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Mit Wikis als Instrument des unternehmensinternen Wissensmanagements werden „Wis-sensziele“ verfolgt, wie sie Gilbert J.B. Probst et al. in ihrem Modell der Bausteine des

15Diesen Begriff verwenden z.B. Happel und Treitz [85, S. 124], um das „Managen“ des Wiki-Wachstums zu beschreiben.

Wissensmanagements beschrieben haben [183, S. 32]. Da es in dieser Arbeit speziell um die Bewertung des Einsatzes von Wikis in Unternehmen geht, werden in diesem Kapitel Modelle und Konzepte vorgestellt, die dieser Bewertung theoretische Anknüpfungspunkte bieten.

In Abschnitt 7.7.1 geht es um die Entwicklung von Kennzahlen für kollaborative Wissensmanagement-Systeme, im folgenden Abschnitt 7.7.2 um qualitative Muster für die Nutzung von Wikis. In 7.7.3 wird eine informetrische Untersuchung der Wikipe-dia vorgestellt, bis in Abschnitt 7.7.4 schließlich ein empirisch validiertes Modell zur Messung des Erfolgs von Informationssystemen skizziert wird. Diese auch als „D &

M IS Success Model“ [41, S. 10] bezeichnete Taxonomie wurde nach 10 Jahren 2003 wegen der steigenden Bedeutung des E-Commerce angepasst. In Abschnitt 7.7.5 wird schließlich beschrieben, wie das DeLone-McLean-Modell 2008 schließlich auf den Social-Software-Kontext übertragen wurde.

7.7.1 Kennzahlen im kollaborativen E-Learning

Rainer Kuhlen hat für die Messung der Informations- und Kommunikationsbereitschaft in elektronischen Kommunikationsforen sieben Messgrößen vorgeschlagen [123, S. 50f.], die auch auf die Wiki-Nutzung in Unternehmen angewendet werden könnten16. Auf die Informationsbereitschaft beziehen sich die ersten beiden Kennzahlen, auf die Kommuni-kationsbereitschaft die fünf folgenden:

Informationsgrad Anzahl der eingehenden primären Mitteilungen pro Zeiteinheit. In einem Wiki wären die primären Mitteilungen Artikel.

Relativer Informationsgrad Die relative Häufigkeit der primären Informationseinga-be. Dabei wird ein Quotient aus der Anzahl der aktiven und der Anzahl der potenti-ellen Teilnehmer gebildet. Beispiel: Im Jahr 2006 wurden sämtliche Artikel von 10 der insgesamt 100 Teilnehmer eingegeben.

Reaktionsgrad Anzahl der Reaktionen auf eine eingegebene Mitteilung innerhalb ei-ner gegebenen Zeiteinheit. In einem Wiki könnten die Kommentare als Reaktionen interpretiert werden, aber auch direkte Änderungen im Text.

Responsegrad Die durchschnittliche Häufigkeit der Reaktionen auf eine eingegebene Mitteilung, im Wiki also Kommentare bzw. Änderungen pro Artikel.

Reaktivitätsgrad Die durchschnittliche Häufigkeit von Reaktionen aktiver Teilnehmer.

Aktivitätsgrad Das Verhältnis von informierenden und primär reagierenden Teilneh-mern.

Aktualitätsgrad Die durchschnittliche Lebensdauer einer primären Information, d.h. die Zeitspanne, in der durchschnittlich ein Thema kommentiert wird.

16Dieses Unterkapitel wurde bereits in [252] veröffentlicht.

Wolfgang Semar hat diese Messgrößen für die Anwendung auf das kollaborative Wissensmanagement-System K3 angepasst. K3 steht für Kollaboration, Kommunikation und Kompetenz und wird in der Lehre der Informationswissenschaft an der Universität Konstanz eingesetzt17. Semar beschreibt erste Auswertungen und Visualisierungen in [218] und [219].

