• Keine Ergebnisse gefunden

Verbesserung des eigenen Hörvermögens

Texttelephon, Videophon und synthetische Sprache

8.3 Verbesserung des eigenen Hörvermögens

8.3.1 Telephon-Hörverstärker

Durch den Einbau von Verstärkungsmöglichkeiten in Telephonapparate kann einer großen Zahl von hörbehinderten Personen mit Hörverlusten zwischen 35 und 80 dB eine wesentliche Unterstützung angeboten werden. Es darf dabei aber nicht vergessen werden, daß diese zusätzliche Verstärkung lediglich einer höher liegenden Hörschwelle entgegenwirkt, nicht aber andere Probleme bei der Sprachdiskriminierung beseitigen kann.

Ein nach den internationalen Normen gefertigter Telephonapparat bietet für leicht hörbehinderte Personen bereits eine gewisse Verstärkung, da der an der Hörkapsel gemessene Schalldruck um etwa 30 dB höher liegt, als bei einem persönlichen Gespräch, das über eine Entfernung von ungefähr 1 m geführt wird. Liegt also der Hörverlust über 35 dB, empfiehlt sich der Einbau von zusätzlichen Verstärkungsmöglichkeiten [ETS94]. Es wird geschätzt, daß damit etwa 80% der hörbehinderten Bevölkerung (auch wenn kein Hörgerät verwendet wird) eine entscheidende Hilfe angeboten wird.

Beim Einbau von zusätzlichen Verstärkungsmöglichkeiten muß jedoch beachtet werden, daß eine bei hörbehinderten Personen höherliegende Hörschwelle nicht zwangsläufig mit einem Höherrücken der Schmerzschwelle verbunden ist. Eine Begrenzung des Schalldrucks nach oben (durch Begrenzung oder besser noch durch entsprechende automatische Verstärkungsregelung – AGC) muß daher vorgesehen werden.

Außerdem empfiehlt es sich, auch Möglichkeiten zur frequenzselektiven Verstärkung vorzusehen, also Einstellungen zum getrennten Anheben und Absenken von Höhen und Tiefen einzubauen. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn die im Telephonapparat angebotene Verstärkung die Verwendung eines Hörapparates beim Telephonieren überflüssig machen soll.

Aber auch bei der Verwendung eines akustisch gekoppelten Hörgerätes (Verwendung des im Hörgerät eingebauten Mikrophons) kann es zu einem Verlust bei tiefen Frequenzen kommen.

Wird jedoch beim Telephonieren das Hörgerät verwendet (akustisch oder induktiv gekoppelt), muß darauf geachtet werden, daß es nicht zufolge der im Telephonapparat eingebauten zusätzlichen Verstärkung zu einer Übersteuerung des Hörgerätes kommt.

Der Normenvorschlag der ETSI (European Telecommunication Standards Institute) ETS 300 488 (1994) "Telephony for the hearing impaired; Characteristics of telephone sets that provide additional receiving amplification for the benefit of hearing impaired users" unterscheidet zwischen Telephonapparaten, die ausschließlich oder vorwiegend von einer bestimmten hörbehinderten Person verwendet werden und solchen, bei denen die Verwendung durch hörbehinderte Personen unterstützt werden soll, die aber auch von anderen Personen verwendet werden:

 Bei der vornehmlichen Verwendung durch hörbehinderte Personen, soll die zusätzliche Verstärkung durch einen Lautstärkeregler erfolgen, dessen Einstellung auch nach Beendigung eines Telephongespräches erhalten bleibt.

 Bei gemischter Verwendung durch nichtbehinderte und hörbehinderte Personen sollte der Lautstärkeregler so ausgeführt werden, daß er nach Beendigung eines Telephongespräches wieder in seine Grundeinstellung ( = keine zusätzliche Verstärkung) zurückkehrt.

Gemäß ETSI ETS 300 488 soll bei Einbau einer Lautstärkeregelung eine Verstärkung von 20 dB und eine Abschwächung von 15 dB nicht überschritten werden.

