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8.2.1 Wikis der Robert Bosch GmbH

Wiki-Studie

Ende 2005 wurde in der Robert Bosch GmbH eine Studie durchgeführt, welche die Auswahl einer unternehmensweit einheitlichen Wiki-Engine zum Ziel hatte. Schon vorher gab es im Unternehmen vereinzelte Wiki-Server ohne offiziellen Support. Im Zuge der Einführung eines neuen Intranet-Portals3 hatte der IT-Bereich erwogen, eine Wiki-Anwendung innerhalb des Portals anzubieten. Die erwähnte Studie wurde zusammen mit einer Fachabteilung im Geschäftsbereich Diesel Systems durchgeführt, da dort starkes Interesse an der Nutzung einer solchen Plattform bestanden hatte. Auf die Studie soll im Folgenden nur kurz eingegangen werden.

2005 gab es noch relativ wenige Ressourcen, die zur Auswahl und Einführung eines Unternehmenswikis herangezogen werden konnten. Zu erwähnen ist das Buch „Wiki – Kooperation im Web“ von Anja Ebersbach et. al, welches inzwischen in zweiter Auflage erschienen ist [57], und die weiterhin verfügbare Website „WikiMatrix“, welche den Vergleich von zurzeit 107 verschiedenen Wiki-Engines anhand ihrer Funktionalität erlaubt4. Im Verlauf der Wiki-Studie wurden verschiedene Wiki-Installationen von mehreren Mitarbeitern getestet und bewertet. In der engeren Auswahl blieben schließlich MediaWiki5, TWiki6und Confluence7. Die Hauptgründe, die schließlich zur Auswahl von Confluence führten, waren:

• Segmentierung und Rechteverwaltung, d.h. es können innerhalb einer Wiki-Instanz beliebig viele Subwikis genutzt werden. Diese Subwikis („Wiki Spaces“) können dezentral mit unterschiedlichen Schreib- und Leserechten versehen werden. Ein mo-nolithisches Wiki wie das MediaWiki war innerhalb des Großunternehmens Bosch nicht vorstellbar. Vielmehr sollten Verantwortliche in Abteilungen und Projekten selbst entscheiden dürfen, ob bzw. wie lange Wiki-Inhalte auch unternehmensintern vor Lese- bzw. Schreibzugriffen geschützt werden müssten.

• WYSIWYG-Editor. Die Studienteilnehmer sahen es als unrealistisch an, dass sich das Instrument Wiki ohne einen komfortablen, an gewohnte Textverarbeitungspro-gramme erinnernden Editor auf breiter Front im Unternehmen durchsetzen würde.

• Basierung auf Java. Die Verwendung dieser Programmiersprache passte am besten zur IT-Strategie, war aber nur einer unter vielen technischen Gründen.

3Dabei handelte es sich um das „SAP NetWeaver Portal“.

4Vgl. http://www.wikimatrix.org/, letzter Abruf: 15. November 2010.

5Vgl. http://www.mediawiki.org, letzter Abruf: 15. November 2010.

6Vgl. http://twiki.org, letzter Abruf: 15. November 2010.

7Vgl. http://www.atlassian.com/software/confluence/, letzter Abruf: 15. November 2010.

Wiki-Betrieb

Nach Abschluss der Wiki-Studie gab es ab Januar 2007 zunächst zwei Möglichkeiten, sich via IT-Hotline ein Wiki anlegen zu lassen:

• Teil eines sog. „Portalraums“8: In diesem Fall sind keine weiteren Lese- und Schreib-beschränkungen möglich – alle Raummitglieder sind im Wiki gleichberechtigt. Ein Raumwiki muss nicht explizit beantragt werden, sondern kann in einem Raum op-tional aktiviert werden.

• Eigenständiger Bestandteil des Portals: In diesem Fall ist die Vergabe unterschied-licher Zugriffsberechtigungen möglich. Ein solches Wiki muss – wie ein Raum – explizit beantragt werden.

Die beschriebenen Unterschiede, ein Wiki zu nutzen, führen dazu, dass es eine große Zahl an Raumwikis gibt, die zwar angelegt, aber in der Folge nicht genutzt wurden. Bei den eigenständigen Wikis ist der Anteil weitaus geringer. Dazu später mehr.

