-werte bei ±L gegeben. Dies impliziert bereits, dass man von−L nach 0 bzw.

von Lnach 0 integriert und nicht umgekehrt.

• Unterschiedliche Wachstumsraten: Typischerweise besitzt das System (2-1) zwei oder mehrere Eigenmoden (d. h. linear unabh¨angige L¨osungen) mit unterschiedlichen Wachstumsraten. Numerisch bedeutet dies, dass die linea-re Unabh¨angigkeit beispielsweise der Basisl¨osungen W1+, . . . , Wn+k aus (2-2) w¨ahrend der Integration von L nach 0 schwierig zu erhalten ist.[62] Konkret bedeutet das f¨ur zwei Moden W1+ und W2+ mit den unterschiedlichen Wachs-tumsraten µ+1 und µ+2, wobei 0>Re(µ+1)>Re(µ+2): W2+ w¨achst schneller als W1+ in der Richtung von L nach 0, so dass die L¨osung W2+ die L¨osung W1+ dominiert und die lineare Unabh¨angigkeit der beiden Moden verloren geht;

1Dies bezieht sich auf die Auswertung derEvans-Funktion an einer festen Stelleλ; die Analyti-zit¨at derEvans-Funktion inλwird durch die Analytizit¨at der Basenvi± inλrealisiert.