Für den gelegentlichen Einsatz kann anstelle von fix im Telephonapparat eingebauten Verstärkungseinrichtungen auch ein am Telephonhörer montierbarer externer Verstärker verwendet werden (Abb. 8.2)

Abb. 8.2: Telephonhörer mit aufgesetztem Verstärker

Für die Verständlichkeit eines Telephongesprächs ist nicht nur die absolute Lautstärke sondern auch das Verhältnis aus Lautstärke des ankommenden Gesprächs zum Umgebungsgeräuschpegel maßgeblich. Vielfach wird versucht, Umgebungsgeräusche durch Verschließen des zweiten Ohres mit der Hand auszublenden. Da jeder Telephonapparat aber bewußt einen Teil der eigenen Stimme an die Hörkapsel weiterleitet (sidetone), gelangen störende Umgebungsgeräusche auch auf diesem Pfad an das Ohr. Es kann daher unter Umständen vorteilhafter sein, anstelle des zweiten Ohres beim Hören die Sprechkapsel zuzuhalten. Leichter läßt sich diese Stummschaltung des "sidetones" durch einen Taster (PTT = push-to-talk) erreichen.

Grundsätzlich aber sollte bei der Aufstellung von Fernsprechern auf eine möglichst ruhige Umgebung geachtet werden.

Es sind auch Telephon-Handapparate erhältlich, die mit Knochenleitung arbeiten, also vorteilhaft bei hochgradiger Schalleitungs-Schwerhörigkeit eingesetzt werden können.

8.3.2 Elektrische Kopplung

Akustische Kopplung zwischen Telephonhörer und Hörgerät ist immer mit Nachteilen ver-bunden

 Frequenzselektive Verluste

 Neigung zu Rückkopplungen (Erzeugung eines akustischen Kurzschlusses durch den ans Ohr gehaltenen Telephonhörer)

 Vorhandensein von Störgeräuschen aus der Umgebung

Eine direkte Einspeisung des Telephonsignals in das Hörgerät unter Umgehung des im Hörgerät eingebauten Mikrophons schafft also aus mehreren Gründen bessere Verhältnisse.

Manche Hörgeräte bieten einen entsprechenden Anschluß (DAI, Audio-Schuh) zur Verbindung mit einem Telephon oder mit anderen elektroakustischen Geräten (z.B. Tonbandgeräte,

FM-8.HILFSMITTEL FÜR TELEPHON-ANWENDUNGEN

Empfänger). In der ETSI-Norm ETS 300 679 (1994) "Telephony for the hearing impaired;

Electrical coupling of telephone sets to hearing aids" sind die technischen Daten für die elektrische Hörgerätekopplung wie folgt festgelegt:

 Die übertragene Bandbreite soll 315 Hz bis 4.000 Hz betragen. Sollten für ein bestimmtes Telephonsystem diese Grenzen überschritten werden, soll eine Bandbegrenzung vorgesehen werden.

 Das an der elektrischen Hörgerätekopplung zur Verfügung gestellte Signal soll der Verbindung zum Telephonhörer (Handapparat) entnommen werden.

 Es darf nicht möglich sein, über die Kopplung ein Signal in das Telephonsystem einzuspeisen (also nur Ausgang).

 Die Belastung des Ausgangs durch das Hörgerät wird mit 2 kOhm (ohmsch) angenommen. Die Ausgangsimpedanz soll weniger als 1 kOhm betragen.

 Der Ausgang ist in geeigneter Weise galvanisch zu trennen (z.B. durch Verwendung eines Übertragers / Transformators).

Zur Herstellung der elektrischen Kopplung wird ein 3,5 mm Stereo-Klinkenstecker (siehe Abb.

8.3) verwendet. Der Stecker befindet sich auf der Seite des zum Hörgerät führenden Kabels.