8Portalräume gehören zur Standardfunktionalität des SAP NetWeaver Portals. Sie erfüllen vorwiegend die Funktion der webbasierten Dokumentenablage in Projekten, beinhalten aber auch Diskussionsforen, Workflow-Funktionen und die Editierung spezieller Seiten (z.B. „News“ oder „FAQ“).

8.2.2 Interne Partner

In diesem Kapitel wird beschrieben, wie innerhalb der Robert Bosch GmbH Partner für die unternehmensübergreifende Wiki-Analyse gewonnen wurden und unter welchen Rahmenbedingungen diese Akquise stattfand. Mit Partnern sind Mitarbeiter gemeint, die Wikis in ihrem Umfeld initiiert haben und administrieren. Eine Übersicht über die untersuchten Wikis schließt das Kapitel ab.

Weniger als 20% der 505 Confluence Wikis sind unternehmensintern offen zugäng-lich9. 47% (237) dieser Wikis sind eigenständig, 53% (268) Teil eines Portalraums.

Zum Zeitpunkt der Datenerhebung war das neue Intranet-Portal, in welches das Wiki in-tegriert ist, erst für einen Teil der Mitarbeiter in Deutschland nutzbar, insgesamt für 33.728.

Es ist für die normalen Benutzer nicht sichtbar, wie viele Wikis es insgesamt gibt.

Daher wurde im IT-Bereich eine Auswertung in Auftrag gegeben, welche die – nach Seitenzahlen – größten Wikis und deren jeweilige Administratoren enthielt. Die Analyse eines Wikis macht erst ab einem bestimmten Umfang an Artikeln, ab einer gewissen Autorenzahl und ab einem bestimmten Alter Sinn. Da diese Größen nicht a priori bekannt waren, wurden zunächst Wikis ausgewählt, die zumindest 100 Seiten enthielten. Diese Vorgabe erfüllten 30 Wikis, welche von 21 verschiedenen Administratoren initiiert worden waren. Einer von ihnen betreute allein 5 Wikis, drei weitere jeweils 2.

Die Administratoren wurden telefonisch kontaktiert und gefragt, ob sie ihre – an-onymisierten – Wiki-Daten für Analysen zur Verfügung stellen würden. Absagen erteilten zwei Administratoren. Die Begründung war mangelndes Interesse in Verbindung mit dem erwarteten Zeitaufwand. Drei weitere Administratoren zeigten zwar Interesse, allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt, da ihre Wikis erst kürzlich angelegt worden waren.

Insgesamt sind 23 Confluence Wikis und 1 MediaWiki10 übrig geblieben, dies entspricht einem Anteil an allen Bosch Wikis von knapp 5%.

9Stand: 10.06.2008. Alle folgenden Zahlen zu den Bosch-Wikis beziehen sich ebenfalls auf dieses Datum.

10Dieses Wiki wird von einem Projekt der Bosch Rexroth AG betrieben und stellt einen Sonderfall dar, auf den später noch eingegangen wird.

8.2.3 Externe Partner

Im vorigen Abschnitt wurde beschrieben, wie innerhalb des Unternehmens Robert Bosch Partner bzw. Teilnehmer für die Wiki-Analyse akquiriert wurden. Um die Untersuchung auf eine breitere Datenbasis zu stellen, sollten auch Wikis anderer Unternehmen be-rücksichtigt werden. Die Wiki-Verantwortlichen dort werden im folgenden als „externe Partner“ bezeichnet. Die Beziehung dieser Unternehmen zu Robert Bosch war dabei sekundär. Es sind Lieferanten wie Wettbewerber darunter, aber auch Betriebe aus anderen Branchen. Wichtiger war die Frage, ob die dort eingesetzte Wiki-Engine mit dem entwi-ckelten Analyse-Programm kompatibel ist. Insgesamt sollten Wikis aus Unternehmen mit einem möglichst großen Spektrum hinsichtlich Branche und Größe untersucht werden.

Im Folgenden wird beschrieben, wie die externen Partner für die Wiki-Analyse ge-wonnen wurden und welche Rahmenbedingungen dabei wesentlich waren. Abschließend werden diese Wikis im Überblick vorgestellt.