Sowohl bei K3 als auch bei einem Unternehmenswiki geht es darum, die Wissens-zusammenarbeit zu quantifizieren und die Ermittlung entsprechender Kennzahlen zu automatisieren. Während in K3 Dozenten Studienleistungen ermitteln, haben in einem Unternehmenswiki Führungskräfte das Ziel, die Externalisierung von Wissen zu fördern und zu fordern. Zwischen der Lern- und Lehrplattform K3 und dem Bosch-Wiki gibt es allerdings grundsätzliche Unterschiede, die kurz skizziert werden, bevor auf mögliche Wiki-Kennzahlen eingegangen wird. Es geht also nicht um den Vergleich der Systeme Wiki und K3 insgesamt, sondern um die Frage, ob Ansätze zur Quantifizierung der Wissenszusammenarbeit von K3 auf Unternehmenswikis übertragen werden können.

Explizite Rollen- und Beitragstypen In K3 ist die Kategorisierung von Beiträgen durch Diskurstypen („Literatur“, „Datei-Upload“, „Kritik“, „Ergänzung“, „Frage“,

„Neues Thema“, etc.18) und Rollen („Rechercheur“, „Moderator“, „Summarizer“, etc.) integraler Bestandteil des Systems. Es gibt vergleichbare Mechanismen, der grundlegende Unterschied besteht aber darin, dass in K3 der Diskurs, das Prozessua-le, im Vordergrund stehen und in einem Wiki das Ergebnis.

Geschlossenheit der Beiträge In K3 sind die Beiträge in sich geschlossen und kön-nen nachträglich nicht verändert werden. Es besteht allerdings die Möglichkeit, durch neue Beiträge vorangegangene zu „korrigieren“. In einem Wiki sind gerade die Veränderungen, der Lebenszyklus eines Beitrags, von Interesse.

Die Gemeinsamkeit von K3 und einem Unternehmenswiki liegt darin, dass Kollaboration quantifizierbar und für Führungskräfte oder Dozenten nutzbar gemacht werden soll.

Im Folgenden werden einige Messgrößen aufgeführt, die für die Bewertung von Wiki-Kollaboration in Unternehmen sinnvoll erscheinen.

Diese Kennzahlen sollten so aussagekräftig wie möglich, aber gleichzeitig so anonym wie nötig sein. Ein Bewertungsmodell für die unternehmensinterne Wiki-Kollaboration muss neben diesen quantitativen auch qualitative Aspekte berücksichtigen. Zu den absoluten Kennzahlen gehören die Anzahl der

• Artikel und Kommentare je Benutzer

• durchschnittlichen Änderungen je Artikel

• Kommentare je Benutzer

17Vgl.: http://www.k3forum.net, letzter Abruf: 15. November 2010.

18Nachdem sich gezeigt hat, dass Diskurstypen „teilweise grob falsch“ von den Benutzern verwendet wur-den, haben Griesbaum et al. die Anzahl der Diskurstypen von sieben auf vier verringert [80, S. 10].

• internen, space-übergreifenden und externen Links pro Seite. Der niedrige Vernetzungs-grad eines Artikels dient der Wikipedia als Indikator für Qualitätsprobleme [95]. Trotz-dem sollen nicht alle Substantive eines Artikels verlinkt werden.

• Lesezugriffe auf eine Seite, einen Space (Wiki-Bereich bzw. Sub-Wiki) in einem be-stimmten Zeitraum

• Autoren je Artikel im Durchschnitt

• meisten Autoren, Änderungen oder Zitate zu einem Artikel Die relativen Kennzahlen beinhalten das Verhältnis

• aller nicht lesbaren zu allen Artikeln

• der Artikel mit nur einem Autor zu den Artikeln mit mehreren Autoren

Teile dieser Kennzahlen könnten zur Verdeutlichung visualisiert werden. Eine Möglichkeit, wie die Visualisierung der Anzahl der Änderungen eines Wiki-Artikels und der beteiligten Autoren aussehen kann, haben Fernanda Viégas, Martin Wattenberg und Kushal Dave mit ihrem Tool „history flow“ [244] gezeigt.

7.7.2 Wikipatterns

Das von Ward Cunningham initiierte Urwiki – bekannt als „WardsWiki“ oder „Portland Pattern Repository“ – hatte zum Ziel, Software-Entwurfsmuster zu organisieren19. In-zwischen werden für Wikis selbst „Muster“ zusammengetragen: sog. „Wikipatterns“20. Hierbei geht nicht darum, Software-Entwicklung zu unterstützen, sondern „Best“ und

„Worst Practices“ des sozio-technischen Systems Wiki zu sammeln und kollaborativ weiterzuentwickeln.