Die Buchse soll an gut zugänglicher und gut sichtbarer Stelle im Telephonapparat (nicht im Hörer = Handapparat eingebaut werden. Bei öffentlichen Fernsprechern soll jedoch eine Anbringung der Buchse in horizontalen Flächen vermieden werden, damit ein Eindringen von Flüssigkeiten und anderen Verunreinigungen hintangehalten wird.

Abb. 8.3: 3,5 mm Stereo-Klinkenstecker und Bezeichnung der einzelnen Kontakte

Die elektrische Verbindung (Signal) erfolgt über "Tip" und "Ring" des 3,5 mm Klinkensteckers.

Ein Anschluß eines Kabelschirms über "Sleeve" ist optional.

Die Pegeleinstellungen für die elektrische Hörgerätekopplung werden folgendermaßen vorgenommen: Mit einer im Prüfwesen für Telephone üblichen Testanordnung wird durch einen Signalgenerator ein solcher Pegel in den Telephonapparat eingespeist, daß am Kunst-Ohr55 (Artificial Ear = Meßmikrophon am sogenannten ERP = Ear Reference Point) ein Schalldruck von - 14 dbPa (siehe Fußnote 56) gemessen wird (Abb. 8.4).

Abb. 8.4: Meßanordnung mit Kunst-Ohr zur Ermittlung von Schalldruckpegeln

55 ITU-T Recommendation P.57: Artificial Ears, Genf (1993)

56 Schalldruckpegel werden in dB relativ zu 1 Pascal angegeben

Bei dem so eingestellten Schalldruckpegel sollen bei 1 kHz am elektrischen Ausgang - 35 dBV

 5 dBV gemessen werden. Bei einer Erhöhung des Schalldruckpegels um 50 dB darf die Spannung am elektrischen Ausgang 3 Vpp nicht übersteigen.

8.3.3 Induktive Kopplung

Wesentlich verbreiteter und entsprechend wichtiger als die elektrische Hörgerätekopplung ist die induktive Ankopplung von Hörhilfen an den Telephonapparat. Dazu verfügen viele Hörgeräte über eine eingebaute Empfangsspule (pick-up coil, telecoil). Mit einem Schalter kann ein derart ausgestattetes Hörgerät von "Mikrophon"-betrieb (Schalterstellung "M") auf

"Telephon"-betrieb (Schalterstellung "T") umgeschaltet werden.

Abb. 8.5: Induktive Kopplung eines HdO-Hörgerätes

Die Einführung der induktiven Hörgerätekopplung geht bereits auf eine Zeit zurück, in der die in den Telephonhörern verwendeten Hörkapseln ausschließlich nach dem elektromagnetischen Prinzip funktionierten. Diese "klassischen" Hörkapseln bestanden aus einem Elektromagneten (um einen Eisenkern gewickelte Spule) und einer in geringem Abstand darüber befestigten Membran aus dünnem Eisenblech. Dieser relativ offene magnetische Kreis wies von seiner Konstruktion her ein beträchtliches elektromagnetisches Streufeld auf, das leicht von einer im Hörgerät angebrachten Spule aufgenommen werden konnte.

Die Verwendung der induktiven Kopplung über das Streufeld hat den Vorteil, daß während des Telephonierens das im Hörgerät eingebaute Mikrophon abgeschaltet wird und somit Störgeräusche oder Rückkopplungen vollkommen vermieden werden können.

.

Abb. 8.6: Meßanordnung zur Bestimmung der magnetischen Feldstärke am Telephonhörer Die Einführung anderer als elektromagnetischer Hörkapseln (dynamische, piezoelektrische) hatte zur Folge, daß Telephonhörer in Umlauf gesetzt wurden, die ein wesentlich geringeres oder überhaupt kein elektromagnetisches Streufeld aufweisen. So sind beispielsweise (bis auf eine Ausnahme) derzeit keine Mobiltelephone erhältlich, die eine induktive Hörgerätekopplung zulassen würden. Man spricht hier von mangelnder Hörgeräte-Kompatibilität (HAC = Hearing Aid Compatibility).