Optionen bei der Akquise

In diesem Absatz soll dargestellt werden, auf welchen Ebenen nach externen Partnern für die Wiki-Analyse gesucht wurde. An erster Stelle sind hier persönliche berufliche Kontakte zu nennen11. Wenn schon ein gewisses Vertrauensverhältnis besteht, ist es naturgemäß leichter, in einer so sensiblen Untersuchung Daten zur Verfügung gestellt zu bekommen. In diesen Bereich fällt auch die Kooperation mit einer Unternehmensberatung, die sich auf Wissensmanagement spezialisiert hat und über eine Mailingliste Kontakte zu ihren Kunden hergestellt hat. In deren Adressatenkreis war die Wahrscheinlichkeit, dass im jeweiligen Unternehmen ein Wiki zum Einsatz kommt, relativ hoch. Außerdem wurde unterstellt, dass diese Kunden durch die Inanspruchname von Beratungsdienstleistungen im Bereich Wissensmanagement ein hohes Interesse haben, entsprechende Instrumente – z.B. Wikis – zu nutzen und deren Einsatz auch zu hinterfragen.

Um auch in der Öffentlichkeit mit diesem Projekt präsent zu sein, wurde in der Zeitschrift „wissensmanagement“12ein zweiseitiger Artikel platziert, in dem das Vorhaben

„Wiki-Analyse im Unternehmensvergleich“ kurz vorgestellt und die Aufnahme weiterer Teilnehmer in Aussicht gestellt wurde [254]. Auch in der Leserschaft dieser Praktikerzeit-schrift wurden überdurchschnittlich viele potenzielle Interessenten vermutet13. Schließlich wurde noch ein Treffen von Confluence-Benutzern besucht14. Im persönlichen Gespräch konnten auch bei dieser Gelegenheit externe Partner gewonnen werden.

11Der Foliensatz, welcher für die Akquise von Teilnehmern am Wiki-Analyse-Projekt genutzt wurde, ist im Anhang ab S. 257 dokumentiert.

12http://www.wissensmanagement.net, letzter Abruf: 15. November 2010.

13Als Druckauflage der „wissensmanagement“ werden 10.000 Exemplare angegeben, davon würden 6.292 verkauft, vgl. http://www.wissensmanagement.net/print/charakteristik.shtml, letzter Abruf: 15. Novem-ber 2010.

14Dieses „Atlassian User Group Meeting“ fand am 29.05.2008 in Frankfurt/M. statt. Teil-genommen haben über 120 Anwender aus Unternehmen in ganz Deutschland. Vgl.

Vertraulichkeit

Wikis sind ein vergleichsweise neues Instrument im unternehmensinternen Wissens-management. Da Wikis besonders gut geeignet sind, neues, dynamisches Wissen zu entwickeln, dürften sie in den meisten Unternehmen für zeitkritische sowie neue – und damit strategisch wichtige – Themen Verwendung finden. Diese Annahme macht die Akquirierung insbesondere externer Partner komplex, da in den Analysen Rückschlüsse auf die – noch neue – Wiki-Nutzung gezogen werden können und die Wikis personen-bezogene und vertrauliche Daten enthalten. Um dieses Problem zu umgehen, wurde den Partnern bewusst eine Anonymisierung ihrer Wiki-Daten angeboten: Es würden lediglich strukturelle, aber keinerlei inhaltliche Daten analysiert. Zusätzlich wurden zwei alternative Möglichkeiten vorgesehen, um die Vertraulichkeit der Zusammenarbeit und insbesondere der Analyseergebnisse zu gewährleisten.

Die erste ist die Zusage, den „Code of Conduct“ der European Foundation for Qua-lity Management (EFQM) einzuhalten. Diese gemeinnützige Organisation wurde 1988 in Brüssel von 14 Unternehmen15mit dem Ziel gegründet, das betriebliche Qualitätsmanage-ment zu verbessern16. Der Verhaltenskodex „Code of Conduct“ der EFQM hat den Zweck, unternehmensübergreifendes Benchmarking professioneller und effektiver zu gestalten17. Er wurde genutzt, um die Zusammenarbeit mit den beteiligten Unternehmen auf eine verlässliche und trotzdem unkomplizierte Basis zu stellen. Das komplette Dokument findet sich im Anhang18 ab S. 262. Seitens der Robert Bosch GmbH war ausreichend, sich für die Zusammenarbeit wechselseitig die Einhaltung dieses Codes via E-Mail zu versichern.