Der Initiator der Website „wikipatterns“, Stewart Mader21 unterscheidet zwischen

„People“ und „Adoption Patterns“ und jeweiligen „Anti Patterns“. Mit den „People Patterns“ sind Muster gemeint, welche die zahlreichen Möglichkeiten beschreiben, wie Menschen mit dem Wiki interagieren können. Im Muster werden Rollen beschrieben, die eingeführt werden können, um das Wachstum des Wikis zu unterstützen. Die „People Anti Patterns“ beschreiben entsprechend Verhaltensmuster, welche aus Mutwillen oder mangelndem Verständnis für das Wiki-Konzept entstanden sind und abgestellt werden sollten, um das Wiki „in der Spur zu halten“. Die „Adoption Patterns“ fokussieren sich entsprechend auf übergreifende organisatorische Aspekte des Wikis. Die Muster müssen nicht neu sein, ein „People Pattern“ entspricht beispielsweise Jakob Nielsens

„Participation Inequality“ der Nutzer in Online Communities [168]:

„In most online communities, 90% of users are lurkers who never contribute, 9% of users contribute a little, and 1% of users account for almost all the action.“ [168]

19Vgl. http://c2.com/cgi/wiki, letzter Abruf: 15. November 2010.

20Vgl. http://www.wikipatterns.com/display/wikipatterns/Wikipatterns, letzter Abruf: 15. November 2010.

21Mader bezeichnet sich selbst als „Wiki Evangelist“ für Atlassian Software Systems [144, S. IX] – dem Anbieter der Enterprise Wiki Software „Confluence“. Atlassian sponsert auch die Website „wikipatterns“.

Sämtliche Muster auf der Wiki-Website „wikipatterns“ bestehen aus einer Beschreibung („What is it?“), dem Gebrauch („Usage“) und Beispielen („Example“). Darüber hinaus können sie von der Wiki-Community bewertet, kommentiert, mit anderen Mustern verlinkt und in weitere Sprachen übersetzt werden.

Die „Wikipatterns“ – insgesamt sind es z. Zt. 100 – bieten einen guten Anhalts-punkt für die Analyse von Unternehmenswikis, da sie sich auf die Einschätzung von Experten stützen22. Sie bilden aber kein integriertes Konzept. Es handelt sich vielmehr um einen „Werkzeugkasten“,

• der kontextspezifisch genutzt werden kann,

• dem eine qualitative Datenbasis – Expertenmeinungen – zu Grunde liegt und

• der eine Makroperspektive auf Wikis eröffnet.

7.7.3 Informetrische Untersuchungen der Wikipedia

Bereits in Kapitel 6 wurde eine Arbeit von Jakob Voß über informetrische Untersuchungen an der Wikipedia erwähnt [245], in welcher die Wikipedia mittels Kennzahlen analysiert wird. Da diese Kennzahlen prinzipiell auch für die Evaluation von Unternehmenswikis interessant sind, soll in diesem Abschnitt noch etwas näher auf die Ergebnisse von Voß eingegangen werden.

Seine Untersuchung hat Voß in die Bereiche „Größe und Wachstum“ [245, S. 27ff.],

„Bearbeitungsprozess“ [245, S. 32ff.], „Benutzer und Autoren“ [245, S. 46ff.] sowie

„Inhalt und Struktur“ [245, S. 58ff.] gegliedert.

Größe und Wachstum

Folgende sechs Parameter zum Wachstums hat Voß ermittelt [245, S. 27] und in Abbildung 3 veranschaulicht:

• Datenbank: Gesamtgröße der Datenbank aller Artikel in Byte

• Wörter: Gesamtanzahl von Wörtern

• Links: Gesamtanzahl von internen Verweisen (ohne Redirects)

• Artikel: Seiten im Artikelnamensraum mit mindestens einem internen Link

• Aktive Wikipedianer: Benutzer mit mindestens 5 Bearbeitungen im Monat

• Sehr aktive Wikipedianer: Benutzer mit mindestens 100 Bearbeitungen im Monat Das Wachstum dieser Größen hat sich nach Voß in drei Phasen vollzogen, die sich in Abbildung 3 gut ablesen lassen. Anfängliches lineares Wachstum geht in exponentielles Wachstum über, bis sich schließlich wieder eine Phase linearen Wachstums anschließt.