8.HILFSMITTEL FÜR TELEPHON-ANWENDUNGEN

Abb. 8.7: Das magnetische Feld eines Telephonhörers mit "telecoil"

8.3.4 Interferenzprobleme bei GSM und DECT

Digitale Mobiltelephone wurden in Europa früher eingesetzt als in den USA. In den USA hätte es zwar strengere Regeln und auch die einflußreicheren Benutzerorganisationen gegeben, doch da dort die Probleme erst viel später aufgetreten sind, wurden sie zunächst nicht weiter behandelt. Die in den USA verwendeten analogen Mobiltelephone hatten anfangs eine so geringe Sprachqualität, daß hörbehinderte Menschen wegen der damit verbundenen Verständigungsprobleme so gut wie keinen Gebrauch davon machten. In Europa war und ist der Einbau von induktiver Kopplung nicht vorgeschrieben, sodaß hier das Interesse an Mobiltelephonen bei Hörgeräteträgern / Hörgeräteträgerinnen zwangsläufig gering war.

Erst jetzt, wo auch in den USA digitale Mobiltelephone zum Einsatz kommen, wird der Lösung des Interferenzproblems große Bedeutung zugemessen, siehe Norm [ANS98].

Die Störungen durch GSM57 und DECT58 rühren nicht von der Sendefrequenz selbst her (diese liegt für GSM bei 900 MHz und 1,8 GHz, für DECT bei 1,8 GHz), sondern werden durch das von beiden Systemen verwendete TDMA Verfahren (Time Division Multiple Access) hervorgerufen. TDMA bedeutet, daß jeder GSM Kanal in 8 Zeitintervalle (time slots) geteilt wird.

Für die Kommunikation wird das GSM-Mobiltelephon nur während eines dieser Zeitintervalle eingeschaltet. Der Sender des GSM-Telephons wird mit einer Rate von 217 Hz getaktet und diese steilflankigen Bursts erzeugen die summenden Störgeräusche in den Hörgeräten. Bei DECT liegt die Pulsrate bei 100 Hz.

Bei den Störungen durch Mobiltelephone werden zwei Fälle unterschieden:

 Störung durch Fremdnutzung: Ein Mobiltelephon wird in der näheren Umgebung eines Hörgeräteträgers / einer Hörgeräteträgerin von einer anderen Person (Sitznachbar) verwendet. Im Hörgerät kommt es zu summenden Störgeräuschen.

 Störung bei Eigenbenützung: Der Hörgeräteträger / die Hörgeräteträgerin verwendet das Mobiltelephon zur Kommunikation. Hier wirkt sich die Einstreuung wesentlich stärker aus, da das Mobiltelephon zwangsläufig ans Ohr gehalten werden muß und somit nahe an das Hörgerät herangeführt wird.

Mögliche Gegenmaßnahmen sind:

 Schirmung des Hörgerätes durch metallisch leitende Auskleidung des Gehäuses.

 Kurzschließen der eingestreuten Frequenzen durch Abblockkondensatoren.

57 Ursprünglich stand die Bezeichnung GSM für Group Special Mobile, jenes Kommitee, das die

Spezifikationen des Europäischen digitalen Mobiltelephonnetzes entworfen hatte. Der Name wurde für das Kommunikationsprotokoll weiterverwendet und wird jetzt mit Global System for Mobile

Telecommunication gedeutet.

58 DECT = Digital European Cordless Telephone

 Veränderung der Verdrahtung in geeigneter Weise, daß "Antennen" vermieden werden.

 Vergrößerung der Distanz zur Störquelle vergrößern z.B. durch Verwendung einer Antenne, die sich beim Telephonieren nicht in der Nähe des Hörgerätes befindet oder durch Anschluß eines externen Mikrophons bzw. einer externen Hörgeräteankopplung (direkt oder induktiv). Die Funktion der Induktionsspule darf durch diese Maßnahmen jedoch nicht beeinflußt werden.

8.4 Ersatz für eigenes