Die zweite Möglichkeit, der Vertraulichkeit der Zusammenarbeit Ausdruck zu verleihen, bestand in der gegenseitigen Unterzeichnung eines sog. „Non Disclosure Agreement“

oder auch „Confidentiality Agreement“. Hierbei handelt es sich um ein standardisiertes englischsprachiges Dokument aus der zentralen Rechtsabteilung von Robert Bosch, das grundsätzlich bei vertraulicher Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen („Externen“) Verwendung findet und juristischen Anforderungen genügt. Auch dieses Dokument findet

http://confluence.atlassian.com/display/AUG/29-May-2008+-+Frankfurt,+Germany, letzter Abruf:

15. November 2010.

15Dabei handelte es sich um Bosch, BT, Bull, Ciba-Geigy, Dassault, Electrolux, Fiat, KLM, Nestlé, Olivetti, Philips, Renault, Sulzer und Volkswagen.

16http://www.efqm.org/Default.aspx?tabid=61, letzter Abruf: 15. November 2010.

17In der Einleitung heißt es dazu: „Benchmarking – the process of identifying and learning from Good Prac-tices in other organisations – is a powerful tool in the quest for continuous improvement and performance breakthroughs. The authors and sponsors have produced this European Code of Conduct to guide Bench-marking encounters and to advance the professionalism and effectiveness of BenchBench-marking in Europe. It is based upon the Code of Conduct used by APQC and the wording has been modified to take into account the requirements of competition law. The layout and presentation have also been modified to provide a more positive chronological approach. Adherence to this code will contribute to efficient, effective and ethical Benchmarking.“

18Da dieser „Code of Conduct“ Teil des Erhebungskontexts war, ist seine Dokumentation nötig, um das Kernkriterium „intersubjektive Nachvollziehbarkeit“ qualitativer Forschung [225, S. 252] zu sichern.

sich im Anhang19ab S. 269.

Von den zwölf Unternehmen, die Daten zur Verfügung gestellt haben, unterzeichne-ten fünf ein Confidentiality Agreement (Unternehmen C, F, G, I und L). Für die anderen sieben war der Code of Conduct ausreichend (Unternehmen A, B, D, E, H, J und K).

19Wie auch beim bereits erwähnten Code of Conduct soll so auch hier „intersubjektive Nachvollziehbarkeit“

qualitativer Forschung [225, S. 252] gewährleistet werden.

8.2.4 Übersicht untersuchter Wikis

Tabelle 7 zeigt eine Übersicht der dreizehn beteiligten Unternehmen. Es ist jeweils ein-getragen, wie viele Wikis untersucht wurden („≥100 Artikel“) und von wie vielen Wikis außerdem noch Daten zur Verfügung gestanden hätten („<100 Artikel“). Das bedeutet aber nicht, dass die Summe die Gesamtzahl aller Wikis darstellt. Von Unternehmen C z.B. wurden sehr kleine Exporte schon vorab aussortiert. Zusätzlich ist noch die jeweilige Gesamtzahl der Artikel und das Alter der Wikis20 angegeben – jeweils insgesamt und als Mittelwert.

Betrachtet man allein die Artikelzahl, treten Unternehmen A, B, C, H und Robert Bosch deutlich hervor. Dies verwundert nicht, da vier dieser Unternehmen – insbesondere A – eine Vielzahl von Wikis betreiben. Bei den Unternehmen, die über 10 Wikis nutzen (A, B, C, D und Robert Bosch), liegt das Durchschnittsalter – für insgesamt 95 Wikis – mit Ausnahme von B eng beieinander: zwischen 1,1 Jahren (Unternehmen D) und 1,3 Jahren (Unternehmen A). Auch die durchschnittliche Artikelzahl liegt mit Ausnahme von C (728) eng beieinander: zwischen 412 (Robert Bosch) und 314 (Unternehmen B).

Die MediaWikis sind mit Ausnahme von I deutlich größer und älter als die Durch-schnittszahlen der Confluence Wikis. Das Wiki von H liegt bei 3,8, das von J bei 3,1 und das von K bei 2,7 Jahren. Eine Übersicht zu den verwendeten Wiki-Engines gibt Tabelle 6 auf S. 96. Aus ihr geht hervor, dass bei Robert Bosch und bei den externen Partnern sowohl Confluence als auch MediaWiki als Engine zum Einsatz kommen.

20Zeitraum zwischen erster und letzter Editierung in Tagen.