Vermutlich wird also ein bestimmtes Plateau kritischer Größe benötigt, auf welchem sich exponentielles Wachstum entwickeln kann. Dieses Wachstum stößt naturgemäß früher

22Zur Website „wikipatterns“ ist auch ein Buch erschienen [144].

oder später an Grenzen.

Für die Artikelgröße in der deutschsprachigen Wikipedia konstatiert Voß eine lo-garithmische Normalverteilung, der Median liegt bei 1269 Byte. Der Median der Artikelgröße wächst mit 27 Byte pro Monat und Artikel [245, S. 31].

Abbildung 3: Wachstum der deutschsprachigen Wikipedia nach Voß [245, S. 28]

Bearbeitungsprozess

Seitenbearbeitungen bezeichnet Voß als „Grundeinheit der Dynamik eines Wikis“ [245, S. 32]. Neben Lese- werden auch die Schreibzugriffe auf Artikel als Gradmesser für das öffentliche Interesse gewertet [245, S. 40]. Für jede Version kann eine Vielzahl von Me-tadaten untersucht werden, insbesondere Titel, Zeitstempel, Benutzername, IP-Adresse, Minor-Flag23, Kommentar und der eigentliche Text. Auch auf eine ganze Reihe besonderer Bearbeitungen geht Voß ein, von Interesse sind dabei v.a. die Sperrung von Artikeln durch

23Eine „Minor“-Flag bezeichnet eine geringfügige Änderung.

Administratoren, um Edit-Wars zu beenden oder Revertierungen24, um Schäden durch Vandalismus zu beheben. Ermittelt man den Anteil der besonderen an allen Bearbeitungen kommt man für die betrachtete Stichprobe im Zeitraum vom 21.09. bis 04.10.2005 auf einen Wert von knapp über 80%.

Voß hat für eine Stichprobe von 828 Artikeln auch die Zeiträume zwischen Bear-beitungen untersucht. Er hält hierzu u.a. fest: „Grundsätzlich sind die Zeiträume zwischen Bearbeitungen an einem Artikel in etwa logarithmisch normalverteilt, wobei ein Schwer-punkt kurzer (bis etwa eine Stunde) und ein SchwerSchwer-punkt langer Pausen (mehrere Stunden, Tage und Monate) existiert.“ [245, S. 44]. Kürzere Zeitabstände bis zu einer Stunde werden als Zwischenspeicherung interpretiert – hier bearbeitet ein Benutzer einen Artikel häufig mehrfach hintereinander. Die Zwischenspeicherungen haben 26% aller Bearbeitungen ausgemacht [245, S. 45].

Benutzer und Autoren

Voß interessiert sich u.a. für die Frage, wie die Hauptautoren eines Artikels bestimmt wer-den können. Ausgangspunkt ist für ihn eine lizenzrechtliche Frage. Die GFDL25, unter wel-cher die Wikipedia zur Verfügung gestellt wird, fordert bei der Weiterverbreitung von Ver-sionen die Nennung von bis zu fünf „principal authors“. Eine ganze Reihe von Änderungen sind für die Bestimmung von Hauptautoren irrelevant. Voß nennt hier u.a. Zwischenspei-cherung, Revert, Leer- sowie Satzzeichen und Wiki-Syntax [245, S. 52f.]. Berücksichtigen möchte er dagegen [245, S. 53f.]:

• Anzahl von Bearbeitungen eines Autors

• Änderung der Artikellänge. Umfangreiche Änderungen bei identischer Artikellänge werden allerdings nicht erkannt.

• Informationsabstand als Maß für die Veränderung der syntaktischen Information zwi-schen zwei Artikel-Versionen. Das Maß basiert auf der Kolmogorov-Komplexität26.

• Bearbeitungsabstand als minimale Anzahl von Einfüge-, Lösch- und Ersetzungsopera-tionen, die notwendig sind, um eine Zeichenkette in eine andere zu überführen.