Tabelle 7: Übersicht aller untersuchten Unternehmenswikis PWikiskl1 P

Wikisgr2 P

Art.3Art.4 P

Alter5Alter6 P

Ben.7Ben.8

RB9 5 24 9.895 412 10.337 1,2 532 22,2

A 129 25 8.785 351 11.945 1,3 320 12,8

B 77 22 6.908 314 4.970 0,6 276 12,5

C 1 13 9.468 728 5.679 1,2 913 70,2

D 14 11 3.883 353 4.396 1,1 227 20,6

E 41 6 2.735 456 7.432 3,4 260 43,3

F 0 2 2.469 1.235 2.377 3,3 368 184,0

G 0 2 1.916 958 2.030 2,8 230 115,0

H 0 1 7.275 7.275 1.373 3,8 842 842,0

I 0 1 1.524 1.524 383 1,0 56 56,0

J 0 1 1.041 1.041 1.132 3,1 47 47,0

K 0 1 828 828 1.001 2,7 75 75,0

L 17 1 341 341 367 1,0 10 10,0

P 284 110 57.068 519 53.422 1,3 4.156 37,8

1 „Wikisgr“ steht für große Wikis mit mindestens 100 Artikeln.

2 „Wikiskl“ steht für kleine Wikis mit weniger als 100 Artikeln.

3 „Art.“ steht für Artikel.

4 x¯ist das arithmetische Mittel.

5 in Tagen

6 in Jahren

7 „Ben.“ steht für aktive Benutzer, die mindestens einmal in einem Wiki editiert haben.

8 bezogen auf die Anzahl der Wikis

9 „RB“ steht für die Robert Bosch GmbH.

Tabelle 8: Stichprobe der untersuchten Unternehmenswikis1

RB2 A B C D3 E L4

Wikis 505 154 99 14 25 47 18

>100 Artikel 23 25 22 13 11 6 1

Anteil 4,6% 16,2% 22,2% 92,9% 44,0% 12,8% 5,6%

Artikel 17.554 15.726 9.074 9.488 4.651 3.504 566 untersucht 7.800 8.785 6.908 9.468 3.883 2.735 341

Anteil 44,4% 55,9% 76,1% 99,8% 83,5% 78,1% 60,2%

Versionen 124.648 62.567 62.094 70.956 27.419 26.364 2.473 untersucht 49.921 50.670 41.619 70.914 20.580 20.167 1.027

Anteil 40,0% 81,0% 67,0% 99,9% 75,1% 76,5% 41,5%

Kommentare 885 125 341 561 n.v.5 79 4

untersucht 470 103 262 561 n.v. 49 0

Anteil 53,1% 82,4% 76,8% 100,0% n.v. 62,0% 0,0%

Attachments 15.019 5.578 13.264 8.155 2.495 5.738 207 untersucht 6.553 3.731 9.905 8.150 1.503 4.691 144

Anteil 43,6% 66,9% 74,7% 99,9% 60,2% 81,8% 69,6%

Labels n.v. 1.312 10.746 13.631 4.144 4.925 329

untersucht n.v. 924 8.839 13.631 3.816 4.561 263

Anteil n.v. 70,4% 82,3% 100,0% 92,1% 92,6% 79,9%

1 Gerade Ansprechpartner der größeren Unternehmen konnten nicht garantieren, dass nicht an irgendeinem Standort noch weitere „inoffizielle“ Wikis – „unter dem Schreibtisch“ – betrieben werden. Bei den hier genannten handelt es sich ansonsten um „offizielle“ Wikis, die mit Billi-gung der Unternehmensführung installiert sind. Die Unternehmen F, G, H, I, J und K tauchen hier nicht auf, da alle ihre Wikis über 100 Seiten aufwiesen und daher berücksichtigt wurden.

2 Berücksichtigt in den Zahlen zu Robert Bosch sind nur Confluence Wikis. Zusätzlich stand auch ein MediaWiki zur Analyse zur Verfügung, welches aber als Sonderfall zu betrachten ist. Als einziges Wiki wurde es für den Austausch mit Externen hin konzipiert.

3 Die Wiki-Administratoren der Unternehmen D und I haben einige wenige Wikis schon vorab aussortiert, da sie nur sehr wenige Artikel aufwiesen.

4 Dieses Unternehmen verfügt nach eigenen Angaben noch über weitere und zusätzliche Wikis.

Aus technischen Gründen konnten aber nur die Daten der genannten für eine Analyse bereitge-stellt werden.

5 „n.v.“ steht für – aus Gründen der Datenqualität – „nicht verfügbar“.