• Differenz der Artikelversionen. Statt die Anzahl der Unterschiede zwischen Versionen zu messen, kann im Detail betrachtet werden, welche Änderungen vorgenommen wur-den.

• Erstautoren von Artikelbestandteilen. Statt verschiedene Bearbeitungen und Artikelver-sionen einzeln zu betrachten, kann vom aktuellen Stand eines Artikels ausgegangen wer-den, um für jeden Teil des Textes den jeweiligen Erstautor zu ermitteln.

Der Algorithmus, den Voß anschließend angewandt hat, um Hauptautoren zu bestimmen, soll hier nicht wiedergegeben werden27. Um Benutzerprofile erstellen zu können,

un-24Mit Revertierung ist das Rückgängigmachen von Änderungen gemeint.

25GFDL steht für GNU Free Documentation License, vgl. auch http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html, letzter Abruf: 15. November 2010.

26Die kleinste Anzahl von Bits, die zur Kodierung einer Zeichenkette notwendig ist [245, S. 53].

27Siehe hierzu [245, S. 54f.].

tersucht Voß Benutzerseiten, auf welchen alle Bearbeitungen eines Benutzers vermerkt sind. Folgende Kennzahlen werden aus den auf diesen Seiten erhaltenen Daten berechnet:

Die „relative Breite“ gibt an, „ob die Bearbeitungen eines Benutzers sich eher breit über verschiedene Artikel streuen oder sich auf einzelne Artikel konzentrieren“; der „Diskussi-onsanteil“ zeigt, wie intensiv sich ein Benutzer – im Vergleich zu seinen Bearbeitungen von Artikeln – an Diskussionen beteiligt; und der „Projektanteil“ dient als Maß dafür, wie stark sich ein Benutzer an organisatorischer Arbeit innerhalb des Wikipedia-Projekts engagiert [245, S. 48].

Bei der Verteilung der Benutzeraktivität hat Voß untersucht, ob „Lotka’s Law“28 [142] sich auch innerhalb der Wikipedia nachweisen lässt. Voß kommt zu dem Schluss, dass „Lotkas Law [...] die Verteilung der Aktivität der weniger aktiven Benutzer gut beschreiben [kann], während das Potenzgesetz bei den sehr aktiven Benutzern zwar grundsätzlich auch gilt, aber als alleinige Erklärung nicht ausreicht.“ [245, S. 57].

Inhalt und Struktur

Für die Analyse von Inhalten verweist Voß auf Methoden der Korpuslinguistik, auf welche hier nicht näher eingegangen werden kann. Mittels Statistik können z.B. besonders häufig miteinander auftretende Wörter bestimmt werden. Die Artikel in der Wikipedia sind dicht miteinander verlinkt. Die Verteilung der Links ist allerdings nicht gleichmäßig, sondern folgt einem Potenzgesetz. Die Wikipedia kann somit als skalenfreies Netzwerk bezeichnet werden. Sie ist stärker verlinkt als das World Wide Web [245, S. 59f.].

7.7.4 Model of Information Systems Success

1992 legten William H. DeLone und Ephraim R. McLean ein Paper [40] vor, in dem sie versuchten, auf die abhängige Variable in der Forschung über Informationssysteme (IS) – IS-Erfolg – aufmerksam zu machen und sie zu strukturieren [41, S. 10]. Ihr Modell „stellt ein umfassendes Bezugssystem zur Messung des Erfolgs anhand von relevanten Faktoren dar“ [190, S. 567] und beruht u.a. auf der Informationstheorie von Claude E. Shannon und Warren Weaver [220] sowie der „Information Influence Theory“ von Richard O. Mason [149]. Um die bisherige Forschung zum Erfolg von Informationssystemen („I/S success“

[40, S. 60]) zu organisieren und das Konzept des IS-Erfolgs besser zu integrieren, führen DeLone und McLean eine Taxonomie ein, welche aus den folgenden sechs Hauptdimen-sionen oder Kategorien des IS-Erfolgs besteht [40, S. 84]:

Systemqualität misst das informationsverarbeitende System selbst [40, S. 64]. Als Ma-ße gehören hierzu die Datengenauigkeit, -aktualität, einfache Nutzung, menschliche Faktoren, Nützlichkeit von Systemeigenschaften und -funktionen, Systemgenauig-keit, -flexibilität, -zuverlässigSystemgenauig-keit, Integration von Systemen, Antwortzeiten etc.

28Alfred E. Lotka hat 1926 festgestellt, dass man das Publikationsaufkommen von Wissenschaftlern durch eine schiefe Verteilung beschreiben kann.

Informationsqualität Die Maße der Ausgabe des Informationssystems [40, S. 64]

sind Wichtigkeit, Relevanz, Nützlichkeit, Nutzbarkeit, Verständlichkeit, Lesbarkeit, Klarheit, Format, Erscheinung, Inhalt, Genauigkeit, Vollständigkeit, Zuverlässigkeit uvm.

Nutzen der Information Der Konsum der Ausgabe eines Informationssystems durch den Empfänger [40, S. 66] wird durch die Maße Umfang und Dauer, Art, Institutio-nalisierung, Freiwilligkeit, Motivation der Nutzung beschrieben.

Nutzerzufriedenheit Die Antwort des Empfängers zum Nutzen der Ausgabe eines In-formationssystems [40, S. 68] beinhaltet Zufriedenheit im Allgemeinen und mit der Information, Freude, Zufriedenheit mit der Software etc.

Individuelle Auswirkung Der Effekt der Information auf das Verhalten des Empfän-gers [40, S. 69] wird repräsentiert durch Verständnis der Information, Lernen, genaue Interpretation, Information Awareness, Wiederaufruf von Informationen, Effektivität von Entscheidungen, verbesserte individuelle Produktivität uvm.

Organisationale Auswirkung Der Effekt der Information auf die Organisation [40, S.

74] beinhaltet gesteigerte Profite, Reduzierung operativer Kosten, Produktivitätsfort-schritte, Produktqualität, Service-Effektivität etc.

Zwischen 1992 und 2003 wurde die Korrelation der Erfolgsdimensionen – das Konstrukt IS-Erfolg ist multidimensional und verflochten – in zahlreichen Untersuchungen bestätigt [41]. Das Modell wurde dennoch um die Dimension „Servicequalität“ ergänzt29 und die Auswirkungen auf Individuen und Organisation wurden in der Dimension „Nettonutzen“

zusammengefasst. Der Begriff „Auswirkungen“ wurde durch „Nutzen“ ersetzt. Ein voran-gestelltes „netto“ soll verdeutlichen, dass die Zielvariable nicht immer vollständig positiv oder negativ ist. Die genaue Definition des Nettonutzens vor der Anwendung des Mo-dells ist von entscheidender Bedeutung [190, S. 567f.]. Das aktualisierte DeLone-Mclean-Modell ist in Abbildung 4 veranschaulicht.

7.7.5 Erfolgsmessung von Social Software

Von Tobias Reisberger und Stefan Smolnik wurde das DeLone-McLean-Modell von 2003 [41] an den Social-Software-Kontext angepasst und am Beispiel einer Social-Network-Lösung durchgespielt, allerdings nicht empirisch validiert [190, S. 575]. Die Autoren räu-men ein, dass die hohe Komplexität des Modells durch ihre Erweiterung gesteigert wird und einen hohen empirischen Aufwand bei der Erfolgsmessung nach sich zieht. Gerade im Unternehmenskontext stellt sich außerdem die Frage, ob die „Unternehmenskultur“ eine mögliche weitere Dimension darstellt, die berücksichtigt werden müsste. In Abbildung 5 ist das Modell zur Erfolgsmessung von Social Software von Reisberger und Smolnik ab-gebildet. In Kapitel 8.1 wird das Modell für die Untersuchung in dieser Arbeit angepasst und als theoretische Basis der Hauptstudie vorbereitet.

29Diese Entscheidung wurde durch die steigende Bedeutung von E-Commerce beeinflusst [41, S. 25].