9 Vorstudie: Erwartungen an ein Unternehmenswiki

In diesem Kapitel wird die Vorstudie – Erwartungen an ein Unternehmenswiki – präsen-tiert, welche innerhalb der Robert Bosch GmbH durchgeführt wurde. Der Abschnitt 9.1 dokumentiert die Methodik. In Unterabschnitten wird die Datenerhebung, -aufbereitung und -auswertung erläutert. Anschließend werden in Abschnitt 9.2 im Überblick zunächst die Wiki-Schulungen vorgestellt, an welche die Befragungen angeschlossen wurden. Es schließt sich die Darstellung der Ergebnisse in den Bereichen „Allgemeine Einschätzun-gen und ErwartunEinschätzun-gen“, „Usability“, „Technik“, „Inhalt“ und „Kollaboration“ an. Im letzten Abschnitt 9.3 wird ein Fazit zur Vorstudie, welche die Generierung der Hypothesen unter-stützen sollte, gezogen.

9.1 Methodik

Jürgen Bortz und Nicola Döring stellen fest, „dass Hypothesenfindung und Theorie-bildung, obwohl sie elementare Bestandteile wissenschaftlichen Arbeitens darstellen, weitgehend den Gewohnheiten [...] des einzelnen Wissenschaftlers überlassen bleiben.“

Was schließlich zur Bildung einer Hypothese führe, werde selten detailliert festgehalten und berichtet, sondern falle in den „‚vorwissenschaftlichen‘ Entdeckungszusammenhang“

[18, S. 358]. Meine Vorstudie hat den Zweck, diesen Entdeckungszusammenhang offenzu-legen und neben dem Literaturstudium die Generierung von Hypothesen zu unterstützen, die in der Hauptstudie geprüft werden.

Gegenstand der Vorstudie sind die Erwartungen und Einschätzungen von 98 Mitar-beitern der Robert Bosch GmbH im Zuge der unternehmensinternen Wiki-Einführung.

Zwischenergebnisse wurden bereits veröffentlicht [252].

9.1.1 Datenerhebung

Allgemeines zur Befragung

Die Befragung als Instrument der Datenerhebung gilt als „Standardinstrument der empiri-schen Sozialforschung“ und als „die am meisten verwendete Erhebungsmethode“ [185, S.

65]. Nach Helmut Kromrey weist sie allerdings auch die „gravierendsten Einschränkungen bei der Erfüllung der Gütekriterien“1auf [121, S. 378ff.]. So beeinträchtigt z.B. die Person des Befragenden und die Stimmung der Befragten die Zuverlässigkeit. Selbst bei der Nutzung geeigneter Auswahlpläne bedroht die notwendige Bereitschaft der potenziell Be-fragten zur Teilnahme dieRepräsentativität: Ausfälle können eine Stichprobe verfälschen.

Da das Instrument Befragung „in hohem Maße indirekt“ messe, sei auch dieGültigkeitin Frage zu stellen, so könne z.B. nicht sichergestellt werden, „dass verschiedene Personen unter der gleichen Frage [...] das gleiche verstehen“. Die wissenschaftliche Befragung ist – wie Klaus Konrad zusammenfasst – dadurch gekennzeichnet, dass siezielgerichtet, systematisch und gegenstandsbezogen durchgeführt wird2. Außerdem hat sie unter kon-trollierten Bedingungenstattzufinden [114, S. 12]. Alltägliche Befragungen können zwar ebenfalls zielgerichtet, systematisch und gegenstandsbezogen sein, die theoriegeleitete Kontrolle weisen sie aber nicht auf [114, S. 8]. Die Befragung wird in den nächsten Abschnitten unter den genannten Charakteristika von Wissenschaftlichkeit vorgestellt.