System- qualität

Informations- qualität

Service- qualität

Absicht zur Nutzung

Nut-zung

Nutzer- zufriedenheit

Netto- nutzen

Abbildung 4: Aktualisiertes Modell zur Erfolgsmessung von Informationssystemen nach DeLone und McLean [41, S. 24] und [190, S. 568]

Systemqualität Integration

Benutzerfreundlichkeit

Informationsqualität Aktualität

Präzision

Servicequalität Erreichbarkeit

Nutzung

Kontakthäufigkeit Nutzungsdauer Anwenderanzahl

Nutzerzufriedenheit Umfragen

Nettonutzen

Verbesserte Kommunikation Transparenz

Schnellere Informations- beschaffung

Wissensteilung

Abbildung 5: Erfolgsmodell einer Social-Network-Anwendung [190, S. 575]

Teil III

Untersuchung

8 Erkenntnisinteresse und Vorgehensweise

Mit diesem Kapitel beginnt der Untersuchungsteil dieser Arbeit. Im Abschnitt 8.1 wird zunächst das Untersuchungsdesign vorgestellt und erläutert, warum es als dem Gegenstand – dem soziotechnischen System Wiki – angemessen angesehen wird. Zentral in diesem Design ist eine Gliederung der Untersuchung in Vor- (Kapitel 9) und Hauptstudie (Kapitel 10 und 11) sowie eine Triangulation in der Datenerhebung. Es werden sowohl quantitative als auch qualitative Daten erhoben, um Hypothesen zu generieren und zu überprüfen. Die theoretische Basis stellt dabei das in Abschnitt 7.7.4 vorgestellte DeLone-McLean-Modell („Model of Information Systems Success“). Die im Kapitel 6 behandelten Forschungsar-beiten zu Wikis werden dabei den einzelnen Variablen zugeordnet.

Der Abschnitt 8.2 beschreibt das konkrete Untersuchungsfeld näher. Es wird kurz beschrieben, wie Wikis in der Robert Bosch GmbH eingeführt wurden und betrieben werden. Die folgenden Unterabschnitte beschreiben, wie Partner für die Wiki-Analyse bei Robert Bosch und anderen Unternehmen akquiriert wurden. Diese Partner lieferten qualitative Daten, welche in Form semi-strukturierter Experteninterviews erhoben wurden, und quantitative Daten in Form von Datenbank-Auszügen ihrer Wikis. Der Abschnitt schließt mit einer Übersicht der im Folgenden untersuchten Wikis. Dabei wird auch der Umfang der Stichprobe dokumentiert.

8.1 Untersuchungsdesign

Anja Ebersbach und Markus Glaser weisen zu Recht darauf hin, dass eine wissenschaftli-che Auseinandersetzung mit dem Social Web – und damit mit Wikis – nur interdisziplinär erfolgen kann: Sie nennen explizit die Politologie, die Medienwissenschaft und die Sozialpsychologie. Nicht die Technik stehe im Mittelpunkt, sondern „medial vermittelte Kooperationsformen, die kollektive Meinungsbildung und der kulturelle Austausch sozialer Gruppen“ [56, S. 13]. In Kapitel 6 wurde für Wikis – als einem Bestandteil des Social Web – die Vielfalt der Forschungsperspektiven dargelegt, u.a. in den Disziplinen Informationswissenschaft und Informatik sowie dem Informatik-Bereich CSCW. Die notwendige methodische Vielfalt soll sich daher auch in der folgenden Untersuchung zu Unternehmenswikis widerspiegeln.

Abbildung 6 gibt einen grundlegenden Überblick über das Untersuchungsdesign dieser Arbeit. Es werden triangulierte Methoden zur Datenerhebung eingesetzt. Das Konzept der Triangulation wurde von Donald T. Campbell schon vor Jahrzehnten voran-getrieben. Es basiert auf der Annahme, dass jede Methode begrenzt ist und gewöhnlich

mehrere Methoden benötigt werden, um ein Forschungsproblem zu lösen. Der Begriff

„Triangulation“ hat seinen Ursprung in der Landvermessung: Während man sich mit einer Landmarke nur auf einer Linie lokalisieren kann, ermöglichen zwei Landmarken das Peilen in zwei Richtungen. Metaphorisch erinnert der Begriff „Triangulation“ an die

„stärkste geometrische Form“: das Dreieck („triangle“) [177, S. 247].

„stärkste geometrische Form“: das Dreieck („triangle“) [177, S. 247].