Ziel der Vorstudie war nicht, eine Stichprobe auszuwählen, die Repräsentativität et-wa für die Population der rund 282.000 Mitarbeiter der Robert Bosch GmbH [175]

– oder gar eine ganze Branche – sicherstellt. Vielmehr ging es darum, im Bereich Erprobung des größten Geschäftsbereichs Diesel Systems quasi eine Vollerhebung unter denjenigen Mitarbeitern durchzuführen, die als Pilotbenutzer für das unternehmensweite Wiki-System fungierten. Bei diesem Wiki handelt es sich weiterhin um das – gemessen an der Artikelanzahl – größte Wiki der Robert Bosch GmbH, Wikii1in Tabelle 50. Unter den Befragten finden sich beispielsweise Büro-Mitarbeiter, Werkstatt-Mitarbeiter, Studenten und auch Mitarbeiter aus dem tschechischen Jihlava, wo sich ebenfalls eine der Erprobung zugeordnete Abteilung befindet. Eigens ausgewiesen werden diese verschiedenen Befra-gungsgruppen in der folgenden Zusammenfassung allerdings nicht, da sie teilweise nur aus sehr wenigen Personen bestehen. Die Fragebögen wurden geringfügig den Befragungs-gruppen angepasst – im Anhang findet sich ab S. 249 als Beispiel der Fragebogen für die Studenten. Es werden nur die Fragen3 vorgestellt, die von mindestens zehn Mitarbeitern beantwortet worden sind. Die vorgestellte Vorgehensweise hat den Vorteil, dass die Befrag-ten eng zusammengearbeitet haben und insofern eine homogene Zusammensetzung bilden.

Jürgen Raithel legt eine Typologisierung von Befragungsformen vor, welche die Kommunikationsform (Interviewsituation vs. Befragungsinstrument), die Kommunikati-onsart(schriftlich vs. mündlich), dasBefragungssetting(Einzelperson vs. Gruppe) und die Durchführungsform (schriftlich, internetgestützt, mündlich und fernmündlich) umfasst.

Dabei schließen sich die einzelnen Formen nicht gegenseitig aus. [185, S. 66].

Die quantitative Methode der schriftlichen Befragung wurde wegen ihrer effizienten Anwendungs- und Auswertungsmöglichkeiten ausgewählt, die insbesondere in der

Feld-1Gemeint ist hier der Umfang der Einschränkung im Vergleich zur Inhaltsanalyse und zur Beobachtung.

2Vgl. hierzu auch Peter Atteslander [6, S. 123].

3Zwar ist im Folgenden immer von „Fragen“ die Rede, die in der Vorstudie gestellt wurden, präziser gesagt handelt es sich aber aussschließlich um „Feststellungen“, welche z.B. bei Konrad [114, S. 81] quasi synonym zu Fragen verwendet werden.

situation in einem Unternehmen von großer Bedeutung sind. Die Befragungen mussten dennoch an Gegebenheiten im Unternehmenskontext angepasst werden. Datenerhebungen wurden zum einen nach Gruppenschulungen zum Wiki4 in Form von Punktbefragungen durchgeführt (Items 1 bis 5). Dabei erhielt jeder Teilnehmer fünf Klebepunkte, die entsprechend seiner Einschätzungen auf einer Metaplantafel anzubringen waren. Zwei beispielhafte Fotos finden sich im Anhang ab S. 247. Zum anderen fanden eine Reihe von Nachschulungen5 individuell am Arbeitsplatz statt, an die sich eine Befragung über einen Fragebogen anschloss (Items 1 bis 25). Geht man von der bereits erwähnten Typologisierung von Befragungsformen nach Raithel aus, waren die Befragungen der Vorstudie unterschiedlich im Setting (Einzel- und Gruppenschulungen) und in der Durch-führungsform (Fragebogen und Klebepunkte für Metaplanwände).

Als Voraussetzung für ein standardisiertes Befragungsinstrument nennt Raithel großes Vorwissen über das Untersuchungsthema und einen größeren Kreis von Merkmalsträgern.

Auf dieser Basis ließen sich Hypothesen prüfen [185, S. 67]. Die Vorstudie hat allerdings explorativen Charakter und soll die Generierung von Hypothesen unterstützen. Ein Vorteil des Befragungssettings in der Vorstudie war, dass die Befragten bei Verständnisproble-men nachfragen konnten. Der Untersuchungsleiter war im Gegensatz zur postalischen oder Online-Befragung stets anwesend. Bei der Anbringung der Klebepunkte nach

Auf dieser Basis ließen sich Hypothesen prüfen [185, S. 67]. Die Vorstudie hat allerdings explorativen Charakter und soll die Generierung von Hypothesen unterstützen. Ein Vorteil des Befragungssettings in der Vorstudie war, dass die Befragten bei Verständnisproble-men nachfragen konnten. Der Untersuchungsleiter war im Gegensatz zur postalischen oder Online-Befragung stets anwesend. Bei der Anbringung der Klebepunkte nach